Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 944
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

****
von hier
Datum: früher Morgen des 4. August, noch vor Morgengrauen
Betrifft: Slava, Jakob, Jarel

****
Der Riegel wurde zurückgeschoben und Jarel öffnete die Tür einen Spalt, lugte hinaus, sah hektisch links und rechts an Jakob vorbei, atmete auf und sah seinen Knappen erst dann in die Augen.
„Guten Morgen Jakob.“
Der Anblick war wie ein Schlag ins Gesicht.
Jarel, sein Ritter und Vorbild, stand in einem gerade geschnittenen, knielangen und naturfarbenem Leinenhemd im Spalt der Tür, dass dem der Großmutter im Märchen um nichts nachstand.
Und Jakob ahnte sofort, wer der böse Wolf war.
Fehlt nur noch die Schlafmütze. Die wäre auch nötig gewesen, denn die sonst so streng gekämmten Haare des älteren lagen ihm offen und völlig zerzaust um die Schultern, eine Strähne hatte sich sogar frech vor das rechte Auge gestohlen. Der Ritter versuchte sie lässig wegzupusten, benutze aber die Hände nicht dafür. Mit der linken hielt er die Tür, die Rechte krallte sich in den Türrahmen.
Die braunen Augen des Ritters funkelten warm und er strahlte etwas aus, was er selten bis gar nicht zeigte. Eine beschwingte Lockerheit, etwas freches, provozierendes und doch glücklich ruhiges.
Er legte sogar den Kopf ein wenig schräg, während er den Knappen betrachtete.
Hätte der Junge nicht jetzt schon begriffen was los war, spätestens bei dem Dunst der ihm entgegenschlug wäre es ihm klar gewesen.
Noch etwas, mehr, und die Pheromone und das Testosteron in der Luft hätte einen Nebel gebildet.
„Was ist los?“ Auch die Stimme des Ritters war anders. Er schnurrte wie ein fetter schwarzer Stubenkater, der hinter dem Ofen eine Maus schmauste.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1071
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Slava war es gelungen, in der kurzen Zeit die Hose überzuziehen. Aber dann war auch die Türe schon offen. Wäre er fitter gewesen, vielleicht hätte es noch bis zum Hemd gereicht, aber sein Rücken erinnerte ihn schmerzhaft daran, das die nächste Behandlung Cyrons überfällig war. Also stand er barfuß und ohne Hemd da. Er gab sich nicht die Blöße, hektisch danach zu greifen und so zu tun als wäre nicht geschehen was geschehen war. Das war peinlich und unnötig. Jakob würde es ohnehin erraten. Er stand also langsam auf und wie selbstverständlich, musterte den jungen Mann.
Er mochte nun versuchen an Jarel vorbeizustürmen, doch eigentlich rechnete er damit nicht. Viel mehr damit, dass der Junge sofort die Barrieren wieder hoch fuhr, kalt und schneidend wurde. Insgeheim jedoch hoffte er, dass er sie beide überraschen könnte.
Es war wie es war, er stand dazu. Und er stand nun hinter Jarel, blickte an diesem vorbei, schließlich war er ein kleines bisschen größer.
Er sah auch nicht ganz so derangiert aus, bei raspelkurzen Haaren war einfach nicht viel durcheinander zu bringen.
"Guten Morgen, Jakob."
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Im ersten Moment geschah nichts, aber Jakob hatte den Eindruck, drinnen rumorte es. Zumindest war also wohl jemand da... vielleicht hatte Jarel seine Medikamente genommen und er störte ihn jetzt beim Ausnüchtern von deren Wirkung. Einen Moment lang regte sich Schuldbewusstsein, aber dem entgegen stand der Wunsch, sicher zu gehen, dass Jarel hier war und nicht in einem dunklen Verlies. Er wollte zwar gern glauben, dass von Herrenloh einen seiner Vertrauten nicht einfach fallen ließ, aber er war inzwischen lange genug in dieser Welt und diesem Orden, um verstanden zu haben, dass dies nicht seine Templer und von Herrenloh nicht so liberal war, wie sein ehemaliger Großmeister. In dieser Welt verlor man ehe man sichs versah alles bis hin zum Leben. Die Sorge, Jarel könnte eingeknickt oder aufgeflogen zu sein, hatte ihm daher den Schlaf geraubt und hielt ihn davon ab, einfach wieder zu gehen.
Endlich wurde der Riegel zurück geschoben und die Tür öffnete sich einen Spalt. Warme Luft schlug ihm entgegen, geschwängert mit allerlei Gerüchen, die zunächst an Jakob vorbei gingen. Seine Aufmerksamkeit galt seinem Rittervater, der gemeinsam mit der Wolke in der Tür auftauchte und wirklich aussah, als habe er ihn aus dem Bett geholt. Unwillkürlich flitzte Jakobs Augenmerk an seinem Gegenüber hinab und wieder hinauf, versuchte den Anblick mit der Uhrzeit und seinem Weltbild in Einklang zu bringen. Jarel war immer vor Sonnenaufgang wach, säuberte und richtete sich für die Morgenandacht.
Sein Blick kehrte zu den braunen Augen des Ritters zurück und einen Moment erwog er, ihn und sich einfach in das Haus zurück zu schieben, weil er nicht ewig hier draußen herum stehen konnte. Doch dann zog eine zweite Bewegung Jakobs Aufmerksamkeit auf sich und neben dem Ritter erschien ein zweites Paar Augen. Und wenn dem Knappen bis jetzt noch nicht aufgegangen war, wo er da gerade hinein geplatzt war, dann schlug es jetzt in seinem Verstand ein wie ein rosaroter Fußball, der unvermittelt aus dem Nachbargrundstück angeflogen kam. Und nun drang auch die Geruchsmischung, die wie Bodennebel aus dem Haus heraus sickerte, ins verarbeitende Zentrum seines Gehirns vor. Er schlief seit einem guten Jahr mit einem Haufen junger Männer in einem Saal, war also an so ziemlich alles gewöhnt - trotzdem.
Jarels Frage verpuffte in seinem Verstand ebenso wie das 'Guten Morgen' der beiden Männer. Dafür stand gerade keine Kapazität mehr zur Verfügung, weil ihn ein Chaos an Gefühlen bestürmte. Da war natürlich die Erleichterung, dass Jarel hier und offenkundig bei bester Gesundheit und Laune war. Dann eine irrationale Empfindung, die er aus der fernen Vergangenheit kannte - damals hatte er nach einem Alptraum ins Bett seiner Eltern kriechen wollen und diese beim Liebesspiel überrascht. In einer kreuzkonservativen Familie wie seiner war das Thema natürlich nicht besprochen worden, mit der Folge, dass er den Raum nicht mehr betreten konnte, wenn er wusste, dass seine Eltern dort waren. Und jenem komischen Gefühl, dass ihm jetzt durch die Eingeweide kroch. Da war auch wieder Wut - und Angst.
"Habt ihr beide völlig den Verstand verloren?!", war die Quintessenz aus einigen Herzschlägen starren Schweigens. Ein gepresstes Zischen, war er sich doch der Knappen bewusst, die unweit ihre Runden drehten. Unwillkürlich sah er sich um, doch im morgendlichen Halbdämmer sah man nur hier und da einen Schatten über das Pflaster eilen. Er blinzelte, versuchte sich zu sammeln. Viel Zeit blieb ihm nicht.
Als er die beiden verschlafenen Männer wieder ansah, war ihm im ersten Moment nach Schreien, dann nach Lachen - vielleicht auch einfach beides zusammen. Was sollte er sagen? Er hatte Slava schließlich ermuntert... obwohl damit eigentlich nicht gemeint war, hier aufzutauchen. HIER verdammt! In der Komturei. Wobei Seth schon gesagt hatte... "Immer dort, wo der August zuletzt hinschaut, hm?" Er schüttelte resignierend den Kopf, fasste dann Jarel ins Auge. Enttäuschung? Vermutlich zum Teil, aber da war auch noch etwas anderes und das überwog. Er gab diesen Kampf verloren, ihre Ansichten waren zu verschieden, doch er hatte es inzwischen auch ein gutes Stück weit akzeptiert. Sein innerer Katholik schwenkte längst die Weiße Fahne.
"Wir laufen Strafrunden. Am Tor entlang. Die Nachtwachen würfeln schon." Es klang sehr mechanisch, aber die Botschaft war klar und dann tauchte Henselt zwischen Jarels und dem nächsten Haus auf.
"Jakob, weiter! Du hast Seitenstechen, aber auch nicht ewig...", rief er in jenem halben Flüstern, dass trotzdem irgendwie tragen musste. Jakobs Blick huschte zwischen seinem Freund und seinem Mentor hin und her.
"Wir reden später, nach der Messe." Zwei Schritte in Richtung Henselt, dann drehte sich Jarels Knappe noch einmal zu diesem um. "Und ich war's diesmal nicht! Also nicht allein...", musste er noch los werden, dann packte der Jüngere ihn am Handgelenk und zerrte ihn ins Zwielicht davon.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 944
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Ein paar Sekunden sah Jarel Jakob nach. Er hatte also Mist gebaut.
Genau wie er.
Obwohl der Ritter daran zweifelte, dass dem Knappen sein „Mist“ genau so viel Spaß gemacht haben mochte wie ihm selber. Jarel war noch immer high von all den Pheromonen und so richtig Sorgen machte er sich noch immer nicht. Später. Im Rückblick. Vielleicht.
Er schloss die Tür, schob den Riegel wieder vor und wand sich an Slava.
„Die Wachen sind schon am Tor. Schaffst du es über die hintere Mauer?“
Der Ritter huschte am Spoin vorbei, jedoch nicht ohne ihm einen Kuss zu stehlen und begann sich zu ordnen und anzukleiden.
Kurz streifte sein Blick das Regal und er gab einen unwilligen Brummton von sich. Die Medikamente. Irgendwie musste er das auch noch im Tagesablauf integrieren.
Aber eines nach dem anderen. Das Wichtigste war jetzt Slava „verschwinden“ zu lassen.
Trotzdem konnte er nicht anders als noch einmal vor ihn zu treten und ihn genau anzusehen, während er versuchte das schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz zu bändigen.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1071
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Slava sah dem jungen Knappen nach, erinnerte sich an seine eigen Zeit als Rekrut und dann an seine Rekruten, er hatte sie ähnlich gerne geschunden. Und er grinste. Der junge Mann hatte ihn tatsächlich überrascht. Auch wenn es ihn etwas amüsierte wie der sich als der 'erwachsene' aufspielte mit seinem 'Habt ihr beide völlig den Verstand verloren?'.
Wobei er ja Recht hatte, um den Verstand gevögelt hatten sie sich, und er war nie glücklicher gewesen damit. Er musste nur einmal sein ganzes Selbstbild umkrempeln und alles erlernte über Bord werfen um dahin zu kommen, also nichts leichter als das.
Jakob würde es vielleicht verstehen wenn er älter wurde... in seinem Alter war es noch leicht Mädchen zu finden... dass er ernsthaft vor hatte keusch zu bleiben nahm Slava nciht allen ernstes an - und das ja auch schon einmal gebrochen hatte, das ahnte er zwar nicht, wäre aber einfach davon ausgegangen. Aber war man einmal ein Stück älter schien es immer schwerer zu werden noch passende Partner zu finden.
Auch der Agent kleidete sich nun ordentlich und vollständig an, küsste den Ritter, der nun ebenfalls wieder zu einem solchen wurde.
"Klettern ist derzeit eher nicht drin, ich bin froh wenn ich gerade gehen kann. Aber lass das meine Sorge sein. Ich weiß wer Dienst hat und ich kenne die meisten Wachen. Sieht mich einer bin ich vorbereitet. Ich mach das auf meine Weise."
Einfach dreist durch Tor spazieren. Der Tipp mit dem Würfeln war gut, er hatte schon eine Idee, was er anstellen würde.
"Respekt vor deinem Jungen, der macht sich..."
Und er zwinkerte Jarel noch zu.
"Wenn du kannst, komm heute am späten Nachmittag zu mir... das letzte Haus an der St. Gregor's Brücke, ich besorge etwas zum Essen, dann stell ich dir Cyron vor."
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 944
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel konnte nicht anders als den Abschied mit einem langen Kuss zu besiegeln.
„Ich versuche da zu sein.“, brummte er dunkel und strich mit den Fingerspitzen über das raspelkurze Haar seines Gegenüber.
Dann schob er den Riegel wieder auf, spähte nach draußen und winkte dem Spion, als er eine passende Möglichkeit zu entkommen entdeckte.
Er sah Slava lange nach, bevor er sich selber auf machte. Etwas war geschehen. Es galt herauszufinden, was.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1071
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Slava marschierte einfach dreist zu dem Wachmann hin, der mit seinen Kollegen würfelte, blieb eine Weile stehen und beobachtete sie, bis ihnen klar wurde, dass sie beobachtete wurden.
"Korporal Devin. Beim Würfelspiel im Dienst..."
Er lächelte zwar, aber es war ein Lächeln, hinter dem eine scharfe Schneide lauerte.
Der Korporal nebst Kollegen fuhr herum, er war sich nciht ganz sicher, vor wem er nun im Reflex salutierte, aber er salutierte.
"Ser, bitte entschuldigt, Ser... Wir em... Ich... also..."
Slava musterte ihn nur mit hochgezogener Augenbraue ohne etwas zu sagen.
"Ich... also ich gehe un besser an die Arbeit.
""Ja, das ist deutlich besser. Wenn ihr schon spielen müsst, lasst euch wenigstens nicht erwischen!"
"Ja, Ser... Danke, Ser."
Und Slava ging ruhigen Schrittes weiter.
Der Wachmann hatte nicht unberechtigt salutiert, und es würde ihnen noch eingehen, im Laufe der Zeit.
Als er gerade noch in Hörweite war konnte er noch vernehmen:
"Wer war das?"
"Ehrlich?... Keine Ahnung. Aber ich hab ihn vor kurzem im Horsemen gesehen, muss ein hohes Tier sein."
"Also besser an die Arbeit..."

<geht dann hier weiter>
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 944
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Es hatte keinen Alarm gegeben. Kein Gerenne - von den an der Außenmauer entlang hechelnden Knappen und Anwärtern abgesehen - kein Läuten der Alarmglocke, kein Geschrei.
Slava hatte es raus geschafft. Jarel entspannte sich und dankte der Göttin für deren Gunst.
Göttin der Liebe. Warum auch nicht.
Nun galt es herauszufinden was Jakob angestellt hatte. Oder auch nicht angestellt hatte.
Es brauchte nicht lange um jemanden zu finden, bei dem er es erfahren konnte.
Er sah noch immer zerschunden und müde aus und eine leichte Übelkeit machte ich ebenfalls breit, aber er war durch viel Übung ein Künstler darin, sich nichts anmerken zu lassen.
Ruhig trat er neben Tyssen.
„Was haben sie angestellt, Urthed?“, fragte der Ritter, verschränkte die Arme im Rücken und sah einem Knappen nach, der keuchend und schnaufend vorbei hastete.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Urthed Tyssen, Ritterseargant und Vorsteher des Knappenhauses, damit diesen in allgemeinen Belangen vorgesetzt und mit der Wahrung von Friede und Ordnung betraut - einem Aufgabenfeld, in dem es relativ viel Interpretationsspielraum gab - passte eigentlich besser in die Armee als in eine Glaubensbruderschaft. Wäre da nicht seine glühende Begeisterung für die Lehre der Ewigen Flamme und den Orden gewesen. Mit fünfundzwanzig Saovinefesten gerade mal drei Jahre älter als Jakob, hatte er es ausnehmend schnell zu einem höheren Posten geschafft und füllte diesen mit Begeisterung. Auch wenn es gerade den älteren Knappen manchmal schwer fiel, dem quasi gleich alten Gehorsam zu leisten. Dich Tyssen hatte seine Mittel und Wege, dazu den Großkomtur im Rücken.
Aufrecht, mit ihm Rücken verschränkten Händen, in denen der Exerzierstab hing und ab und an gegen seinen Stiefelschaft klopfte, stand er am Pavillon und bemerkte zunächst nicht, das jemand zu ihm trat. Zu beschäftigt war er damit acht zu geben, dass ihm keiner der jungen Männer auskam, Pause machte oder verschwand. Doch wenn er sich erschreckte, als Jarel ihn ansprach, so schaffte er es, dies nicht zu zeigen. Er grüßte zackig.
"Guten Morgen, Meister Moore." Er wirkte kurz unschlüssig, ob er weiter seinen Beobachtungsposten halten oder höflich sein sollte. Er entschied sich doch für Letzteres und wandte sich dem Neuankömmling zu.
"Eine Sache, an der ich schon länger dran bin. Nichts Beunruhigendes." Er lächelte, aber Tyssen lächelte selten wirklich. Es hatte immer etwas Unterkühltes. Jakob frotzelte oft, dass der Ritterseargant zum Lachen in den Keller ging und nur Freude empfand, wenn er anderen eins rein würgen konnte. "Mir war schon länger zu Ohren gekommen, dass unsere Anwärter ihre ganz eigene Art haben, die neuen im Haus in Empfang zu nehmen. Diesmal hab ich sie erwischt." Das er selbst seinerzeit eher unrühmlich durch diesen Empfang gegangen war, musste der andere Ritter ja nicht wissen.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 944
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel lächelte ebenfalls. Und er lächelte tatsächlich.
Einen Moment hatte er befürchtet, es wäre etwas Ernstes. Das Spießrutenlaufen also. Davon hatte er gehört, auch wenn es ihn persönlich nie getroffen hatte. Ob es daran gelegen hatte, dass er von Herrenloh persönlich unterstellt war oder daran, dass er in nicht gerade jungem Alter hier aufgeschlagen – und das im wahrsten Sinne des Wortes – war hatte er nie erfahren.
Nichts Ernstes in seinen Augen. Jungs blieben Jungs.
Noch viel größer war die Erleichterung, dass es sich nicht um die Folgen dessen handelte, von dem nach der Heilung durch den Dämon geträumt hatte.
Nicht um dass, was die unheimliche Stimme aus Slavas Kehle ihm gedroht hatte.
Nicht um dass, was er mehr fürchtete als alles andere. Seinen Jungen oder sonst jemanden den er mochte ins Unglück zu stürzen.
Diese Erleichterung lies ihn sogar die Übelkeit vergessen.
Er blieb eine Weile neben Tyssen stehen. Schweigend. Lächelnd. Beobachtete die vorbei hastenden Knappen und spürte den Hormonen nach, die noch immer durch seine Adern rauschten.
Er war glücklich. Auch das mit Jakob würde sich einrenken. Da war er sich sicher. Zu fast einhundert Prozent.
Kurz bevor zur Messe geläutet wurde verabschiedete er sich vom Rittersearganten mit einem Nicken und stahl sich bereits vorher in die Kapelle. An seinem liebsten Platz, ganz hinten, tief im Schatten.
Allein wie er sich wähnte kauerte er sich auf den Knien zusammen, legte die Hände aneinander und dankte – wem auch immer – ein solch vollständiges Glück gefunden zu haben. Liebe. Freundschaft. Gemeinschaft im Glauben. Und nicht zuletzt einen Sohn.
Er genoss das Gefühl.
Bis die Messe begann.
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob hatte im Vorbeilaufen gesehen, dass Jarel sich zu Tyssen gesellt hatte - die Silhouette seines Rittervaters hätte er auch in dunkelster Nacht erkannt. Die beiden unterhielten sich wohl einen Moment, dann auf einer der nächsten Runden, war Jarel verschwunden und Tyssen wanderte zwischen den sich mit Liegestützen abmühenden Knappen herum, wobei er ebenfalls das 'Brenne Hoch' sang und dabei ein bemerkenswertes Talent dafür an den Tag legte, wirklich jeden Ton zu verfehlen. Sein Vorgänger hatte angeblich versucht, die jungen Männer dazu zu bewegen, immer da einzusetzen, wo das Lied gerade war, wenn sie auf dem Platz ankamen und damit irgendsoetwas wie eine Einheitlichkeit herzustellen. Lode hatte erzählt, dass das Ergebnis war, das jeder immer irgendwo anfing, Hauptsache schräg und nicht im Fluss. Tyssen versuchte es gar nicht erst.
Dann rettete sie die Glocke.
Mit pochenden Schläfen und zitternden Beinen eilte Jakob mit den anderen ins Heiligtum, keine Zeit sich Schmutz und Schweiß abzuwaschen. Wie es die meisten in so eine Situation taten, warfen auch Jakob und die anderen Knappen sich nur den Habit der Glaubensbrüder über und zogen die Kapuzen in die schmutzigen Gesichter. Sie waren spät dran und so hatte der Knappe keine Zeit, sich noch umzusehen, ob es Jarel in die Andacht getrieben hatte oder ob er woanders hin verschwunden war. Vielleicht hatte er sich auch einfach wieder hingelegt. Fast könnte er es nachfühlen - ihm war auch danach und es war nur dem Umstand, dass sie fast die ganze Lithurgie über stehen mussten geschuldet, dass er nicht einschlief. Das Beten und Singen hatte etwas Meditatives. Sein Magenknurren allerdings nicht. Tyssens kleine Strafexpedition hatte sie alle auch erfolgreich vom Frühstück abgehalten, sodass ihm nicht nur die Beine sondern auch die Hände zitterten. Akku leer. Nicht mal mehr genug Saft, um über die Szene im Morgengrauen nachzudenken, aber das wollte er genaugenommen auch gar nicht so wirklich.
Beten. Schweigen. Singen. Sein Kopf folgte bis zum Segen einfach den Automatismen.
Ende, dann was zu essen suchen. Er hob schon den Kopf, hörte das Rascheln ungeduldiger Füße, doch dann...
"Brüder. Wie ihr wisst, ist dieser Ort nicht nur ein Raum für die Andacht, sondern auch Gericht und Ratssaal für unseren Orden geworden. Darum rufe ich den Knappen Plenius Lichtel Hemmelfart hier vor das Ewige Feuer, seine Anklage zu wiederholen mit der sich vertrauensvoll an mich gewandt hat.", ließ von Herrenloh sich von seinem erhöhten Standpunkt aus nach dem Segen plötzlich noch einmal vernehmen. Alle Augen richteten sich auf die Gruppe der Knappen, aus deren Reihen sich eine Gestalt heraus arbeitete und mit leicht hinkendem Schritt in den freien Raum zwischen den Bänken trat. Plenius' Gesicht war noch immer fleckig und das Haar klebte auf seiner Stirn, als er die Kapuze des Habits zurück strich.
"Was hat er jetzt noch zu muckern?", hörte Jakob jemanden hinter sich raunen, doch es war zu leise gewesen, um den Sprecher zu identifizieren und außerdem war er zu stark auf den dicklichen Jüngling fixiert, dessen rotes Gesicht im Schein der Ewigen Flamme noch purpurner leuchtete. Ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Magen breit und schwoll an, als die Augen des Neulings sich auf ihn richteten. Zugleich hob er anklagend den Finger und - wohl wie er meinte herrisch - das Doppelkinn. "Ich beschuldige hier vor der Flamme und aller Ohren die Knappen Henselt von Lebenstein-Zergs und Jakob von Nagall der Unsitte. Ich habe sie mit eigenen Augen im Waschraum in inniger Umarmung gesehen, so wahr das Ewige Feuer mein Zeuge ist.", proklamierte er.
"Lügner!", fuhr Henselt neben Jakob sofort auf und machte schon einen Schritt nach vorn, prallte aber an den ausgestreckten Arm seines Freundes. Jakob selbst konnte im ersten Moment überhaupt nichts sagen oder tun, außer nur überrascht zu starren. Sollte das jetzt ein schlechter Witz des Göttlichen sein? Was hatte er heute verbrochen, dass die Ewige Flamme ihn zu rösten versuchte? Zwei Grundsätze begannen sofort in ihm zu streiten, die von zwei verschiedenen Lehrern stammten. Der eine sagte: getroffene Hunde bellen; der andere: wer schweigt, stimmt zu. Dazwischen wankend tat er einige Herzschläge lang nichts, außer Henselt davon abzuhalten, sich auf Plenius zu stürzen. Er hatte erwartet, dass der neue Knappe sich wegen der Schläge oder sonst was noch ausließ, aber das? Wieso zum Henker?
Und ein dritter Lehrer gewann in Jakobs Kopf die Oberhand. Sein früheres Ich hätte sich wohl letztlich Henselt angeschlossen und dem frechen Jungen einfach die Zähne eingeschlagen, vor aller Augen. Jarels Knappe allerdings richtete sich etwas auf und erhob schließlich die Stimme. "Was bringt dich zu der Annahme? Du warst genau einen Herzschlag lang dort und dann bist du weg gelaufen." Erstaunlich ruhig.
"Ich musste die Unschuld meiner Augen wieder herstellen! Ich lief zurück in den Tempel, in dem ihr beide auch hättet sein sollen."
Punkt für ihn. Doch Jakob kam nicht zu einer weiteren Erwiderung, da schaltete sich von Herrenloh ein. "Was also habt ihr getan und wieso wart ihr nicht bei der Andacht?"
"Henselt ist gestürzt und hat sich den Kopf geschlagen. Ich kam später dazu und fand ihn. Später, weil mein Rittervater und ich erst am Vormittag von Wyzima zurück gekehrt waren." Zu fadenscheinig und er wusste ja nicht, dass Jarel und von Herrenloh sich am selben Tag ebenfalls besprochen hatten, aber im Moment war es Jakob wichtig, Henselts Unpässlichkeit zu vertuschen.
"Mir sah es sehr vertraulich aus, wie sein Kopf in deinem Schoß lag, Bruder Jakob!", führte Plenius an. Man spürte deutlich, dass er sein bisheriges Leben im Kreis der Kleriker verbracht hatte.
"Das ist Verleumdung!", fuhr Henselt den anderen nun doch wieder an und Jakob konnte hinter sich hören, wie jemand leise flüsterte: "Genau, Henselt stellt doch jedem Rock nach, der die Kumturei betritt...", doch auch hier konnte er den Sprecher nicht identifizieren und derjenige hatte ohnehin nicht den Mut, das Wort zu ergreifen.
Von Herrenloh hob beide Hände und die Menge, die zu raunen begonnen hatte, verstummte. "Es gibt keine Zeugen, Aussage steht gegen Aussage. Für das unerlaubte Fernbleiben verhänge ich jeweils sechs Hiebe mit der Rute und um eure sündigen Seelen zu reinigen werdet ihr beide eine Woche in stiller Einkehr fasten und beten. Ich stelle euch frei, ob ihr euch vorher euren Rittervätern anvertrauen wollt oder nicht. Danach ist euch Kontakt außerhalb des Gebets verwehrt.", entschied er, den Blick auf die beiden jungen Männer gerichtet. Jakob konnte Henselts Anspannung fühlen und nur zu gut verstehen. Fasten und Beten machten dem Jüngeren nichts aus, die Schläge allerdings waren gefährlich. Er überlegte fieberhaft, während der Großkomtur weitersprach. "Plenius, da du die Anklage erhebst und keine Beweise hast, wirst du während der Klausur deiner Brüder deren Aufgaben in der Komturei übernehmen, damit sie reinen Geistes in sich gehen können." Ohne auf eine Erwiderung zu waren, wandte er sich zuletzt noch einmal an seine Gemeinde. "Ritter des Ordens, Herz und Fleisch der uns anvertrauten jungen Brüder sind wankelmütig und leicht vom Dunklen zu überwältigen. Es ist an uns, ehrenwerte Ritterbrüder, ihnen den rechten Weg zu weisen, der allein durch die Tugend und den wahren Glauben vorgezeichnet ist. Verurteilt sie nicht. Sie werden Abbitte leisten, das Ewige Feuer wird sie läutern und die Arme ihrer Gemeinschaft werden sie wieder empfangen." Er murmelte einen weiteren Segen, den die Ritterschaft aufnahm.
"Ehrenwerter Großkomtur, darf ich sprechen?", hob Jakob noch einmal die Stimme und erntete überraschte Blicke. Selten, dass man ihn so viel sprechen hörte, wie am heutigen Tag. Von Herrenloh machte eine zustimmende Geste und der Knappe atmete einmal durch, den Blick fest auf den Komtur gerichtet. Nur nicht abweichen... "Ich mache von meinem Recht Gebrauch, eine Strafe mitzutragen. Ich nehme die Hiebe Henselts auf mich.", rief er fest. "Bist du verrückt geworden?!", zischte dieser sofort. Jakobs Blick wich allerdings nicht von den Augen des Großkomturs, bis dieser nickte. "So sei es. Die Strafe wird zur Mittagsstunde vollstreckt.", damit verließ der Herr über die Komturei den Altarplatz und verschwand hinter dem riesigen Feuer.
Henselt riss Jakob sofort herum. "Spinnst du?!", zischte er.
"Ich halt das aus. Du nicht.", blaffte Jakob ebenso gepresst zurück, obwohl das aufbrandende Stimmengewirr ihre Worte überlagerte. Er hatte oft genug erlebt, wie Henselt unter Schmerzen oder Erschöpfung in einen seiner Anfälle driftete. Mal nur sensorisch, mal als Totalausfall. Lieber nahm er ein paar Hiebe mehr auf sich, als das Henselt Gefahr lief, wieder den Exorzisten übergeben zu werden. Der Blondschopf blies die Backen auf, erwiderte aber tatsächlich nichts mehr. Jakob machte sich los und suchte mit den Augen nach Plenius, aber der schien sich verdrückt zu haben. Jakob blickte seinen Freund wieder an. "Mich würde eher interessieren, was der kleine Dicke davon hat. Wegen gestern Abend macht er das sicher nicht.", und endlich konnte er in Henselts Augen sehen, dass dieser seinen Wut ab- und seinen Kopf anschaltete. Nun wirkte er ratlos.
"Ich muss mit Jarel sprechen.", entschied Jakob. War sowieso überfällig. Und irgendwie hoffte er nun doppelt, dass der einfach die Messe geschwänzt hatte.
Antworten