Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Von hier!

Den Rückweg brachte der Ritter gedankenverloren hinter sich.
Einen ausholenden Schritt nach den anderen ging er den Weg, den er bereits im Schlaf fand. Und das war auch gut so, denn er war nicht wirklich bei der Sache. Und obwohl er weder Rüstung noch Wappenrock trug, reichte seine düstere Mine um den Weg frei zu machen.
Irritiert sah er auf, als er vor den Toren der Komturei stand. Er war da. Den kompletten Weg aber konnte er nicht in seinen Erinnerungen abrufen.
Egal. Völlig egal. Er war da und machte sich bereit den Einlauf seines Lebens zu bekommen, denn es war das erste Mal, dass er so tiefgründend versagt hatte.
Und es würde das erste Mal sein, dass er Wenzel bewusst belog. Sicher, verschwiegen hatte er schon einiges, aber bewusst und mit voller Absicht belogen? Noch nicht einmal.
Kurz meldete er sich bei der Wache und betrat dann – noch immer mit einem Gesicht wie sieben Tage Schlagwetter – das Gelände.
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Lebenslauf:

Weit musste Jarel nicht gehen und vielleicht fiel ihm rechtzeitig auf, wie die Wachen am Tor in Hektik verfielen und zusätzlich zur Mannpforte eilig einen Flügel öffneten. Hufgetrappel folgte und drei Pferde platzen durch die Lücke, warfen Hufe und Köpfe, Schabracken wehten, Metall klirrte. Drei Ritter in Kette und Wappenrock kehrten unübersehbar in die Komturei zurück, ihre Pferde ausgestattet, als kämen sie von der Front und nicht aus dem anderen Teil der Stadt. Hinter ihnen fiel das Tor krachend wieder zu und der Balken in die Haken.
Wenzel von Herrenloh trug alle Insignien seines Amtes und hielt seinen Rappen direkt bei Jarel an, kaum hatte er diesen erspäht. Erstaunlich gewandt für einen Mann seines Alters, noch dazu mit dem schweren Kettenhemd und dem Langschwert, sprang er aus dem Sattel. Das Pferd ließ er einfach laufen und überließ es seinen Begleitern dieses einzufangen und den Knappen zu übergeben, die im Stall ihren Dienst versahen.
"Klingenmeister, ausgezeichnet, Ihr seid bereits zurück." Er hatte Jarel längst erkannt und wenn er sich an dessen Aufzug störte, so zeigte er es zunächst nicht. Das vertrauliche 'Du' war bei Wenzel nur privaten Unterredungen vorbehalten und kein Hinweis auf etwaige Launen. Überhaupt trug er als offizielle Person stets eine neutrale Miene zur Schau und sprach in festem, ruhigen Ton, solange andere Ordensbrüder zusahen oder -hörten.
"Erinnert Ihr Euch an die Hexe, die Jeconte vor zwei Jahren davon gelaufen ist?" Wenzel redete, während er mit langen Schritten auf das Gebäude zuging, gewohnt, dass jeder seiner Ritter, hatte er ihn erst angesprochen, sich an seine Fersen heftete, bis der Großkomtur ihn wieder entließ. "Dem Hierarchen haben göttliche Stimmen geflüstert, dass sie noch immer ihr Unwesen treibt und Dijkstra eine Belohnung auf ihren Kopf ausgesetzt hat." Da war keinerlei Spott in seiner Stimme, auch wenn Jarel wusste, dass Wenzel seine Zwistigkeiten mit dem Oberhaupt ihres Glaubens hatte und damit im privaten Umfeld auch selten hinter dem Berg hielt. Sie traten in den Schatten der großen Halle.
"Seine Heiligkeit ist der Ansicht, dass nicht weltliche Macht diesem Treiben ein Ende machen kann, sonder dass nur das Ewige Feuer die Hexe wirklich bannt." Endlich blieb Wenzel stehen, den Blick auf seinen Handschuhen, die er säuberlich von den kräftigen Händen zupfte. Die Hände eines Schwertkämpfers, voller Schwielen und Narben. Dann endlich sah er Jarel ins Gesicht.
"Kurzum: er will, dass wir sie vor Dijkstra und seinem Emporkömmling fangen." Eben ein klassischer Schwanzvergleich. Er hielt kurz inne, krauste kaum merklich die Stirn. Doch es blieb die einzige Reaktion auf Jarels bunt dekoriertes Gesicht. Sie alle führten ein nicht ungefährliches Leben, auch wenn er gedanklich kurz daran stolperte, dass der Ritter vor ihm eigentlich hatte ins Waisenhaus nach Wyzima reiten wollen. Aber gut, die Wege waren unsicher heutzutage.
"Nehmt Euch der Sache an. Sagt mir welche Männer Ihr wollt und was Ihr braucht. Der Hierarch hat deutlich gemacht, dass er keine Aufwände scheut." Einen Moment lang wirkte er, als wolle er noch etwas hinzufügen, besann sich aber dann.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Jarel war tatsächlich gefolgt, kaum dass sich Wenzel in Bewegung gesetzt hatte.
Mehr noch, er hatte automatisch Haltung angenommen und aufmerksam gelauscht.
Ob er sich an die Hexe erinnerte? Konnte man ein Wesen vergessen, dass nicht verbrannt war, sondern sogar in den Flammen die Macht besessen hatte, einem beliebigen Zuschauer den Willen zu brechen und sich befreien zu lassen?
Ob er sich an die Tage danach erinnerte, in denen er immer wieder zu eruieren versucht hatte, was damals schiefgelaufen war und warum er selbst nicht einzugreifen vermochte?
„Ich erinnere mich.“, erklärte er heiser und folgte seinem Schwertherrn mit den Händen an der Hosennaht. Für sein Alter war von Herrenloh verdammt schnell. Er hatte einen so weit ausholenden Schritt drauf, dass Jarel seine Schrittlänge anpassen musste, um nicht zurückzubleiben. Ohnehin war die Erscheinung des Großkomturs in der Art beeindruckend, dass ihm die gesamte Aufmerksamkeit der Komturei galt als wären sie alle Kompassnadeln und er der magnetische Pol.
Die Hexe vor Djekstra und seinen Vasallen fangen.
Das hieße, die Hexe vor Slava zu fangen.
Ein Konkurrenzkampf mit dem Mann den er…
Er blinzelte kurz und unterdrückte mit fest zusammengekniffenen Lippen ein lautes Lachen. Wenn er jetzt anfangen würde zu lachen, er würde nicht mehr aufhören können. Vielleicht nie wieder.
Sein Verstand bog sich wie ein alter Baum in einem gewaltigen Sturm. Ob er flexibel genug war nicht zu zerbrechen und fest genug verwurzelt um nicht fortgerissen zu werden, würde sich noch zeigen.
Vielleicht sogar noch heute.
„Großkomtur, bevor ihr mich mit einer solchen Aufgabe beehrt, bitte ich um eine Unterredung.“
Der Ritter schluckte. Er versuchte entschuldigend zu Lächeln, doch dass misslang. Seine Miene gehorchte ihm nicht.
„Unter vier Augen.“
Jarel war, als hätte jemand sein Rückgrat durch ein Konstrukt von gespannten Drähten ausgetauscht. Und alle Drähte zogen in verschiedenen Richtungen. Trotzdem bemühte er sich nichts anmerken zu lassen.
Haltung. Durchatmen. Nicht den Verstand verlieren.
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Etwas überrascht hielt Wenzel von Herrenloh inne. Er hatte sich gedanklich schon abgewandt, selbst seine Füße deuteten diese bereits an: die Spitze des rechten Stiefels hatte sich bereits einige Zentimeter nach außen gedreht. Er hatte offenkundig nicht damit gerechnet, dass Jarel den Auftrag nicht sofort annehmen und statt dessen noch um etwas mehr Zeit bat. Zeit, die von Herrenloh gerade eigentlich nicht hatte. Aber dies war etwas, was sich der Großkomtur niemals anmerken lassen würde. Er war nicht nur weltliches, sondern auch geistliches Oberhaupt dieser Komturei und würde niemals einen seiner Ritterbrüder fort schicken, wenn dieser um sein Ohr bat. Auch wenn es hieße, die eigentlich anstehenden Aufgaben bis tief in die Nacht zu verschieben. Also forschte er nur kurz in den Zügen seines langjährigen Wegbegleiters, fand scheinbar etwas in dessen Augen, was ihn umgehend dazu brachte, knapp zu nicken und wandte dann noch einmal kurz den Kopf, weil eine Bewegung am Rande seines Sichtfeldes seine Aufmerksamkeit abzog.
"Tyssen!", befahl er den Urheber dieser Bewegung zu sich. Das Auftauchen des Komturs bewirkte zum einen, dass die Aufmerksamkeit aller sich auf diesen richtete - steckte der Komtur dann auch noch die Köpfe mit seinen führenden Rittern zusammen, richteten sich auch noch aller Ohren aus. Und einige waren von der besonders neugierigen Sorte. Tyssen stand ganz oben auf dieser Liste - weniger weil er das Wissen weiter tratschen wollte, als um sich immer wieder Lücken zu suchen, sich zu profilieren - und sogleich stramm neben den beiden älteren Rittern. "Plenius Lichtel Hemmelfart, der... Neffe... von Hochwürden trifft am Nachmittag ein. Hochwürden wünscht, dass wir aus dem Jungen einen Ritter machen. Sorgt dafür, dass sein Gepäck verwahrt wird und er untergebracht ist, bis ich entschieden habe, wer sich mit ihm auseinander setzten wird." Mit anderen Worten ein reicher, verzogener Bastard des Hierarchen würde mit Pomp und Gloria hier einziehen und Wenzel hatte den festen Vorsatz dem Bengel Armut und Manieren beizubringen, ganz gleich wessen Stammes Abkömmling er war. Es war nur noch nicht klar, welcher der Ritterbrüder den schwarzen Peter bekommen würde. Tyssen salutierte und eilte davon, von Herrenloh winkte alsdann Jarel, ihm zu folgen.
Sein Büro lag in einem der oberen Geschosse, die Treppen dort hinauf schienen den Großkomtur nicht sonderlich zu stören. Er wurde kaum langsamer, platzte dann energisch wie immer ins Vorzimmer seiner Amtsstube, wo Ealco Helbel nur kurz den Kopf hob, nickte und sich dann wieder dem Dokument zuwandte, in dem er eifrig kritzelte. Von Herrenloh grüßte knapp, querte dann das kleine Vorzimmer und überließ es Jarel, die Tür zum eigentlichen Arbeitszimmer hinter ihnen zu schließen. Erst hier erlaubte er sich, dem Druck von Kette und goldenen Insignien etwas nachzugeben und den Rücken zu beugen. Er legte den Umhang ab, streifte auch die Amtskette ab und warf alles recht achtlos auf einen Stuhl. Am liebsten hätte er auch das Kettenhemd ausgezogen, doch dann stünde er nur noch in Hosen und dem gesteppten Wams vor Jarel, und das wollte er dann doch nicht.
"Also, was gibt es?", fragte er ruhig. Er war stehen geblieben. Sich im Kettenhemd zu setzen war fast noch unbequemer als damit zu reiten.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Schattenläufer war auf dem Fuße gefolgt, hatte den Buchhalter nicht einmal angesehen, war direkt hinter dem Großkomtur eingetreten und schob nun erstaunlich leise die Tür ins Schloss.
Einen Moment blieb er noch so stehen und atmete durch, rang mit sich.
Seinen Vorgesetzen einweihen?
Selbst wenn dieser es für sich behielt und ihn nicht auf den Scheiterhaufen stellte oder ihn spurlos verschwinden ließ…dann würde es IHN belasten.
Es galt also zu lügen. Gut zu lügen. Noch hielt er den Blick gesenkt. Er musste sich in die Lüge erst einfinden.
„Es ist etwas vorgefallen in Wyzima.“, begann er, drehte sich zu Wenzel um, schluckte und sah ihm direkt in die Augen.
Er stand stramm – wie es sich gehörte und einzig in den dunklen Augen des Mannes war vielleicht – und auch nur, wenn sein Gegenüber aufmerksam genug war – zu erkennen wie müde der Ritter war.
Wie aufgebracht und vor allem…durcheinander.
Er war ein guter Lügner. Egal wie leid es ihm tat, diese Begabung musste er jetzt einsetzen.
„Wir hielten uns im Tempelgarten auf, als sie ein Portal öffnete. Es spie einen Dämon aus. Einen leibhaftigen Dämon mit Hörner, Schweif, roten Augen.“ Das ließ er erst einmal einige Sekunden wirken und nutze die Zeit seinen Puls unter Kontrolle zu bekommen.
„Jakob und ich brachten ihn nur mit größter Mühe unter Kontrolle. Er wurde gebunden und in die Wache verbracht. Nach einigen…nun sagen wir Territorialkämpfen konnte ich unsere Brüder in Wyzima davon überzeugen, ihn uns zu übergeben. Ich wollte ihn selber befragen. Hier.“

Jarel schluckte und senkte den Blick. Er wollte genau so aussehen, als würde ihn sein Versagen schwer die Schultern niederdrücken. Als würde er die Strafe erwarten. Wie ein geprügelter Hund.
„Er entkam auf dem Rückweg.“
Einige Sekunden presste er die Lippen aufeinander, verwundert darüber, wie wenig sein Gewissen ihn in dem Moment biss. Es war doch mehr aus von seinem alten ich übrig, als er gedacht hatte.
Mehr vom Schattenläufer und Auftragsmörder als geahnt.

„Bist du dir sicher, Wenzel, dass ich es sein soll, der auf die Jagd auf die Hexe geht in Anbetracht dessen, was geschehen ist?“

Der Ritter legte den Kopf minimal schief bei der Frage. Jetzt ging es um alles oder nichts.
War der Bluff gelungen, oder war dies sein letzter Tag in Freiheit.
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Die Daumen in den Schwertgurt gehakt, die grauen Augen auf Jarel gerichtet, hörte Wenzel dem Bericht zu. Seine Aufmerksamkeit allerdings galt weniger den Worten, als den vielen kleinen Gesten, Muskelbewegungen und dem Timbre in der Stimme des anderen Mannes. Mit den Jahren hatte er gelernt, dass der menschliche Körper in mehr Sprachen als nur der der Zunge sprach. Wenzel würde zwar nie von sich behaupten besonders gut darin zu sein, diese andere Sprache zu deuten, aber bei einem Menschen wie Jarel kam hinzu, dass sie sich seit vielen Jahren kannten. Die Geschichte als solche war eine, wie er sie vielleicht nicht täglich aber doch mehr als einmal im Monat zu hören bekam. Wenn er jedes Mal marzialischen Strafen verhängte, wenn einer seiner Ritter einen Fehler wie diesen beging, hätte er inzwischen arge Lücken in seinen Reihen. Er hob also leicht die Brauen, unterbrach seinen Klingenmeister aber nicht. Etwas anderes zupfte an ihm, etwas, was nichts mit Dämonen oder Portalen zu tun hatte. Sicherlich interessierte ihn beides, aber er speicherte es für später.
"Sicher ist er dir weg gelaufen. So wie du aussiehst, warst du mehr damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass sein Junge nicht in die Schusslinie gerät, als deine Pflicht zu tun." Doch der Tadel fiel milde aus. Wenzel war natürlich nicht verborgen gebieben, wie sich die Beziehung zwischen Ritter und Knappe entwickelt hatte. Und Jarel konnte so dornig tun wie er wollte, Wenzel kannte ihn zu gut. Er krauste leicht die Stirn. "Jeconte ist die Hexe davon gesprungen, erinnere dich." Auch da war es bei einer Rüge geblieben. Wenzel kratzte sich sinnierend den säuberlich gestutzten Kinnbart. "Vielleicht sollte ich ihm den Hemmelfart-Bastard ans Knie binden. Quasi als rückwirkende Bestrafung." So sprach der Großkomtur tatsächlich nur im Kreis von Vertrauten. Doch er wurde schnell wieder ernst und fasste Jarel erneut ins Auge.
"Deswegen kommst du aber nicht zu mir. Dich beschäftigt etwas anderes, nicht wahr?", ließ er sich noch immer in mildem Ton vernehmen. Die Lüge hatte er klaglos hingenommen, sie nicht als solche erkannt. Er war viel mehr auf den Menschen Jarel fokussier, der in seiner ganzen Körpersprache hinaus schrie, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war - ob nun gewollt oder ungewollt.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Kacke.
Von wegen gut im Lügen.
Und nun? Da half nur die Wahrheit. Zumindest, um von seinen eigentlichen Gedanken abzulenken.
Davon, dass er seinen Freund belog. Davon, dass er befürchtete den Verstand zu verlieren. Und von…nein…daran würde er jetzt nicht denken.
„Es war genau anders herum.“ Jarel seufzte. Die Erinnerung daran, dass Jakob die Endriage besiegt hatte und nicht er, nagte noch immer an ihm. Oder besser….das fehlen der Erinnerung.
Auf dem Hinweg hat uns eine Endriage überrascht. Es war Jakob, der ihr den Gar ausgemacht hat.
Und…der Dämon….“

Er grinste schief. „… ohne den Jungen hätten wir ihn nicht festsetzen können.“
Der Ritter schaute zerknirscht.
„Ich werde alt.“
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Wenzel von Herrenloh gehörte normalerweise nicht zu den Leuten, die eine einmal aufgenommene Spur so leicht verloren - dazu war zu lange Bluthund im Rudel des Hierarchen. Aber wenn es um seine engsten Berater und Vertraute ging, tendierte er zuweilen dazu, Augen und Ohren zu schließen. Die Ablenkung glückte, der Großkomtur hob sichtlich erstaunt die Brauen. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass der junge Mann, der hier mehr Ärger als Nutzen zu bringen schien, doch einen zweiten Blick wert war. Vielleicht... nein, dazu ließ sein Verhalten den Ritterbrüdern gegenüber eindeutig noch zu wünschen übrig. Er behielt den Gedanken für sich und lächelte versöhnlich.
"Nun, irgendwann müssen wir alle einsehen, dass die Jugend uns körperlich überholt. Dann bleibt uns nur noch die Weisheit und Erfahrung, die wir ihnen voraus haben." Noch einmal blieben die hellgrauen Augen auf Jarel hängen und es wirkte, als wolle der Großkomtur doch noch einmal nachhaken... dann wandte er sich sichtlich innerlich ab von diesem Punkt. Ihn beschäftigten dringlichere Dinge.
"Wenn du glaubst, er ist inzwischen so weit, dass du ihn als Anwärter auf die Ritterschaft mit auf Fahrt nehmen kannst, dann nimm ihn doch mit. Soll er sich seine Sporen verdienen." zwei Vorteile: er brachte ihm nicht Unruhe in die Komturei und vielleicht zeigte sich tatsächlich, dass er bereit war für die Prüfung und den Ritterschlag. Für Wenzel schien das Gespräch damit beendet. Er marschierte federnd wie immer zu seinem Schreibtisch, überflog mit den Augen die Stapel an Papieren darauf.
"Schick mir Ealco, wenn du gehst.", sagte er noch, ohne aufzusehen.
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Jarel Moore
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Das Poltern, als der riesige und tonnenschwere Stein ihm vom Herzen fiel, hätte eigentlich ein Erdbeben auslösen müssen.
„Danke. Werde ich. Ich werde zwei Tage brauchen, um die Vorbereitungen zur Jagt auf die Hexe vorzubereiten.“, kein Zittern in der dunklen Stimme, keine Unsicherheit.
Er deutete eine Verbeugung an und schritt aus dem Raum, gab Ealco kurz Bescheid und schritt weiter. Hoch erhobenen Hauptes, ohne eine Miene zu verziehen. Er suchte noch Jakob, jedoch nur halbherzig und nachdem er gesagt bekam, sein Knappe sei noch nicht wieder eingetroffen ging er umgehend zurück in seine Unterkunft ohne mit jemandem zu reden oder jemanden anzusehen.
Er trat ein und schloss die Tür, schob sogar den schweren Riegel vor. Etwas, was er sonst nie tat.
Jetzt, im geschützten Raum seiner eigenen vier Wände, lies er die Maske fallen.
Direkt hinter der Tür brach er in die Knie, schlang die Arme um den Oberkörper und starrte eine ganze Weile einfach nur auf den Fußboden, versuchte seine sich ständig überschlagenden Gedanken zu ordnen.
Eine ganze Weile mühte er sich ab den Zeitpunkt zu eruieren, an dem alles schiefgelaufen war.
Eigentlich war es ganz klar. Doch egal wie er es drehte, es gab keinen Weg zurück.
Jetzt galt es die Nerven zu bewahren.
Die Nerven…
Der Ritter sah auf und starrte eine halbe Ewigkeit in Richtung des Regals, in dem seine Medikamente standen. Dort links, hinter einer der vollen Phiolen mit dem widerwärtigen grünen Zeug, dass dafür sorgte, dass er die von seinem Vater gespendete Leber nicht abstieß, stand versteckt in zweiter Reihe eine weitere.
Auf den ersten Blick könnte man die Flüssigkeit darin für starken Kaffee halten.
Aber die Wirkung war genau gegenteilig.
Nein. Das war auch nicht richtig.
Der ehemalige Schattenläufer blieb so hocken wie er war. Und begann plötzlich leise zu kichern.
Er wusste, was er tun würde.
Noch an diesem Nachmittag.
Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen und halb geschlossenen Augen starrte er ins Nichts.
Er wusste, was er tun würde.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

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von/nach: Silberstein, Slavas Haus --> in die Komturei
Datum: Sommer 1278
betrifft: niemanden direkt
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Der Morgen war auf seine Weise surreal verlaufen und der Weg zurück zur Komturei hatte auf seine weise etwas Surreales. Fast automatisch hielt er sich inzwischen in der Nähe der Hausmauern, denn die frühen Morgenstunden waren gefährlich. Die Bewohner mancher Viertel leerten gerne mal Mülleimer und Nachttöpfe einfach aus den Fenstern und befolgte man einfache Regeln, die sich aus der Ballistik erschlossen, dann blieb man halbwegs sauber. Erst hatte er direkt zur Komturei gehen wollen und sehen, wie es Jarel ergangen war, aber dann schlug er doch einen Haken durch die Stadt - laufen, um den Kopf frei zu bekommen. Und wenn er ehrlich war, wollte er Jarel auch gerade gar nicht so unbedingt unter die Augen kommen. Er hatte das Gefühl, der Ritter müsse ihm an der Nasenspitze ansehen, was er angestellt hatte, also trieb er sich noch eine Weile herum und kehrte erst gegen die Mittagsstunde in aller Heimlichkeit in die Unterkunft der Knappen zurück.
Jakob bleib einen Moment auf seinem Bett sitzen und genoss die Stille des Dormitoriums, wenn alle ausgeflogen waren. Entweder zum Mittagessen oder noch zur Andacht. Sein Bett war unagetastet, sicher bis auf das Reisegepäck, das er achtlos am Fußende aufgetürmt hatte. Seine Truhe ohnehin fast leer, brauchte er nicht zu prüfen. Sie war abgeschlossen und es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass man die ohnehin schmale Habe eines anderen Knappen nicht anrührte. Sogar sein Talglicht wies noch den gleichen Füllstand auf. Hier sitzend lauschte er in sich hinein - fühlte er so etwas wie Heimat? Wieder zu Hause zu sein? Schwer zu sagen - es war ein Bett, hier verbrachte er seit einem Jahr mehr Zeit als sonst irgendwo, aber trotzdem hätte er es wohl niemals als zu Hause betitelt. Entsprechend unpersönlich war die Peripherie um sein Bett herum. Bei anderen hingen Dinge an den Bettpfosten oder standen Bilder auf den Nachttischen. Einer versuchte sogar vergeblich ein Stofftier vor den anderen zu verbergen, aber es lugte auch jetzt wieder unter dem Laken hervor. Nur Jakobs Bett wies keinerlei Zeichen solcher Personalisierung auf. Er könnte gehen und der nächste konnte einziehen, kein Aufräumen nötig. Er band sich nicht an Örtlichkeiten, hatte er seit dem Brand nie wieder getan. Ein Leben als fahrender Ritter, wie es manche des Ordens lebten, würde ihm sogar recht gut gefallen, aber so lange er Knappe war, gehörte er in dieses Bett.
Lautlos erhob er sich und zog die schmutzigen Kleider bis auf die groben Unterhosen aus. Er stopfte sie für die spätere Wäsche in einen Sack und nahm seine Wechselgarnitur aus der Truhe. Die Sachen rochen nach dem alten Holz, aber besser als nach ungewaschenem Männerkörper. Zeit, dass er sich endlich Schweiß und Schmutz der Reise abwusch oder besser er wollte es, aber als er den schmalen, nach einer Seite hin offenen Raum betrat, hatte er sofort ein seltsames Gefühl. Bestärkt wurde das durch einen umgestoßenen Eimer, der über den groben Steinboden gerollt war und seinen Inhalt darauf verteilt hatte. Jakob verharrte einen Moment, dann hörte er ein Geräusch, dass er inzwischen viel zu gut kannte. Die Kleider fielen auf den Boden und er eilte um die niedrige Wand herum, hinter der Schemel standen, auf denen man sitzen und sich schrubben konnte, bevor man in den Zuber stieg - sofern man sich die Mühe machte, ihn zu heizen oder noch hinein wollte, wenn schon zehn andere junge Männer drin gewesen waren.
Henselt lag am Boden, die Augen halb geschlossen, doch in den Spalten sah man nur das Weiße. Ab und an zuckten seine Glieder, doch was Jakob alarmiert hatte, war das Knirschen und Klappern seiner Zähne, ein Geräusch, dass er seit Beginn ihrer Freundschaft mit diesen Anfällen verband. Er ließ sich neben ihm nieder und zog Henselts Kopf auf seinen Oberschenkel. Um ihm etwas zwischen die Zähne zu klemmen, war es zu spät und er hatte auch nichts bei sich, also federte er nur die hin und wieder auftretenden Impulse, die seine Muskeln zucken ließen, ohne ihn allerdings gewaltsam festzuhalten. Auch das hatte er in der Zwischenzeit gelernt. Am besten legte er Henselt mit dem Kopf auf ein Kissen und ließ ihn liegen, bis es vorbei war, aber gerade war das nicht möglich. Also sorgte er nur dafür, dass der Kopf des anderen Knappen nicht von seinen Beinen rutschte.
In diesem Moment kam ein weiterer Knappe vom Hof her in den Raum, sah sie beide dort am Boden, starrte einen Moment und machte dann im Laufschritt, dass er fort kam. Jakob fluchte, konnte aber nichts tun, als ihm nachzublicken. Er hatte den Jungen noch nie gesehen - nicht besonders groß, eher rundlich, rotes Gesicht, jünger als Jakob und auch als Henselt - aber das ungute Gefühl weitete sich aus. Doch er hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken. Henselt ächzte leise, was Blut auf seine Lippen brachte. Hatte er sich also doch wieder gebissen. "Alles gut. Du bist mal wieder weg getreten.", sprach Jakob seinen Freund leise an und dieser schien sich wie so oft an dessen Stimme wieder ins Bewusstsein zu hangeln. Henselt blinzelte und seine wasserblauen Augen fanden nach einigen Sekunden ins Hier zurück. Jakob wusste, dass Henselts Anfälle eigentlich keinen Schaden machten, außer dass der andere Knappe danach furchtbar müde war. Jetzt rappelte er sich auf und rieb sich den Kopf, mit dem er wohl Kontakt mit den Bodenplatten gehabt hatte. Jakob blieb einfach hocken und beobachtete Henselt dabei, wie er sich wanked auf die Füße arbeitete. Auch etwas, was Jakob gelernt hatte und was sie teilten: Henselt hasste Mitleid und noch mehr hasste er es, wenn man ihn nach solche einem Anfall allzu sehr zu betüddeln versuchte. Dennoch war er auf dem Sprung, die Füße unter sich angestellt, sodass er gleich dazu springen könnte, wenn seinen Freund das Gleichgewicht verließ. Aber der schlug sich gut und so stannd auch Jakob nach einer Weile auf, griff sich den leeren Eimer und füllte ihn neu, um fortzusetzen, wieso er eigentlich her gekommen war.
"Was war es diesmal?", fragte Jakob beiläufig, während er sich schrubbte.
Henselt saß auf einem Schemel und wusch seine Füße, als sei nichts gewesen. Er hob nur die Schultern. "Muss nicht immer 'n Grund haben. Vielleicht war das Wasser zu kalt.", frotzelte er. Er ging Jakob gegenüber inzwischen recht lässig mit dem Thema um, während er bei allen anderen Vorsicht walten lassen musste. Zu oft schon waren die epileptischen Anfälle als Zeichen von Besessenheit bewertet worden und allerlei Möchtegern-Exorzisten hatten sich an Henselt versucht. Hier war es ihnen bisher immer gelungen, ihn irgendwie zu verstecken oder es zu vertuschen, sobald es passierte. Jakob hatte einen siebten Sinn für Henselts Befindlichkeiten entwickelt und der junge Adlige selbst kannte inzwischen viele Trigger, denen er auszuweichen versuchte. Eigentlich hatte er den völlig falschen Wirkungsort, denn Schmerz und starke Anstrengung gehörten definitiv dazu. Dabei war er Jakob das erste Mal quasi in die Arme gefallen, denn sie hatten sich gemeinsam über eine von den Anwärtern "Blutschinde" genannte Hindernisbahn am Fuße der Steilklippen kämpfen dürfen.
"Gibt nen Neuen im Haus.", wechselte Henselt das Thema und Jakob schwenkte darauf ein. Ebenfalls schon fast ein Ritus.
"So?, machte er nur.
"Ja. Scheint ein Neffe oder so vom Hierarchen zu sein. Ziemlich großkotzig, aber sonst nicht viel hinter. Hat seine Figur.", lästerte der Blondschopf und pulte Dreck unter seinen Nägeln hervor.
"Rund, etwa so groß, rotes Gesicht, fünfzehn Winter?" Henselt nickte. "Großartig. Der war eben hier, als du deine Auszeit hattest." Jakob hatte angefangen, sich zu rasieren, daher nuschelte er etwas, um sich nicht zu schneiden. War ja klar, dass es gleich der Neue war, der hier zum ungeschicktesten Zeitpunkt rein platzte. Und noch dazu einer von denen, die hier eine eigene Klasse innerhalb der Hackordnung dastellten. Oder es gerne darstellen würden. So ganz hatte Jakob das noch nicht durchschaut.
"Wieso war der nicht beim Essen?", echauffierte sich Henselt.
Jakob schnaubte. "Und du, wieso warst du nicht beim Essen?"
"Putzdienst.", maulte der Andere.
"Was hast du angestellt?"
Henselt hielt inne und blickte sich kurz um, dann fuhr er leiser fort: "Erinnerst du dich an Tisja, die Kleine mit den Blonden Zöpfen, die dem Marschall immer die Wäsche macht..."
Und so weiter. Mit Henselt fühlte Jakob sich hier dann tatsächlich zu Hause. Er war seit Seth der erste junge Mensch, den er als Freund bezeichnen würde und dessen Gesellschaft ihn nicht irgendwann anödete. Er suchte sie sogar von sich aus, was für den sonst eher verschlossenen Knappen schon eine wirkliche Überwindung war. Henselt schien den zuweilen wortkargen, aber dann doch wieder treffende kommentierenden Knappen des Klingenmeisters ebenfalls zu schätzen, obwohl sie nicht vom gleichen Stand waren. Aber unter den Rittern galt das wenig. So kam es, dass sie meistens zusammen aßen, bei den Messen beieinander saßen und zuweilen dumme Kommentare tauschten, bis man sie rügte oder auch die Unterrichtsstunden miteinander verbrachten. Und viele Strafen miteinander absaßen. Außerdem war Henselt ein guter Sparringpartner, wenn er Jakob in manchen Dingen auch einfach nicht das Wasser reichen konnte. Sein Handicap hemmte ihn und der andere Knappe nutzte das zuweilen schamlos aus, was dann wiederum schon mal zu Streit führte. Doch welche Freundschaft kam schon ganz ohne aus?
"Will Lode ihn heute Nacht gleich flitzen lassen?", fragte Jakob und streifte sich das neue Hemd über.
"Und ob. Der freut sich schon. Hat sich gleich zu Anfang nicht grad Freunde gemacht. Das Theater, als Tyssen ihm die ganzen hübschen Mitbringsel abgenommen und ihm seine Kluft ausgehändigt hat, war bühnenreif. Ich sag dir, der quiekt wie ein Schwein."

Mit der Nacht kam ein unangenehm kalter Wind auf, der trotz des Sommers dafür sorgte, dass in den Häusern die Öfen brannte. Selbst im Dormitorium der Knappen durfte der Kamin entzündet werden, was den Raum immer in ein Labyrinth aus Schatten verwandelte. Für die heutige Nacht genau das richtige Ambiente. Alle, die nicht mit ihren Rittern unterwegs waren, hatte sich versammelt und standen in stummer Reihe vor den Betten entlang des mittleren Ganges, der von der Tür bis zum Kamin führte. Es galt einen Neuen in ihrer Mitte gebührend zu empfangen. Sie alle waren durch diese Prüfung gegangen, einer Art Aufnahmeritual unter den Knappen, von dem kein Sterbenswörtchen nach draußen zu den Rittern dringen durfte, denn es war alles andere als erlaubt. Wobei Jakob glaubte, Tyssen und andere wussten um die Praktik, waren sie doch selbst einst Knappen gewesen. Doch es wurde gedulded, übersehen. Es war gewissermaßen Tradition.
Jakob selbst erinnerte sich noch gut und auch er hatte geschwiegen. Jarel und allen anderen gegenüber. Die blauen Flecke ließen sich anders erklären.
Plenius war von Lode erst eine Weile aufgehalten worden und betrat nun mit diesem zusammen den Raum. Lode war so etwas wie der selbsternannte Oberste von ihnen. Er war Wortführer und gewissermaßen Ranghöchster unter den Ranglosen. Jakob hatte sich schon oft mit ihm in der Wolle gehabt, doch auch das stets unter dem Deckmantel dieses Hauses, dessen Mauern schwiegen und dessen Bewohner alles, was hier geschah wie Geheimnisse hüteten. Lode war der Knappe des Großmarschalls und bildete sich darauf etwas ein, wodurch er in Jakob als Jarels Knappen einen Konkurrenten sah. Dieser gab wiederum nicht Kleinbei, entsprechend angespannt war das Verhältnis der beiden jungen Männer, die zu allem Übel auch noch ungefähr im gleichen Alter waren. Und Lode war bisher der Ritterschlag verwehrt worden - weshalb, dass wusste wohl nur der Großmarschall allein.
Eben jener Lode legte Plenius nun den Arm um die Schultern und sprach eindringlich auf ihn ein. Jakob wusste, was er ihm zuflüsterte - er sprach von der Aufnahme unter ihnen, von einem Ritus, von Mut und dem Aushalten. Von stählernem Willen und Zusammenhalt. Gewäsch. Es ging darum, etwas zu beweisen, um sonst nichts. Eine beschissene Mutprobe. Jakob hielt eigentlich nicht viel davon, aber in diesem Punkt heulte er mit den Wölfen. Die Aufgabe war simpel: der neue Knappe musste von der Tür bis zum Kamin laufen, zwischen den anderen jungen Männern hindurch. Klang im ersten Moment einfach, wenn diese nicht alles daran setzen würden, ihn mit den leeren Scheiden ihrer Schwerter zu vertrimmen. Jakob wusste, wie wenig schmerzhaft sich das anhörte und wie ordentlich die Treffer zwiebeln konnten - vor allem wenn man die Scheide am Schwertgurt herum wirbelte. Stumpfe Treffer, die niemanden umbrachten, aber tiefblaue Flecken erzeugten, wo sie auf Fleisch trafen. und auf Fleisch würden sie treffen, denn das Hemd blieb bei Lode.
Plenius sträubte sich nur kurz. Niemand wehrte sich lange, alle wollte sie dazu gehören. Jakob hatte da keine Ausnahme gemacht. Sie Schwertscheiden sausten durch die stille Luft des Dormitoriums.
Henselt sollte Recht behalten. Der Neffe des Hierarchen quiekte wie ein Schwein.
Doch schlimmer, Tyssen stand plötzlich in der Tür. "Was geht hier vor?!", verlangte er eisig zu wissen. Und natürlich war der die Frage rhetorischer Natur. Jeder Blinde konnte sehen, was vorging und Tyssen ließ seine Wieselaugen über jeden Einzelnen von ihnen schweifen, bis sie auf Plenius hängen blieben, der wimmernd am Boden vor dem Kamin kauerte, den Körper übersäht von roten Malen. "Meine Herren Knappen, das wird ein Nachspiel haben.", ließ Tyssen sie wissen und befahl sie alle schneidend zurück in ihre Betten.
Jakob lag noch lange wach.
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Jakob von Nagall
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Vieles hatte ihn beschäftigt und vom schlafen abgehalten, aber irgendwann musste er doch eingeschlafen sein, denn er schreckte aus einem wirren Traum hoch, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde und Tyssen in die Stille hinein: "Appell!", brüllte. Er hielt eine Fackel in der Hand und erhellte damit spärlich den noch düsteren Raum. Bei solchen Gelegenheiten war Jakob ganz froh, dass es hier weder elektrisches Licht noch Taschenlampen gab. Doch Tyssen hatte seine eigene Methode, Nachdruck zu erzeugen. Der Ritterseargant marschierte an den Betten entlang und schlug mit einem Exerzierstab gegen Bettpfosten und alles, was irgendwie laute Geräusche machte. Am inzwischen kalten Kamin angekommen machte er Kehrt und wer dann nicht aus dem Bett war, bekam einen Schlag auf die Bettdecke.
Jakob war aus dem Bett. Nach dem gestrigen Auftauchen des Vorstehers ihres Hauses hatte er, einem Gefühl folgend, in Hemd und Hose geschlafen, was sich nun bezahlt machte, denn kaum wieder bei der Tür, bellte Tyssen noch: "In einem Docht vor dem Haus. Für den Letzten denke ich mir noch was extra aus! Dann war er weg, zusammen mit den flackernden Schatten, die Tür allerdings ließ er offen und kühle Luft zog herein, fegte den Kamin hinauf.
Da er nur noch die Lederlappen an die Füße wickeln musste, an die er sich inzwischen so gewöhnt hatte, war Jakob schnell unterwegs. Doch nicht nur er hatte ein Näschen gehabt und angekleidet geschlafen, sodass zumindest die Dienstälteren nach wenigen Augenblicken auf dem Vorhof standen. Der Letzte war tatsächlich Plenius, der sich erst aus seinem Nachtgewand schälen und ankleiden musste. Er rieb sich versonnen die Hüfte, wo der Exerzierstab ihn getroffen hatte und reihte sich am Schluss ein. Tyssen zielte mit seinem Stab auf ihn.
"Ich will gnädig sein, weil Ihr gestern erst angekommen seid. Nur zwei Runden extra." Dann ließ er den Blick abschätzend über den müden Haufen vor sich gleiten, wartete einen Moment und brüllte dann schon eher ungehalten als militärisch: "HALTUNG! Wenn ich einen Haufen halb leere Mehlsäcke sehen will, geh' ich in die Vorratskeller! Los, sonst schieb ich einem von euch diesen Stock in den Arsch, damit die anderen ein Beispiel haben!" Füße raschelten sogleich, Köpfe hoben sich etwas, aber großteils änderte sich nicht wesentlich etwas. Sie waren keine Soldaten, auch wenn der Ritterseargant sich das wohl manchmal wünschte. Er kniff die Augen zusammen.
"So, offenkundig seid ihr ja nicht ausgelastet genug und habt Zeit für solche Sperenzchen wie gestern Nacht. Es wird euch daher freuen, dass ihr vor der Andacht noch etwas Energie los werden dürft." Er hatte einen Ton angeschlagen, als verkünde er ein Festmahl, wobei er das Kinn leicht hob und die jungen Männer vor sich musterte. Erst lächelte er noch, dann wischte er das Lächeln mit einem Lidschlag aus seinem Gesicht. Mit kühler Stimme setzte er an: "Zehn Runden um die Komturei, inklusive Treppen. In jeder Runde zehn Liegestütze vor dem Tempel und vergesst mir nicht das 'Brenne hoch' und wehe ich höre es nicht im Pavillon."
Leises Murren, aber der Haufen Mehlsäcke setzte sich in Bewegung. Hierbei hinterher zu hängen, war auch nie gut. Wenigstens eines rechnete Jakob Tyssen an: er bestrafte sie immer alle gemeinsam, egal wer gegen wen und was, ausbaden mussten sie es immer zusammen. Auch das trieb zwar Blüten, doch im großen und ganzen machte es sie zu Brüdern.
Die Runde durch die Komturei folgte dem immer gleichen Muster, was gewisse Trampelpfade in den wenigen, mit Gras bewachsenen Stellen des Geländes deutlich zeigten. Vom Haus der Knappen, entlang der Mauer, im Kurs um die Häuser der höheren Ritter, zwischen den Wirtschaftsgebäuden her, das Tor passierend und den Hügel zum Tempel hinauf, dann die Treppen des Pavillons, die Stufen des Tempels bis auf dessen Vorplatz, wo es sich Liegestütz machend vortrefflich singen ließ. Eine Kakophonie von zeitlich versetztem Gesang, denn selten kamen sie alle gleichzeitig an. Dann die Treppen im Hocksprung wieder hinunter und über den zentralen Platz zurück zum Haus der Knappen.
Jakob lief mit Henselt, wie immer und stoppte diesen auf der zweiten Runde. "Halt mir den Rücken frei, ich muss kurz nachsehen, ob Jarel zu Hause ist." Einer der Punkte, der ihn in der Nacht beschäftigt hatte.
Henselt kratzte sich am Nacken. "Aber beeil dich, es wird bald hell und Tyssen hat Augen wie ein Luchs." Jakob nickte und sie trennten sich. Eilig umrundete er das kleine Haus seines Rittervaters, klopfte kurz und drückte die Klinke nieder, bestrebt, schnell ungesehen ins Innere zu schlüpfen.
Er stieß auf Widerstand.
Abgesperrt.
Jakob brauchte einen Moment, um zu begreifen. Abgesperrt? Hier war nie abgesperrt! Eilig sah er sich um, klopfte wieder, diesmal schneller und lauter. "Jarel? Jarel... He, aufwachen!", rief er halblaut, bevor er wieder klopfte und sich dann noch einmal nach den Gestalten umsah, die im Halbdunkel ihre Runden drehten.
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