Aus der Komturei
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Bereits bevor das prägnante dreimalige Klopfen an Ljerkas Tür ertönte wusste die Alchemistin bereits, wer da nach Einlass verlangte.
Die schweren Hufschläge mussten von einem gewaltigen Ross herrühren und das dunkle leise Schnauben ebenso.
Mariposa. Dann stand also vor der Tür...
In welchem Zustand wohl dieses Mal?
Sie öffnete, mittlerweile auf alles vorbereitet. Sie wusste, dass er über Bord gegangen war und wiedergefunden wurde, aber sie wusste noch nichts von der Prügelstrafe... "Verdammt, Jarel... ich habe das Gefühl, jedesmal wenn wir uns sehen siehst du mieser aus! Was ist nur passiert?"
"Grüß dich Ljerka. Darf ich rein kommen?", fragte der Ritter mit einem schiefen Lächeln.
Mariposa grüßte ebenfalls, mit einem kurzen herumwerfen des Kopfes.
Wortlos öffnete sie ihm ganz und ließ ihn ein, ein wenig schockiert über seinen Zustand. "Ich hörte, dir ginge es wieder gut... aber erst, ich freu mich, dich lebendig wiederzusehen!"
Zu Ljerkas Überraschung versuchte Jarel nicht, sie zum Umarmen sondern strich ihr nur freundschaftlich über die Oberarme.
"Es ging mir wieder gut. Zumindest so lange, bis..."
Er seufzte müde und deutete auf den Stuhl neben dem Tisch. "Darf ich?"
Jarel setzte sich nicht, er fiel wie ein Sack auf den Stuhl.
"Ja.", gab er zu und wischte sich um das vom Schweiß klebrige Gesicht. "Es ging mir besser. Nur...nun mein Schwertherr weiß seit längerem, dass ich in einer Beziehung stecke." Der desolate Ritter räusperte sich. "Und auch mit wem. Er hat durch eine Intrige versucht uns auseinanderzubringen. Wir kamen hinter seine List und ich Vollidiot war der Meinung, ehrlich sein zu müssen und ihn damit zu konfrontieren."
Jarel senkte den Blick und faltete die Hände im Schoß.
"Bitte mach mir keine Vorwürfe deswegen. Ich selber und alle anderen tun das schon."
"Ich weiß wie dumm es war. Ich hätte..."
Jarel winkte ab.
"Die Strafe für meine Dummheit war hoch. Degradierung, Hiebe..."
Sie schob ihm diesmal den Stuhl hin. Hörte zu, war erst recht schockiert. Sie setzte fast automatisch Tee auf und stellte ihn hin. Hiebe... Degradierung... sie hatte einen Klos im Hals. Das war furchtbar, aber noch schlimmer wäre... "...und er? Hält er zu dir?"
Diese Frage rief ein Lächeln auf Jarels Gesicht. Ein warmes, glückliches Lächeln.
"Ja. Er hält zu mir."
Jarel nahm einen Schluck Tee.
"Ich hoffe, unsere Beziehung hält meine Reise nach Wyzima aus." (Bearbeitet)
Sie war sichtlich erleichtert. "Vieles ist leichter auszuhalten mit jemandem an der Seite. Ich hoffe es... aber... Wyzima? Du gehst schon wieder weg?"
"Ich brauche Abstand. Ich fühle mich im Orden nicht mehr zuhause. Die Erniedrigung...vor allen Brüdern...das war schlimmer als die Schmerzen. Und bevor ich noch mehr Dummheiten mache, brauche ich Abstand. Jakob ist dort. Meine Kleine ist dort..."
Wieder war da ein Lächeln im blassen Gesicht. "Meine Ziehtochter ist schwanger. Stell dir vor...ich werde Großvater..."
Einen Moment starrte Jarel abwesend in seinen Becher, trank diesen leer und sah dann Ljerka wieder in die Augen.
"Ich wollte nicht gehen, ohne dich gesehen zu haben. Es werden vielleicht vier Wochen sein..."
Und nach einer Salbe würde er auch gern fragen. Aber das traute er sich in diesem Moment nicht.
„Dann meine herzlichen Glückwünsche!" Sie freute sich wirklich. Und auch sie wollte es wissen. "Wer ist denn der Vater?"
Abstand verstand sie sogar. Degradiert zu werden und das vor aller Augen... "Es tut mir so leid für dich..."
"Der Vater möchte nicht genannt werden.", orakelte Jarel und versuchte den Stolz in seiner Stimme zu verbergen.
"Ich werde noch heute aufbrechen."
Arvijd erklärte ihn für verrückt, Slava hätte es sicher gern anders gesehen, aber er konnte nicht mehr.
Noch länger hier, und er würde den Verstand verlieren.
"Schade... wir sehen uns so selten und immer nur wenn es wieder eine Katastrophe gab und du verreisen willst..." sie hätte auch 'wegrennen' sagen können. Aber sie bedauerte es ja wirklich. "Brauchst du irgendetwas?"
Kurz nagte Jarel an seiner Unterlippe.
"Hast du etwas gegen die Schmerzen?", fragte er verlegen.
"Und ich verspreche, wenn ich zurückkehre bist du eine der ersten, die ich aufsuchen werde."
Nach Slava selbstverständlich. Direkt danach.
Sie nickte. Solche Salben mischte sie in der letzten Zeit öfter. Ein Tiegel wanderte über den Tisch. "Komm einfach heil zurück, versprich es, ja?"
"Versprochen." Jarel beugte das Haupt und wollte den Tiegel gerade einstecken.
Eigentlich war er zu stolz, aber die Schmerzen waren...nicht ohne.
Er zögerte.
Sie musterte ihn aufmerksam. "Was ist denn?"
"Schon gut." Der Tiegel landete in einer der Taschen. "Ich danke dir."
Kurz überlegte er, ob er nach dem Preis fragen sollte, aber das würde seien Freundin nur kränken.
Stattdessen erhob er sich.
"Ich werde dir etwas besonderes aus Wyzima mitbringen.", versprach er. Er wusste noch nicht was, aber er würde sich Mühe geben. Es gab einiges gut zu machen.
Sie lächelte und am wichtigsten war es ihr tatsächlich, dass er heil zurückkam, nicht wie beim letzten Mal.
Nun zog er sie doch in die Arme, vorsichtig, sehr vorsichtig und gab der Soldatin einen Kuss auf die Wange.
Sie drückt ihn vorsichtig. Blickte ihm in die Augen. Sie hatte ein wenig Angst um ihn.
"Alles in Ordnung mit dir?" Jarel strich Ljerka eine Strähne aus der Stirn.
"Bis jetzt wurde es fast jedes Mal schlimmer wenn wir uns sahen. Pass einfach auf."
Schwer legte Jarel die Hände auf Ljerkas Schultern. "Wyzima. Ich werde im Tempel der Melitele einkehren. Die Erzpriesterin ist eine tolle Person. Die Ruhe dort wird mir helfen meine Gedanken zu ordnen. " Er lächelte offen und ehrlich.
"Was soll mir da schon passieren?"
Ja, was sollte schon passieren? Sie lächelte zuversichtlich.
Er ging. Drehte sich in der Tür noch einmal um und deutete eine Verbeugung an.
"Bis bald."
"Bis bald." Sie sah ihm hinterher. Sie wollte nicht behaupten sie habe Vorahnungen, es waren schlicht die Beobachtungen.
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weiter an Slavas Wohnung