Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Jakob von Nagall
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Jakob hatte ein deja-vu. In dieser Stimmung war Jarel das letzte Mal gewesen, als... ja, was war eigentlich genau der Auslöser gewesen? Sie waren auch hier in Wyzima gewesen. Diese Stadt hielt keine guten Sterne für sie bereit und trotzdem kamen sie immer wieder her, trotz all der Widrigkeiten, die es bedeutete. Doch er hatte weder die Kraft, noch den Willen, einzulenken. War doch auch sinnlos. Er kannte Jarels Dickschädel doch genauso gut, wie dieser den seinen kannte. Sie konnten die Hörner jetzt aufeinander krachen lassen oder einander Abstand gewähren, den Jarel bereits suchte. Jakob blieb also sitzen und knurrte nur. "Klar." Er auch. Er musste nachdenken. Runter tempern. Irgendwie damit fertig werden. Das dabei wenig bis keine Empathie für den Ritter übrig bliebe, mochte fatal sein, aber war nicht zu ändern. Der Knappe hatte seine eigenen Probleme und musste diese erst einmal für sich bearbeiten, bevor er sich um die anderer kümmern konnte. Egoismus vielleicht, aber auch anteilig einfach Selbstschutz.

Der Tag verging, ohne dass der Ritter wieder auftauchte. Auch zum Abendleuten keine Spur. Und auch danach...nichts...
Allerdings hatte Jakob genug Ablenkung. Kaum waren sie allein, suchte Iola nachdrücklich seine Nähe. Und diese Nähe tat ihm gut, aber er war auch nicht so richtig bei der Sache. Das Gespräch am Nachmittag wollte ihn nicht los lassen, denn seither nagte ein unschönes Gefühl an seinem Unterbewusstsein. Als kratze eine Katze am Türspalt und verlange nachdrücklich um Einlass, nur wenn er hinsah, war da nichts Auffälliges. Die innere Unruhe ging sogar so weit, dass er Iolas Zärtlichkeiten zwar teilte, ihr aber gleichzeitig zu Verstehen gab, dass er den Kopf zu voll hatte. Jeder andere hätte ihn wohl für bescheuert erklärt, aber Iola schien es irgendwie zu verstehen und sie verlegten sich darauf, eng aneinander geschmiegt in der Dunkelheit zu flüstern. Über alles, das Gestern, das Heute, das Morgen. Nur was ihn wirklich belastete, sparte er aus, weil er sie nicht unnötig beunruhigen wollte.
Sie ließ ihn, signalisierte zwar Gesprächsbereitschaft und den Willen zuzuhören, drängelte aber nicht. Das Mädchen war hochgradig emphatisch und tat genau das, was Jakob brauchte. Sie war da, bedrängte aber nicht.
Irgendwann schlief er dann entgegen aller guter Vorsätze neben dem warmen, weichen Körper Iolas ein, obwohl er eigentlich in der Komturei zu schlafen beabsichtigte. Er war einfach müde - die voll gestopften Tage und die lange Reise zuvor hingen ihm noch immer in den Knochen. Und Iolas Nähe hatte diese Wirkung auf ihn, dass er sich einfach fallen lassen konnte. Hinein in einen Schlaf, der ihn nicht mehr mit Flammen und Tod heimsuchte.
Dafür aber...
Es verhallte gerade die Glocke zur dritten Tagesstunde, als Jakob schweißgebadet hochschreckte.
Seine Lunge und sein Rücken brannte wie mit Lava geflutet, sein Gesicht schmerzte, die lädierte Schläfe pochte dumpf, das rechte Auge war zugeschwollen und sein linker Oberschenkel stach, als würde eine Klinge darin stecken. Und all dies war Öl ins Feuer seine Wut. Wut auf das Schicksal und vor allem auf sich selbst. Wut, die er nur zu gut kannte, denn sie war so tief in ihm verwurzelt wie die Sehnsucht nach seiner verlorenen Familie, besonders an seine Schwester.
Doch nein…
Noch während er versuchte herauszufinden wo er sich befand verschwanden all diese Schmerzen.
Als letztes verschwand die Wut auf sich selbst. Oder eher gesagt: Sie landete in der Kiste, in die sie gehörte wurde brav weit unten im Unterbewusstsein verscharrt. Wut, die ihm so vertraut war und die er normalerweise nicht verscharrte, sondern ganz offen auslebte. Gegen sich, gegen die Welt. Verscharren? Er blinzelte verwirrt in die Dunkelheit.
Langsam beruhigte sich auch sein Puls, der Schweiß auf seinem Körper trocknete unangenehm klebrig und endlich…endlich erkannte er, dass es sich um einen Traum gehandelt hatte. Um einen wilden, tetosterondurchdrungenen Traum, der so gar nicht zu ihm passte. Und nun bemerkte er auch, dass Iola neben ihm saß, die Hand auf seiner Brust. Er spürte ihren Blick, auch wenn es stockfinster war und legte seine Hand auf ihre, unter der sein Herz allmählich wieder im normalen Takt schlug.
Was war hier geschehen?
Er begann diese Art Träume von den anderen unterscheiden zu lernen und er nahm ihn als das wahr, was er sehr wahrscheinlich war: etwas, das von Jarel kam. Und wenn dem so war, dann musste er etwas tun. Beim ersten Mal hatte er mit ihm gemordet und war durch ihn ermordet worden. Beim zweiten Mal war er mit ihm ertrunken. Und jetzt...
Jakob schob die Beine aus dem Bett, tastete nach seinen Sachen.
"Ich muss zurück, Iola. Mach dir bitte keine Sorgen.", flüsterte er, kaum dass er seine Hosen gefunden hatte und hinein schlüpfte. Er küsste sie zum Abschied, suchte dann das Hemd und die Fußlappen zusammen.
"Soll ich dich begleiten?", fragte Iolas angenehm raue Stimme leise und unsicher. "Brauchst du etwas? Hast du etwas geschehen im Traum?"
Schließlich war das ihre Profession...die Wahrheit zwischen den Bildern zu finden und zu deuten.
Schon seltsam, dass sie sich in einen jungen Mann verliebt hatte, der dieselbe Begabung zu haben schien.
Zum Glück war es dunkel... hätte er in ihre Augen blicken müssen, er hätte nicht: "Nein, alles in Ordnung.", sagen können. Vielleicht spürte sie auch genau, dass das nicht der Fall war. Jakob wankte kurz an der Schwelle der Wahrheit herum, entschied sich dann aber dafür, einfach nichts weiter zu sagen und ihre Lippen noch einmal für einen Kuss zu suchen. "Schlaf weiter. Ein Traum, sonst nichts. Aber die anderen werden sich sicher wundern, wo ich stecke." Und tatsächlich war es nicht mehr weit bis zur Dämmerungsmesse. Im Tempel hier schlug ein anderer Takt, der weit mönchischer war als in Nowigrad, wo eher der militärische Zweig vorherrschte.
Bevor sie noch Einwände erheben konnte, schlüpfte er aus dem Zimmer und in den dunklen Tempelgarten. Dann durch das Tor und seinem Gefühl hinterher.

weiter
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Svettele Fini Banik
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Datum: 9:03 Uhr, 29. August 1278, Sonntag
betrifft: Liam, Tempelbewohnerinnen
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Svetlana Banik hatte schon gemerkt, dass der Flammenrosenritter es gewohnt war schneller voran zu kommen, obwohl sie sich ein Pferd der Kirche hatte leihen können, war sie den Sattel nicht gewohnt. Außerdem gab es ständig einen Grund anzuhalten: die Priesterin hatte unterwegs die Axtwunde eines Holzfällers versorgt, Heilkräuter gesammelt, bei einer Geburt geholfen, eine Menge Felder gesegnet, eine vermisste Katze gefunden, einer Kuh geholfen, ein Ohr für Liebeskummer gehabt, hin und wieder Fiebersaft verteilt, einem Paar ihren Segen gegeben, ein Lämmchen gerettet, bei noch einer Geburt geholfen und so weiter und so fort. Ein Vorteil war, dass sie in all den Bauerndörfern und Gehöften selten für irgendetwas bezahlen mussten, aber die Reise dauerte länger als die gedachten zehn bis elf Tage. Besonders hatte man die Feier nach so einer Hochzeit nicht einfach verlassen können. So erreichte man irgendwann an einem Vormittag die Stadt Wyzima und natürlich brachte der Flammenrosenritter seinen Schützling zum Tempel der Melitele.

Svetlana stieg ab und sah noch einmal zu ihrem Begleitschutz auf. Gut, dass er zu ihnen gefunden hatte.
Zuletzt geändert von Svettele Fini Banik am Montag 24. Juli 2023, 21:17, insgesamt 1-mal geändert.
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»09. August 1278, Montag«

Vor einer knappen Woche hatte Liam von Alensbach eine Bauernfamilie gegen ein paar Rüpel beigestanden und einer davon biss Liam in den Unterarm. Aus Dankbarkeit liessen sie ihn unter ihrem Dach nächtigen, doch noch in der Nacht setzte das Fieber ein. Ihre Versuche das Fieber zu senken, schlugen alle fehl. So sehr sie sich auch bemühten und am Ende sahen sie keinen Ausweg mehr als den Mann in den nahen Tempel der Melitele bei Ellander zu bringen.

Das Fieber hatte ihn über Tage dahin gerafft und in seinem Körper gewütet wie das Feuer einen trockenen Wald zerfrisst. Eine Bisswunde war Quell allen Übels, hatte sie sich doch fürchterlich entzündet. Zwischen Halluzinationen, Schmerzen, Übelkeit und krampfhaften Anfällen fand er nur selten ein paar ruhige Momente. Als das schlimmste überstanden war, fand er immer öfters in einen ruhigen, fast totenähnlichen Schlaf. Der Leib brauchte Zeit um zu regenerieren, aber auch sein Geist schien den Umstand noch zu Ruhen als sehr angenehm zu empfinden.

Es war früher Morgen, die Sonne fiel durch ein schmales, hohes Fenster herein und auf sein Gesicht. Die Wärme kitzelte ihn, rief ihn, zwang Liam dazu die Augen zu öffnen. Nur träge erwachten seine Sinne, nur langsam begann sein Körper sich daran zu erinnern, dass er auch etwas anderes tun konnte als nur zu Ruhen. Der dumpfe Schmerz an seinem Unterarm war noch da, aber nicht mehr als ein lästiges Pochen am Rande. Es begann gar zu jucken und das war meist ein gutes Zeichen. Nicht mehr lange und er würde beides kaum mehr spüren. Als Liam von Alensbach endlich die Augen aufbrachte, starrte er orientierungslos an eine ihm unbekannte Decke. Wo war er? Seine Erinnerungen mochten trüb sein, aber er wusste noch, dass er in einer ganz anderen Kammer in den Schlaf gesunken war. Aber nicht hier. Für den Anflug eines Augenblicks keimte Panik in ihm auf. Wenn es etwas gab, dass er hasste, war es Kontrollverlust und Orientierungslosigkeit. Der Atemzug, mit dem er seine Lungen füllte, klang rasselnd und er hustete trocken. Einzig die Tatsache, dass er lebte und man sich um ihn gekümmert hatte, beruhigte den aufkeimenden Schrecken in ihm. Fahrig berührten seine Hände eine weiche Decke, die man ihm bis zur Brust hochgezogen hatte und endlich stieg der Geruch nach Kräutern und Alkohol in seine Nase.

Wie ein verdammter Krüppel hatte er sich vor Jahren gefühlt, als jemand ihm mit einer Axt fast den Oberschenkel durchtrennt hatte und er noch ganz genau Lothars Gesicht über seinem gesehen hatte, der mit aller Kraft versuchte, die Blutung zu stillen. Diesmal war es nicht ganz unähnlich, aber wenigstens hatte man ihm keine Gliedmassen abtrennen wollen. Welch beruhigender Gedanke, huschten eine Stimme voll beissendem Spott durch seine Gedanken. Welch beruhigender Gedanke...

~
Fini, Schwester Svettele, summte ein Lied. Immer wenn sie aus der Morgenmesse kam, gingen ihr die Gesänge nicht so schnell wieder aus dem Kopf. Ihre Schritte waren deshalb noch leicht federnd, als sie nach dem Patienten sah. Der Ritter der Flammenrose war hier mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden, denn einige davon wurden im Eifer doch blind. Nicht jede Kräuterfrau war eine Hexe, nicht jeder Elf ein Terrorist, nicht jeder Gnom ein Dieb, nicht einmal jeder Hexer ein hirnloser Mutant. Fini musste dünn Lächeln, als ihr ein bestimmter Gedanke durch den Kopf glitt. Doch ihre Aufmerksamkeit war sofort wieder im hier und jetzt als sie den Ritter husten hörte. Sein Fieber war hoch gewesen und sonst waren es eher Katzen- statt Banditenbisse, die derart krank machten, aber man lernt nie aus und der tapfere Ritter hatte überlebt – eigentlich eine Routinebehandlung, wenn man die passende Medizin vorrätig hatte.

„Schschsch“, machte sie und trat eilig an den großen Mann heran. Wie immer stand eine klare Schüssel Wasser und ein sauberes Tuch am Bett. Mit geschickten Fingern benetzte Fini die Stirn des Patienten. „Na? Aufgewacht?“ Ihre Stimme war etwas rauer als erwartet, aber diese ockergrauen Augen blickten ihn liebevoll an. Auf ihren Schultern lag die übliche Kapuze wie sie die Priesterinnen der Melitele tragen. „Ihr habt nur ein paar Tage geschlafen. Jetzt wird alles wieder gut.“ Während ihre Worte warm ihn in eindrangen, huschten ihre Finger und Hände über seinen Körper, überprüften ob alles so an ihm dran ist, wie es sein sollte.

~
Er hörte eine Stimme und erschrak über seine eigene Unachtsamkeit. Leise atmete er aus, sein Blick der noch immer dem kräftezehrenden Kampf gegen das Fieber wegen müde wirkte, huschte zum Quell der Worte. Es war ihm stets unangenehm gewesen, im Lazarett zu liegen oder zu wissen, dass jemand sich um ihn kümmern musste. So auch jetzt. Die Frau mochte eine Priesterin der Melitele sein und sich der Heilkunst verschrieben haben, angenehmer machte es das nicht. "Wo bin ich?" fragte er sie, auch wenn er die Antwort kannte. Aber er wollte sich sicher sein.

Ihrem geschulten Auge entging nichts. Er hatte zwar keine Gliedmassen verloren, aber gegen eine Handvoll Wegelagerer, die um ihr nacktes Überleben gekämpft hatten, hatte auch er zu beissen gehabt. Eine schartige Klinge hatte ihm eine ausgefranste Linie über der linken Wange hinterlassen, eine Keule einen ordentlichen Bluterguss an der rechten Schulter. Und ebenjene Bisswunde am Unterarm, an der er ohne die Hilfe Meliteles Priesterinnen elendig verreckt wäre. "Danke." brachte er hervor, als die Kühle seine Stirn benetzte und die schwirrenden Gedanken zur Ruhe fanden.

~
„Ihr seid… über den Berg, der Rest sind nur Kratzer“, man konnte das Zwinkern in ihrer Stimme hören: „Und wie Ihr Euch denken könnt im Haus der gütigen Mutter bei Ellander. Keine Sorge ihr seid in guter Gesellschaft hier sind schon andere Recken wieder zu sich gekommen.“

Fini war zufrieden: das Fieber war am Abklingen, seine Augen reagieren wie sollten, die Verletzungen gut verheilt und er schien gesund genug, dass es ihm bereits wieder peinlich war hier zu sein. „Die Bäuerin der Familie, die ihr vor ein paar Halunken geschützt habt, hat Euch hier hergebracht, nachdem sich die Bisswunde entzündet und Euch hohes Fieber beschwert hat. Wir konnten es auf eine Höhe bekommen, sodass es Euch nicht umbringt. Der Kampf sollte…“ Ihre rechte Hand fuhr über seine linke Wange, ein Finger schob sich unter sein Kinn, sodass sie seinen Kopf etwas drehen und die Wunde im Gesicht betrachten konnte. „… vier Tage her sein.“ Ja, war schon fast nichts mehr zu sehen. „Und nichts zu danken, dafür sind wir hier.“ auch für Flammenrosenritter Den Gedanken fügte sie nicht an, aber er lag ein wenig in ihrem Gesicht, so wie sie eine Augenbraue nach oben zog.

~
Er hegte Melitele gegenüber gemischte Gefühle. Einst, als er noch dem Orden der weissen Rose angehört hatte, da hasste er alles was mit der Muttergöttin in Verbindung gebracht werden konnte. Er verabscheute sie zutiefst, das änderte sich, als es die Priesterinnen waren, die ihm vor Jahren das Leben gerettet hatten. Nicht, dass er ihren Glauben verstand, aber er akzeptierte ihr Dasein und nun waren es abermals die gütigen Frauen der Melitele, die ihn vor den Tod bewahrten. Zwischen Dankbarkeit und dem unangenehmen Gefühl von Reue grollte er leise vor sich hin. Die wortlose Spitze vernahm er sofort, aber er war vernünftig genug da nicht darauf einzugehen. Ein Umstand, den er bisher nie verstanden hatte war, warum die Priesterinnen zu solch einer Güte fähig waren um gar noch ihren grössten Feinden das Leben zu retten.

Liam liess ihre Worte sacken. Vier Tage. Vier Tage, in denen er im Delirium verbracht hatte und über die Bilder er lieber nicht sprechen wollte. Was die Schwestern aus seinen gemurmelten Worten, die er im Wahn von sich gab, noch so erfahren hatten... wollte Liam nicht wissen. Ein wenig unwillig liess er es zu, dass sie die Wunde auf seiner Wange berührte und betrachtete. Es war ihm schlichtweg unangenehm Schwäche vor der Schwester zuzugeben. "Ich werde morgen aufbrechen." sagte er heiser. Und Euch nicht mehr zur Last fallen konnte man es wortlos im Ausdruck seines Gesichts vernehmen.

~
Ihr Lachen war heller als ihre Stimme und so ganz ohne Spott, nur voller Heiterkeit. „Ihr werdet morgen bestimmt nicht aufbrechen, Herr Ritter. Ihr habt mindestens drei Tage gelegen und nur das Nötigste zu Euch genommen. Eure Muskeln werden es Euch danken, nicht sofort aufs Pferd zu steigen. Außerdem habt ihr immer noch eine erhöhte Temperatur.“ Während sie sprach hörte sie nicht auf ihn weiter zu untersuchen, als ob er gerade sämtliches Anrecht auf seine Privatsphäre verloren hätte. Dabei waren ihre Berührungen in keiner weise aufdringlich oder unangenehm, wie sie seinen Unterarm nahm, um den Puls zu fühlen.

„Wir können heute mal das Aufstehen und Gehen üben, nachdem Ihr paar Schüsseln Hühnerbrühe intus habt, Ser.“ Die Priesterin ließ ihn wieder los, trat leicht vom Bett zurück, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete zufrieden ihr Werk, bevor ihr Gesichtsausdruck sehr herzlich wurde. „Schwester Svettele Banik“, stellte sie sich mit einem Nicken, einem Lächeln und einer Hand auf dem Herzen vor. Sie holte Luft um noch mehr zu sagen, als man von weiter hinten im Tempel ein Stimmchen hörte: „Fiiiiniii?? Ist der dicke Ritter schon waaaach?“

~
Er mochte ihr Lachen. Obwohl nein, korrigierte er sich, es war die Heiterkeit die sich darin verfangen hatte. Etwas, dass man nur noch selten zu hören bekam in der letzten Zeit. Noch weniger überraschten ihn ihre Worte. Noch bevor er behauptet hatte, morgen aufbrechen zu wollen, wusste Liam, dass das Unsinn war. Noch immer fühlte sein Körper sich viel zu heiss an, die Glieder schmerzten noch und sein Kopf hatte zuviel zähe Masse darin um wieder klares Denken zuzulassen. Ihre Untersuchung musste er also über sich ergehen lassen, weil es eben vernünftig war.

Ihre Finger fanden seinen Puls, der noch immer zu schnell schlug und ihrem Befehl der Bettruhe zusätzlich Gewicht verlieh. "Ja. Gut." brummte er geschlagen, bis er auf die Nennung ihres Namens hin zur Priesterin aufschaute und sah, dass sie gerade ansetzte um mehr sagen zu wollen. Dann vergingen mehrere Herzschläge, in denen der Ritter erstmal verdauen musste, was er da gehört hatte. Die Eitelkeit preschte vor und doch schnappte er sie sich, bevor irgendwas blödes seinen Mund verlassen wollte. Dicker Ritter... Er war im ersten Moment ehrlich besorgt, dass ihm in den vier Tagen ein dicker Ranzen gewachsen war. Eher das Gegenteil war der Fall, Liam hatte ein wenig an Gewicht verloren. Man sah es ihm nicht an, denn der Mann war gut in Form gewesen, so dass er genug Reserven für einen Rückschlag hatte. Die Empörung in seinem Blick aber, die war für Fini kurz sichtbar. "Liam von Alensbach. Freut mich." kam es so hölzern wie eine alte Eiche sich im Sturm neigte.

~
Die Luft, die eigentlich zum Sprechen eingeatmet wurde, verließ die Priesterin mit einem Schnauben, als der Zwischenruf kam, bevor sie zurück plärrte: „Ach Saskia, der ‚Herr‘ Ritter ist nicht dick. Wenn Du Deine Anatomiekenntnisse zur Hilfe nähmst, würdest Du feststellen, dass er überdurchschnittlich gut gebaut ist.“ Ihr Blick fiel wieder auf Liam. „Kräftig, großgewachsen, trainiert, zäh – und vernünftig ist er auch.“ Liam bekam ein anerkennendes Nicken dazu, dass er nicht weiter darauf bestand jetzt aufstehen zu müssen. Irgendwelche Hitzköpfe musste man oft genug ein paar Schritte vor dem Tempel wieder einsammeln, weil sie der Meinung waren das ginge schon.

„Aber wenn Du schon hier bist, Sassi, mach Dich nützlich und bring die Hühnersuppe.“ Im Raum hörte man nur Gekicher und wie sich ein paar Schritte entfernt.

„Entschuldigt, Herr von Alensbach.“ Sie meinte es so halb. Natürlich sollte man nicht in Anwesenheit über eine Person reden, aber den lockeren Umgang würde es weiter geben. „Ihr hab ein wenig Trubel hier im Tempel hinterlassen. Die kleine Fenija konnte gar nicht aufhören von Eurer Heldentat gegen die finsteren Schergen, die ihren Hof vor dem Verderben gerettet hat, zu erzählen. Mit jeder Erzählung wurden es mehr Feinde und eure Manöver gewagter.“ Die Priesterin selbst würde sich aufgrund der Spuren, die diese Schergen auf Liams Körper hinterlassen haben, wahrscheinlich ihr eigenes Bild machen.

„Wollen wir Euch aufrichten? Dann klappt es mit der Brühe besser.“ Fragend trat sie wieder an ihn heran, um ihm gegebenenfalls dabei zu helfen, sich gegen die Wand hinter dem Kopfende des Bettes zu legen.

~
Er rümpfte die Nase, obschon die Worte über ihn der Wahrheit entsprachen und er sich durchaus hätte geschmeichelt fühlen sollen. Aber so richtig empfänglich war Liam für Komplimente sowieso noch nie gewesen und damit umgehen konnte er bis heute nicht. Ihre Entschuldigung tat er mit einem Achselzucken ab und schien es damit bereits wieder aus der Welt zu haben. Die folgenden Worte aber entlockten ihm ein Stirnrunzeln. "Ich habe nur meine Pflicht getan." entgegnete der Ritter nüchtern, denn Lobgesänge auf seine Person waren ihm unangenehm.

Fini durfte ob der Verletzungen, Blessuren und des Körperbaus davon ausgehen, dass Liam bestimmt keine gewagten akrobatischen Manöver hingelegt hatte. Auch Geschwindigkeit war bestimmt nicht seine beste Disziplin, dafür war da Kraft, Ausdauer und eine beachtliche Zähigkeit. Er hielt einfach aus, bis einer der Unterlegene war. Bestimmt waren es mindestens eine Handvoll Räuber gewesen, aber sicherlich weniger als ein Dutzend. Liam mochte ein geübter Kämpfer sein, aber auch seine Fähigkeiten hatten irgendwo ihre Grenzen.

Er versuchte aus eigener Kraft den Oberkörper aufzustemmen, aber erst mit ihrer Hilfe gelang es ihm und als sein Atem ging wie nach einem Hürdenlauf, da schloss er schon fast beschämt die Augen. Der Kreislauf gewöhnte sich nur langsam an die aufgerichtete Position, aber er war gnädig genug das Flackern in den Augwinkeln bald sein zu lassen.

~
„Eine Quasselstrippe seid Ihr nicht gerade, oder?“ Sie half ihm auf, ließ ihn aber auch machen. Er sollte nur probieren was schon ging, aber sich nicht wieder verletzten oder grundlos abmühen. Sie fand mit ihren Handgriffen genau diesen Mittelweg, dass Liam selbst merkte wie weit die Selbstständigkeit schon ging.

„Für eine Fünfjährige seid Ihr nun der vergötterungswürdige Held, egal ob Pflicht oder nicht. Ihr habt ihr Heim gerettet, statt Euch abzuwenden. Die Kriege haben alle alle aus gezerrt, ein bisschen Heldenmut und Hoffnungsschimmer tut gut. Ihr habt mit eurem Mitteln einem jungen Mädchen gezeigt, dass nicht immer alles schlecht ist.“ Liam bekam ein sanftes Schulterklopfen, bevor Schwester Saskia mit einer dampfenden Schüssel zurück kam. Die zweite Priesterin war jünger als Fini, aber es schien eine gewisse Freundschaft zwischen den beiden, die über den 'beruflichen' Teil hinaus ging.

Auch Saskia musterte rasch den Ritter, stimmte in Gedanken ihrer Schwester zu und reichte an beide die Hühnersuppe weiter. Zog sich dann aber wieder zurück. Fini half Liam mit der Suppe, ähnlich wie vorher und der Flammenrosenritter konnte merken wie gut ihm die warme Brühe tat. Das hätte genau das gefehlt, um seine Lebensgeister wieder zu wecken.

~
"Nein." sagte er, der sich die Antwort auch hätte sparen können. Einzig und allein denjenigen gegenüber, denen er sein Vertrauen schenkte, war der Ritter redseeliger eingestellt. Aber Vertrauen war ein rares gut und es fiel ihm ausserordentlich schwer. Fini war angemehm zurückhaltend in ihrer Hilfe, das schätzte Liam.

Ein dunkler, nachdenklicher Laut entstieg seiner Kehle, das Mädchen würde ihn in guter Erinnerung behalten und leben. Letzteres war alles, das zählte. Sachte suchte er sich eine bequeme Haltung, bis er dann auch den Quell der dicken Ritter frage kennenlernen durfte. Nicht, dass Liam Saskia mit einem finsteren Blick nun bedachte, er hielt an seinen guten Manieren fest und grüsste sie nüchtern. Sie schienen sehr vertraut, stellte er fest.

Mit einem höflichen Kopfneigen nahm Liam die Schüssel mit Brühe entgegen. Bereits der Geruch liess seinen Magen aufbegehren, der vollkommen ausgehungert war. Er war kräftig genug, um Schüssel und Löffel halten zu können. Wenn auch noch etwas zittrig, aber das überging er. Die Brühe schien seinem Leib den nötigen Impuls zu geben, endlich wieder am Leben teilnehmen zu wollen. Er ass schweigend, bis nichts mehr da war. Gesättigt sank Liams Hinterkopf gegen die Wand, die Augenlider verbargen das kühle Grau dahinter. Nach drei Atemzügen sah er Fini wieder an. "Ich besitze nicht viel um Euch zu entlohnen, Schwester Svettele."

~
Während Liam aß und ganz gut alleine zurecht kam, ging Schwester Svettele zum Fenster, um etwas frische Luft und Licht hinein zu lassen. Ein Weilchen blickte sie ebenso nach draußen und nahm den Duft des nahen Kräutergartens mit.

„Ihr habt das einfache Volk, die Kinder der gütigen Mutter beschützt, das soll uns Lohn genug sein.“ Die Worte waren zwar warm, aber auch ein bisschen monoton. Liam kannte es selbst wie die üblichen Segenssprüche, wenn man so häufig wiederholte, zu Lautmalereien wurden.

„Sie blickte in Eurer Herz und schenkte Euch alle Kraft Eure Wunden zu überwinden.“ Sie dreht sich wieder zu ihm, nahm ihm die leere Schüssel ab und wollte sich schon abwenden, als ihr etwas einfiel.

„Aber vielleicht...“, begann sie. „Könnt Ihr etwas für mich tun.“ Es war zwar ihr Anliegen und nur bedingt eines der Kirche, aber Nenneke würde es schon durchgehen lassen. Und ein Flammenrosenritter würde ihr sicher nicht dumm nachstellen. Sie holte Luft und fixierte ihren Patienten: „Ich möchte demnächst nach Nowigrad aufbrechen, um den verwaisten Schrein der Göttin dort zu betreuen. Ein Schwert an der Seite, das mir die Mutter in ihren Tempel gespült hat, wäre dabei sicher nützlich. Falls wir bissigen Wegelagerern begegnen.“

~
Erfrischend war die Luft, die durch das geöffnete Fenster herein zog. Sie schickte den Geruch nach Krankheit und Desinfektionsmittel in weite Ferne. Liam hatte von beidem genug, auch wenn er noch ein klein wenig hier ausharren musste.

Gerade wollte er den nächsten vollen Löffel zum Mund führen, als ihre Stimme ihn dazu brachten inne zu halten. Die Monotonie der Worte liessen ihn die Schwester einen langen Moment nachdenklich betrachten. Aber Liam schwieg, leerte die Schüssel und reichte sie schliesslich Fini weiter.

Aufmerkend hob er den Kopf und sah sie an. "Für Euch?" Ein Stirnrunzeln, denn der privaten Bitte einer Schwester der Melitele hat er noch nie entsprochen. Was sie von ihm erbat war nichts aussergewöhnliches. Eine Wegbegleitung. Nicht mehr. Aber Liam zögerte. Die Kiefermuskulatur spannte sich an, er selbst bemerkte das nicht. Das Grau der Augen heftete sich bohrend in ihren Blick, dass es gar unangenehm stechend werden könnte. Innerlich rang er mit dem was einst geschehen war. Würde man ihm abermals einen Strick drehen? Dinge vorwerfen die seinen Ausschluss aus dem Orden bewirken könnten? Aber er rang auch damit, dass er sich nicht würde verzeihen können, sollte ihr etwas zustossen.

"In Ordnung." sagte der Ritter am Ende. "Ich werde Euch nach Novigrad begleiten, Schwester Svettele." Einer Schwester der Melitele würde niemand solcherlei Frevel zu unterstellen wagen. Der Gedanke beruhigte Liam von Alensbach und er entspannte sich wieder. "Sofern es Euch nichts ausmacht Wyzima einen kurzen Besuch abzustatten."

~
Unangenehm bohrenden Blicken begegnete die Priesterin stets mit einem warmen Lächeln, welches all das Stechende aufzog wie ein Schwamm: „Für mich. Für die Kirche. Wie man es sieht. Ihr werdet aus eigener Erfahrung wissen, wie selten man das zu trennen vermag. Aber es ist mein Wunsch, den Glauben Meliteles wieder in die freie Stadt Nowigrad zu tragen.“ Sie nickte dankbar auf seine Zusage. „Fein, wir brechen morgen auf.“ Zwinkerte sie und musste kichern. Was für ein Grummelflämmchen. Aber irgendwie war er ihr sympathisch. Auf jeden Fall schien er nicht ganz so fanatisch blind wie die anderen.
„Natürlich, nicht. Wir bringen Euch erst auf die Beine. Wyzima liegt ja auf den Weg und dass ich dort in meinem Tempel meine Aufwartung mache, ist sicher ebenso nicht verkehrt.“ Sie selbst war noch nie dort gewesen, die letzten Jahren waren ebenso nicht gerade Reise freundlich. Immer noch nicht. Ein Flammenrosenritterbegleiter würde da helfen. Vielleicht auch in Wyzima oder gar Nowigrad. Schließlich wusste sie noch nicht, wie erfreut die andere Kirche der Stadt sein würde, wenn sie innerhalb der Mauern auftaucht und vor hat zu bleiben.

~
Ihr Lächeln war eines, das sie bestimmt oft einsetzen musste. Eines, das sie vor Blicken aller Art behüten würde und das unabdingbar war. "Mh... ja." stimmte Liam ihr zu, der allzugut wusste wovon sie sprach. "Ein nobles Ansinnen, Schwester." sagte er höflich, obschon es bedeuten würde, die Konkurrenz mit offenen Armen zu empfangen. Liam war beileibe nicht mehr der fanatische Ritter der er einst war. Ernüchterung hatte auch ihn zum Nachdenken bewogen und die Priesterinnen der Melitele waren nunmal in ihrem Metier eine wichtige Stütze der Gesellschaft. Auch wenn er nicht alles verstand, was sie taten und er musste es auch nicht.

Sein überraschter Blick wich verletztem Stolz, als er bemerkte, dass sie ihn veräppelte. Gerade wollte er zu einer Erwiderung ansetzen, als die Vernunft ihn zum Schweigen rief. "Wisst ihr, ob mein Pferd - ein Fuchs mit heller Mähne und Schweif - bei Euch eingestallt wurde?" Wechselte er das Thema und hoffte schwer, dass dem so war. Andernfalls musste er sich nach einem neuen Tier umsehen.

~
Fini nickte auch. Sie waren sich einig, man würde gemeinsam reisen. Wyzima besuchen, in Nowigrad ankommen und dort schon sehen, wie sich der ‚Konkurrenzkampf’ entwickelt. Nur war sie eine Priesterin gegen eine Abteilung waffenfähiger Ordensbrüder samt Hierachen der Ewigen Flamme. Was soll schon schief gehen? Sie währte sich als zu unwichtig, um beachtet zu werden. Zumindest gegenüber den hohen Herrn in den roten Roben. Das Volk würde sie bemerken, dafür würde sie sorgen.

„Aber ja, Euer Pferd bekommt eine ganz ähnliche Versorgung wie Ihr und ist bei bester Gesundheit.“ Wenn sie Wyzima anreisen, könnte sie sich zumindest bis dahin ein Pferd von der Kirche leihen und dort wieder abgeben. Bis nach Nowigrad müsste sie dann sehen, aber dort würde sie ein Pferd nicht brauchen können.

~
Liam nickte zufrieden. "Danke, Schwester. Wie gedenkt ihr zu reisen? Zu Fuss oder steht Euch ein Pferd zur Verfügung?" Sein Blick glitt einmal an ihrer Gestalt entlang. Nicht lüstern, nur einschätzend. Ja, sein Pferd würde sie beide tragen können, wenn es notwendig werden würde.

"Ihr möchtet den Tempel ganz allein betreuen?" Sie sah durchaus aus, als wäre sie Fähig und doch war die Aufgabe einen Tempel zu pflegen, dazu noch in Novigrad, nicht unbedingt eine kleine Sache.

~
„So viel über die Reise nachgedacht habe ich noch gar nicht.“ Fini zuckte ehrlich unwissend mit den Schultern. „Die Kirche kann mir zumindest bis Wyzima bestimmt ein Pferd oder Maultier leihen, denke ich. Von dort könnte man auch mit dem Boot reisen? Oder ist der Pontar gerade ungünstig zu befahren?“ So wie sie sich erinnerte gab es einen Fluss, der von Wyzima in den Pontar fließt. Aber auf der Suche nach Sorokin hatte sie viele Karten der nördlichen Königreiche studiert und festgestellt, dass man sich selbst bei Landmassen nicht immer ganz sicher war, wo genau sie lagen, wie: die Landzungen von Poviss waren je nach Karte unterschiedlich viele.

Doch jetzt nicht träumen: „Ich werde zumindest alleine anfangen. Nach meinen Informationen gibt es einen Schrein, der nicht wieder besetzt wurde nachdem die letzte Priesterin dort verstorben ist. Zuerst werde ich wohl sehen müssen, wie es dort überhaupt aussieht und was zur Verfügung steht. Die Hoffnung wäre schon, dass später ein paar Schwestern nachziehen, aber das werde ich schon merken.“ Sie strahlte dazu eine unbeugsame Zuversicht aus.

~
"Wir sehen weiter, wenn wir Wyzima erreicht haben." sagte er, denn Liam kannte die Tücken von vorausgehenden Planungen. Sie gingen meist schief und so nahm er einfach wie es eben kommen sollte.

"Wird nicht einfach werden." merkte Liam nüchtern an, ohne ihr das Gefühl zu geben, er würde sie als unfähig befinden. "Euren Worten nach zu urteilen, habt ihr es Euch sehr gut überlegt." Auf eine Art fand er gefallen daran, in einen gewissen Konkurrenzkampf zu gelangen. Es würde beide Seiten dazu ermuntern aus ihrem Trott zu finden.
Zuletzt geändert von Svettele Fini Banik am Dienstag 30. Januar 2024, 13:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Lebenslauf: Fini

»10:40 Uhr, 29. August 1278, Sonntag«

„Danke, soweit für die Begleitung, Ser Alensbach.“ Das verschmitzte Grinsen sagte allerdings, dass sie von diesem Förmlichkeitsgetue nicht so viel hielt. Besonders nachdem sie beide von diesem Sommerregen überrascht worden waren und Schutz in einem verfallen Gehöft gesucht hatten. Dennoch war ihr die Verabschiedung des Ritters vor den Toren ihres Tempel einen höflichen Knicks wert. „Gebt hier schlicht Bescheid, wenn ihr bereit zum Aufbruch seid und ich nehme an Ihr findet zu Eurem Tempel?“ Ist ja nicht so, dass sich die ewige Flamme gut verstecken konnte oder es tun wollte.
Zuletzt geändert von Svettele Fini Banik am Dienstag 1. August 2023, 18:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Liam von Alensbach
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"Es war das mindeste was ich für Euch tun konnte, Schwester Svettele. Ich vergesse nicht, was ihr und Eure Schwestern für mich getan habt." Der Ritter des Ordens hatte auf der Reise durchaus bemerkt, dass sich Fini nur wenig aus dem förmlichen Krams machte, auf den andere so sehr pochten. Irgendwie war das durchaus erfrischend gewesen, der strengen Etikette zu entkommen. Nicht, dass er es ausgenutzt hätte, aber der lockere Umgang den sie mit ihm pflegte hatte aus dem Ganzen eine angenehme und unkomplizierte Reise gemacht. "Das werde ich sehr gerne tun, Schwester. Der Weg zum Tempel - sofern dieser nicht beschlossen hat, sich woanders hin zu verlegen - sollten meine Schritte noch immer auffinden können." Er hatte Humor, sprach aber in solch einem Ernst, dass es manchmal schwierig war herauszufinden wann Liam von Alensbach nun scherzte oder es todernst meinte.

"Möge die ewige Flamme Euch stets den Weg weisen." sprach er förmlich, legte die Hand über die Stelle seines Herzens und neigte das Haupt voller Respekt. Dann nahm er die Zügel seines Pferdes und verschwand in dem geschäftigen Treiben der Strassen Wyzimas um den Tempel aufzusuchen.
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Svettele Fini Banik
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Lebenslauf: Fini

„Und die gütige Mutter stets Euer Herz halten“, diesmal kamen die frommen Worte aus ihren tiefsten Inneren. Finis Lächeln wurde leicht schelmisch, bevor sie sich abwandte. Jup, der Flammenrosenritter war ein angenehmer Wegbegleiter gewesen und ein Teil freute sich auf den zweiten Teil ihrer Reise. Sie war durchaus aufgeregt, was diese oder die große Stadt Nowigrad alles bringen würde.

Höflich und artig stellte sie sich am Tempel vor, klopfte, erklärte ihr Ziel, brachte ihr Reittier Tine in den Stall. Natürlich hatte sie auch Post aus Ellander zu überreichen und würde bereitstehen falls die Erzpriesterin sie zu sehen wünschte. Vorerst jedoch nahm sie gerne das Angebot an, sich den Staub von der Straße zu waschen und badete sowohl im warmen Wasser als auch der Aufmerksamkeit der Schwestern, die sich natürlich gerne alles mögliche über die Reise, den Tempel bei Ellander, ihre Begleitung und sonstiges erzählen lassen wollten. Schwester Svettele genoss beides bis zu einem gewissen Grad.

Die Erzpriesterin Varelia war gerade äußerst beschäftigt, sodass man die Briefe aus Ellander später an sie weiter reichen würde. Damit stand es Fini freier was sie tun wollte und ein Blick zur Sonne, sowie die Neugier ließen sie zum Tempel des Flammenordens gehen. Die sonntägliche Mittagsmesse schien das Ereignis der Woche in Wyzima zu sein und ach, so konnte sie sich schon mal einen Eindruck von den Jungs machen, die sie in Nowigrad um sich haben würde. Außerdem würde sie bestimmt ihren kicher Flammenrosenritter dort zumindest begutachten können.

<Zur Mittagsmesse>
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Vyacheslav Sokolov
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von: aus den Zellen
Datum: Mittag, 29. August 1278, Sonntag
betrifft: ww
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Erst als Iola sich umgewandt hatte und ihre Schritte verklungen waren und er am Ende vor dem noch relativ frischen Grab stand gestattet er sich, tief Luft zu holen und einen Moment lang die Augen zu schließen.
Sitzgelegenheiten gab es keine, also ging er einfach langsam in die Knie und hockte sich so hin und stützte die Ellbogen auf den Knien ab.
Hoffentlich kam er nachher wieder hoch.

Mit unbewegtem Gesicht starrte er auf den einfachen Stein mit der gemeißelten Inschrift. Der Name für immer festgehalten in der Gemeinsprache, nicht in kyrillischen Lettern. Irgendwie hatte er eher erwartet ihn unter einem einfachen orthodoxen Holzkreuz zu begraben als in einer fremden Welt.
Noch rief das keine einzige Emotion wach.
Eigentlich hatte er gedacht, er habe die Türen geöffnet, aber keines der Gefühle wagte sich hervor. Kein Wunder, so wie er sie zuweilen behandelte.
Nicht einmal die Wut wollte herauskriechen, dabei wusste er sogar, dass er wütend war. Stinkwütend. Auf Jakob, der Jarel so weit getrieben hatte in seiner bockigen Art und dabei so dermaßen falsch spielte dass er ihm am liebsten jeden Zahn einzeln ausgeschlagen hätte.
Sogar auf Jarel war er wütend, der sich in seiner Selbstverachtung so tief hatte fallen lassen. Wie sollte er jemanden lieben, der sich selbst hasste?
Auf sich selbst nicht. Er hatte vor langer Zeit gelernt, mit sich selbst eins und im Reinen zu sein, anders hätte er nicht so gut funktionieren können. Er war das Zentrum seiner selbst, so musste das sein.
Angst war da auch, Angst darum, Jarel zu verlieren - doch, ein wenig schalt er sich dafür, so unvorsichtig gewesen zu sein, sich zu verlieben.
Und dann war da der Druck. Der dass er glaubte zu sehen, wohin all das führte, die Politik folgte so fremden Regeln, dass es ihm schwer fiel die richtigen Fäden zu finden. Er ahnte, dass Unheil bevorstand und er vergeudete hier seine Zeit mit persönlichen Angelegenheiten.
Andererseits... er war hinter den feindlichen Linien... und hier war jemand vom Orden.
Er musste unbedingt, ehe er zurückkehrte, die Chancen nutzen, die dieser Ort ihm bot.
"Ich wünschte, es wäre anders gekommen, Amir. Es tut mir leid."
Murmelte er vor sich hin.
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Erzpriesterin Varelia
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Eine Weile schien der große Mann im Hain ganz für sich zu sein und auch als die schmale Gestalt der Erzpriesterin wie eine weitere Birke zwischen den Stämmen erschien, blieb es friedlich und ruhig zwischen den teils recht alten Bäumen.
Varelia hatte sich umgezogen, trug nun ein auf den ersten Blick einfaches Leinenkleid und darüber ein Tuch aus feiner Wolle, dunkel gefärbt. Erst auf den zweiten Blick könnte man sehen, dass das Kleid mit feinen Stickereien in Stofffarbe verziert war und das Tuch nicht einfach nur gewebt, sondern eher geknüpft war, durchzogen von Mustern, die im Licht wechselnd heller und dunkler wirkten. Das wertvollste an ihr war der Gürtel aus getriebenen Silberplättchen. Ein Zeichen ihres Standes, ohne sich wirklich aufzudrängen. Das Klingen dieses Gürtels war das einzige Geräusch, welches ihre Schritte begleitete.
In der Hand hielt Varelia eine kleine, hölzerne Schale mit einem Talglicht. Das Flämmchen züngelte munter, als sie es bei Amirs Stein auf die frische Erde stellte und dann wieder zurück trat.
Sie tat dies alles unauffällig, doch es war klar, dass sie auch nicht verschwinden würde. Auf Abstand gehen, gern, doch dies hier war ein ihrem Schutz anempfohlener Ort und auch wenn sie den Fremden aus Nowigrad und seinen Magus für geraume Zeit hatte sich selbst überlassen müssen, sofern sie konnte, würde sie ein Auge auf die Männer haben, von denen sie einen in der Stube wusste. Immerhin herrschte noch immer der Krieg über diese Stadt.
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Vyacheslav Sokolov
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Es war still genug, dass er das klimpern des Gürteln aber auch das leise Rascheln von Fußsohlen auf trockenem Laub hören konnte.
Auch wenn Städte wie Wyzima und Nowigrad zu den größten des Kontinents gehörten, so war der permanente Lärmpegel keinesfalls mit dem von Moskau oder Novosibirsk oder auch Kiew zu vergleichen. Es war für moderne Ohren geradezu ruhig.
Er ließ die Erzpriesterin herankommen, dass sie es sein musste erriet er schnell. Iola bewegte sich anders und jede andere, die ihn noch nie gesehen hatte hätte ihn vermutlich angesprochen.
Langsam richtete er sich schließlich auf. Langsam als wäre er immer noch in Andacht versunken, dabei schmerzte jeder Knochen. Er hatte einige Massagen und Behandlungen ausgelassen und das war die Quittung dafür.
Ohne sich umzudrehen und immer noch den Blick auf das Grab gerichtet fragte er:
"Wart ihr dabei als er starb?" ruhig, ohne erkennbare Trauer in der Stimme, aber allein, dass er die Frage stellte sagte genug.
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Erzpriesterin Varelia
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Varelia trat wieder einen Schritt näher und betrachtete das Profil des Mannes, den Jarel ihr so prägnant umrissen hatte. Nicht optisch, eher vom Eigenschaftsprofil her. Den Menschen, für den Jarel alles aufzugeben bereit war, sogar sich selbst. Sie drehte den Kopf, besah sich den kleinen, alten Stein mit der frischen Inschrift unter den verwitterten.
Amir hatte der Mann geheißen.
Die Frage kam nicht unerwartet. Was wollten Trauernde meistens hören? Das igre Lieben nicht gelitten hatten. Das sie nicht einsam gestorben waren. Das ihnen jemand die Angst genommen und sie hinaus begleitet hatte.
Varelia versuchte sich ehrlich zu erinnern, aber der Abend war nicht mehr besonders frisch in ihrem Gedächtnis. Ein Toter von seither vielen, aber sie erinnerte sich, dass Arvijd versucht hatte, den jungen Menschen zu retten.
"Nicht bei seinem Sturz, aber später. Ich habe die Riten über ihn gesprochen und ihn in die Hände der Mutter Melitele gelegt, wie wir es hier zu tun pflegen.", erwiderte sie daher und ihre grauen Augen kehrten zu Slava - Freiherr von Sokolov - zurück. Er machte auf sie den Eindruck einer Holzpuppe. Wie in der Geschichte von der Marionette, die gerne aus Fleisch und Blut wäre, aber durch alle Abenteuer hindurch doch nur ein hölzernes Abbild blieb, in dessen Innerem der menschliche Hauch eingeschlossen war.
"Sein Begleiter sagte uns, dass man in seiner Heimat einen anderen Gott verehrt. Ich denke aber, die Hauptsache ist, dass es einen Ort gibt, wo man trauern und dem Menschen gedenken kann, und an dem seine Seele Frieden findet. Unter welcher Gottheit auch immer." Dass die Reisenden nicht einfach von einem anderen Teil des Kontinents kamen, hatte die Erzpriesterin inzwischen auch verstanden und dank gewisser Schriften in Ellander und auch hier, war ihr das Konzept der Portale nicht fremd. Zudem gab es inzwischen vermehrt Zeichen und Visionen, die auf eine neuerliche Verschiebung der Sphären hindeuteten. Alles war in Fluss geraten.
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Vyacheslav Sokolov
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Hätte er gewusst, dass die alte Dame ihn gerade mit Pinocchio verglich oder einer anderen Marionette, er hätte vermutlich sogar gelacht. Und zwar ehrlich. Gefühlskalt war er nicht, er hatte sogar Humor. Und die meiste Zeit empfand er sein Leben durchaus als glücklich, zumindest zufriedenstellend. Nur jene Momente, in denen alle zusammenkam und der Druck zu hoch wurde, die waren es in denen er seine Programmierung deutlich spürte, das was sein Arbeitgeber in seiner Psyche angerichtet hatte und wozu es ihn gemacht hatte.
Er konnte sich vielleicht vorstellen und davon träumen, eines Tages friedlich irgendwo zu leben, mit Familie und Kindern und Enkelkindern in einem Haus auf dem Land. Aber dass es jemals Wirklichkeit wurde, das hielt er längst für unwahrscheinlich. War es zu lange friedlich, drehte er durch. PTBS. Auch das war ihm natürlich klar. Erworben oder gezüchtet, das war nun auch schon egal.
Und es waren eigentlich auch keine tröstlichen Worte, die er wollte, sondern das Wissen, wie es geschehen sei, wer die Verantwortung trug. Ob er es hätte verhindern können, irgendwer. Auch wenn es sinnlos war. Weder konnte er hier in der Zeit zurückreisen noch die Wirklichkeit verbiegen.
Es war geschehen. Trotzdem lehnte sich ein Teil von ihm sogar dagegen auf.
Der Sturz... Richtig, er erinnerte sich an die Schilderung, dass er auf ein eisenbewehrtes Gitter gefallen sei. Das würde er sich auch noch ansehen.
"In meiner Welt wird ein anderer Gott verehrt, aber ich sehe das wie ihr, es ist wichtiger einen Ort zu haben. Das Ritual an sich ist wichtiger und funktioniert unabhängig vom Glauben. Zudem ist Melitele von unserer Jungfrau Maria gar nicht so weit entfernt, und wenn man weiter abstrahiert auch nicht von der der göttlichen Dreifaltigkeit, auch wenn diese eher männlich gemünzt ist. Vater, Sohn und der Heilige Geist." Religionsgeschichte wo Gefühlte fehlten.
"Ich danke euch für alles."
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