Die Hauptwache in Oxenfurt

Eine von den zwei freien Städten in Redanien. Oxenfurt liegt an den nördlichen Ufern des Pontar-Stroms. Die Stadt ist bekannt und berühmt für die Universität, die die größte Akademie der nördlichen Königreiche.
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Vajdan Jaromer
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"Woher soll ich hier Wasser nehmen? Wir haben keine Brunnen in jedem Zimmer. Auch ich müsste erst in eine Taverne gehen und welches holen. Ihr seid die Magierin. Könnt ihr euch das Wasser nicht selbst erschaffen? Aus der Luft?"
Er war selbst kein Magier, aber er hatte zumindest die Grundprinzipien begriffen.
Er atmete tief durch. Selbst in seiner Welt war fließendes Wasser in jedem Raum eine Utopie gewesen. Er erinnerte sich an den Umbau, den Kostjunari in seinem Anwesen geplant gehabt hatte. Wasserleitungen... Aber verglichen mit seiner Welt war diese hier geradezu beängstigend rückständig.
"Ich bin aus Kovir und mache auch kein Geheimnis daraus." Gab er ihr noch zur Antwort, aber sie schien nicht mehr hören wollen, ohne noch etwas zu erwidern verließ sie die Wache.
Vajdán verschwendete jedoch keinen weiteren Gedanken darüber. Dieser Fall war abgeschlossen und der nächste wartete schon.

geht hier weiter.
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Emyja
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von/nach: aus Est Tayiar zurück nach Oxenfurt
Datum: Sommer 1278, Nachmittags
betrifft: Vajdán
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Immer wenn Emyja Est Tayiar verließ, musste sie auch die Fäden fallen lassen, die sie mit dem Ort verbanden. Die Kraft, die sie aus dem tiefen Inneren der alten Stätte zog, blieb dann hinter ihr zurück, ebenso wie das Netz aus hunderten Leben, deren Gedanken und Gefühle. Wenn sie Est Tayiar verließ, fühlte sie sich einsam und voller Sorge darüber, was sie erwarten würde, käme sie zurück. Die Scioa'tael waren loyal und brannten für die Sache, doch einige fürchteten auch die Macht der Hexe und diese musste sie hin und wieder beschwichtigen. Doch sie beruhigte sich selbst damit, fähige Führer zurück gelassen zu haben. Männer und Frauen, denen die Eichhörnchen bedingungslos folgten und die ihrerseits wiederum Emyja die Treue hielten. Sie würden gut Acht geben, würden weiter die Straßen unsicher machen und den Menschen ein Dorn im Fleische sein, während Emyja sich für ihr nächstes Ziel vorbereitete und weitere Kommandos unter die Flagge Est Tayiars brachte. Selbst Nilfgaard hatte schon ein achtsames Auge auf die kleine Enklave geworfen, doch noch war Emyja nicht bereit mit dem Kaiserreich zu sprechen, so wenig wie sie bereit war mit anderen Menschenherrschern zu sprechen. Zeitverschwendung. Einer doch nur wie der andere, auch wenn die Schwarzen von Gleichheit und Liberalität zu predigen pflegten und es aus ihrem Reich hieß, sie seien fortschrittlich in vielerlei Hinsicht. Zuerst wollte Emyja aus eigener Kraft einen Sieg erringen, bevor sie sich Nilfgaard zuwandte - es würde ihre Position ganz anders gestalten, säße sie in Nowigrad auf Dijkstras Stuhl anstatt zwischen zerlumpten Elfen in irgendeiner Ruine.
Doch ein Schritt nach dem anderen. Ihre Kräfte waren bei weitem noch nicht zahlreich genug für dieses Unterfangen und sie brauchte weitere starke Anführer und kluge Köpfe um sich herum. Vielleicht sollte sie dem Doppler dankbar sein, dass dieser genau die eine Form gewählt hatte und Emyjas Impulsivität herausgefordert. So war sie gewarnt und konnte sich selbst im Zaum halten, wenn sie dem echten Vajdán gegenüber stehen würde. Der Ritt nach Oxenfurt hatte ihr die Zeit verschafft, darüber nachzudenken, wie sie sich ihm gegenüber positionieren würde und sie war zu dem Schluss gekommen, dass ihre Rache warten konnte. Ohnehin war diese Glut lange von Asche bedeckt und andere Wunden bissen deutlich heftiger. Es war vorbei, Vergangenheit und dies eine neue Welt, ein neuer Anfang. Statt also wieder über ihn herzufallen wie eine Furie, wollte sie lieber versuchen, ihn auf ihre Seite zu ziehen und zu nutzen. Emyja wusste um die Schärfe seines Verstandes, leider aber auch um seine viel zu strenge Logik, vor allem wenn es um das befolgen von Gesetzen ging. Ihn dazu zu bringen, mit ihr auf einen Kreuzzug gegen die Menschen zu gehen, würde ein hartes Stück Arbeit werden. Sie musste klug vorgehen.
Doch sie kannte auch seine Achillesferse.

Sie ließ sich Zeit für den Weg, sammelte sogar noch zwei weitere Seelen, jetzt, da sie wusste, dass sogar ihr Tod von diesen gestorben wurde und die Hexe selbst sich mit jeder Seele ein weiteres Leben kaufte wie eine Katze, denen man ja ebenfalls neun Leben nachsagte. Der eine war ein Barde, der sie in einer Taverne verführen wollte und am nächsten Morgen just verschwunden war. Der andere war ein nilfgaarder Deserteur, der sie auf der Straße überfiel und ihre ganze Wut zu spüren bekam. Beim Barden gelang das Ritual nicht besonders gut und das Einzige, was ihr von ihm blieb waren Melodiefetzen, die manchmal durch ihre Gedanken zogen. Schuld war wohl der Wein... Den Deserteur allerdings nahm sie so lückenlos auseinander, dass es ihr für die ersten Momente so schien, als sei er sie und sie er. Er sprach sauberes Nilfgaardisch - durchaus nicht unpraktisch, auch wenn der Rittmeister dies ebenfalls mitgebracht hatte - und beherrschte den Umgang mit verschiedenen Waffen, war außerdem Späher für den Feind gewesen, ein guter Gwent-Spieler und wusste sich in der Wildnis durchzuschlagen. Alles eher bodenständige Fähigkeiten, doch er war jung, brachte somit viele Lebensjahre auf das nun gemeinsame Konto und er hatte Emyja verärgert.
Es war später Nachmittag, als sie das Westtor von Oxenfurt unbehelligt passierte. Die Wachen wirkten, als sähen sie die rothaarige Frau auf dem blendend weißen Hengst gar nicht, die zwischen ihnen hindurch ritt und dann das Pferd zielstrebig auf die Stadtwache zu lenkte. Vor dem Gebäude hielt sie Gorgo an und ließ es auf sich wirken. Mal wieder eine Wache. Mal wieder war er in Windeseile aufgestiegen. Ob seine Magie in dieser Welt funktionierte oder auch anders, wie bei ihr?
Emyja ließ den Blick fallen und suchte sich einen jungen Menschen aus, der die Uniform der Wächter trug. Ein kleiner Schubs und er wandte den Kopf, ein leichter Zug und er kam fast traumwandlerisch auf die Reiterin zu, um die Zügel zu greifen und dümmlich zu ihr hoch zu grinsen. Emyja schwang sich aus dem Sattel, würdigte den Mann allerdings keines Blickes. "Versorg mein Pferd. Aber nur Wasser, kein Futter. Nicht absatteln, ich will noch weiter." Und als wäre es das Natürlichste von der Welt, beeilte sich der Wächter, ihren Befehlen nachzukommen, während die Hexe mit sicheren Schritten auf das Gebäude zuging und in dessen Schatten trat. So fern ab ihres Turms und der Quelle musste sie mit ihren Kräften haushalten, doch sie trug zwei Phiolen am Gürtel, die ihre Reserven notfalls auffüllen würden, also griff sie sogleich nach den Anwesenden, zog ihre Gedanken von allen Tätigkeiten ab und auf sich, was den Effekt hatte, dass sich sieben von zehn Köpfen ihr zuwandten und einer über den anderen stolperte, sie sich sogar voreinander vordrängten, um ihr zu Diensten zu sein. Unbeeindruckt von dem Hahnenkampf, den sie selbst ausgelöst hatte, zupfte Emyja ihre Reithandschuhe von den Fingern und steckte sie unter den Gürtel.
"Ich möchte zu Hauptmann Jaromer.", sagte sie höchst freundlich.
Ein blonder Mensch mit Bart und durchaus hübschen braungrünen Augen hatte es geschafft, sich den Platz zu ihrer Rechten zu erstreiten und wies ihr galant die Richtung. "Dort entlang, Frau... wen darf ich melden?" Ein anderer drängte sich zu ihrer Linken. "Er ist gerade nicht hier. Soll ich einen Läufer schicken?"
Emyja ging dem Pulk seelenruhig voraus in die gewiesene Richtung und ließ einen nach dem anderen in Verwirrung fallen, während sie ins zweite Geschoss hinauf stiegen, sodass am Ende nur noch der Blonde und der Herr der Laufburschen übrig waren. "Eine alte Freundin. Es soll eine Überraschung sein. Ein Läufer ist nicht nötig - ich werde hier warten. Wer macht mir einen Kaffee?" Wenn es so etwas edles in dieser stinkenden Stadt überhaupt gab.
Man ließ sie ohne weitere Fragen in das Büro ein und versprach sich um einen Kaffee zu bemühen, dann war sie allein. Amüsiert fragte sie sich, ob sie wohl gleich mit zwei Tassen hier stehen würde, aber das wäre dann wohl umso besser. Sofern der Herr Hauptmann zurück kam, bevor das Gebräu kalt wurde. Aufmerksam sah sie sich um. Ein Schreibtisch, geradezu penibel ordentlich. Ein Sofa - hier wie dort hatte er gern auch mal in der Wache geschlafen, sie erinnerte sich. Auf diesem ließ sie sich nieder. Ansonsten nicht viel. Das Butzenglasfenster war winzig und warf nur wenig des späten Lichts herein. Mit einer Geste ließ sie die Kerzen auf einem Kandelaber entflammen, um nicht völlig im Dunkeln zu sitzen. Sie war müde von der Reise und hoffte nun tatsächlich, die rührigen Wächter würden ihr irgendwo Kaffee finden.
Nachdenklich spielte sie mit dem Amulett, das dunkel auf ihrem blassen Dekolleté lag.
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Vajdan Jaromer
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Als Hauptmann Jaromer zur Wache zurückkehrte bemerkte er die Veränderung die dort vor sich gegangen war fast unmittelbar. Nur hätte jeder andere die Frage nach dem Wie und Warum wohl eher ungenau mit 'so ein Gefühl' abgetan, er hingegen machte diese Wahrnehmung an konkreten Beobachtungen fest.
Da waren zum einen die verstohlenen Blicke auf ihn, die nach einer Reaktion heischten, wie er sie durchaus kannte, wenn jemand etwas ausgefressen hatte und nun eine Degradierung oder schlimmeres befürchtete. Allerdings stand etwas derzeitiges noch nicht an, oder zumindest hatte er noch keine Kenntnis einer Verfehlung erhalten.
Ebenso auffällig war, dass Feldwebel Hughin und Korporal Byrnews fehlten. Beide galten als sehr Dienstbeflissen und so passte dann der eine Umstand zum anderen. In seiner Vorstellung kristallisierte sich zunächst ein Bild heraus, nachdem die beiden abgängig waren und der Rest der Anwesenden nun erwartete, das er eine Strafe für ihr Versäumnis ansetzte.
Die nächste Auffälligkeit war jedoch der Duft nach Kaffee, der eindeutig aus seinem Büro kam.
Der Umstand, dass Kaffee hier nicht sehr verbreitet und obendrein sehr teuer war und auch nicht direkt in der Wache gebrüht wurde nötigte ihm schließlich ein gewisses Maß an Vorsicht ab.
Zur Auswahl standen damit nun zwei andere Theorien, von der Zauberin, die ihn dort wieder heimsuchte und eine Illusion von Kaffee erzeugt hatte bis zu einem hohen Gast, der durchaus in der Position war, sich das seltene Getränk bringen zu lassen bis zu einer graduellen Abstufung und Kombination aus beidem.

Mit gebührender Vorsicht öffnete er die Türe.
Umso mehr hätte er überrascht sein sollen, dass nichts davon auch nur im Ansatz stimmte. Hughin und Byrnews waren anwesend und servierten gerade den Kaffee. Ihm hatten sie auch eine Tasse auf den Schreibtisch gestallt.
Als sie ihn erblickten salutierten sie kurz und knapp und verschwanden.
Es hätte ihn nun wundern sollen, dass es ausgerechnet Emyja war, die vor ihm, saß. Hätte es wohl, wäre es ein anderer gewesen als der Feen... nun Hauptmann.
Denn in seiner Ansicht war schließlich auch er durch ein Portal gegangen, insofern war es auch ihr wohl möglich. Dass er selbst hier war hatte diese Option ja bereits hinreichend etabliert und senkte auch für jeden anderen die Schwelle der Unwahrscheinlichkeit. Lediglich der Umstand, dass es eine ihm bekannte Person zufällig den gleichen Weg gegangen war hätte man als unwahrscheinlich bewerten können, andererseits mochten auch viele ihm unbekannte Personen aus seiner Welt bereits hier sein, auf Zeit und raum verteilt, so dass möglicherweise auch hier dem Wahrscheinlichkeitsprinzip Genüge getan sein konnte, auch ohne dass er davon Kenntnis erlangt hätte. Und das sie aufeinander trafen hätte einen anderen vielleicht verblüfft, ihn jedoch kaum, dies dies war keinem Zufall geschuldet. Dass sie hier saß zeugte von Absicht.

Was er jedoch nicht umhin kam zu bemerken waren die Veränderungen, di an ihr vorgegangen waren. Begonnen mit den deutlich kürzeren Haaren, die sie auch nicht mehr hochgesteckt trug, natürlich der Kleidung, die an die lokalen Gegebenheiten angepasst war. Viel auffälliger aber waren die blassere Hautfarbe, die steilen Falten, die sich in ihre Stirn geprägt hatten, eingefallene Wangen, insgesamt schien sie an Gewicht verloren zu haben, wirkte ausgezehrt und verhärmt, wie sein Beobachtersinn gnadenlos feststellte. Sie wirkte älter. Allerdings wusste er ja nicht, wie viel Zeit für sie vergangen war. Sie konnte bereits seid vielen Jahren hier sein auch wenn für ihn nur fast 2 Jahre vergangen waren, es mochten für sie mehr gewesen sein.
Wollte man die Fakten noch interpretieren, so könnte man sagen, dass ihr jede jugendlich Unbeschwertheit verloren gegangen war, die sie in ihrer Welt noch besessen hatte.
Dass dies in einer Welt wie dieser schnell gehen konnte ahnte er jedoch, und auch welche Umstände eine Frau dahin brachten hätte er beispielhaft aufzählen können.
Statt dessen war da ein Glühen in ihren grünen Augen, dass er auch so nicht von ihr kannte, außer bei einem einzigen Mal, als sie ihre Magie überstrapaziert hatte, was beinahe in einem Fanal geendet hätte.
Danach hatte sie für eine weile etwas verbunden, etwas zu dem er ihr nie Versprechen gemacht hatte und dennoch hatte er sie enttäuscht. All das hatte er nie vergessen und als er sie wieder sah war es präsent wie eh und je. Und obwohl er schon kurze Zeit nach all den Ereignissen seine Welt verlassen hatte, er hatte seine Konsequenzen gezogen.
Ob sie es ihm nun glauben würde oder nicht, hier in dieser Welt hatte der Fae weitgehend enthaltsam gelebt. Einen Ruf wie den, den er sich in seiner Heimatstadt aufgebaut gehabt hatte, suchte man hier vergeblich. Vielleicht weil hier niemand die Fae kannte und er sich auch nicht zu verstecken brauchte. Dem Einfluss des Königs war er ohnehin entronnen.
Zudem war es ihm hier auch so ausreichend möglich, sich von den Gefühlen der Menschen zu nähren, Angst und Verzweiflung waren allgegenwärtig dank des Krieges und suchte er Abwechslung, dann gab es mehr Hurenhäuser als Tempel in dieser Welt. So war es ihm ohnehin lieber, er reduzierte auch diese Sache auf das rational nötige und auf das geschäftliche und ging der Arbeit nach. So blieb alles gut kontrollierbar.
Auch wenn ihn die Vorkommnisse hier kaum forderten.
Komplexe Verbrechen suchte man in der Regel vergeblich. Meist war der Täter schnell gefunden. Das interessanteste war noch der Diebstahl der Schwerter vor weniger als einem Jahr gewesen (er hätte natürlich einen deutlich präziseren Zeitraum genannt) und der Versuch, sie unter einem anderen Label auf der Auktion zu verkaufen. Was im übrigen im Folgenden einen Skandal ausgelöst hatte, der zum zeitweiligen Schließen des Hauses geführt hatte. Zwei abgebrochene Auktionen und eine ganze Reihe an Fälschungen hatten des Ruf zu stark beschädigt. Der Organisator hatte seinen Hut zu nehmen und erst im übernächsten Jahr war ein Neustart geplant.

Was ihn dagegen ernsthaft überrascht hätte, wäre es zu erfahren, dass ausgerechnet sein Gast auch eines der Schwerter aus der Nähe gesehen hatte. Namentlich aus der eigenen Brust ragen.
So aber verzog er kaum eine Mine. Er lächelte nur geübt.
Dass etwas wie ein Fluch ihn binden sollte, diesen Verdacht hatte er vielleicht nur kurz gehabt, dort, in der anderen Welt, doch er hatte lange nicht mehr dran gedacht. So fiel ihm das auch jetzt nicht ein. Und selbst wenn, vermutlich hätte er beides - den Fluchund dessen Verschwinden - klären oder zumindest zur Klärung eine Theorie beisteuern können.
So aber verschwendete er keinen Gedanken daran.
"Schön dich zu sehen. Es ist lange her und du hast dich sehr verändert." War alles was ihm einfiel.
Was sagte man, wenn man den Beginn einer Beziehung vollständig verdorben hatte und sich in einer Welt aus den Augen verliert und dann in eine andere gerät? Und was, wenn der andere ebenfalls in diese Welt gerät?
Es gab keine Phrasen, dafür, die ihm bekannt gewesen wären.
Er blieb auch bei ihr vorsichtig. Sie überschwänglich in den Arm zu nehmen und das wiedersehen zu feiern wäre ohnehin nicht seine Art gewesen. Zudem wusste er noch wie sie auseinander gegangen waren, auch dahingehend war es nicht angebracht. Aber allein dass sie nun hier saß... Konnte bedeuten, dass sie ihm verziehen hatte. Mit seinem Weggehen waren die Karten vielleicht neu gemischt worden.
Und nichts desto trotz kam er nicht aus seiner Haut.
"Was kann ich für dich tun?"
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Emyja
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Die beiden Wächter, die Emyja inzwischen als Feldwebel Hughin und Korporal Byrnews kannte, hatten sich redlich bemüht, ihr die Wartezeit so angenehm wie möglich zu gestalten. Der Eine erwies sich als amüsanter Gesprächspartner, während sie in seinen Gedanken herum forschte, um ein bisschen mehr über den Hauptmann und seine Reputation zu erfahren. Der Andere hatte tatsächlich Kaffee auftrieben, wenn auch offenkundig nicht in der Wache, so doch von einem kleinen Gasthaus in der Nähe. Sie ließ sich den Namen geben, wollte ihn sich merken, damit sie auch zu anderen Zeiten, wenn man sich nicht so höflich bemühte, zu einer Tasse des hier so schwer zu bekommenden schwarzen Goldes zu kommen.
Dann, nach einigen belanglosen Wortwechseln und den ersten Schlucken spürte sie im allgegenwärtigen Rauschen von Gedanken und Gefühlen, dass Vajdán das Gebäude betrat, ohne dass sie ihn direkt spüren musste. Das emotionale Summen dieses Bienenstocks nahm augenblicklich einen anderen Ton an, fächerte explosionsartig auf und füllte sich mit farbigen Untertönen. Die Königin war in den Stock zurück gekehrt, kein Zweifel und die arbeitsamen Bienchen begannen sogleich ihre Tänze. Für Emyja war es gut, so konnte sie sich darauf vorbereiten, dass sie nun wohl gleich dem echten Vajdán gegenüberstehen würde und sie war entschlossen, sich nicht von altem Schmerz und Wut lenken zu lassen. Es hatte sie etwas Mühe gekostet, vieles von dem, was sie heute emotional ausmachte säuberlich hinter ihren Barrieren zu verstauen und sich auf das zu besinnen, was sie einst mit Vajdán verbunden hatte. Zurückzuholen, was sie selbst einst gewesen war und diese Gefühle vor sich aufzureihen, sich damit zu umgeben wie mit einem Parfum. Sie hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, sich einer Illusion zu bedienen und ihr altes Ich wieder anzulegen, wie ein Kleid. Doch dann hatte sie sich dagegen entschieden. Sie hatte sich verändert, das würde sie nicht verbergen.
Einige vibrierende Herzschläger später öffnete sich die Tür des Büros und der Hauptmann höchstselbst trat ein. Die beiden Wächter, die eben noch so lockeren Umgang mit ihr gepflegt hatten, gefüttert mit positiven Gefühlen und einem für beide nicht ganz greifbaren Vertrauen, standen stramm und salutierten. Emyja beobachtete es interessiert. Vajdáns Ruf hier war definitiv ein anderer. Keine zweideutigen Blicke, kein Flüstern, kein Zwinkern zwischend den Wächtern. Nicht einmal aus ihren Gedanken fischte sie etwas, was den Verdacht erregen könnte, Vajdán führte hier das gleiche freizügige Leben wie dort. Die beiden gingen einfach, pflichtschuldig und ohne weitere Worte.

Die grünen Augen der Hexe überfuhren seine Züge, seine Gestalt - ihre mentalen Sinne forschten sofort entlang seiner magischen Aura, verglichen, untersuchten. Hatte der Wechsel ihn ebenso verändert? Magie funktionierte hier auf völlig andere Weise - wie wob er sich in das Gefüge des Chaos und gelang es ihm überhaupt? Augenblicke nur, die sie dazu brauchte und in denen sie es zuließ, dass sich Überraschung auf ihrem Gesicht spiegelte.
"Bei der Mutter, du bist es wirklich. Das Mädchen hat nicht gelogen." Sie erhob sich und trat auf ihn zu, weiterhin diese Mischung aus Erstaunen und Erleichterung im Blick. Dann lächelte sie. "Und noch immer der Alte." Ein wenig spöttisch schüttelte sie den Kopf, behielt dabei das Lächeln auf den Lippen, als sie noch einen Schritt näher trat, sich auf die Fußspitzen stellte und ihn einfach umarmte. Er war so viel größer als sie, dass sie sich auf fast der ganzen Länge an ihn schmiegen musste, um die Umarmung zu bewerkstelligen. Dennoch war es eher eine freundschaftliche Umarmung, fest, dennoch irgendwie unverfänglich. Immerhin wusste sie nicht, wie er nun zu ihr stand, auch wenn er sagte, sich zu freuen. Vajdán sagte nie etwas ohne Kalkül oder gar aus dem Bauch heraus. Und während sie ihn umarmte, ließ sie sanfte Tropfen aus Gefühlen auf ihn regnen, prüfte, was es bewirkte.
"Ich bin so froh, dass es wahr ist." Emyja löste sich, behielt die Hände aber auf seinen Oberarmen, hielt ihn nur etwas auf Abstand, um ihm in die eisblauen Augen zu sehen. Ja, in der Tat, wenn sie in sich hinein lauschte, dann war da tatsächlich etwas wie Freude jenseits des Schauspiels, endlich wieder in diese Augen zu sehen. Die leise Resonanz zu fühlen, die sich schon immer zwischen ihnen aufgebaut hatte und die sie nun vorsichtig fütterte, bis zu einem Maß, wie es wohl früher gewesen war, als sie noch frei von allen erlernten Schranken überschwänglich ihre Emotionen mit der Welt und vor allem mit ihm geteilt hatte.
Eine ihrer Brauen hob sich in für ihn altbekannter Weise. "Und ja, ich bin alt geworden, wenn es das war, was du mir in deiner wie immer erfrischend direkten Art sagen wolltest. Die Zauberinnen hier pflegen sich in Illusionen zu hüllen, aber ich bin der Ansicht, dass es noch nicht so dramatisch ist, dass ich darauf zurück greifen muss." Sie ließ ihn los und wies mit einer Geste hinter sich. "Deine bezaubernden Offiziere haben irgendwoher Kaffee besorgt. Komm, sonst wird er kalt.", setzte sie im Plauderton fort, als lägen nicht viel Streit, ein anderer Mann und eine andere Welt hinter ihnen. Emyja merkte selbst, dass es aufgesetzt wirken musste, aber die Flucht nach vorn war schon immer ihre Devise gewesen, so auch diesmal. Sie ging also zurück zu ihrem verlassenen Becher, nahm diesen auf und wandte sich Vajdán wieder zu, ohne jedoch Anstalten zu machen, sich zu setzen.
Was also konnte er für sie tun.
Sie atmete durch, spielte mit dem Daumen am Rand des Bechers, auf den sie den Blick gesenkt hielt, bevor sie ihn wieder auf Vajdán richtete. Das Eisblau seiner Augen trank. "Wie könnte ich nicht kommen, wenn ich erfahre, dass es dich ebenso hierher gezogen hat? Ich habe viele Fehler gemacht und habe die Strafe dafür erhalten. Ich wünschte manchmal, ich könnte die Zeit zurück drehen." Ehrlichkeit? Heuchelei? Es war manchmal für Emyja selbst nicht mehr ganz klar, was Wirklichkeit war und was schöner Schein. Während sie sprach, waren ihre Sensoren weit offen, suchten nach den kleinsten Anzeichen für Misstrauen oder Zuneigung, wollten das eine greifen und halten, das andere dämpfen. Viel zu lange schon war sie die Spinne inmitten einem Netz aus Lebewesen, die sie alle lenkte, führte und ihrem Willen unterwarf, als das sie dieses Verhalten nun gänzlich abschalten könnte.
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Vajdan Jaromer
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Er war deutlich kühler, reservierter als damals.
Auch ihm war etwas von der Unschuld verloren gegangen, die ihm sein Gedächtnisverlust damals geschenkt hatte. Diese Welt hatte er in dem Wissen betreten, wer er war, was er war und wozu er fähig war. Er wusste zudem was er brauchte und wie er es möglichst effizient erlangte. Er war ein anderer geworden. Nur bewährtes hatte er nicht geändert, seine Arbeit.
Kurz runzelte Vajdán die Stirn.
Welches Mädchen? Doch diese Frage hob er sich für später auf.
Den Spott überhörte er, wunderte sich kurz. Was war mit 'der Alte' genau gemeint? Das Aussehen? Seine Stellung und seine Art an Dinge heranzugehen? Diese hatet er beibehalten, allerdings hatte er sich weiterentwickelt, war effizienter geworden, vorsichtiger, umsichtiger? Ignorierte der Ausdruck 'ganz der Alte' das? Er beschloss aber für's erste, es als Kompliment zu werten.
Und nicht zu vergessen ein großer Teil dessen was ihn ausmachte, die Magie, funktionierte hier anders und lag deshalb weitestgehend brach - in der Hinsicht was er damit erreichen konnte. Er hatte tatsächlich das meiste nicht mehr versucht. Seelen zurück an ihre Toten Körper zu binden, zum Beispiel. Er hatte rechtzeitig gelernt, dass genau dies einen schneller auf den Scheiterhaufen bringen konnte als man 'Feenkraut' buchstabieren konnte. Gut, ein paar Tage länger würde es sicher dauern, bis man verhaftet, verurteilt und gerichtet war, aber er hatte ja auch nicht näher spezifiziert, wer das Wort buchstabieren sollte. Ein Analphabet mochte vielleicht genau ebenso lange brauchen.
Und drückten sich die Menschen nicht so aus?
Sie umarmte ihn dann, äußerte, sie wäre froh ihn zu sehen und auch das hinterließ ihn irritiert. Überhaupt, der ganze Besuch war äußerst irritierend.
Soweit er das beurteilen konnte war es aber von ihrer Seite keine Lüge. Hatte sie ihm wirklich alles verziehen?
Hatte sie doch noch eingesehen, dass er recht gehabt hatte, dass es nicht seine Schuld gewesen war? Und sie sprach über Zauberinnen und ihre Fähigkeiten.
"Ich habe bereits Bekanntschaft mit solchen Zauberinnen gemacht. Ich finde sie in hohem Maße unsympathisch und jene Vertreterinnen, die ich traf waren anmaßend und eingebildet."
Und über Kaffee...
"Bedauerlicherweise ist Kaffee hier weniger verbreitet als in unserer Welt. Er kann nur schwer angebaut werden und wird aus Ophir importiert. Ich habe aber gehört, dass es in Nowigrad jemandem gelungen sein soll, die Pflanzen auch hier zu züchten. Allerdings nur in geringen Mengen, so dass sich preislich kaum ein Unterschied ergibt."
Aber er behielt den Eindruck, dass es ihr nicht wirklich darum ging, dazu eine Auskunft von ihm zu erlangen.
Dnn aber kam sie dem Kern des Ganzen deutlich näher.
"Ich war davon ausgegangen, dass wir uns im Streit getrennt hatten. Du hattest mich verflucht und wenigstens einige Tage lang bis ich durch den Spiegel ging, hatte ich auch den Eindruck, er würde auch wirken." schloss er ehrlich.
Durch den Spiegel.
Was er danach gesehen hatte konnte er bis heute nicht richtig einordnen.
Waren es wirklich verschiedene Welten gewesen? konnte er wählen, konnte er dorthin zurück?
"Und ich nehme an, es hat keinen Sinn, die Zeit zurück zu drehen. Wenn du dabei nicht postulierst, dass du die Kenntnisse auch zuvor schon hättest, die du erst später erlangt hast, wirst du die gleichen Entscheidungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder treffen."
Er blickte sich noch eine weile an, sie hatte ihn lange einfach festgehalten, nun ließ sie los und verwies auf den Kaffee. Er setzte sich nun, gewohnheitsmäßig auf den Platz hinter dem Schreibtisch, ließ sie dabei nicht aus den Augen. es war kein misstrauen, vielmehr Ratlosigkeit.
Er löste durchaus ein angenehmes Gefühl auch bei ihm aus, schwach aber merklich, sie wiederzusehen und zu wissen, dass sie keine Wut mehr auf ihn hegte. War es tatsächlich so einfach? Fanden sich Menschen, in eine andere Welt geworden plötzlich einander zugehörig nur aufgrund der Tatsache, dass man dem bisherigen sozialen Gefüge entrissen war?
Hätte das gleiche für den Mann gegolten, den man 'den Kopf' genannt hatte, und bei dem er dafür gesorgt hatte, dass er genau diesen verlor? Hätte er mit ihm in dieser Welt zusammengearbeitet oder galten nicht viel mehr die Gründe für die Ressentiments genauso auch in dieser Welt?
"Wie ist es dir hier ergangen? Was ich erreichen konnte, das kannst du ja sehen."
Er lächelt und verwies auf die Wache.
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Emyja
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Wie sehr sie ihn verwirrte, konnte sie vage wahrnehmen. Und selbst ohne ihre Fähigkeiten wäre ihr das klar gewesen. Ihre Wut auf ihn war noch immer da, tief verborgen unter den vielen Masken, die sie übereinander trug und wäre der echte Vajdán ihr so unverhofft begegnet, sie hätte sich ebenso entladen, wie sie es Sindra gegenüber getan hatte. Sie spielte, aber sie spielte offensichtlich gut genug, denn längst waren ihr ihre Ziele wichtig genug, um abzuwägen. Und das Flüstern des Rittmeisters half ihr dabei, gewisse Schritte zu tun, auch wenn ihre Impulsivität anders entscheiden wollte. Sie war bedachter geworden, allerdings nur, wenn man sie nicht auf dem falschen Fuß erwischte. Und somit hüllte sie sich weiter in etwas, das Vajdán sinnvoll erschien: eine Frau, die eingesehen hatte, dass seine bestechende Logik der einzig richtige Weg gewesen war. Zum Zwecke fügte sie sich in dieses Bild. Vorerst.
Sie hatte leicht gelächelt. "Jene von Aretusa, ja. Und die Zauberer von Ard Ban sind keinen Deut besser. Aber ich habe auch andere kennengelernt, die durchaus anders denken und handeln. Aber sie sind selten und von ihren Kollegen nicht sonderlich geschätzt.", erwiderte sie vage. Pavrina, ihre Meisterin, war eine solche gewesen. Abtrünnig nannten es die Herrinnen der "alten Schule". Pavrina hatte sie verlacht für ihre Oberflächlichkeit und ihren Größenwahn. Hatte ihnen vorgeworfen, sie hätten vergessen, was der wahre Kern der Magie sei - der wahre Weg. Anstatt sich das Chaos Untertan zu machen und sich vollumfänglich in alle Ebenen der Magie zu begeben, spielten sie mit dem Leben, der Schöpfung herum, manipulierten an der Grundsubstanz allen Seins herum. Verzweifelt auf der Suche nach etwas, das ihre schwächer werdende Position stützte, anstatt das volle Potenzial der Magie auszuschöpfen und sich damit die Macht zurück zu holen. Ein Potenzial, das Emyja nun auszuloten begann und die Macht, die darin verborgen lag, war schier unendlich.
Rechtzeitig erinnerte sie sich selbst daran, dass ein kurzes niederschlagen der Wimpern angebracht war, bevor sie Vajdán wieder ansah. "Der Fluch, ja, der war so real wie du und ich. Auch für ihn musste ich zahlen... und als du gingst... verschwandest..." Emyja ließ den Blick durch den Raum wandern, doch ihre Augen sahen nicht wirklich die ihn begrenzenden Wände. So wirkte es zumindest. Sie senkte die Lider erneut, hob sie wieder und richtete den Blick der smaragdenen Augen wieder auf Vajdan. "Der Fluch war wie ein Band und es riss spürbar.", setzte sie schließlich fort. Der Schmerz, der ihre Augen kurz beschattete, war tatsächlich echt. Niemals würde sie den Moment vergessen, an dem alles begonnen hatte. Den Moment, an dem Carolyn ihr das erste Mal fast entglitten wäre - es war der Anfang vom Ende gewesen. Sie hätte wissen müssen, dass sie das Kind niemals würde retten können und hatte es doch versucht. Immer und immer wieder. Die alten Wunden drohten sich zu öffnen und schnell schob sie diese Erinnerungen beiseite, steckte sie zurück in jenen Turm, den sie dafür in ihrem Geist geschaffen hatte. Fest verschlossen, unerreichbar selbst für sie. Emyja lächelte traurig. "Es musste erst so weit kommen, damit ich begreifen konnte, was uns verbunden hat.", log sie, doch ganz konnte sie die Bitterkeit nicht vertreiben.
Nein, das würde sie sich selbst nicht abnehmen, geschweige denn er.
Allerdings war Vajdán so freundlich, das Thema zu wechseln und Emyja verdrängte die Gedanken an ihre gemeinsame Vergangenheit endgültig, um den Kopf frei zu bekommen. Sie war sich inzwischen sicher, dass sie ihn nicht gegen sich wissen und am Besten auf ihrer Seite haben wollte. Daher begann sie ganz automatisch einen steten Strom positiver Emotionen fließen zu lassen, suchte nach der altvertrauten Resonanz, mit der sie einander früher aufgeschwungen hatten, doch es kam ihr so vor, als versuchte sie einen Becher zu füllen, dem jemand den Boden ausgeschlagen hatte. Sehr fern glaubte sie etwas zu berühren, was ihr bekannt vorkam, aber immer wenn sie die Fühler darum schlingen wollte, entwischte es ihr. Seit sie in dieser Welt war, hatte sie noch nie die Grenze ihres Könnens an einem Menschen erreicht - doch halt, Vajdán war kein Mensch. Auch wenn es seine Art hier nicht gab, er war etwas anderes und für dieses andere gab es hier keinen Rahmen. Nichts, was ihn im Gefüge der Magie hielt, denn er stand außerhalb des Chaos und damit der magischen Gesetzmäßigkeiten, denen sie ihren Willen aufzwang. Machte ihn das gewöhnlich oder besonders? Kein Magier, aber auch kein Mensch - ein was also dann? In jedem Fall etwas, dem sie nicht einfach mittels ihrer Teleempathie beikommen konnte. Ihren leisen Unmut darüber verriet nur ein kurzes Tippen eines Fingers am Becher, doch sie rang sich ein Schmunzeln ab. Vajdán wie er leibt und lebte - logisch bis in die Haarspitzen drehte er jedes Wort und jeden Satz auf links, interpretierte ihn buchstäblich und widerlegte, was ihm sinnlos vorkam. Natürlich wollte sie die Zeit nicht wirklich zurück drehen - Metaphern und Floskeln... irgendwann war er mal besser darin gewesen, diese als solche zu erkennen und zu akzeptieren.
Emyja musterte den Mann auf dem Stuhl des Hauptmannes einen Moment lang. Doch, er hatte sich verändert. Sehr. Sie konnte den Finger noch nicht darauf legen, aber es war die Art, wie er mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen interagierte. Ihm war der menschliche Funke abhanden gekommen, an den sie sich einst geklammert hatte und den sie mit aller Kraft hatte herauslocken wollen. zwiespältig. Für ihre Zwecke konnte sie ihn genau so brauchen, wie er jetzt war. Um ihn allerdings dahin zu bekommen, dass er ihr folgte, wäre es leichter, sie kame an seine menschliche Seite. Die war schwächer, leichter zu manipulieren. Sie nahm einen Schluck Kaffee und ging dann zum ihm, um sich rückwärts an den Schreibtisch zu lehnen. Auf seiner Seite. Doch sie berührte ihn nicht, nicht körperlich. Auf Psiebene gab sie noch nicht ganz auf, vor allem weil es ihr inzwischen so natürlich war, wie jeder Atemzug, den sie tat. Äußerlich zeigte sie sich, als würde sie überlegen. Wie war es ihr ergangen?
"Lass überlegen. Die reizenden Menschen hier haben versucht mich auf einem ihrer Scheiterhaufen zu verbrennen. Als Hexe. Wer kann es ihnen verdenken - ich bin eine, nicht wahr?", erwiderte sie schließlich im Plauderton, ohne Vajdán dabei aus den Augen zu lassen. "Ich floh mit Hilfe eines Söldners, das war vor zwei Jahren. Seither sucht mich ein gewisser religiöser Orden." Sie lächelte leicht. "Leider kann ich meine Unschuld nicht beweisen, da solchen wie mir hier kein wirklicher Prozess gemacht wird." Sie sagte das alles sehr ruhig und als säße sie nicht in der Stadtwache von Oxenfurt, deren Aufgabe es rein theoretisch war, die Aktivitäten dieses Ritterordens zumindest nicht zu behindern. Ebenso ruhig und bedacht stellte sie ihren leeren Becher ab, folgte ihm dabei mit den Augen, bevor sie diese wieder auf Vajdán richtete. Die nun frei gewordene Hand hielt sie ihm hin, weiterhin ohne ihn von sicher aus zu berühren, während ihre mentalen Fühler weiter hilflos nach einem Ansatzpunkt suchten und keinen fanden.
"Wirst du mich jetzt ausliefern?" Ihre Stimmlage war allerdings nicht die einer Frau, die sich deswegen Sorgen machte.
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Vajdan Jaromer
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Was sich hinter ihren Andeutungen verbarg ahnte Vajdán vielleicht, aber er begriff das volle Ausmaß wohl nicht. Natürlich gab es immer Andersdenkende, die wiederum von der vorherrschenden Lehrmeinung nicht geschätzt wurde. Das war beinahe etwas Systemimmanentes. Eine Gruppe definierte sich unter Umständen erst dadurch, dass es auch 'die Anderen' gab gegen die man vorging. Seien es Menschen und Anderlinge oder Redanier, Temerier... Ausgebildete Magier und Wilde. In der Hinsicht war er ganz bei ihr, wie die Menschen zu sagen pflegten.
Dass Emyja in dem Moment an eine Hexe dachte, die ihr Andersdenken sogar mit dem Leben bezahlt hatte, das erschloss sich ihm dabei nicht. Für ihn blieb das Niveau vorerst das von einfachen wissenschaftlichen Disputen und nicht von Folter und Hinrichtung. Doch das änderte sie nun.
Ebenso ruhig wie sie erzählte hörte er zu. Weniger weil er sich beeinflussen ließ, sondern weil es seine Art war und weil er auch beruflich eigentlich einen ganz ähnlichen Standpunkt dazu vertrat. Hier in dieser Welt war man schnell mit dem Urteil dabei, jemanden auf den Scheiterhaufen zu bringen, notfalls auch ohne Prozess. Diese Praktik lehnte er jedoch strikt ab. Er mochte Argumente und Abwägungen, Prozesse die jeden Aspekt einer Tat beleuchteten. Das Vorgehen, speziell der Flammenrose war ihm dabei schon immer ein Dorn im Auge.

Sie senkte den Blick.
Das konnte vielerlei bedeuten, die häufigsten Interpretation war Scham, aber man konnte dahinter auch wunderbar verbergen, dass man das gesagte eben nicht so meinte, indem auf diese Weise den Blick mied. Vajdáns Hypothese berücksichtigte derzeit beide Varianten.
Aber sie bestätigte, der Fluch war real gewesen. Er beobachtete aufmerksam ihre Mimik, wie sie ihn anblickte und dann den Raum absuchte als sähe sie die Dimensionen und Auswirkungen des Fluches.
Da war kein Hinweis auf eine Lüge darin oder eine andere Unwahrheit, aber sie versuchte ihn mit diesen Gesten zu einer bestimmten Sichtweise zu bringen, etwas wofür er jedoch weitgehend unzugänglich war. Er bewertete Fakten, die Faktenlage war einigermaßen eindeutig.
Sie hatte ihn damals verflucht, der Grund dafür hatte sich bislang nicht verändert und auch wenn die Ausgangslage ihm damals nicht logisch erschien und ihre Motive nicht schlüssig, so hatte er akzeptiert, dass die in ihrer Wahrnehmungswelt wohl das adäquate vorgehen gewesen war. Sollte er nun davon ausgehen, dass sich das für sie geändert hatte? Warum sagte sie dann nicht präzise 'Ich hatte unrecht und es tut mir leid' sie versuchte ihm diese Haltung mit Andeutungen zu suggerieren sprach es aber nicht aus.
"Ich habe gespürt, was du gespürt hast. Das war ein starker Fluch und du musst wütend gewesen sein. Wütend genug um allein dafür einige zu riskieren. Hat sich deine Haltung dazu denn nun verändert? Wenn du heute eher bereit bist dazu, über unser Missverständnis von damals zu sprechen, dann bin ich gerne bereit, es dir zu erklären."
Er erinnerte sich an die Spinne, die Frau mit der sie ihn erwischt hatte.
Was hatte sie verbunden? Daran erinnerte er sich wiederum kaum.
Vage war da eine Erinnerung an ...etwas. Er konnte es nicht richtig greifen, wenn er es versuchte entglitt es ihm sofort. Es strahlte zwar etwas aus, zu dem es ihn hinzog, eine Wärme, Nahrung, Licht. Das wonach er suchte. Aber es war weg und es blieb nicht einmal mehr genug übrig von dem als dass er hätte Bedauern empfinden können. Auch dass sie eben versuchte, genau das zu nähren entzog sich seinem Blick.
Etwas von dem was damals gewachsen war auf dem verbrannten Boden eines gelöschten Gedächtnisses war wieder gestorben und nun tief begraben unter Eis.
"Was hat uns verbunden? Ich glaube ich erinnere mich kaum, nur dass es mit der jeweils gegensätzlichen Magie zu tun hatte."
Und er meinte das ernst. Weder wollte er sie verletzen noch vorführen, es war eine sachliche Frage, die aber wohl dennoch genau die Wirkung erzielte.

"Nein, ausliefern werde ich dich nicht. Mit dem Vorgehen des Ordens bin ich selbst nicht einverstanden. In ihrem Auftrag werden Bücher verbrannt und die Universität der Stadt wurde geschlossen. Ich unterstütze diese Arbeitsweise also nicht aktiv. Aber wenn man eine Auslieferung vom mir fordern würde müsste ich dem nachgeben. Hast du ihnen dazu Anlass gegeben?"
Er hatte noch immer nicht ganz begriffen, was sie von ihm wollte. Sie war hier und bat ihn, sie nicht auszuliefern, doch das machte nur Sinn wenn man nach ihr suchte. Trotzdem war sie selbst hergekommen, es war ja nciht so, dass er sie hatte verhaften lassen. Ihr Handeln war wie wohl früher auch, durch und durch irrational. Aber war es wirklich nur das?
Dass es nur um Neugier ging, weil sie gehört hatte, dass er nun hier war, auch das hielt er für unwahrscheinlich. Sie hatte einen Grund, und zu dem versuchte sie ihn hinzuführen.
Er lehnte sich etwas zurück, musterte sie lange, um dann den für ein menschliches gegenüber plausibelsten Grund abzuwägen.
"Du bist hier, weil du für irgendetwas meine Hilfe brauchst. Und deshalb bist du sogar bereit, über das Vorgefallene zu sprechen, über das was zwischen uns gewesen ist und das Missverständnis, dem ich den Flucht zu verdanken hatte. Was ist es? Steckst du selbst tiefer in Schwierigkeiten als du mir eben vermitteln wolltest? Sucht man nach dir und ich soll ein Urteil verschwinden lassen? Oder geht es um jemand anderen, der dir wichtig ist?"
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Emyja
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Ein leichtes, fast etwas unwilliges Nicken, so als wollte sie die alte Geschichte nicht weiter verfolgen. Dazu eine Handbewegung, die den Eindruck verstärken sollte. Der Zauberer in Emyjas Amulett gab sich alle Mühe, die richtigen gestikulativen Fäden zu ziehen. "Ja, ich war wütend. Eine gekränkte Frau. Ich sehe dein tête-a-tête mit dieser Schankhausdirne noch immer nicht als Missverständnis an, die Sache im Schlachterviertel aber durchaus. Oder sagen wir es so: Ich habe inzwischen gelernt, dass es manche Ziele gibt, die derlei Mittel heiligen." Er würde sich wundern, hätte er nur die Spur einer Ahnung, welcher Mittel sie sich inzwischen bediente, um an ihre Ziele zu kommen. Eine Entschuldigung würde er allerdings in diesem Leben nicht mehr zu hören bekommen, dazu war sie bis heute zu stolz und hatte selbst zu sehr unter all dem gelitten. Sie verzog nur ein wenig den Mund. "Du brauchst es nicht mehr zu erklären. Das liegt in einer anderen Welt, lange vorbei."
Eine ihrer Brauen zuckte etwas bei seiner Frage und sie musste sich streng ermahnen, nicht zu zeigen, wie überaus taktlos sie diese Frage fand. Er erinnerte sich also kaum? Wieder mal magisch induzierte Amnesie oder einfach der Versuch eines Mannes, sich aus einer unangenehmen Situation zu reden? Doch das wiederum sähe Vajdán nicht ähnlich. Die Hexe zwang sich zu einem traurigen Lächeln. Vielleicht hatte er Recht und sie hatte nie mehr verbunden als die natürlichen Gesetze der Magie, auf die sie wechselseitig reagiert hatten. Wie hatte Nikolavo es ausgedrückt: Fee und Empath passen aufeinander wie die Faust aufs Auge. Letzten Endes hatte er Recht behalten, so leicht wie der Halbdämon sie aus der Bindung zu Vajdán gelöst hatte.
Immerhin half ihr dieses Wissen nun, ohne schlechtes Gewissen ihr Ziel weiter zu verfolgen und ihr Spiel mit dem Hauptmann zu treiben.
"Magie, ja..." Sie hob die Hand, die Vajdán gekonnt ignoriert hatte, beugte sich etwas vor und berührte federleicht sein Gesicht, ließ die Fingerspitzen entlang seiner Kieferlinie gleiten. Das Prickeln, das man den Hexern nachsagte und welches der Magie entstammte, die dieser Welt zueigen war, perlte lange schon auch aus ihrer Haut. Eflynn sagte, es würde stärker, je stärker Emyja selbst wurde und das Elfenkind genoss es sichtlich, wenn Emyja ihr durchs Haar strich oder ihr die Hand auf die Wange legte. Doch der Kontakt führte auch immer zu einer engeren Verknüpfung mit dem Sein des von ihr Berührten, über die rein körperliche Empfindung hinaus. Sie konnte die kühle Struktur seiner Gedanken spüren, das völlige Fehlen von stärkeren Emotionen, bis hin zum ruhigen Takt seines Herzens und dem Gleichklang des Atems. Doch selbst mit Hilfe des Kontakts, der immer wie eine Zutrittskarte in die emotionale Welt eines Wesens war, hatte sie den Eindruck, dass da nichts in Vajdán war, was sie in Schwingung versetzen konnte. Als sei dieser Teil von ihm wirklich dort zurück geblieben. Der Ausdruck in den grünen Augen, die keine Sekunde von seinen Zügen gewichen waren, wurde täuschend echt milde besorgt. Diese Maske beherrschte sie ohne nachzudenken.
Er würde sie nicht ausliefern. Mal davon abgesehen, dass sie das ohnehin nicht zugelassen hätte und dieses Vorspiel nur dem Zweck diente, auszuloten, wie er zum Orden stand, war sie doch froh über diese Worte. Emyjas Lippen zuckten zu einem kaum merklichen Lächeln, das jedoch keine Chance hatte, wirklich zu erbllühen. Sie löste die Dinge immer gern auf einfache Art, direkt und ohne allzu große Umwege. Am liebsten war es ihr, wenn man sich ihr nicht in den Weg stellte. Doch sie würde auch nicht zögern die ganze Wache gegen Vajdán aufzuhetzen, wenn er sich entschließen sollte, gegen sie zu arbeiten. Aber vorerst ruhten die spinnwebfeinen Tentakel, die an den beiden Wächtern hafteten, die eben noch ihre Wünsche erfüllt hatten. Nicht aktiv...
Ihre Finger glitten von ihm ab, als er sich zurück lehnte und so tat sie es ihm gleich, richtete sich ebenfalls wieder auf. Nun manifestierte sich das Lächeln doch in ihrem Gesicht, allerdings hatte der Ausdruck in den grünen Augen etwas von der Katze am Mauseloch. Konnte es wirklich sein, dass einem Vajdán Jaromer entgangen war, dass die halbe nördliche Welt Jagd auf sie machte? Einer Hexe, die vor den Augen der versammelten Ritterschaft des Ordens der Flammenrose vom Scheiterhaufen geflohen war, sie vorgeführt und seither immer wieder genatzt hatte? Deren Leute nicht nur einen Ritter auf dem Gewissen hatten... Emyja legte den Kopf einen Hauch schief, wobei sie wirkte, als würde sie tatsächlich gleich zu lachen anfangen. Aber sie beherrschte den Impuls, senkte einen Moment die schwarzen Wimpern über das Irrlicht in den Katzenaugen und kippte etwas den Kopf, als lausche sie auf jemand Unsichtbaren, der ihr ins Ohr flüsterte, bevor sie sie wieder aufschlug und Vajdán erneut anblickte. Jetzt wurde es spannend. Vajdán nahm inzwischen alles noch viel wörtlicher, als es früher schon der Fall gewesen war und akzeptierte entsprechend wohl noch weniger irgendwelche Andeutungen. Sie musste also direkt zum Kern der Sache kommen.
Emyja stützte die Hände rechts und links neben sich auf die Tischplatte, hob etwas das Kinn und nahm sich ein wenig Hilfe von Rittmeister, Zauberer und sogar Hexer. "Ich bin hier, weil ich dir ein Angebot machen will.", sagte sie also rund heraus. "Du willst wissen, ob ich dem Orden Anlass gegeben habe... Ja, oft und immer wieder. Ich bin die, die die Anderlnge um sich sammelt, um dem Orden die Stirn zu bieten. Ich bin die, die die Scioa'tael Deithvirid nennen. Ich stehe dem größten Kommando jenseits des Brokilon vor. Schließ dich mir an, Vajdán. Darum bitte ich dich, darum bin ich hier. Mir und den unseren, denn du bist in den Augen der Fanatiker so wenig Mensch wie ich es bin. Ein falscher Schritt und du stehst wie ich im Feuer. Ich will dem ein Ende setzen und ich weiß, ich habe die Macht dazu - schließ dich mir an." Der Rittmeister in ihren Gedanken schwang noch weitere, großspurige Reden, sprach von Ehre und von Drohungen, doch Emyja schob die Stimme beiseite. Sie wollte erst hören und sehen, wie der Mann vor ihr überhaupt reagierte, bevor sie ihn mit Argumenten oder schlimmstenfalls Drohungen überhäufte. Denn eines war klar: war er nicht mit ihr, war er gegen sie und wie sie sich dann trennen würden, stand auf einem sehr schmalen Blatt.
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Vajdan Jaromer
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Da waren Erinnerungen, nur wenige denn Erinnerungen banden sich am stärksten an Emotionen und ohne Emotionen verblasste auch alles andere.
Doch kitzelte man diese heraus...
"Es war ein Missverständnis." beharrte er. "Sie gehörte zu dieser Organisation und sie wollte mich um den Finger wickeln und ich habe es zugelassen weil es mich dorthin bringen sollte... Aber bis dahin hatte ich dir auch nicht versprochen, dass ich dir treu bin, ich hatte versprochen es zu versuchen, aber ich wußte nicht ob es schon beim ersten Versuch funktioniert. Du kanntest meinen Ruf. Deine Erwartungen in mich waren zu hoch angesetzt, damals mussten sie enttäuscht werden, das hätte auch dir klar sein müssen. Ich wollte es dir erklären, doch du wolltest nicht hören. Statt dessen bist du ohne auch nur noch einmal das Gespräch zu suchen mit diesem Dämonen weggezogen. Ich hätten ebenso viel Grund wütend zu sein und dich zu verfluchen. Fakt ist... ich wollte es wirklich versuchen. Es gelang nur nicht gleich. Nun... nun bin ich erfolgreicher..." Der letzte Satz kam mit einem Flüstern.
Und vielleicht war es nicht die Reise allein gewesen, das Eis des Feenreiches, das etwas in ihm zerbrochen hatte.
Es war schlussendlich vollkommen irrational, diese Worte jetzt noch einmal auszusprechen, seine Sichtweise darzustellen, doch er trug sie wohl schon so lange mit sich herum dass sie sich nun endlich Gehör verschaffen wollten. Da war also doch noch etwas mehr übrig von dem alten Vajdán, dem Menschen. Schimmerte eingeschlossen durch meterdickes Eis.
"Aber du hast recht, es ist lang vorbei. Nur noch wir beide sind übrig, kein Dämon mehr, nicht die Stadt. Wir sollten es hinter uns lassen."
Doch ein kleines bisschen war das Eis getaut, die sanfte Berührung, die er im ersten Moment nur mit einem kühlen blauen Blick erwiderte, in dem allenfalls Akzeptanz lang, mehr jedoch nicht, kein Sehnen nach der Berührung. Doch mehr war nciht zu Erwarten, war die schon mehr als er sich selbst prophezeit hätte.
Es hatte sich ein dünner Wasserfilm gebildet. Es würde noch viel mehr nötig sein um die meterdicke Schicht vollends zu schmelzen, doch ein Anfang war gemacht.
Er schob ihre Hand nicht weg, blickte sie nur gerade an.
Die Worte, die nun folgten hörte er an, ruhig und ohne zu unterbrechen, interessiert und ohne Wartung. Er ließ sich auch nicht anmerken ob er von dem Fall gelesen hatte, der eine ganze Weile vor seinem Eintreffen vorgefallen war, der sicher in den Berichten Erwähnung fand, die auch ihm vorlagen, aber im großen und ganzen der Geheimhaltung unterlag. Dies war nicht Nowigrad und dies war nciht der Orden. Er war nur ein Hauptmann der Stadtwache.
Aber von Deithvirid hatte man hier gehört.
Nur ein leichtes Stirnrunzeln.
Was er nun wollte spielte keine Rolle, ob er überhaupt eine Meinung und einen Willen dazu hatte ebenso wenig.
"Sie kennen hier keine Fae, und solange gelte ich als Mensch. Du weißt so gut wie ich, dass ich das nicht tun kann."
Er blickte ihr direkt in die Augen, ob darin eine Spur der Erinnerung lag an das was sie einmal verbunden hatte war schwer zu sagen.
"Welche Reaktion hattest du von mir erwartet? Du kannst nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, dass ich aufspringe und mich euch anschließe, so falsch kannst du mich nciht einschätzen. Was also? Willst du mir in der nächsten Zeit vor Augen führen, wie niederträchtig die Menschen sind? Wird sich morgen ein Mob auf mich stürzen und mich durch die Stadttore jagen?"
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Seltsam, dass er sich trotz allem weiter rechtfertigen wollte und das obwohl sie ihm bereits die Tür am Thema vorbei geöffnet hatte. So kalt, wie er sich gab, ließ ihn die Sache also doch nicht. Er wollte um jeden Preis seinen Punkt platzieren und sie ließ ihn, bemühte sich, die Ungeduld und die Wut darüber, dass er ihr die Schuld zuwies, nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Er hatte ihre Situation damals ebenso wenig verstanden, wie sie die Seine. Es hätte auch mit noch so vielen Gesprächen unweigerlich zum gleichen Ende geführt, daher wollte sie die Sache einfach ruhen lassen, doch er schien das bereits so lange mit sich herum zu tragen, dass es jetzt hervor quoll, wie Eiter aus einem eröffneten Abszess. Emyja atmete durch, wich dem Blick der Eisaugen nicht ein einzige Mal mehr aus, obwohl Bilder sie bestürmten...
...das kleine Teehaus bei dem neckischen Brunnen...
...ein Kuss im Regen...
...das Medaillon mit den Bildnis eines kleinen Jungen...
...ein winziges Dachfenster, durch das der Mond herein schien...
Emyja blinzelte einmal. Vergangenheit.
"Dieser Dämon war meine Rettung.", sagte sie erstaunlich sanft. Er wollte Erklärungen geben, dann musste er auch welche hinnehmen. "Das was der Unfall mit dem Siegel in mir geöffnet hat, war unkontrollierbar. Ein emotionales Pendel, ein empathischer Magnet - und zusammen mir dir eine endlose Spirale aus Geben und Nehmen. Wie du sehr richtig gesagt hast - uns verband Magie, Schwingungen und Resonanzen, denen ich nichts entgegen setzen konnte. Menschen überspülten mich mit ihrer Freude oder ihrem Leid, aber du Vajdan, du nahmst meine Freude, meine Liebe, meine Leidenschaft und warfst sie verstärkt zurück, nur um sie in gleicher Stärke wieder zu empfangen und so weiter. Ich war hilflos. Nikolavo hat mir beigebracht, mich davon zu lösen. Von allen fühlenden Wesen - und von dir. Ich musste einfach für eine Weile gehen." Auch ihre Stimme war zu einem Flüstern verkommen. Die Erinnerungen sollten sie schmerzen, sollten etwas bewirken und das müsste sich irgendwo niederschlagen, doch Emyja spürte dem vergeblich nach. Es war vorbei. Die Wunde wie so viele andere ausgebrannt und dick vernarbt. Sie war eine andere geworden und vielleicht war sogar die Schule, durch die Nikolavo sie hatte gehen lassen, der Ausgangspunkt dafür gewesen.
Ein kleiner Teil von ihr hätte sich trotz allem nun gern in Vajdáns Arme geflüchtet, die Augen geschlossen und sich vom Gestern einholen lassen. Doch dieser Teil war schwach und an die Kette gelegt, außerdem lud das helle Augenpaar nicht gerade zu Vertraulichkeit ein. Statt dessen warf sie innerlich noch einmal einen Blick auf die Suche nach etwas im Hauptmann, dass man greifen, festigen, formen oder gar manipulieren konnte.
Und endlich, fühlte sie etwas, spürte einen Widerstand. Sie war am Grund der scheinbar bodenlosen Schlucht angekommen und es war, als würde sie einen Arm in die eiskalten Wasser eines unbewegten Sees tauchen, tief, bis zur Schulter hinab. Doch das Wasser war zäh wie Gallerte, wehrte sich gegen das Eindringen ihrer tastenden Finger und musste doch weichen. Und dort unten in Kälte und Dunkelheit glaubte sie etwas zu berühren, etwas Vertrautes, etwas das leben wollte. Tastend glitten ihre geistigen Finger darüber, zündeten winzige Funken, Keime für etwas, was wachsen musste, doch nun den Impuls dafür bekommen hatte. Und als würde diese Berührung zurück strahlen, die Impulse auch etwas zu Emyja spiegeln, sah sie plötzlich Vajdan klar vor sich, doch nicht hier in diesem Raum, sondern in einem Wald unter einem verfallenen Torbogen und in Begleitung eines großen, weißen Hundes. Sie kannte diesen Torbogen, er bildete eine der Grenzen Est Taiyars.
Die Vision ging mit einem kurzen Aufleuchten der grünen Augen einher.
Und mit einem Lächeln.
"Nein.", war alles, was sie vorerst zu Vajdáns Fragen sagte, kaum das der Moment vergangen war. Doch die Hexe wirkte weder verärgert noch enttäuscht, als sie sich vom Tisch abstieß und auf Vajdán herab sah. Sie wusste nun, dass sie bekommen würde, was sie wollte und sie war bereit, sich in Geduld zu üben, wenn das Schicksal sich schon auf ihre Seite stellte. Sie lächelte etwas wehmütig, dann wandte sie sich vollends ab, auch wenn ihre mentalen Finger noch einmal zärtlich über das Pflänzchen strichen, das sie im kalten See gefunden hatte. Dann ließen auch diese von Vajdán ab.
Emyja griff Mantel und Handschuhe. "Wer mich sucht, kann mich finden. Auf bald, Vajdán."
Doch an der Tür blieb sie noch einmal stehen und sah zurück zu ihm. "Reizender Hund." Sie schmunzelte, dann öffnete sie die Tür und ließ ihn, wenig klüger als zuvor, einfach sitzen.
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Vajdan Jaromer
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Noch eine Weile blickte er ihr nach.
Er hätte es melden müssen, jetzt sofort.
Das wäre das einzige richtige gewesen, statt dessen...
Tat er nichts. Er sah ihr nur nach.
Schweigend, ein lebendes Standbild, wie erstarrt. Nur der ruhige Atem verriet, dass der schöne Mann hinter dem Schreibtisch kein Standbild war.
Er wäre nicht richtig gewesen nach allem was geschehen war, das sagte ihm das Ding, das man Herz nannte und dessen Existenz in seiner Brust wohl jeder der ihn kannte kategorisch geleugnet hätte.
In dieser fremden Welt was diese Frau so ziemlich das einzige vertraute, nein, er würde sie nicht verraten.
Der Entschluss war schnell gefällt.
Hätte man ihn gefragt ob er noch Gefühle für sie hegte - er hätte es wohl nicht verstanden.
Hätte man ihn gefragt ober er sich insgeheim wünschte, dass sie wieder zusammen sein könnten - er hätte auch das nicht verstanden.
Er hätte entgegnet, dass seine Haltung dazu keine Rolle spielte und dass sie sich entschieden hatte ihn zu verlassen. Er habe das zu akzeptieren.
Aber tatsächlich hätte ihn auch die Antwort ein wenig ins Schwimmen gebracht. Die Antwort glich der Grasdecke auf einem Moor, sie war dicht und trug auch die Schritte eines Menschen, aber man wusste, dass darunter das Moor lag und mit jedem Schritt konnte man es spüren wie die Grasdecke schwankte, doch sie riss nicht. Das darüber und das darunter blieben sauber getrennt.
Doch auch das war ihm selbst letztendlich nicht bewusst.
Mehr an Gefühl und Sentimentalität war ihm allerdings nicht möglich.

Das war vor vier Tagen gewesen.
Heute lag eine Vorladung aus Nowigrad vor. Zumindest klang es ganz danach, auch wenn dort keiner Weisungsbefugnis gegen ihn hatte... soweit er wusste unterstand er dem Stadtrat in letzter Konsequenz Wyzima und nicht der selbsternannten Übergangsregierung in Nowigrad, das bisher nicht einmal zu Redanien gehört hatte geschweige denn die Hauptstadt eines der letzten freien Länder gewesen war.
Ob er diesen Umstand billigte oder nicht spielte keine Rolle. Allein Recht und Ordnung waren seine Sorge.
Aber die Zeiten änderten sich. Nowigrad war unter dem Regenten zu so etwas wie der neuen Hauptstadt geworden seit Wyzima von Nilfgard besetzt gewesen war. Obwohl der Feind die Stadt wieder geräumt hatte blieb der Makel haften. Sie blieb entthront, nicht zuletzt weil es dort auch keinen Monarchen mehr gab und keine Erben. Aus dem Macht Vakuum heraus war dieser Sigismund Dijkstra auf den Plan getreten und mit ihm eine ganze Reihe an bis dato unbekannten Namen.
Die Vorladung selbst klang daher für ihn weitgehend alternativlos.
Zudem hatte sie ihn neugierig gemacht, denn ein gewisser Freiherr von Sokolov wollte ihn sehen, ihn persönlich, nicht den Hauptmann der Stadtwache - das hätte es ihm ermöglicht, einen Vertreter zu schicken, sondern ihn, Vajdán Jaroměr - korrekt geschrieben. Nur wenige buchstabierten seinen Namen vollkommen korrekt. Und soweit er wusste lebten nur zwei davon in dieser Welt, sogar dort wo er hergekommen war war er regelmäßig falsch ausgesprochen worden.
Vor allem das war es auch, was ihn während des Rittes und der Vorbereitung am meisten beschäftigt hatte.
Und noch ein paar weitere Dinge. Das Schriftstück war von Hand verfasst, aber dermaßen krakelig, dass er den Schreiber persönlich gefeuert hätte. Hatte der Freiherr also etwa selbst geschrieben? Das widersprach allem, was ihm über den hiesigen Adel bekannt war.
Auch der Name sagte ihm allerdings nichts. Er hatte nur gehört, was alle wussten. Dieser Sokolov war im letzten Jahr in Nowigrad aufgestiegen, zuvor hatte nie jemand etwas von der Familie gehört, und ein Jahr später beriet er den Regenten. Alles in allen zwar nichts ungewöhnliches in diesen Zeit, und wer war er, hier zu urteilen? Er selbst hatte das Recht gebeugt um an diese Stelle zu gelangen. Er vermutete also eher einen Zögling des Regenten, vielleicht einen illegitimen Nachkommen, einen Vetter oder etwas in der Art.
Dennoch jemand, der ihn neugierig gemacht hatte.
Und das hatte ihn letztlich dazu bewogen, diese Reise auch anzutreten.

<geht dann in Nowigrad weiter>
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