Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

„Die Verbindung wird in dem Moment gefährlich, in dem man die eigene und die Empfindungen und Wahrnehmungen nicht mehr von denen des anderen Unterscheiden kann. Wenn man unkontrolliert etwas übermittelt. Oder empfängt.“
Der Schattenläufer rutschte etwas zur Kante des Bettes, nestelte an seinem Hemd und zog es hoch. Noch sah man nichts, denn die Lederhose des Ritters war ungewöhnlich hoch tailliert. In Jakobs Augen vielleicht altmodisch. Für Jarel jedoch essenziell für die Bewegungsfreiheit.
In der Rolle des Ritters war es nicht mehr nötig, mit dem Kopf nach unten an den Kniekehlen an einem Vorsprung zu hängen und Schlösser zu knacken. Die Angewohnheit die hierfür passende Kleidung zu tragen wurde er jedoch nicht mehr los.
Den Bund der Hose ein Stück herunter gezogen war es sogar im schlechten Licht des winzigen Raumes gut zu sehen. Eine Narbe, verheilt, aber noch rot leuchtend, umkränzt von einem Kranz dunkler Blutergüsse.
Jarel drehte sich passend, damit Jakob die verheilte Wunde sehen konnte und schwieg.
Einerseits war er nun sicher, die Verbindung zu ‚seinem‘ Jungen war nicht nur möglich, sondern bereits Existent.
Andererseits würde Jakob so nun erfahren, was er getan hatte. Das er ein Mörder und Meuchler war. Dass er Leben auslöschte, ohne dass sein Gewissen ihn niederdrückte.
Und doch ließ er es ihn sehen. Wenn Jake neben seinem Knappen nun auch sein Bruder im Schatten sein wollte erschien es ihm Unrecht ihn dahingehend zu belügen, was er aus dieser Berufung anstellte.
Der Schattenläufer hielt vor Anspannung die Luft an, hielt dem Blick Jakobs stand, ohne seine Gefühle zu zeigen.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Jakob hatte ihm zugehört.
Mit jedem Satz hatte das Gesicht des Jungen eine andere Emotion gezeigt. Unglaube. Entsetzen…
Jarel schluckte, zog seine Kleidung zu Recht, wartete ab. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, doch dann platze es aus dem Knappen heraus.
„Wer war ich?“, fragte der Knappe, eher tonlos und eher abwesend, doch noch sah er ihm dabei in die Augen, hatte vielleicht noch nicht verarbeitet, was sich gerade wie ein glühendes Messer in seinen Verstand fraß.
„Ein Mitglied einer nilfgardischen Spezialeinheit, die durch Zerstörung von Innen das Einrücken der Armee in Novigrad möglich machen sollte.“ Auch Jarel bemühte sich keine Emotionen zu zeigen.
Die Leben die er genommen hatte bedrückte ihn nicht besonders. Dass er im Begriff war, Jakobs Zuneigung zu verlieren, zerriss ihm das Herz.
Die nächste Frage unterstrich diesen Eindruck, nicht nur der leisen, monotonen Stimme wegen, sondern auch dem Ausdruck des Verstehens, dass sich in den Blick des Jungen schlich.
„Ist er wirklich tot?“

Jarel nickte langsam „Ja. Er ist tot. Sie sind alle tot. Das Mädchen war aber nicht Iola, es war Reuvens Kleine. Ihr geht es gut.“
Wie in Zeitlupe verlor Jakobs Blick den von Jarel und wanderte nach unten, versandete im Nichts.
Wieder wartete Jarel ab. Lange warten musste er nicht.
Ohne aufzusehen, ohne seinen Blick zu suchen, flüsterte Jakob tonlos er „Geh. Lass mich allein.“
Der Ritter erhob sich, ließ das Stilett im Stiefel verschwinden, trat an die Tür.
Dort blieb er stehen und sah er über die Schulter zurück.
War es die richtige Entscheidung gewesen? Hätte er schweigen sollen? Oder Lügen?
Nein. Darauf wollte er keine gemeinsame Zukunft aufbauen.
Obwohl nicht klar war, ob es überhaupt noch eine gemeinsame Zukunft gab.

Der Schattenläufer sah wieder zur Tür, schloss die Augen, lauschte.
Als er sicher war, dass sich niemand auf dem Flur befand verschwand er. Ohne ein Wort, doch mit einem schweren Stein dort an der Stelle, an der sich noch vor Minuten noch sein Herz befunden hatte.
Zuletzt geändert von Jarel Moore am Dienstag 13. Dezember 2022, 12:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob blieb in einem Scherbenhaufen zurück, den Blick noch eine Weile gesenkt, weil er nicht wollte, dass Jarel die Tränen sah, die ihm haltlos aus den Augen drückten. Der Alptraum war Realität geworden, die Illusion der gottgefälligen Ritterschaft im Dienste der Menschen einmal mehr geplatzt. Ansich wusste Jakob, dass es so etwas einfaches wie Schwarz und Weiß niemals und nirgends gab, aber gerade ertränkten Enttäuschung und Wut die Ratio. So vieles hatte er bis hier hingenommen, akzeptiert, sogar verteidigt.
Seine Schultern begannen zu zittern.
Etwas quoll tief aus seinem Inneren hervor, drückte von innen gegen seine Haut. Etwas, das er lange nicht gespürt hatte. Jenes Gefühl, zerspringen zu müssen, wenn er nicht vorher selbst etwas zerschlug, die Energie entlud, die sich unweigerlich Bahn brechen würde. Eine dunkle, alles verschlingende Welle, die er glaubte, hinter sich gelassen zu haben.
Fort war die Vorsicht, weg die schonende Bedachtheit in jeder Bewegung. Jakob sprang fast schon auf, packte das erste, was ihm in die Finger kam - und das einzige im Raum, was leicht genug war - und schleuderte es mit aller Kraft Richtung Tür. Es war der Schemel. Er prallte gegen das Holz, während sich alles, was darauf gelegen und gestanden hatte, auf dem Boden verteilte. Der Laut, der Jakob dabei entkam, sprach von seiner Wut und der Ohnmacht dagegen.
Der Knappe warf sich dem Schemel hinterher ebenfalls gegen die Tür und rutschte dann daran hinab, den beißenden Schmerz im Rücken dankbar empfangend, als das mit Salbe und Schorf verbackene Leinen von den heilenden Wunden abriss. Am Boden sitzend, ließ er den Kopf erst hängen und schlug dann damit gegen das Holz, vergrub anschließend das Gesicht in den Händen.
Das Schlimmste war, dass er hier drin gefangen war und sich nicht abreagieren konnte. An nichts, außer sich selbst und der kargen Einrichtung. Einen Moment hockte er da an der Tür, dann war er wieder auf den Beinen, gab dem Schemel noch einen Tritt und begann dann wie von Sinnen mit den Fäusten auf das grobe Mauerwerk einzuprügeln.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Mit einer fließenden Bewegung löste sich Jarel von der Tür.
Er hatte gehen wollen, bereits im Schatten verborgen hörte er etwas an der Tür detonieren, war stehen geblieben, umgekehrt.
Während Jakob innen tobte, hatte Jarel die Stirn an das rauhe, massive Holz gelegt, direkt daneben die Fläche der rechten Hand, hatte den Knappen drinnen gehört, ihn gespürt. Und verstanden. Zumindest meinte er den Sinn der Worte in der ihm nicht bekannten Sprache zu verstehen. Der anklagende Ton, die unglaubliche Wut, die tiefgehende, erschütternde Enttäuschung. Er hörte Jakob auf die Wände einschlagen. Mit bloßen Fäusten. Es wäre Jarel lieber gewesen, er hätte auf etwas anderes eingeschlagen. Doch er würde nicht wieder hinein gehen. Der Schattenläufer hatte sich entschieden.
Erst als es ruhiger wurde drinnen und als einziges Geräusch ein Schluchzen zurückblieb, trat der Schattenläufer zurück. Gerade rechtzeitig, denn es waren Schritte um Flur zu hören.
Zeit zu gehen. Mit einer tänzelnden Bewegung wich er dem Bruder aus, der ihm entgegenkam.
Hatte dieser Jakobs Anfall bemerkt? Würde er die Tür öffnen? Würde er die hineingeschmuggelten Lebensmittel sehen? Würde Jakob in seiner Wut herausschreien, wer diesen Regelverstoß begannen hatte?
Und…spielte das eine Rolle? Es schmerzte ihn mehr, jetzt nicht an Jakobs Seite zu sein und ihm beistehen zu können als der Gedanke, der Junge könnte in seiner Wut etwas Unbedachtes tun.
Er hatte ihn gebrochen. Und nun war er nicht da ihm zu helfen, ihn aufzufangen und ihn in seiner Entscheidung zu unterstützen, egal wie diese ausfiel.
In traumwandlerischer Sicherheit ging er seinen Brüdern aus dem Weg, die er in diesem Moment mit ganz anderen Augen sah. Und das lag nicht einzig an der geänderten Sicht, der überzogenen Schärfe und dem erhöhten Kontrast, den die Sicht aus dem Schatten mit sich brachte. Etwas im Schattenläufer hatte sich verschoben, war in eine andere Schiene gesprungen.
Während er einen weiteren Knappen umschlich horchte er in sich. Bereute er, seinem…nein…halt..
Bereute er dem Knappen gegenüber so schonungslos gewesen zu sein? Nein. Das tat er nicht.
Er bereute nur den Zeitpunkt. Doch das war nicht mehr zu ändern. Es war geschehen. Gab es dafür einen richtigen Zeitpunkt?
Jakob hasste ihn. Trotzdem hätte er es wieder getan. Er war nicht nur der Ritter der Flammenrose. Ein Teil von ihm war im Laufe der Zeit dazu geworden. Ein Teil von ihm stand zwar nicht hinter allen Grundsätzen des Ordens, aber er stand hinter seinen Brüdern, Wenzel von Herrenloh allen voran.
Er stand hinter dem Kampf gegen das Böse, einzig seine Einteilung von ‚Gut‘ und ‚Böse‘ unterschied sich wesentlich.
Aber er war nicht nur Ritter. Ein Teil von ihm war noch immer Schattenläufer, Schurke, Assassine.
Die vorletzte Nacht hatte es ihm mehr als deutlich gezeigt. Es gab ihn noch, den gedungenen Mörder, den Tod im Schatten, den ‚Dae´draug‘.
Unbemerkt gelangte er zu seiner Unterkunft, wartete, bis er ungesehen eintreten konnte, schlüpfte hinein, schob die Tür zu. Erst in dem kleinen Gebäude, dass sein Zuhause geworden war, trat er wieder aus dem Schatten, sah sich abwesend um.
Er hatte seinen Knappen verloren. Weil er die Wahrheit gesagt und mit offenen Karten gespielt hatte.
Immer noch gedankenverloren und etwas steif begann er sich zu entkleiden, seiner täglichen Routine nachzugehen. Waschen, Medikamenteneinnahme. Und dann weitersehen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Irgendwann musste er aufhören, weil seine Hände aufgerissen waren und von innen heraus schmerzten. Mit derlei Ausbrüchen hatte er sich früher schon Mittelhandknochen gebrochen, aber für dergleichen Reflexion war er zu aufgebracht und wünschte den Schmerz zu sehr herbei. Während der kurzen Pausen verwünschte er den HERRN, klagte ihn an für diesen ihm beschiedenen Weg, den er einfach nicht begriff. Immer wenn er glaubte, richtig zu gehen, das gefunden zu haben, was er suchte, bekam er von Gottes allmächtiger Hand wieder einen Schlag in den Nacken. Er wollte, wollte so vieles.
Mit einer letzten wütenden Frage, die doch niemals beantwortet würde, hieb er mit den flachen Händen gegen den Stein, bis auch die Innenseiten schmerzten.
Was willst du von mir?
Was war sein Daseinszweck? Der wahre Weg, der richtige? Wie sollte er das je verstehen?
In den Trümmern stehend, die er verursacht hatte, atmete Jakob zittrig durch, ließ die Tränen einfach laufen. Er war allein, würde es noch für Tage sein. Langsam sank er auf die Knie.
Er hatte das vage Gefühl, dass Jarel noch hinter der Tür war - dass er sie nur öffnen brauchte und sich ihm wieder gegenüber sehen würde. Es zerrte an ihm, doch er blieb stur, ignorierte es, bis der Eindruck verschwand. Sein Blick irrte derweil über die verstreuten Lebensmittel und blieb an der süßlich riechenden Pfütze hängen, neben der die Steingutflasche lag. Nichts davon durften die Guten Brüder sehen, fuhr es ihm durch die Gedanken, denn dann würden sie fragen, woher das Zeug kam und damit fing es an, kompliziert zu werden.
Und als könnte es nicht schlimmer werden, hörte er tatsächlich Schritte vor der Tür. Der Knappe erlaubte dem Guten Bruder nicht, die Tür auch nur ansatzweise zu öffnen und die noch unzufriedenstellend los gewordene Aggression entlud sich einmal mehr. Wie eine gespannte Feder, die man los ließ, schnellte er auf die Füße und warf sich gegen das Holz. Der Aufschrei von der anderen Seite sprach von einem Treffer - Stirn, Nase, Finger, egal. Davon, dass man solche Zellen so auslegte, dass man sie von innen nicht verkeilen konnte, hatte hier noch nie jemand gehört und so tat Jakob genau das.
Der ohnehin in Mitleidenschaft gezogene Schemel musste eines der drei Beine lassen. Geschickterweise gezapft und entsprechend zur Sitzfläche hin sich verjüngend, konnte Jakob es zwischen den gestampften Boden und Türspalt rammen und mit den Resten des Schemels weit genug hinein prügeln, dass es schon etwas mehr Anstrengung brauchen würde, um die Tür von außen wieder zu öffnen. Jarel dachte schon ganz richtig, dass sein Junge Dummheiten machen könnte, aber die Richtung stimmte nicht. Der hatte sich ganz andere Sachen in den Kopf gesetzt, als seinen Ritter in Erklärungsnöte zu bringen.
Das Klopfen ignorierte er. Hörte er schon nicht mehr.
Mit den schmerzenden Händen sammelte er die Lebensmittel auf und sortierte sie auf dem Tuch am Fußende des Bettes zusammen. Die Flasche hob er auf und schwenkte sie ein wenig. Ein kleiner Rest war noch zu spüren - er stellte sie zu den anderen Sachen. Zum Schluss trat er mit seltsam ausdruckslosem Gesicht auf die Feuerschale zu. Kurz betrachtete er die Flammen, dann verzog sich das jugendliche Gesicht zu einer wütenden Grimasse und er packte mit beiden Händen die Pfanne, riss daran, in dem Bestreben, sie von der Wand zu reißen. Er verbrannte sich die Finger an Öl und Metall und sie gab auch nicht sofort nach, doch drehte sie sich und das Öl floss in einem flammenden Strahl auf den Boden. Jakob sprang zurück, riss das Hemd vom Körper und warf es auf die brennende Pfütze. Zwei, drei Tritte später herrschte Dunkelheit.
Noch lange stand er zitternd in der Schwärze, bevor er sich auf das Bett setzte und die geschundenen Finger in seinem Haar vergrub.
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ERZÄHLER
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Die Zelle des Knappen war zu einer nachtschwarzen Gruft geworden, die Tür so verkeilt, dass der Bruder Kebal, der gegen Abend die übliche Ration Wasser und Brot bringen wollte, sie keinen Millimeter bewegen konnte. Auch das nicht wie sonst das Licht der Flamme durch die Ritzen schien, ließ den Ordensbruder stutzig werden. Er stellte seine Fracht ab und klopfte gegen die Tür, erst nur ein wenig, dann heftiger. Schließlich stemmte er sich mit der Schulter gegen das Holz, doch der Keil, den Jakob innen angebracht hatte, wirkte ausgezeichnet.
"Bruder Jakob, so macht doch auf!", rief er mit den Lippen fast das Holz berührend, doch er erhielt keine Antwort. Noch einmal klopfte er, doch es antwortete ihm nur Schweigen. Unschlüssig trat Kebal von einem Fuß auf den anderen, ließ Krug und Schale schließlich bei der Tür stehen und eilte wieder aus dem Tempel hinaus.
Es war noch hell, aber die Sonne stand schon tief über der westlichen Mauer. Bruder Kebal eilte zu den Häusern der Ritterschaft, denn der erste, den um Hilfe zu bitten ihm eingefallen war, war natürlich Klingenmeister Moore, der Ritter des jungen Mannes. Er ahnte ja nicht, dass das letzte Gespräch der beiden zu dieser Lage geführt hatte, die den Guten Bruder Kebal nun so nervös machte und so fand er sich schnell vor Jarels Tür ein und klopfte auch heftig gegen diese.
"Klingenmeister Moore? Seid Ihr da?" Er konnte Licht durch das kleine Fenster sehen, doch niemand antwortete auf das Klopfen. Bruder Kebal legte das Ohr an die Tür. Es war still, zu still, vom gelegentlichen Knacken des fast vollständig herunter gebrannten Feuers abgesehen.
Vorsichtig legte er die Hand auf den Knauf und drückte - nicht abgeschlossen.
Kaum hatte er die Tür geöffnet bestätigte sich der Verdacht, dass hier etwas nicht stimmte.
Es roch sauer, krank, nach Erbrochenem?
Jarel lag auf der Seite, die Beine ausgestreckt, eingehüllt in einen riesigen schwarzen Umhang, die Kapuze tief im Gesicht. So wie das aussah, hatte er gesessen und war dann umgekippt.
Und der Geruch…kam definitiv von ihm.
Bruder Kebal eilte zu dem Mann, der wie leblos dort lag und fasste ihn bei den Schultern. Ihm zitterten die Hände, aber er war sich dennoch sicher, dass der Klingenmeister nicht mehr atmete. Kebal gab einen kläglichen Laut von sich und sah sich um, als müsste hier irgendwo jemand oder etwas sein, was ihm weiter helfen könnte. Er war keiner, der mit Kranken umgehen konnte - er war Illustrator. Der Geruch bereitete ihm jetzt schon Übelkeit und er fühlte sich absolut hilflos, daher rannte er wieder nach draußen und in langen Sätzen in Richtung Spital.

Der Großspittler machte sich gerade fertig für die Abendandacht, als man ihm die Nachricht brachte, ein ziemlich aufgewühlter Guter Bruder hätte berichtet, der Klingenmeister sei tot. Welfenberg war allerdings niemand, der gleich Totenscheine ausstellte, ohne noch einmal einen Blick auf die fragliche Leiche geworfen zu haben. Er packte eine stets bereit stehende Tasche und hieß Bruder Kebal, ihn zum Haus des Ritters zu begleiten.
Geruch und Anblick an Ort und Stelle schienen dem altgedienten Arzt und Feldscher absolut nicht zu schrecken. Er verzog keine Miene, ging neben Jarel in die Knie und begann routiniert die Lebenszeichen zu prüfen.
"Lauf zum Großkomtur. Sag ihm, er soll her kommen.", brummte Bertrand, während er die Lider des bewusstlosen Ritters empor zog und mit einer Lampe in die Augen leuchtete. Das leichte Krausen der hohen Stirn sah Bruder Kebal nicht mehr, er war bereits unterwegs, froh dem Geruch und der Atmosphäre zu entkommen.

Wenzel von Herrenloh befand sich in einer Unterredung mit dem Großmarschall, als der Gute Bruder zur Tür herein platzte, dicht gefolgt von einem protestierenden Ealco Helbel. Die beiden Ritter wandten die Köpfe und Wenzel bedeutete dem Mönch zu sprechen, wo er nun schon einmal im Raum stand.
"Der Klingenmeister, Herr Großkomtur. Es geht ihm nicht gut, ich glaubte, er sei tot - der Herr Großspittler ist schon da und bittet Euch zu kommen."
Wenzel war schon bei den ersten Worten auf den Beinen. "Entschuldigt mich, Robert, aber Ihr versteht dies ist dringend." - "Sicher, sicher. Der Segen der Flamme mit Eurem Schwertbruder, Herr." Der Großmarschall hatte sich ebenfalls erhoben und sah den beiden Männern nach, die eilig die Amtsstube verließen.

Im Dunkel einer doppelten Wand hob eine untersetzte Gestalt den Kopf. Bis hier hin war das Gespräch nach seinen Wünschen gelaufen, die Unterbrechung versprach allerdings auch vielversprechend zu werden. Mit leisen, doch eiligen Schritten folgte der Lauscher dem schmalen Gang, der sich nach einer Weile abwärts neigte und vor einem Gitter endete, dass jedoch schnell geöffnet war. Aus dem so erreichten Keller führte eine Stiege in die Küche und von dort war es nur ein Katzensprung in den Hof, über den Wenzel und Bruder Kebal schritten.

"Was wolltest du überhaupt bei ihm, Bruder?"
"Sein Knappe - er macht die Tür nicht mehr auf."
"Und dann? Erzähl!"
"Ich lief zum Haus des Klingenmeisters, klopfte, aber niemand öffnete. Da Licht war, versuchte ich die Tür und sie war nicht abgesperrt und da lag er. Was mach' ich jetzt mit dem Burschen?"
Wenzel brummte ungehalten. "Anders lösen. Moore wird dir jetzt gerade nicht helfen. Geh.", erwiderte er barsch und ließ den Guten Bruder auf halbem Wege stehen, denn dessen weinerlicher Ton sägte an seinen ohnehin schon bis zum Zerreißen gespannten Nerven. Mit langen Schritten ging er zwischen den Häusern seiner Ritterbrüder hindurch, bis er schließlich bei Jarels angelangte. Die Tür war nur angelehnt, dennoch klopfte er, bevor er eintrat. Gemessen, ohne Hast, wie immer, obwohl ihm mehr danach war, einfach hektisch herein zu platzen wie es der Gute Bruder in seinem Arbeitszimmer getan hatte.
Wenzels Augen überflogen die Szenerie. Der Ofen schwelte noch, Bertrand saß auf einem Schemel vor dem Bett, hatte Jarels Arm in der Hand und schien zu zählen. Jarel selbst, bleich wie der Tod, lag auf dem Bett auf der Seite, unter dem Kopf ein zusammengeknülltes, schwarzes Etwas. Es roch sauer im Raum, ungesund und daher ungewöhnlich in der sonst so akurat und sauberen Umgebung.
"Bertrand...", begann er leise, doch dieser hob nur die Hand und hieß Wenzel damit Schweigen. Am Bett eines Kranken tauschten Komtur und Spittler sehr einfach die Ränge. Hier und jetzt hatte Welfenberg das Sagen. Es vergingen noch einige Sekunden, dann legte Der Arzt Jarels Arm sorgsam wieder ab und hob den Blick.
"Ich weiß noch nichts genaues. Hat sich erbrochen - lag zu seinem Glück auf der Seite dabei. Lebenszeichen sind schwach aber stabil. Er scheint seine Medikation genommen zu haben, aber der Effekt ist anders, als ich ihn von damals kenne. Und schau..." Er winkte Wenzel heran, nahm die Lampe und hob erneut eines von Jarels Lidern. Pupille und Iris waren kaum voneinander zu unterscheiden, so schwarz durchfärbt waren beide.
"Beim Feuer...", murmelte der Großkomtur und setzte sich zu Jarel auf die Bettkante. "Wird er wieder?"
Welfenberg zog in jener Art die Brauen hoch, mit der er ein Schulterzucken kaschierte - er hob niemals die Schultern, weil es zu ratlos wirkte, wie er sagte, und die Leute wollten nicht, dass ein Arzt ratlos wirkte. Also hatte er diese Geste entwickelt, die für Wenzel aber genau das gleiche bedeutete.
"Du weißt ja selbst, dass es mit ihm speziell ist. Im Moment macht er einen recht stabilen Eindruck, aber er sollte unter Beobachtung bleiben. Ich habe versucht ihm etwas Wasser einzuflößen - auch das sollten wir weiterhin tun. Der Blutdruck ist verdammt niedrig."
"Er wurde vor zwei Tagen verwundet, mag noch davon kommen."
Bertrand verzog ungenädig die Lippen. "Und war nicht bei mir. Typisch. Wie soll ich euch Helden helfen, wenn ich nicht weiß, was ihr so alles anstellt? Ich brauche solche Informationen, so..."
Wenzel hob die Hand, die Rollen verschoben sich ein weiteres Mal und rutschen wieder an ihren vorherigen Platz. "Ich weiß, Bertrand, lass gut sein. Ich bleibe bei ihm. Der Bewahrer soll die Messe lesen."
Welfenberg brummte. "Wenn er sich wieder erbricht oder anfängt zu fiebern, lass mich sofort rufen."
Wenzel nickte nur, den Blick auf das Gesicht seines Freundes ruhend. So direkt hatte er sich das mit dem irgendwann nicht wieder kommen dann doch nicht vorgestellt. Aber die Erinnerung rief Jarels Worte wach und er hielt den Großspittler noch einmal auf.
"Bruder Kebal soll Lebenstein aus der Klausur entlassen. Soll der versuchen mit Nagall zu reden.", wies er an. Welfenberg verstand zwar nur die Hälfte, aber war genug Befehlsempfänger, um die Worte einfach an den Guten Bruder weiter zu tragen. Der würde schon was damit anzufangen wissen.

In den länger werdenden Schatten zwischen den Häusern duckte sich eine rundliche Gestalt zusammen und beobachtete den Großspittler, wie er zurück zum Tempel schritt.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Spontan hatte er sich schon als Bekannter Jakobs ausgeben wollen, was vielleicht auch nicht falsch gewesen wäre, aber es konnte durchaus den Jungen in Schwierigkeiten bringen und allein um Jarels willen wollte er den nicht noch tiefer reinreiten.
Die Ungeduld war dem Mann praktisch anzumerken.
"Nein, der bin ich nicht. Ihr sehr tatsächlich nicht aus wie einer der Ritter, entschuldigt, das sollte nicht respektlos klingen. Man sagte mir nur, das wäre sein Haus."
Unpässlich. Und jemand, der um Medikamente geschickt worden war. Verdammt.
"Ich bin... Freiherr von Sokolov..." das 'Oberst' klang immer noch geläufiger, aber hier war eine gute Gelegenheit, mit dem neuen Titel zu spielen.
"Und mit wem habe ich es zu tun?"
Dann räusperte er sich.
"Ich habe seit heute Morgen einige Häretiker in meiner Gewalt und man legte mir nahe mir bei der Befragung den Beistand des Ordens zu holen. Dazu nannte man mir den Klingenmeister als Kontakt. Wenn er allerdings derzeit... 'unpässilich' ist, werde ich vielleicht besser auf solcherart Beistand verzichten."
Das 'unpässlich' sprach er so aus als würde er schwer davon ausgehen, der Kerl sei nur Hackdicht und den Rest ließ er so klingen als habe er nun eine lästige Pflicht erfüllt, der Ritter war nicht da, er konnte wieder zu Tagesgeschäft übergehen. Und zwischen den Worten klang etwas wie 'vielleicht lass ich die auch einfach frei, das habt ihr nun davon.
Die Razzia hatte sich sicher im Laufe eines ganzen Tage auch bis hier oben herumgesprochen und auch wer dafür verantwortlich war.
"Sie können ihm ja ausrichten, dass man sich nach ihm erkundigt hat, und dass er das nächste mal weniger 'unpässlich' sein sollte."
All das mit einem Tonfall aus Verachtung und Arroganz vorgetragen.
'Entschuldige, Jascha...' wollte er flüstern, aber er verzog keine Mine, war bereit sich umzuwenden und wieder zu gehen.
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ERZÄHLER
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Lebenslauf:

Heinrich „Holzhammer“ Holtmann war kein schlechter Arzt. Ganz im Gegenteil. In seinem asymmetrisch verschobenen Schädel arbeitete ein enorm analytischer Verstand und trotz seines für sein Fachgebiet jungen 43 Jahre hatte er eine bemerkenswerte Menge an Fachwissen angesammelt.
Zwei Dinge jedoch verhinderten, dass er auch außerhalb des Ordens als Koryphäe seines Fachs bekannt wurde:
Primus das komplette fehlen von Empathie des Medikus. Hatte er eine – meist treffende – Diagnose erstellt, so bekam der Patient diese auch augenblicklich zu hören. Egal wie schrecklich, egal in welcher Situation. Eine Eigenschaft, die ihm den Spitznamen „Holzhammer“ eingebrachte. Seine Welt drehte sich ausschließlich um ihn selber. Die Gefühle der anderen waren für den Arzt ein Buch mit sieben Siegeln.
Secundus fehlte ihm eine weitere Fähigkeit, die Personen sympathisch erscheinen ließ: Es lag völlig außerhalb seiner Möglichkeiten, seinen Patienten Gesichter zuzuordnen. Das Fehlen dieser den meisten Personen naturgegebenen Fähigkeit störte ihn selber jedoch nicht. Er wusste jede Krankenakte auswendig, kannte jede Narbe, jede Diagnose. Wenn er auch das Gesicht nicht erkannte, gab es für ihn genug Möglichkeiten in Erfahrung zu bringen, wen er vor sich hatte.
Slava war dieses Phänomen als „Gesichtsblindheit“ bekannt. In dieser Welt jedoch kannte man den Begriff nicht. Und selbst wenn, hätte es niemanden gekümmert, denn als Arzt funktionierte Holtmann ganz hervorragend.
Als der Mann mit dem verschobenen Äußeren ihn abermals musterte fiel dem Spion auf, dass der Glaubensbruder ein besonderes Augenmerk auf die Körpermerkmale seines Gegenübers warf. Ein Verhalten, dass er schon des Öfteren gesehen hatte. Besonders war ihm ein Moment vor einer gefühlten Ewigkeit im Gedächtnis geblieben, als ein gewisser Ritter – wegen dem er jetzt dieses enorme Risiko auf sich nahm herzukommen – ihn das erste Mal ansah.
Holtmanns Augen huschten mit seltsam intensivem Blick an Slava hinab und hinauf.
"Medicus Holtmann.", stellte er sich zackig und kurz angebunden vor.
Soso. Der Mann suchte also den Folterknecht des Ordens. Das implizierte im seltsam funktionierenden Verstand des Medikus immerhin, dass der Mann mit dem seltsamen Namen Sockenoff wusste, um was und wen es hier ging. Kein völlig Fremder also.
Nur Slavas Anspielung, Jarel könnte besoffen in der Ecke liegen verstand er vollkommen falsch.
Er bezog die Bemerkung – natürlich – auf sich. Hielt dieser Freiherr ihn für unfähig, einen Bruder auf die Beine zu bringen? Er kannte Klingenmeister Moore. In- und auswendig. Doch eben dieser Mann war für ihn ein wandelndes Rätsel. Man hatte ihm berichtet, Meister Moore habe im Gefecht eine Verletzung erlitten, die die Funktion der Leber einschränkte und wegen der er ein Medikament nehmen musste, dessen Einnahme für so manch einen anderen das Ende bedeuten würde.
Ein für ihn natürlich besonders interessanter Fall, als der Großspittler nach ihm schickte hatte er sich regelrecht darum gerissen, Moore zu versorgen. Zeit allein mit ihm zu verbringen, zudem mit der aus der tiefen Bewusstlosigkeit des Patienten hervorgehenden Möglichkeit ihn unauffällig eingehender zu untersuchen, hatten seinem Forscherdrang regelrecht unter Dampf gesetzt.
Nur…weiter kam er einfach nicht. Die Körperfunktionen des schwarzhaarigen mit den breiten Schultern, der einfach nicht altern wollte, gaben ihm immer noch mehr Rätsel auf als dass sie Erkenntnisse brachten. Wer weiß…vielleicht überlebte der Klingenmeister das nicht, Dann hatte er noch ganz andere Möglichkeiten zur Untersuchung.

Und jetzt auch noch das. Einer von Außerhalb kritisierte seine Fähigkeiten.
Holtmann verstand falsch. Und tat doch genau das, was Slava beabsichtigt hatte. Er schob die Tür auf und gab den Blick in den Raum frei.
Jemand hatte den kleinen Esstisch direkt neben das Bett gestellt, darauf alle möglichen und unmöglichen medizinischen Gerätschaften, zusammen mit mehreren Schiefertafeln, alles ordentlich aufgereiht und an der Tischkante ausgerichtet. Im Raum war es warm, beinahe schon stickig und trotzdem Holtmann oberflächlich versucht hatte jegliche Sauerei zu beseitigen, roch es nach saurem Schweiß und Erbrochenem.
Doch all das fing nicht Slavas Blick. Sein Blick blieb auf der Person hängen, deren Gesichtsfarbe sich nur deswegen vom weiß der Laken unterschied, weil es von Natur aus eine gewisse Sonnenbräune aufwies. Doch wirkte es – trotz des aus dem Ofen rötlichem Lichtschien – eher auf unheimliche Art grau.
Auf dem an der linken Wand aufgestellten Bett lag der reglose Jarel, ausgestreckt auf der linken Seite, mit dem Rücken zur Wand. Sein rechtes Bein war angewinkelt und als Stütze zum Bett hin gekippt, seine rechte Hand unter der Wange platziert, der Kopf leicht nach hinten gebogen.
Die sichere Seitenlage kannte man also auch hier.
Eine bis zur Taille hochgezogene Decke verbarg den Rest.
„Wenn ich unpässlich sage, meine ich unpässlich.“ Holtmann hob und streckte das Kinn, presste die Lippen zu einem Strich zusammen und starrte Slava herausfordernd an.
„Ihr werdet auf den Klingenmeister verzichten müssen. Tut mir sehr leid.“ Und dieses ‚tut mir sehr leid‘ klang wie ein kleiner Junge, der ihm frech die Zunge rausstreckte.
Trotzdem harrte der Medikus auf die Erwiderung des Fremden. Er erwartete er eine Entschuldigung, unterstrichen vielleicht von ein wenig Katzbuckelei. Schließlich war der Arzt in dieser Situation die überlegene Persönlichkeit. Zumindest in seinen Augen und in seiner Welt.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Nur einen Moment glaubte er erneut, das Herz würde ihm aussetzen, aber Jarel lebte. Es fiel ihm nicht leicht, den verächtlichen Ausdruck beizubehalten.
Er hatte 100te an Fragen, aber er durfte sich nicht weiter interessieren.
Dieser Ritter ging ihn einfach nichts an, nicht offiziell und dass wollte ihn innerlich zerreißen. Er wollte jetzt neben ihm sitzen, seinen Kopf halten, ihn wärmen. Ihm die Haare aus dem Gesicht streichen.
Natürlich nahm er den Geruch von erbrochenem wahr und den von ungesundem Schweiß, aber er wollte für ihn da sein, auch in schlechten Zeiten.
War es nun schon so weit? Homo-Ehe? Fuck.
Liebe war etwas furchtbares und stellte grausame Dinge mit einem an.
Deshalb hatte er sich nie binden wollen, und nun...
Ihn diesem Typen zu überlassen, dessen Blick auch zu einem Dr. Frankenstein gepasst hätte behagte ihm gar nicht.
Aber er musste es schlucken. Und es gelang ihm. Der Ausbildung sei Dank.
Er zog nur eine Augenbraue hoch, zuckte mit den Schultern und ignorierte alles was in ihm vorging.
Der Kerl, der da drinnen lag war ihm vollständig egal, genau das schaffte er zu vermitteln.
Nicht einmal egal, er kannte ihn nicht.
"Ich nahm an, unpässlich sei der Code für 'stockbesoffen'."
Es war kein 'tut mir leid' so etwas würde ihm nie über die Lippen kommen, nicht in dieser Rolle.
Er atmete tief durch und tat tatsächlich was das vernünftigste war. Er drehte sich ohne ein weiteres Wort mit dem er nur sich und vor allem den Ritter tief in die Scheiße geritten hätte um und hoffte auf Jarels Selbstheilungskräfte.
Er hoffte, Jarel hätte vielleicht nur sein Medikament eingeworfen, auch wenn dabei eigentlich niemand von der Komturei aufmerksam werden dürfte, denn immerhin kannten sie ihn seit 15 Jahren nicht anders. Er ignorierte die Beklemmung die ihn bei dem Gedanken befiel und verschob sie auf später.
Und ihm ging so verdammt viel im Kopf um...
Aber er drehte sich einfach um und ging.

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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Weg zurück ins Bewusst-sein war ein langer, und steiniger.
Der Ritter brauchte ungewöhnlich lange, als wäre sein Hirn mit Treibsand gefüllt, in dem jeder Gedanke nach wenigen Schritten in die Tiefe gezogen wurde und verschwand.
Er öffnete die Lieder ein kleines Stück.
Scheiße. Ihm war speiübel und sein Schädel dröhnte, als hätte man ihn in eine Kirchenglocke gesteckt und diese von außen mit dem Vorschlaghammer malträtiert.
Hatte er gesoffen? Auch die Gedanken an die Zeit vor dem „einschlafen“ schafften ihren Weg nicht zu Ende, sondern ersoffen kläglich zappelnd und zeternd im Treibsand.
Mit immer noch geschlossenen Augen lauschte er. In sich hinein und...in den Raum.
Waren da Stimmen?
Zuletzt geändert von Jarel Moore am Samstag 17. Dezember 2022, 15:15, insgesamt 1-mal geändert.
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ERZÄHLER
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Lebenslauf:

Wenzel hatte Jarel letztlich in der Obhut von Welfenberg und seinen Medici gelassen und war seinen Pflichten nachgekommen. Bis spät in die Nacht hatte er sich mit Korrespondenzen beschäftigt, dabei ein Glas Wein getrunken, doch so recht bei der Sache war er nicht. Irgendwann war er zu Bett gegangen, doch Schlaf fand er nur einige Stunden, dann trieb es ihn wieder hinaus. Vor der Feuerschale, die das Privileg seiner Gemächer war, sprach er ein langes Gebet, dann kleidete er sich in eine einfache Hose und ein leinernes Hemd, zog die weichen Stiefel über, die er gern trug, wenn es nicht offiziell war und warf sich einen Reitmantel über - das einzige Kleidungsstück, an dem man mit etwas Wissen erkennen konnte, wer er war. Denn die flammende Rose auf all seinen offiziellen Kleidern hatte eine zusätzliche Banderole ähnlich wie beim Großmeister, nur war der Schriftzug ein anderer. Der Komtur schloss seine Gemächer ab und schritt durch den dunklen Gang bis zu einer schmalen Tür, hinter der das Zimmer Ealcos lag. Es war weit vor Sonnenaufgang, dennoch klopfte er kräftig und wartete.
Erstaunlich an seinem Adjutant war, dass der es bei jeder Tages- und Nachtzeit schaffte, aufmerksam zu erscheinen und die Gedanken zusammen zu raffen, selbst wann man ihn so unfreundlich aus dem Bett warf. Zwar trug Ealco nur ein Nachthemd und auf dem Kopf etwas, was auch als Vogelnest durchgegangen wäre, aber seine wie immer äußerste Seriösität zur Schau tragende Miene zeugte von äußerster Dienstbeflissenheit und ließ den Aufzug hintenanstehen.
"Herr?", wollte der Mann wissen, hatte dabei die Hände im Rücken verschränkt und wartete auf Anweisung, als wäre es das normalste von der Welt vor der dritten Glocke aus dem Bett getreten zu werden.
"Ealco, lass Bewahrer Zhelin ausrichten, er möge die Morgenandacht halten. Ich gehe noch einmal zu Klingenmeister Moore."
"Herr, mit Verlaub, findet Ihr des klug, Eure Pflicht wegen eines Ritters...", weiter kam Ealco nicht, denn Wenzel schnitt ihm das Wort ab.
"Nicht irgendein Ritter, Helbel. Dieser Mann war mein Knappe und ist mein Schwertbruder. Der Schild zu meiner Rechten." Der Adjutant hob leicht die Brauen, was in seinem aristokratischen Gesicht immer arrogant wirkte, aber eigentlich nur bedeutete, dass er einen Sachverhalt nicht verstand. Wenzel lächelte knapp. "Ihr wart nie im Krieg, Helbel. Sonst wüsstet Ihr, wovon ich rede."
"Ein Freund also?", versuchte sich der steife Buchhalter.
Der Komtur winkte halbherzig ab und wandte sich endlich zum Gehen. "Tut einfach, was ich Euch sage.", damit steuerte er auf die Treppe zu.
"Ja, Herr. Wie Ihr wünscht.", hörte er den Adjutant noch murmeln.
Von Herrenloh verließ das Hauptgebäude der Komturei und ging in großen Schritten über den Hof. Den Mantel hatte er offen gelassen, die Nächte waren noch immer Lau. Er hing seinen Gedanken nach. Beschrieb das Wort 'Freund' hinreichend, was er dem jungen Adjutanten hatte sagen wollen? Das Vertrauen, dass dieser Mann von Wenzel genoss, reichte weit tiefer, als er es bei einer Freundschaft suchen würde, aber vielleicht dachte er auch zu sehr in den Begriffen der Ritterschaft und des Kriegshandwerks. Wem man seine rechte Flanke anvertraute, wollte gut gewählt sein.
Die Ankunft an Jarels Haus beendete vorerst diese Gedanken. Wenzel zögerte nicht lange, klopfte und trat einfach ein.
"Medicus Holtmann, wie geht es ihm?"
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