Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Häuser der Ritterschaft

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Jarel Moore
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Plötzlich war er da. Sein Knappe riss ihn aus seiner Lethargie. Er hatte er ihn nicht bemerkt. Nicht einmal im Ansatz.
Und nun hielt er seine Hand. Viel verwirrender konnte es nicht werden.

„Ist dir jemand gefolgt?“ fragte er vernuschelt.
Jakob zog die Stirn kraus, antwortete aber nicht weiter.
Natürlich. Für ihn war die Welt auch noch in Ordnung. Wie sollte er ihm nun erklären was geschehen war?
Am besten von Anfang an. Das würde wirklich unangenehm. Für beide.
„Machs dir bequem. Wir müssen reden.“
Jarel atmete durch und begann einen Monolog, der alles verändern würde.
„Nach unserem Gespräch in der Zelle. Das, in dem sich uns offenbart hat, was es mit deinem Traum auf sich hatte...“ Und nachdem er sich verbrannt und zwei Dinge gerochen hatte. Seine Hand und mit seinem Rittervater.
„…gab es eine Panne mit der Dosierung meines Medikamentes.“ Er zögerte. Was genau geschehen war, erschloss sich ihm noch immer nicht ganz.
Jakob ließ seine Hand los. Das Gefühl bleib wie ein Echo bestehen. Vielleicht das letzte Mal.

Während der Schattenläufer seine Gedanken zu ordnen versuchte, nahm der Knappe zwei Becher vom Tisch. Oh. Er hatte sogar frisches Wasser mitgebracht.
Jarel setze sich nach ganz hinten auf das Bett, nahm einen Becher Wasser entgegen und leerte ihn sogleich in einem einzigem Zug.
„Ich war am Abend mit Slava verabredet. Ich verschlief die Verabredung.“ Und wäre fast abgekratzt. Scheiß drauf. Jakob nahm auf dem Fußboden Platz und schlug seine Beine unter. Als würde er einer Märchenstunde lauschen. Nur hatte dieses Märchen kein schönes Ende.
Hoffentlich kam er damit klar.
„Slava hat sich gesorgt. Er kam her. Hierher. Das blieb natürlich nicht unbemerkt. Wir haben es damit erklärt, dass wir gemeinsam die Vernichtung der Hexe vorbereiten.“
Im nach hinein klang das beinahe schon simpel. Jake ahnte sicher, dass es ganz so einfach nicht war wie dieser etwas flapsig formulierte Satz.
Jarel atmete tief durch. „Wenzel reagierte wohlwollend. Er wollte ihn kennenlernen. Er lud ihn zur Messe ein.“
Wie umwerfend er damals ausgesehen hatte. So viel Selbstsicherheit. Den Drogen geschuldet.
Den Drogen, denen er im Begriff war wieder anheim zu fallen.
Konzentration. Darum ging es hier nicht.
„Offiziell stellte er sich vor mich. Segnete die Zusammenarbeit mit Slava inoffiziell sogar ab.
Und er gab mir eine weitere Aufgabe. Der Junge von Hemmelfart. Er spioniert. Und ich vermute, er benutzt dabei übersinnliche Mittel. Weißt du, was ein Inkubus ist?“
Er wartete nicht auf die Antwort, ließ die Frage offen im Raum stehen. Jakob würde ohnehin etwas zu schreiben holen müssen, wenn er ihn verstehen sollte. Die zeitliche Reihenfolge war nicht korrekt… „Das mit dem Hemmelfart war Tage davor…verzeih. In meinem Schädel herrscht gerade Chaos.“ Und nicht nur da. Auch seine Gefühle waren im freien Fall.
Jarel schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Mauer. Er war müde. Unglaublich müde. Und das in mehr als einer Hinsicht.
„Der Spion, den du heute für mich in die Falle gelockt hast…“
Der Noch- Ritter schluckte schwer, öffnete die Augen nicht, räusperte sich nur, um dem Versagen seiner Stimme vorzubeugen.
„Er gehört zu Wenzel. Ich habe gepackt und überlege zu fliehen.“
Damit war es raus.
Jarel blieb ruhig, vollkommen ruhig. Er öffnete nicht einmal die Augen. Was sich hinter seinen Liedern verbarg, sollte Jakob nicht sehen.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Jarel leerte seinen Becher und sein Knappe füllte ihn wieder, ansonsten hörte er zu. Auf dem Boden sitzend, die Beine untergeschlagen, die Handgelenke locker auf den Knien. Die Linke war nicht mehr bandagiert, aber so fühlte er sich wohler und ohnehin war das Gesagte so eindrücklich, dass er darüber jeden Schmerz vergaß. Er unterbrach Jarel nicht, deutete ihm nur manchmal an, die Stimme zu senken, wenn diese ihm zu laut erschien. Nach und nach wurde die Komturei zu einem fragwürdigen Ort. Slava war hier gewesen - nochmal. Aus Sorge, aber trotzdem. Für so verrückt hatte er ihn nicht gehalten.
Dann Plenius. Mit dem Begriff Inkubus konnte er wenig anfangen, aber trotzdem fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Sein Traum! Seth, diese Augen! Das waren die Augen von Hemmelfart gewesen und gegen Ende auch die Züge. Er starrte Jarel eine Sekunde lang völlig entgeistert an und flüsterte: "Der Traum."
Jarel hörte natürlich nichts und sprach einfach weiter, hob die Grube tiefer aus. Der Spitzel kam von Wenzel. Das setzte auch Jakob endgültig auf den Hosenboden. Er hatte immer geglaubt, Jarel hätte beim Komtur so viele Steine im Brett, wie man sie in einem Leben niemals ausbrechen konnte. Er konnte nicht mal erahnen, wie diese Erkenntnis Jarel getroffen haben musste. Jakob sah zu Boden, blickte sich dann um. Er brauchte etwas zum schreiben.
Das Schreibpult war aufgeräumt und gut bestückt wie immer. Er trat davor, holte sich mit einem Blick Jarels Erlaubnis und begann zu schreiben. Langsam, in kleinen aber ordentlichen Lettern. Papier war teuer und das Schreiben mit Feder noch immer ungewohnt. Er blies leicht auf die Tinte und reichte das Papier dann seinem Rittervater. Darauf stand:
'Wenn du fliehst, gestehst du damit nicht deine Schuld?'
'Es gibt sicher eine plausible Erklärung.'
'Plenius, er war in meinem Traum. Was ist ein Inkubus?'


Mit geschlossenen Augen saß Jarel an die raue Rückwand seines Häuschens gelehnt da.
Wenzel von Herrenloh. Er hatte ihn immer bewundert. Für seine Intelligenz, seine Führungsqualitäten, sein Wissen, seine unerschütterliche Loyalität.
Und nun? Er hatte einen Spitzel auf ihn angesetzt. Einen, der obendrein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über magische Fähigkeiten verfügte.
Sein großes Vorbild hatte das Vertrauen in ihn verloren. Mit Recht, dem war wohl so. Er hatte ihn betrogen und Hintergangen. Mit bester Absicht oder nicht. Er war es, der ein falsches Spiel spielte.
Der Schattenläufer atmete tief ein und öffnete in Zeitlupe die Augen.
Jakob stand am Schreibpult und schaute fragend. Jarel nickte, betrachtete seinen Jungen nachdenklich. Natürlich durfte er sich nehmen, was er brauchte.
Mit dem Rücken zu ihm und kritzelte Jakob etwas auf eines der stets bereitliegenden Pergamente.
Hatte er ihm nicht genau dasselbe angetan? Seinen Schützling hintergangen und enttäuscht?
Nein, was er getan hatte war noch schlimmer.
Die Erinnerung an die Geräusche, nachdem er ihn in der Zelle allein gelassen hatte zogen an ihm vorbei. Plötzlich erschien ihm das einschlagen auf die steinernen Wände gar nicht so abwegig.

‚Nimm dich zusammen alter Mann. Das Leben ist kein Schattenmondjahrmarkt.‘
Der Schwarzhaarige blinzelte in Zeitlupe, als würden seine Lieder am Auge kleben, legte den Kopf schräg und betrachtete mit leerem Blick das Bild, dass sich vor sein inneres Auge schob.
Cyrus Engelkind Hemmelfart, dessen Körperfülle gefühlt den halben Raum mit den bis zur Decke reichenden und heillos überladenen Regalen einnahm und Wenzel von Herrenloh über Papieren brütend an einem riesigen Schreibtisch aus edlen dunklen Hölzern. Auf dem mit Unterlagen bedecktem Holz fiel in staubdurchzogenen Strahlen das Licht eines prachtvollen Buntglasfenster mit dem Motiv einer flammenden Rose in unzählige Rottönen. Natürlich.
In der gegenüberliegenden Ecke des Raumes saßen zwei ebenso ‚dekorative‘ Personen über einem Teller Süßgebäck und würfelten. Die eine sah aus wie eine jüngere Ausgabe von Hemmelfahrt, die auffällig verbaute Gestalt des anderen war in einem weiten dunklen Umhang gehüllt und man sah nur gelegentlich die seltsam verkrüppelten Finger umständlich nach den Würfeln greifen.
‚Danke, darauf bin ich selber schon gekommen. Verpiss dich.‘
Einige Male huschten Jarels Pupillen ziellos waagerecht durch den Raum, bevor er mit einem zweiten zähen Blinzeln wieder in im Hier und jetzt zurückkehrte.

Jakob hielt ihm ein Papier hin.
'Wenn du fliehst, gestehst du damit nicht deine Schuld?'
Er nickte nachdenklich. „Das ist korrekt. Und wenn er bereits alles weiß und nur auf den passenden Moment wartet, meine Schuld unter Beweis zu stellen und mich hinrichten zu lassen?“
Und wenn…war das eigentlich das schlimmste, was ihm passieren konnte?
Tod sein war wie dumm sein. Es war nur für die anderen schlimm.
'Es gibt sicher eine plausible Erklärung.'
Plausible Erklärung.“ Jarel grinste schief.
Pferde. Wenn du Hufgetrappel hörst, denk an Pferde, nicht an Zhevras.
„Mir fällt keine ein.“ Trotzdem war er schon wesentlich ruhiger als vor Jakobs Eintreffen.
Schief gelaufen war ohnehin schon alles. Was sollte jetzt noch Schlimmes passieren? Das Wenzel Jakob verdächtigte. Und wenn er sich ab jetzt von ihm fernhielt? Das würde noch mehr auffallen.
Mist. Kein Ausweg.
'Plenius, er war in meinem Traum. Was ist ein Inkubus?'
Jarel räusperte sich und sprach leiser, nachdem Jakob ihm einmal mehr ein Handzeichen dahin gehend gegeben hatte.
„Ein Inkubus ist ein Dämon. Er kann die Sinne seiner Opfer beeinflussen. Am intensivsten in Träumen.
Oft sexueller oder sonstiger emotional intensiver Natur. Sie schmieden Träume, beeinflussen Sinneswahrnehmungen, verführen und verdammen. Und sie tauchen IN die Träume ein. Wenn du dich in einem von einem Inkubus geschmiedetem Traum befindest, ist der Geist des Dämons auch in dir. Er kann sehen, was du siehst, Hören, was du hörst. Und dich sehen und hören lassen, was er will.“

Ein weiteres mal atmete Jarel durch. Die Übelkeit und das Störgeräusch raubten ihm das wenige an Nerven, was noch übriggeblieben war.
„In meiner Welt werden Sukkubi und Inkubi von Hexenmeistern als Haustier und Waffe gehalten.“
Jarels dunkle Augen ruhten auf Jakobs hellen.
„Was hat der Hemmelfart Spross in Erfahrung bringen können in deinem Traum?“
Das musste den Jungen alles furchtbar erschrecken.
Dafür hielt er sich allerdings erstaunlich ruhig. Tapfer. Da konnte er sich eine Scheibe von abschneiden.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob verharrte. Blickte Jarel mit ausdrucksloser Miene an, denn in ihm stritten zwei Seelen - die eine, die sagte, dass auch - oder gerade - der Klingenmeister dieses Ordens nicht vor einem gerechten Urteil davon laufen durfte und die andere, die genau wusste, dass das Urteil niemals gerecht wäre. Dazu kannte er diese Bruderschaft und das, für was sie stand, bereits gut genug. Etwas, womit er oft genug haderte, was er als Knappe aber niemals würde kritisieren können.
Eine plausible Erklärung fiel Jarel nicht ein. Dann ihm selbst erst recht nicht. Als würden Bleigewichte an seinen Lidern hängen, fiel sein Blick auf seine Füße und die Feder hing nutzlos in seiner Hand. Er hatte keine Antwort. Jarel war doch immer der mit den Antworten und Erklärungen.
Immerhin erklärte er den Teil mit dem Inkubus. Also bedeutete es wirklich das, was er im ersten Moment angenommen, aber für Unsinn verworfen hatte. Zwar leerte man die angehenden Ritter hier allerlei Monster und Getier, aber bei denen waren sie dann wohl noch nicht angekommen. Der Knappe nahm das Papier zurück und überlegte kurz, wie er den Traum beschreiben konnte, ohne einen halben Roman zu verfassen. Zumal 'schreiben' der fremden Buchstaben in seinem Fall eher an malen grenzte, zumindest, wenn es jemand lesen können sollte. Entsprechend dauerte es eine ganze Weile, bis er Jarel das Papier reichte, auf dem stand:
'Es war mein Traum. Eine Erinnerung an Flagstaff. Eine Strafe mit einem Fr...', hier hatte er zu lange mit der Feder verharrt, sodass ein Klecks entstanden war, '...anderen Knappe, der plötzlich komische Fragen stellte. Über dich. Dazu hatte ich ein Gefühl, als drückt etwas mein Gehirn zusammen, als ich nicht antworten wollte. Ich bin aufgewacht, weil ich mich auf den Rücken gedreht haben muss. Soweit ich weiß, habe ich nicht mehr antworten können.'
'Wenn er alles weiß und dich hinrichten lassen will - wärst du dann nicht schon in Arrest?'
'Du bist ein guter Ritter. Und ein guter Schattenläufer. Die setzen dich nicht einfach fest, wenn du nicht willst.'
'Oder?'
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Eindringling im Traum hatte nach ihm gefragt. Nicht nach Jakob. Nicht nach Slava. Immerhin das, auch wenn es schlussendlich nicht viel aussagte.
Jarel lächelte matt.
„Das ist das Problem. Stände Wenzel vor mir und würde das Urteil sprechen, Jakob…ich würde es annehmen.“, gab er ehrlich zu. Das wäre der Moment, in dem eine Flucht unmöglich würde.
Jarels Blick suchte den Jakobs. Ein guter Ritter. Hatte er das so gemeint, wie es bei ihm angekommen war? Die Komplimente berührten ihn tief. Sehr tief.
Du hältst mich…für einen guten Ritter?“ Es war sicherlich anders gemeint.
Er winkte schmunzelnd ab. „Schon gut. Wenn ich ehrlich bin…ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich könnte nicht von Slava verlangen, mit mir zu fliehen. Und ohne ihn will ich nirgendwo hin. Und ohne dich auch nicht.“
Der Ritter atmete tief durch. „Ich brauche Abstand um das ganze Bild zu sehen. Und du hast recht. Wenn ich dann immer noch fliehen will…“
Er nickte. „Zeit. Abstand. Ich bin zu dicht dran. Vielleicht ist die Reise zum Rücker Anwesen genau das richtige. Es bleibt dabei? Du begleitest uns?“
Beruhigt war er nicht. Nicht im Ansatz. Aber enschlossen sich alles noch einmal anzusehen und neu zu werten.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jarel fasste Jakobs Gedanken in Worte und absurderweise machte es den Knappen ein wenig stolz. Was sollte auch aus diesem Orden werden, wenn seine Räte außerhalb der Ordnung stünden und dem Komtur die Stirn böten, sobald ihnen Verfehlungen nachgewiesen wurden? Das hatte es bereits einmal gegeben und daraus war das hier geworden. Jarel würde sich fügen, sollte es an dem sein - das wäre auch Jakobs Wille und Entscheidung, dennoch krampfte sich sein Magen bei der Vorstellung schmerzhaft zusammen und er verlor einige Herzschläge lang alle Farbe.
Er schluckte, erwiderte aber Jarels Blick.
Ein wenig fühlte er sich sogleich ertappt. Er hatte Jarel mit seinen Worten hauptsächlich aufmuntern wollen und murmelte jetzt mit einem Schulterzucken: "Du kannst ein Schwert und ein Schild führen, dich auf dem Pferd halten und siehst im Ornat passabel aus.", auch wenn Jarel es nicht hören konnte. Und für dumme Witze war das Pergament zu wertvoll und genaugenommen auch die Situation nicht gemacht. Zum Glück winkte Jarel ab und entließ Jakob damit aus der Pflicht, diesen Widerspruch, den jener Satz gegen seine eigenen Worte noch ein paar Tage zuvor bildete, aufzuklären. Kurz war er versucht zu schreiben: Ich halte dich für einen guten Menschen., tat es aber dann doch nicht. Denn wo begann die Wahrheit und wo die aus Angst geborene Heuchelei? Natürlich machte ihm all das Angst - er wollte Jarel nicht verlieren, weder an das Feuer noch an die Flucht. Er wollte aber auch diesen Orden nicht verlieren, der ihm endlich den Rahmen bot, in dem er von der bloßen Existenz ins Leben gewechselt war, der aber ohne Jarel nicht mehr der Gleiche wäre.
Er entschied sich für Ehrlichkeit und begann zu schreiben, noch während Jarel weiter sprach.
'Ich habe einfach Angst. Um dich und vor den Konsequenzen. Um Iola und...' Wieder schwebte die Feder lange über dem Pergament und Jakob kniff einen Moment die Augen zusammen, weil die Buchstaben verschwimmen wollten. Und einen Moment lang blickte er in Miriams Puppengesicht. Als er die Augen rasch wieder öffnete, stand da etwas krumm: 'unsere Tochter.' Er starrte die Buchstaben entgeistert an und bekam nur am Rande Jarels Fragen noch mit, die er mit einem abwesenden Nicken beantwortete. Er vergaß auch, Jarel das Pergament zu reichen, so paralysiert war er von dem, was da stand und von dem kurzen, aber eindrücklichen Moment.
Das ging alles nicht mit rechten Dingen zu.
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Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter, nachdem Jakob vor dem Pergament erstarrt war wie ein Kaninchen vor der Schlange.
„Alles in Ordnung?“ Jakob fuhr zusammen und reichte ihm das Pergament, als erinnere er sich gerade erst wieder, dass er nicht allein im Raum war.
„Eine Tochter…“ Auf Jarels Gesicht flammte ein Lächeln auf, dass selbst Jakob sehr selten zu sehen bekam. Ein Mädchen…er bekam eine Enkeltochter.
„Hast du eine Vision? Eine Vorahnung?“, fragte er mit vor Begeisterung geradezu triefender Stimme und ohne jegliche Skepsis. Für ihn, der in einer Welt voller Magie und übersinnlicher Dinge aufgewachsen war, waren Visionen, außerweltliche Wahrnehmungen und Erfahrungen außerhalb allem, was durch die Naturgesetze erklärbar war normal.
Und er wusste ja schon, wozu Jakob in der Lage war. Da war ein Blick in die Zukunft nicht das Unwahrscheinlichste.
„Ich fürchte mich auch. Aber es war meine Entscheidung. Was auch immer geschieht, ich kann es nicht ändern. Und sollte es schieflaufen, habe ich eine Bitte an dich. Nein…einen Befehl. Egal wie sehr es dir widerspricht: Wende dich ab. Verleugne mich und alles was mit meinen Taten zu tun hat. Du hast eine Zukunft. Und ein Kind.“ Er lächelte dabei sogar, obwohl er sich nicht sicher war, ob es Jake nicht doch einfach fiel. Wer wusste das schon, von seinem Knappen selbst einmal abgesehen.
Würde es schiefgehen war dieses Kind nun seine Versicherung, dass der Junge keinen Mist bauen und ihm folgen würde – oder versuchen ihn zu befreien.
Vielleicht brachte es Jakob sogar in eine ganz andere Bahn. Weg von der selbstzerstörerischen Art, die der seinen so sehr glich. Vielleicht war dieses Baby in mehr als einer Hinsicht ein Segen.
„Versprichst du mir das?“
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Jakob von Nagall
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'Eine Ahnung.' Seine Hand zeichnete zittrige Buchstaben. Mehr als das. Es fühlte sich real an, sicher. Sicherer als alles andere.
Und dann - er sollte sich abwenden. Komme, was wollte. Für sich und für sein Kind. Jakob presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, dann nahm er die Feder wieder auf und schrieb: 'Nur wenn du alles dafür tust, dass es nicht so weit kommt. Bis später.' Er legte die Feder ab und setzte dem heutigen Tag die Krone auf, indem er Jarel erst fest umarmte und ihm dann das Pergament vor die Brust schlug, bevor er Haltung annahm und wortlos darum bat, entlassen zu werden.

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Zuletzt geändert von Jakob von Nagall am Dienstag 24. Januar 2023, 21:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Einen Moment erstarrte der Ritter, bevor er seinerseits seine Arme um den Knappen schloss.
Jakob hatte Angst. Genau wie er. Und doch mussten sie sich beide der Angst stellen.
Der jüngere nahm Haltung an und wartete, während Jarel las.
„Versprochen. Das werde ich.“
Jarel sah Jakob lange nach. Es gab Gründe, sich zusammenzureissen und nicht aufzugeben.
Ja. Er würde sich Mühe geben. Alles was ihm möglich war versuchen.
Nur was….wusste er noch nicht.
Vielleicht wusste Slava rat.
____
Hier geht es für Jarel weiter.
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Jakob von Nagall
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Von/nach: Inneres Heiligtum --> Die Häuser der Ritterschaft
Datum: 10. August 1278 nachts
betrifft: niemand, Bezug nehmend auf dies
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Er war einen Docht nach der Morgenmesse in das Gebäude zitiert worden, in dem der Komtur lebte und arbeitete. Der Buchhalter - Helbel - hieß ihn im Eingangsbereich warten und das tat er denn auch. Dieses Haus hatte er bisher noch nicht allzu oft betreten müssen, denn wenn man das in seinem Stand tun musste, dann hatte es oft keinen guten Grund. Die überschaubar große Vorhalle mit der Treppe ins nächste Geschoss wurde von zwei Feuerschalen erhellt, wie sie viele Gebäude der Komturei im EIngangsbereich hatten und die, wie Jakob inzwischen gelernt hatte, eine ganz ähnliche Funktion wie die Weihwasserschälchen im Eingang von katholischen Kirchen hatten. Er allerings hielt sich davon fern, irgendwas ins Feuer zu werfen oder gar die Hand hindurch zu ziehen, wie das so mancher Glaubensbruder regelmäßig tat. Die Flammen nötigten ihm noch immer viel zu viel Respekt ab.
Es dauerte eine Weile, dann tauchte Helbel wieder auf und reichte ihm ein Pergament mit einer Nachricht von Jarel. Der Buchhalter ließ ihn damit allein und Jakob musste zweimal lesen, um wirklich zu begreifen, was da stand. Ein Giftanschlag auf den Komtur. Niemandem trauen, nicht mal seinen Träumen. Er erinnerte sich - Plenius, den Jarel für einen Sukkub oder so etwas hielt. Unwillkürlich sah Jakob sich um, faltete das Pergament und ließ es in seinem Wams verschwinden. Jetzt nur die Ruhe. Jarel vertraute ihm und der traute ihm zu, bei dieser Sache mitzumischen. Unter anderen Umständen hätte er sich gefreut wie ein Schneekönig, aber jetzt war da nur Anspannung und ein Gefühl wie Prüfungsangst. Si kämpften um das Leben des Komturs... Was, wenn sie es nicht schafften? Er kannte die Konstellation an oberster Stelle des Ordens und auch wenn Wahlen diese Posten entschieden, so hatte Schwert und Wort des alten Großmeisters oder -komturs doch Gewicht. Deutlich erinnerte er sich an seine Aufnahme in den Orden, an sein Gespräch mit Jarel.
Nein! Von Herrenlohs Zeit war noch nicht um und es war an ihnen, den Attentäter zu stellen. Endlich riss Jakob sich los und verließ das Gebäude. Zuerst ging er zu Jarels Haus. Der Buchhalter hatte ein ziemliches Chaos hinterlassen und zunächst wollte Jakob einfach nur aufräumen und dann seinem Auftrag nachkommen. Doch dann bannte ihn das, was im Licht der kleinen Lampe, die er entzündet hatte, am Boden der Truhe schimmerte, doch zu sehr. Vorsichtig nahm er einzelne Teile, Dolche, Stilette, Wurfsterne in die Hände und betrachtete sie. Erst als plötzlich ein dunkler Fleck auf einem der Lederriemen auftauchte, bemerkte er, dass ihm Tränen über den Nasenrücken perlten. Er hielt die Werkzeuge des Todes in Händen, das Instrumentarium des Schattenläufers und er war bei weitem noch nicht an dem Punkt, diese Seite von Jarel klaglos zu akzeptieren. Heftig wischte er sich über die Augen, verstaunte alles unter dem doppelten Boden und sortierte Jarels Habseligkeiten wieder darüber. Dann schloss er die Truhe und verließ das Haus in der altvertrauten Ordnung.
Im Zeughaus besorgte er sich einen der Pilgermäntel nebst Hut und verließ die Komturei auf dem Weg, den wohl alle kannten, aber nur die Knappen regelmäßig nutzten. So musste er am Tor nicht irgendwelche fadenscheinigen Ausreden erfinden.

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