Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Häuser der Ritterschaft

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Anblick Slavas, der seinen Blick mit einer Träne im Augenwinkel erwiderte verschob Jarels Bild seines Liebsten ein Stück. Die gefühllose und kalte Art des Spions war mehr Maske als gedacht.
Halb halb verlegenes, halb überwältigtes Lächeln huschte über das raue, bärtige Gesicht.
Gedankenverloren – und ganz im Gegensatz zu seiner üblichen Art – legte der Schattenläufer das Musikinstrument auf dem Boden ab, empfing den Kuss, erwiderte ihn, zog den Russen mit sich hinunter auf das Fell.
Konnte man die erste Nummer durchaus als hitzig und vom Trieb befeuert beschreiben, bahnte sich nun etwas anderes an. Ein langsames, hingebungsvolles, von Pheromonen geflutetes Ringen, bei dem Slavas Hand auf Jarels Lippen mehr als einmal zum Einsatz kam.
Am Morgen lagen dann zwei völlig erschöpfte und ausgebrannte Männer auf dem Widderfell.
Einer von beiden hatte es noch geschafft die Decke vom Bett zu zerren und über beide auszubreiten.
Und dann…
Ein kurzes Klopfen. Sofort war Jarel hellwach. „Kacke…“, raunte er leise und sprang auf.
Jemand betätigte die Klinke. Der Ritter griff nach dem Leinenhemd auf seinem Herrendiener und versuchte es anzuziehen. Die Schnürung am Hals landete hinten.
Hrmpf…“ Ein weiteres Klopfen. Fordernder, beinahe hektisch.
Fast hätte sich der Schattenläufer völlig im naturfarbenem Stoff verstrickt und schaffte es dann doch, das Knielange Kleidungsstück passend herunter zu ziehen.
"Jarel? Jarel... He, aufwachen!". Die Stimme seines Knappen.
„Jakob…“, keuchte Jarel und trat an die Tür, sah sich nach Slava um, der ebenfalls sofort hellwach gewesen war und schob den Riegel zurück.

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Weiter gehts hier.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Er atmete so tief ein, wie er konnte. Gegen den Wiederstand hin, dem ihm sein Körper bot, gegen den Widerwillen seiner Muskeln, gegen den Schmerzen, aus dem seine ganze Welt zu bestehen schien.

Rechts von ihm, über dem Meer, dessen Gischt er in Schein der aufgehenden Sonne golden schimmern sah, riefen Möven und begrüßten den jungen Tag, untermalt vom Knarren der beiden Taue über ihm, die von daran hängenden Körper straff gezogen wurden.
Das Salz in der Luft sang ein Lied von Feuchtigkeit, das Rauschen der Brandung untermalte die Melodie mit einem Versprechen von Kühle und Schwerelosigkeit.

Langsam strömte sein Atem zurück. Es war fast als würde er von allein aus seinen Lungen gepresst, die sich vehement weigerten, gefüllt zu bleiben. Als stünde sein Körper unter Druck, als wäre er bereits in den Tiefen der See gefangen.
Er wünschte sich dorthin. Ins Wasser. Damit die See ihn umarmen konnte, forttragen, mit hinunter nehmen in die kühle Stille. Und die Dunkelheit.

Einatmen. Noch ein mal. Zäh. Mühsam, die nicht mehr vorhandene Kraft raubend.


Beinahe war es idyllisch hier, am Rande des Dschungels. Zu seiner Linken wurde der Bestand der Palmen dichter und floss in nicht einmal vierzig Schritt Entfernung zu einer massiven grünen, lebendigen Wand zusammen, aus der ständig irgendein Vogel rief oder ein Tier schrie.
Vor und hinter ihm erstreckte sich bis zum Horizont einsame, schneeweiße Sandstrände, nur gelegentlich von der einen oder anderen Palme unterbrochen. Als hätte jemand vom Himmel aus das Speerwerfen geübt und selbstvergessen die wunderschöne Umgebung betrachtend seine Waffen nicht wieder eingesammelt.

Er schloss die Augen, wollte nicht mehr sehen. Die Verheißung von Freiheit nicht mehr, die Unendlichkeit nicht mehr. Unwillkürlich meldete ihn sein Geruchssinn eine wahrhafte Kakophonie von Gerüchen und Gestank. Der Rauch der nahen Feuer, im Begriff zu verlöschen, weil niemand den Flammen mehr Nahrung zukommen ließ, das Meer mit seinen leeren Versprechungen und dann noch: Getrocknetes Blut. Urin. Eiter. Wundflüssigkeit. Brandiges Fleisch. Samen. Kurzum: Der Tod. Sein Tod.

Ausatmen. Kurz. Hektisch. Keuchend.

Anfangs war gelegentlich einmal einer von ihren vor ihn getreten und hatte ihm etwas eingeflößt.
Zu dem Zeitpunkt wollte ihm sein Stolz die Aufnahme der Flüssigkeit verwehren, roch er doch deutlich, dass es sich nicht um Trinkwasser handelte, sondern um etwas viel später in der Reihe der Verdauung.
Zu dem Zeitpunkt hatte er noch Hoffnung gehabt, hier irgendwie lebend raus zu kommen.

Einatmen. So zäh. So anstrengend. Als müsse er eine riesige Faust auseinander stemmen, die seinen Oberkörper presste wie eine reife Frucht.

Nun, da sie kaum noch nach ihm sahen musste er einsehen, dass er für sie uninteressant geworden war. Niemand kam mehr. In den ersten Tagen hatten sie sich noch darum geprügelt, wer sich erstes mit dem neuen Spielzeug vergnügen durfte. Wer hinter ihn treten und sich an ihm vergehen durfte.
Einer der Halbstarken hatte ihn nach unten gezogen. Mit seinem eigenen Körpergewicht, in dem er seine Beine um seine Taille geschlungen und an ihm geschaukelt hatte, als wäre er ein Spielzeug. Kein Lebewesen.
In dem Moment, als das Gelenk seiner linken Schulter seinen Dienst verweigerte und mit einem Geräusch, dass er nie mehr vergessen würde, auseinanderglitt wusste er: Hier kam er nicht mehr lebend raus. Und als ihn Schmerz und Schwäche das Bewusstsein raubten war er froh darüber.
Nichts war einfacher als sterben. Dachte er.

Ausatmen. In einem einzigen, kurzem Zug.

Als er, ganz gegen seine Hoffnung, wieder erwachte, war es Nacht. Im Schein der nahen Feuer tanzen schlanke Gestalten zum Dröhnen der Trommel einen hypnotischen, schamanischen Tanz.
Sein ganzer Körper stand in Flammen, brannte lichterloh wie das Freudenfeuer unweit von ihm, nur in seinem Fall vor Schmerz.
Seltsamerweise vermochte er sich auf ein anderes Gefühl zu fixieren. Das Gefühl von klebriger Kühle an seinen Zehen. Sie hatten ihn direkt nach seiner Gefangennahme entkleidet und zwischen zwei Palmen hochgezogen. Eines der Seile um sein linkes, eines um sein rechtes Handgelenk gebunden, hoch gezogen zu einem Menschlichen Ypsilon, fast zehn Finger breit über dem Boden.
Nun spielten seine Zehen im Sand. Und es waren weder die Palmen die nachgegeben hatten, noch die Seile.

Einatmen. Dieses eine Mal noch.

Irgendwann – er wusste längst nicht mehr wie viele Tage er hier hing – war es ihm egal gewesen sich einzupissen. In der am Tag sengenden Sonne hatte es sich sogar kühl angefühlt, während es an seiner roten, großflächig von Blasen übersäten Haut entlang in den Sand lief.
Und irgendwann ging sogar das nicht mehr. Zu weit lagen die Momente auseinander, in denen sie ihm - was auch immer - einflößten. Da hätte er schon alles getrunken. Und wäre noch dankbar gewesen.
Wie viele Tage er hier hing wusste er nicht mehr. Aber um welche Tageszeit es sich handelte, konnte er immer genau sagen. Weckte ihn das Gleißen auf der Gischt rechts von ihm, war es morgen. Verbrannte ihm die Sonne Kopf, Arme und Schultern, handelte es sich um die Mittagszeit und wenn die Geräusche des Dschungels so laut wurden, dass es seinen Verstand wegreißen wollte brach die Nacht an.

Ausatmen. Fast schon Erleichterung.

Anfangs waren die Nächte das schlimmste gewesen, denn dann waren seine Peiniger am aktivsten. Dann kam regelmäßig jemand zu ihn. Um ihn zu schneiden, zu stechen, ihre Experimentierlust zu stillen. Um ihn zu verhöhnen. Oder – besonders im Falle der halbstarken Männer – mit ihm zu spielen, sich an ihm zu vergehen.
Jetzt, als es zu Ende ging, war der Tagesablauf zu einem einzigen formlosen Brei zerlaufen. Längst war es ihm unmöglich zu sagen, wann ein Datum endete und wann das nächste begann.
Sogar der Schmerz trat in den Hintergrund. Die Geräusche wurden leiser, verschwammen zu einem Rauschen. Nur die gnädige, erflehte Bewusstlosigkeit wollte sich einfach nicht einstellen.
Sein Körper war zu stur zum Sterben. Im Gegensatz zu seinem Geist. Der erflehte das Ende.

Einatmen. Ruckartig. Halbgar. Schwach.

Jemand trat vor ihn. Er vermochte den Kopf nicht zu heben, einzig die Augen hochzurollen, gegen einen zähen, körnig brennenden Widerstand unter den papiertrockenen Liedern an.
Vor ihm stand einer der Halbstarken. Mehr als zwei Schritt hoch, violette Haut, muskelbepackte Beine, ebenso starke Arme, nur mit einem Lendenschurz und einer Unzahl an Armreifen bekleidet.
Auf den riesigen Hauern, die aus dem langen spitzen Gesicht ragten und sich beinahe bis zum Ansatz der flammroten, wirr hochstehenden Haare zurückgebogen wuchsen befanden sich keine Ringe, keine Kerben, kein Schmuck. Noch nicht das Ritual des Erwachsenwerdens vollzogen. Noch nicht in die Kaste der Krieger aufgenommen.
Sein Blick senkte sich unwillkürlich wieder. Das Farbspiel der violenten Füße, deren drei wuchtigen langen Zehen im schneeweißen Sand spielten lenkte ihn einen Moment ab, bis ihn eine dreifingrige Hand die Sicht nahm. Der Halbstarke wollte spielen, verspottete ihn. Er verstand die Worte nicht, aber zusammen mit der Geste war klar: Es ging um den Schwanzvergleich. Mit dem, was bei einem Dschungeltroll zwischen den Beinen baumelte, konnte sich kein Mensch messen. Das Lachen hörte er kaum noch.
Er wollte schon wegdriften, sich gehen lassen, mit dem Geist den geschundenen Körper verlassen, als er erkennen musste, er konnte DOCH noch Schmerzen zu fühlen in der Lage war.
Der Halbstarke spielte an dem Bolzen herum, dessen Überreste knapp oberhalb des rechten Beckens einen halben Finger breit aus seinem Fleisch ragten. Es hätte bluten sollen. Tat es aber nicht. Schon lange nicht mehr.

Ausatmen.

Und dann…griff der Halbstarke mit den kraftvollen Fingerspitzen zu, und riss den Fremdkörper aus seinem Fleisch. Ein kurzer Schmerz, das Gefühl, dass etwas zäh und kühl über sein Becken rann und endlich…endlich umfing ihn die Schwärze und Kälte, nach der er sich so sehr sehnte.

Sein letzter Gedanke galt seinem Gefährten.

‚Farewell, Liebster. Leb wohl.‘
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

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von: Zuhause --> Jarels Haus in der Komturei
Datum: etwas später am Abend des 6. August 1278
betrifft: Slava, der Sanitäter, Jarel
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Es war immerhin nicht weit, aber nicht weniger gefährlich und vor allem nach dem letzten Tag war er bekannter geworden, vor allem bei der Stadtwache. Und nun besaß er auch einen Adelsbrief der ihn als Freiherr auswies, irgendetwas kompliziertes von wegen verschollener und in Ungnade gefallener Erbe und von Gnaden des Grafen Dijkstra wieder in den Adelsstand erhoben und so... er musste es sich noch durchlesen, seine neue Legende, aber dazu hatte ihm die Geduld gefehlt.
Nun stand er am Tor der Tempelinsel. Es war spät genug am Abend, um nicht mehr jeden Zivilisten durchzulassen, aber ihn ließ man ein. Er dachte nicht über die Konsequenzen nach oder konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Wie Dijkstra bemerkt hatte, er wußte viel, hatte beachtliche Fähigkeiten aus seiner Welt mitgebracht, aber wie diese tickte hatte er noch nciht zur Gänze begriffen und begegnete ihr auch noch immer mit einer gewissen Arroganz.
Vor Jarels Haus hielt er inne, blickte erst durch die Fenster, konnte jedoch nichts erkennen. ein schwacher Schein einer Öllampe, es war also jemand Zuhause. Oder War Jakob entlassen?
Er zog noch einmal sein Wams gerade und klopfte dann an die Türe.
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Jemand öffnete. Jemand, der nicht Jarel war.
Einer der guten Brüder des Ordens, den Slava noch nicht kannte. Der hagere Mann mittleren Alters ging ihm bis zur Schulter, er trug schlohblondes, wirr abstehendes dichtes Haar, helle, beinahe farblose Augen und war irgendwie…verbaut. Das Gesicht nicht zu einhundert Prozent symmetrisch, eine Schulter hing noch niedriger als die andere und auch die Beine wirkten nicht gleich lang.
Die hellen Augen jedoch strahlten scharfe Intelligenz aus, ebenso der Blick, mit denen er den Besucher durch den Spalt, den er die Tür aufgeschoben hatte, maß.
„Ja?“ Die Stimme des Mannes wirkte etwas heiser, aber sonst unauffällig.
Hinein sehen ließ er den Ankömmling nicht, dafür war die Tür nicht weit genug offen.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Und Slava blieb fast das Herz stehen, im übertragenen sinne, tatsächlich war er mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass seine Pumpe doch unverwüstlich sein musste.
Das war nicht Jarel und wer es auch immer war, er war in dessen Haus. Kurz vergewisserte er sich, dass er an der richtigen Türe geklopft hatte. Scheiße.
Aber solche Situationen hatten schon immer seine Kreativität angeregt, dafür war er gemacht worden.
Den Moment der Verwirrtheit nutzte er.
"Seid ihr Klingenmeister Moore?"
Er legte seine ganze Überzeugung in die Frage, den leichten Zweifel der Erscheinung des Mannes geschuldet.
Zumindest war Jarel so aus der Schusslinie.
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„Seh ich so aus? Seid ihr der Bote mit den Medikamenten?“, fragte der Kerl misstrauisch.
Der Mann war keiner seiner Brüder. Weder von hier, noch aus Wyzima. Die kannte er alle.
Und der halb verhungerte Junge, der sonst die Medikamente brachte war das auch nicht.
„Meister Moore ist unpässlich. Wer bei der ewigen Flamme Wärme seid ihr?“
Mit vor Misstrauen funkelnden Auge versuchte Bruder Holtmann an Slava vorbeizusehen. War eine der Wachen in der Nähe, die er im Notfall rufen konnte? Besonders wehrhaft war er nicht. Ganz offensichtlich. Aber notfalls würde er sich halt mit dem Skalpell wehren.
Ungeduldig starrte er Slava an.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

„Stabil.“, erklärte der Medicus nüchtern, ohne sich vom Hocker zu erheben. „Hatte vor zwei Stunden Atemprobleme und eine Art Krampfanfall, seitdem ist allerdings der Blutdruck stetig gestiegen und schon beinahe normal.“ Holtmann nickte zuversichtlich. „Kommt durch.“
Dass er diese Tatsache nicht sich selber zuschrieb, grenzte an ein Wunder.
„Ist der Klingenmeister so wichtig, dass es euch den Schlaf verdirbt, oder geht es um die Zusammenarbeit mit dem Handelsrat?“ Auf Wenzels fragendes Gesicht hin wurde Holtmann hellhörig.
Ohooo! Der Großkomtur wusste nicht von der Zusammenarbeit. Sofort fühlte sich Holtmann überlegen. Großartig. Jetzt wurde es interessant.
Holtmann setze sich besonders gerade – für seine Verhältnisse zumindest - auf den Hocker und hätte die Beine übereinandergeschlagen, wenn da nicht das Problem mit der Beweglichkeit gewesen wäre.
„Gestern erschien jemand hier. Nach dem Abendgebet noch und erkundigte sich nach dem Klingenmeister. Fragte um Unterstützung bei der Befragung einiger Häretiker an. Wurde unverschämt als ich ihm mitteilte, Meister Moore sei unpässlich.“
Wie ein wedelnder Hund – nur vollkommen reglos und mit betont neuraler Mine – wartete Hermann ‚Holzhammer‘ Holtmann auf die nun folgende Frage. Er hätte auch von allein weiterreden können. Würde er aber nicht.

Dem sich schlafend stellenden Jarel bleib fast das Herz stehen. Konnte es sein das...Slava?
Er war hier her gekommen? Um nach ihm zu sehen?
Hatte er sich Sorgen gemacht? So große Sorgen, dass er mit dem Kopf voran in diese Schlangengrube sprang? Da war doch Wahnsinn.
Jarel versuchte sein Wachsein weiter zu verbergen um mehr zu erfahren.
Das durfte doch alles nicht wahr sein.
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Wenzels Blick ruhte einen Moment länger auf dem ungesund grauen Gesicht Jarels. Bei Antworten auf die eben von ihm gestellte Frage, schätzte er Direktheit durchaus, auch wenn er wusste, dass Holtmann diese Direktheit allem und jedem gegenüber anwandte. Wie eine Axt im Walde, pflegte Welfenberg zu sagen, aber sonst ein guter Medicus. Der Großspittler wusste den Guten Bruder einzusetzen und die Ergebnisse sprachen meist für sich. Wenzel nickte knapp, auch wenn ihm die Worte 'Atemnot' und 'Krampfanfall' durch Mark und Bein gingen. Wie knapp mochte es gewesen sein? Er stellte fest, dass er Jarel nie gefragt hatte, ob er sich einen Tod im Bett oder einen im Feld vorstellte, wenn er je die Wahl hätte. Ob er seinen sterblichen Körper den Flammen übergeben würde - was erwartet wurde, aber Wenzel wusste, das glaubende Herz des Ritters vor ihm schlug in zwei Tönen. Was in seinen Augen in Ordnung war, so lange die zweite Saite im Stillen klang. Moore war sicher nicht der Einzige, der aus einem anderen Glauben gewechselt war und diesen nie ganz abgelegt hatte.
Das silberne Augenpaar kehrte zu Holtmann zurück, als dieser frech wurde. "Mir sind meine Räte wichtig, Holtmann.", erwiderte er kühl, doch er rechnete nicht damit, dass der in Sachen Menschlichkeit unterbelichtete Tropf den Klang wahrnahm oder auch nur die Worte zu deuten versuchte. Statt dessen palaverte er weiter und weckte nun doch Wenzels Aufmerksamkeit. Handelsrat? Leicht krausten sich die Brauen des Großkomturs, als er der weiteren Berichterstattung lauschte und versuchte neutrale Miene zu wahren. Schon als Kind hatte er Petzen gehasst und als Erwachsener mochte er keine Speichellecker. Dennoch winkte er ungeduldig, als Holtmann endete und ihn listig aus seinem schiefen Gesicht anstierte.
"Weiter Bruder, lasst Euch nicht alles aus der Nase Ziehen. Hat er sich vorgestellt? Beschreibung?", wobei er bei Letzterem wenig Hoffnung hatte. Auch da hatte Welfenberg den passenden Ausspruch gehabt, als er sagte, man könnte den Patienten mit Fratzen beschnitzte Kürbisse auf den Kopf setzen, es würde Holtmann nicht auffallen - es sei denn, es ging um ein entzündetes Auge. Aber vielleicht hatte er ja irgendetwas Hilfreiches. Ausgerechnet der Handelsrat, der sowieso gerade in Aufruhr war und wieso vernahmen die plötzlich Herätiker? In Wenzel reifte ein Verdacht, den er allerdings zuletzt mit Holtmann teilen wollte. Da war doch eine Razzia angeordnet worden, ohne den Orden zu konsultieren - vom Regenten persönlich, so hieß es. Den Grund versuchten seine Leute gerade noch aus all den Gerüchten heraus zu filtern.
Während Holtmann sich weiter erging, legte Wenzel seinen Mantel ab und warf ihn achtlos zuoberst auf den Herrendiener. In Ermangelung einer anderen Sitzgelegenheit nahm er auf der Bettkante zu Jarels Füßen Platz und beobachtete diesen noch einen Moment, dann sagte er: "Danke, Eure Dienste werden heute nicht mehr gebraucht. Ich bleibe, bis er aufwacht." Und der Blick, der dann auf Holtmann herum schwenkte, würde selbst diesem ins Gehirn nageln, dass Widerworte weder erwünscht noch geduldet wären.
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Holtmann blinzelte. Da war etwas in der Stimme seines Großkomturs…nur kam er nicht dahinter, was es bedeutete.
Nur dass er jetzt kleinere Brötchen backen sollte begriff er. Unzufrieden setze er noch einmal am Anfang an.
„Ein Mann verlangte nach Einlass. Keiner als zwei Schritt, ausgesuchte Kleidung, keine Rangzeichen, keine Uniform.“ Eine bessere Erklärung würde es nicht geben. Das war schon das höchste der Gefühle, dass der Medicus zustande brachte.
Er stellte sich als Freiherr Sockenoff vor und verlangte den Klingenmeister zu sehen. Wollte seine Dienste bei der Befragung mehrerer Häretiker in Anspruch nehmen. Nahm an, der Ausdruck ‚unpässlich‘ wäre eine Verschleierung für einen Alkoholrausch.“
Hermann Holtmann atmete durch. Wenn er schon richtigstellte, dann wenigstens vollständig.
„Der Zusammenhang zum Rat war eine Schlussfolgerung meinerseits. Die Zusammenarbeit mit einem Gremium außerhalb des Ordens seitens des Klingenmeisters…ist bekannt?“, hakte er nach.
„Und der Freiherr Sockenoff. Der Name sagt euch etwas?“
Erst als er seine Antworten hatte…oder was auch immer er bekam, war er bereit zu gehen.
Unzufrieden wegen des Mangels an Beachtung seiner Leistung, aber gehorsam. Was blieb ihm auch anderes übrig.
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Jarel Moore
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Jarel wartete ab. Als er der Meinung war, der Abstand zu Holtmanns Verschwinden war lange genug, begann er mit dem Schauspiel des Aufwachens.
Leises Stöhnen, schwache Regungen, zögerliches Öffnen der Augen. Orientierungsloses Umsehen.
Und abwarten, was geschah.
Das alles fiel ihm mehr als leicht, entsprach es doch genau dem, was er fühlte. Selbst wenn sie ihn allein ließen, er würde nicht in der Lage sein, Slava aufzusuchen.
Das nächste Stöhnen war nicht gestellt. Und die Übelkeit auch nicht.
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Wenzels Verstand arbeitete auf Hochtouren. Sokenoff. Sokonoff. Nein, der Name war anders, aber er ahnte, wen der Medicus meinte. Noch konnte er sich keinen Reim darauf machen, aber er würde das nicht mit einem Guten Bruder erörtern und schon gar nicht mit diesem. Mit immer noch leicht unterkühltem Ton, doch sehr ruhig erwiderte er nur: "Selbstverständlich. Und nun lasst uns unsere Arbeit tun und tut Ihr die Eure." Offen lassend, welche von beiden Fragen damit beantwortet war oder ob es gar beiden waren. Der Komtur beobachtete Holtmann dabei, wie er seine Gerätschaften zusammen packte und sich dann missmutig davon machte. Auch an die Unhöflichkeiten dieses Menschen war von Herrenloh inzwischen gewöhnt, dennoch atmete er unhörbar auf, als er endlich fort war.
Wenzel blieb sitzen, wo er saß und sah Jarel eine Weil an, verfolgte, wie dieser aus der Bewusstlosigkeit aufzutauchen schien. "Er ist weg, kein Grund mehr für das Schauspiel." Doch seine Stimme hatte schlagartig eine andere Färbung als noch kurz zuvor Holtmann gegenüber.
"Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du mir deinen Knappen so zeitnah aufhalsen wolltest, alter Freund.", rügte er Jarel milde.
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