Oxenfurt - Stadtwache - die Zellen

Eine von den zwei freien Städten in Redanien. Oxenfurt liegt an den nördlichen Ufern des Pontar-Stroms. Die Stadt ist bekannt und berühmt für die Universität, die die größte Akademie der nördlichen Königreiche.
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Jakob von Nagall
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Jakob war kein besonders guter Lügner. Er folgte den zehn Geboten, aber noch viel wichtiger, er folgte etwas, was ihm beigebracht worden war: Nicht lügen hieß nur, nichts Falsches zu erzählen. Bisher war alles, was er sagte, voll und ganz die Wahrheit gewesen. Er hatte nur hier und da etwas weg gelassen. Informationen und Füllwörter. Aber ab diesem Punkt würde er lügen, wenn er sich eines der fremden Länder aussuchte, die der Hauptmann ihm hin blätterte. Mit bemerkenswerter Ruhe. Klar, wieso auch nicht. Er brauchte nur klopfen und Jakob wäre wieder allein, der Herr Hauptmann aber bei Frau und Kind. Obwohl - der wirkte eher, als verbachte er jede wache Minute hier und in der restlichen Zeit hatte er eine Matraze in irgendeinem Eck. Solche Typen gab es auch bei jeder Polizei. Existenzen, deren Privatleben entweder vom Job gefressen worden oder daran kaputt gegangen war.
"Die Wüste Arizona. Weit im Westen.", erwiderte er in betont gleichgültigem Ton. Ein wenig imitierte er den anderen Mann vielleicht oder besser dessen eisige Gelassenheit.
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Vajdan Jaromer
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"Aris-ona." wiederholte er das fremdartige Wort.
"Das ist kein Land, das ich von einer der Karten kenne. Wie bist du gereist? Und antworte jetzt bitte nicht mit 'Pferdekutsche' die hast du vielleicht die restlichen paar Kilometer genommen seit Velen. Aber welchen Weg zuvor? Über den Pontar? Oder vielleicht... auf dem Rücken eines Drachen?"
Vielleicht versuchte er ihn aufzuziehen, wenn er dazu in der Lage war.
"Ich habe nach deinem Ritter schicken lassen, er wird dich hier abholen, aber erst wenn ich das erlaube. Also, entweder du erzählst mir jetzt die ganze Wahrheit, die ohnehin bereits wie eine Endriage im Raum steht, oder es wird den ganzen Tag dauern, und diesen Ritter werden wir ebenso lange festhalten. Gründe dafür gibt es immer."
Vajdán gehörte definitiv nicht zur Hilfsbereiten Sorte, und er hatte sich in seinem Ehrgeiz in den Kopf gesetzt ihn zu überführen ohne die eigene Herkunft preiszugeben. Danach würde er vielleicht auch auspacken, aber nicht früher. Ehrgeiz.
Darin lag der junge Mann hinsichtlich seiner Einschätzung gar nicht einmal so daneben. Er ging in seinem Beruf auf, keine Familie, er hatte sich ein einziges mal geöffnet und das war grenzenlos schief gegangen, ein weiteres Mal würde er diesen Fehler nicht begehen.
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Jakob von Nagall
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"Eni- Was?", entfuhr es ihm unwillkürlich. Der Hauptmann machte sich von einem Satz auf den anderen keine Mühe mehr, ihm die Sprache in kleinen Häppchen zu servieren und überforderte Jakob sogleich mit Worten und komplizierten Satzkonstruktionen. Immerhin verstand er so viel, dass er hier nicht raus kommen würde - auch nicht mit Jarels Hilfe - wenn er nicht redete. Andererseits hatte er gesehen, was der Wappenrock der Rose in dieser Welt ausrichten konnte und ein wenig war er versucht, auszutesten, wo dessen Grenzen lagen. Immerhin war er selbst im Begriff, sich diesem Orden anzuschwören.
"Wieso ist wichtig, welche Weg ich genommen?", wagte er also einen Vorstoß. "Bis vorhin, ich freier Mensch. Dann irgendjemand hat beschlossen, dass ich die falsche Nase oder eben ein ... wie sagen? Wiedzmin? Anstatt mich ausfragen wegen woher, Ihr könntet mir sagen, was mein Fehler. Schuld?" Stimmte eigentlich - eine Anklage hatte er noch keine gehört. Nur Fragen in eine Richtung, die seiner Meinung nach nur mehr Ärger machten und der Sache nicht halfen.
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Vajdan Jaromer
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Hätte Vajdán eine ausgeprägte Mimik besessen, vielleicht hätte er sogar gelächelt.
"Sie haben dich offenbar für einen Hexer gehalten. Die Lederkleidung und das Schwert... aber wärst du aus dieser Welt, du wüsstest selbst warum. Die Hexer sind über alle Landesgrenzen hinaus bekannt. Nicht beliebt, aber bekannt."
Er hatte tatsächlich den Pfad verlassen, auf dem er einfache Worte gewählt hatte. Es war zu kompliziert, es war nicht seine Art und schließlich war der Armleuchter auch nicht mehr da, der es ebenso verstehen musste. Und Rücksicht war ebenso keines seiner Talente, oder Feingefühl oder auch nur etwas in diese Richtung.
"Es ist so in dieser Welt, soviel habe ich gelernt, hier herrscht eine gewisse Willkür in der Exekutive. Ich kann dich foltern, es wird keine Anklage erhoben, ich werde immer im Recht sein, selbst wenn du dabei stirbst... es sei denn, du hättest eine mächtige und reiche Familie hinter dir, was, wie ich annehme nicht der Fall ist. So funktioniert das hier. Das muss man begreifen. Ich weiß nicht aus welcher Welt du kommst, aber ich nehme an, die Gesetze werden dort anders durchgesetzt. Wer wird schon einen Reisenden vermissen, der keinerlei Rückhalt hat in dieser Welt? Es ist deine Entscheidung, du bleibst stur... dann bleibst du hier drin, bis du verhungerst bist und auf diese Weise keinen Ärger mehr machst. Oder du erzählst mir alles und wir finden einen Weg, wie du schnell genug alles lernen kannst um keinen Ärger mehr zu machen. So oder so, ich will nicht, dass irgendjemand außer mir auf die Idee kommt, Fragen zu stellen."
Und nun wurde vielleicht auch klar, woher der Wind wehte.
Forschte der Redanische Geheimdienst nach und fand Hinweise über Reisende, er selbst wäre wohl auch in Gefahr.
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Jakob von Nagall
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Der Hauptmann musste nicht lächeln - Jakob spürte auch so, dass er etwas falsch gemacht hatte. Oder richtig, für den Mann ihm gegenüber. Er krauste die Stirn, versuchte angestrengt dem Wortschwall zu folgen, dessen Inhalt so in etwa wiedergab, was er sich schon gedacht hatte. Wenn die Stadtwache es so wollte, endete er hier unten als Rattenfutter und niemand würde es interessieren. Jakob schluckte gegen den Kloß an, den diese Erkenntnis in seine Kehle presste und es dauerte einen Moment, bis er all das für sich übersetzt und verarbeitet hatte. Er war hier ein Niemand. Man kannte weder von Nagall noch von Alvensleben. Keine Templer. Eine andere Welt und dieser Soldat ritt immer wieder darauf herum, als wollte er ihn auf etwas stoßen. Er wollte nicht, dass jemand anderes Fragen stellte... wieso nicht? Was ging es ihn an, ob er in diesem oder einem anderen Keller schmorte?
Jakobs Blick war einen Moment lang abgewichen, hatte scheinbar die schmutzigen und ungleichen Fugen der Wand studiert, doch in Wahrheit hatte er nichts wirklich angesehen. Er hatte sich in seinen Gedanken bewegt, nachgedacht über das, was er gehört hatte und seine eigenen Schlüsse gezogen. Nun kehrten die hellen Augen zurück zu jenem geduldigen Menschen und fokussierten sich wieder.
"Du auch nicht aus dieser Welt." Eine ebenso kühle Feststellung wie jene des Hauptmannes zuvor, dass die Kutschen in Jakobs Welt verdammt schnell sein mussten. Dann wies er auf die Leichen, die seine Jacke zierten. "170 Meilen in einer Stunde... wenn man wirklich will." Was man in den seltensten Fällen abseits einer Rennstrecke konnte, es sei denn, man hatte eine gewisse Lebensmüdigkeit oder gern Ärger mit dem Gesetz. Ach ja. Traf beides oft genug zu.
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Vajdan Jaromer
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Wenn Vajdán nun zufrieden war, dann sah man es ihm genauso wenig an wie sein Missfallen vielleicht zuvor.
170... er kannte nur die hier gängige Längeneinheit "Meile" sagte ihm nichts, aber er nahm an, dass es sich um eine vergleichbare Größe handeln musste und selbst wenn ein Abweichungen gab, es war verdammt schnell. Jeder andere an seiner Stelle hätte vielleicht durch die Zähne gepfiffen.
"Nein, auch bin nicht von dieser Welt." bestätigte er die Einschätzung des Mannes, an sich auch unnötig, es zu bestätigen was seine Art, freundlich zu sein. "Ich lasse dir unauffälligere Kleidung bringen, dann werden wir uns weiter unterhalten." Er wandte sich kurz um, öffnete kurz die Türe und gab dem Wachmann Anweisungen aus der Kleiderkammer etwas zu holen. Es würde einfache Kleidung sein, woher sie stammte wollte man vermutlich nicht wissen. Aber es gab nicht viele Möglichkeiten wie Kleidung bei der Stadtwache verblieb.
im gleichen Zug erfuhr schließlich Vajdán, dass auch der Ritter eingetroffen war. Er nickte und überließ den Gefangenen erst einmal sich selbst, er würde sich später noch einmal mit ihm unterhalten. Was er hatte wissen wollen, dazu hatte er nun Gewissheit. Und er wollte ihm Zeit geben, er hatte ihm gesagt was er hatte sagen wollen.

erstmal weiter hier.
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Vajdan Jaromer
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aus dem Besprechungsraum.

Es dauerte nicht einmal lange, vielleicht etwas mehr als der Wachmann gebraucht hatte um Jake frische Kleidung zu beingen und dieser, so er das Angebot annehmen wollte, um sich umzuziehen.
Aus der Rüst- und Vorratskammer brachte der, der zuvor die Laterne gehalten hatte ein paar einfache Hosen, leichte Stiefel, Hemd uns Wams. Alles nicht besonders neu, aber wenn geflickt, dann sauber, es war auch nicht die Kleidung eines reichen Mannes, aber immerhin sauber wenn auch leicht muffig - die Keller hier gehörten nicht zu den trockensten der Stadt - so doch unauffällig.
Die legte er ihm hin nur um sehr schnell die Zelle wieder zu verschließe. so ganz traute der Wächter dem Frieden nicht.
Und dann kam auch bereits der Hauptmann an, mit einem Ritter der Flammenrose im Schlepptau. Der Mann nahm Haltung an und öffnete ihm wieder die Zellentüre.
Das konfiszierte Schwert hatte sich Vajdán unterwegs aushändigen lassen und drückte es nun dem Ritter in die Hand.
"Gebt es ihm erst draußen." ermahnte er ihn und sein Blick schickte noch die Warnung hinterher, dass es gesünder wäre nun unauffälliger zu bleiben.
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ERZÄHLER
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Wie viel Zeit vergangen war, wusste Jakob nicht. Die Zeit verging in dem Raum dicht gesetzter grauer Steine anders. Oder gar nicht. Doch irgendwann - endlich - hörte er eine ihm bekannte dunkle Stimme auf der anderen Seite der Tür. Jarel. Er hatte ihn gefunden.

Schritte vor der Tür - mal wieder schwere Stiefel. Jakob blieb auf der Pritsche sitzen, den Rücken an der Wand, die Beine unter geschlagen. Die Wachen mochten es nicht sonderlich, wenn man hinter der Tür lungerte - das hatte er schon gelernt, denn sie waren überaus unruhig in seiner Nähe, so als könne er sie wirklich verhexen. Der Wächter, der zuvor das Licht getragen hatte, hatte ihm fremde Kleider gebracht und Wasser. Beides lag oder stand noch unangetastet neben ihm auf der Pritsche. Also wartete er, lauschte. Und vernahm eine ihm wohl bekannte Stimme. Kurz schloss er die Augen, lehnte auch noch den Kopf an die Wand. Hatte der Hauptmann am Ende wirklich nach Jarel schicken lassen? Egal wie, der Ritter war hier - Jakob wagte es kurz, Erleichterung zuzulassen.

Wieder schwere Schritte. War der Wachmann allein oder der Ritter so leise? Doch dann wurde die Tür geöffnet geöffnet und Jarel trat ein. Nach außen hin gelassen und die Ruhe selbst.
Jake kannte ihn besser. Eine leichte Unsicherheit im Gang, ein kaum wahrnehmbares Nachziehen des linken Beines, ein etwas zu lässiges einhaken des linken Daumens in seinen Gürtel. Schatten unter den Augen. Und er sah ihn nicht an, als er ein paar Worte in der Gemeinsprache mit der Wache plauderte, die ihn in die Zelle ließ, und die Tür hinter ihm schloss. Jedoch ohne die Riegel vorzuschieben.
Der Ritter wand sich zur Pritsche und wartete ab.

Die Erleichterung zerbröckelte sogleich, als Jarel eintrat. Als Hauptbeschäftigung am Tage Menschen zu beobachten hatte den Nachteil, dass man sie zu lesen lernte. Jarel wirkte ruhig, aber das tat ein Pulverfass auch, so lange die Lunte noch einen Meter lang war. Vorsichtig schob er sich nach vorn und stand auf - verzweifelt wünschte er sich Seth herbei, der diese Erstauftritte der mit ihnen gestraften Ritterschaft immer mit einem flotten Spruch entschärft hatte. Aber er war nicht hier und Jakob nicht Seth. Also schwieg er. Wie immer.

Ja. Jarel verbarg etwas. Etwas schlimmes. Aber es war nicht seine Wut, die er zu verbergen versuchte. Selbst die Enttäuschung nur zum Teil. Jakob hatte - warum auch immer - seinen Posten verlassen. Seinen Schützling allein gelassen. Egal wofür. Egal wie lange. Egal warum.
Was dem Schaf im Wolfspelz wirklich Schwierigkeiten machte war das, was er seinem Knappen nun antun würde. Er hoffte nur, dass die Wunde, die er nun schlug tief genug war um zu sitzen, aber nicht so tief ihn zu zerbrechen. Aber wenn er zerbrach, war er für diese Welt ohnehin nicht geeignet.
Der Ritter schluckte schwer. Er musste wütend wirken, sonst würde es nicht funktionieren. Kein Problem. Er musste nur der Bestie in ihm eine Hand breit mehr Leine lassen. Er musste nur zulassen, dass der Worg sich erhob und einen kontrollierten Schritt nach vorn machte. Kontrolliert war das Zauberwort. Er atmete durch. Und ließ es zu.
Langsam, ganz langsam hob Jarel den Blick und sah Jakob in die Augen. Die Pupillen pechschwarz, der Gesichtsausdruck, als würde er ihm gleich die Kehle herausreißen und die Stimme...
...ja die sonst so weiche und warme Stimme war schneidend. Kalt. Das Knurren eines Raubtieres, dass diesen Laut nicht ausgestoßen hatte um sein Opfer zu warnen, sondern um ihm ins Gesicht sehen zu können, während er es riss.
Dass das ganze ein Schauspiel war - wenngleich es durchaus außer Kontrolle geraten konnte - ahnte Jakob nicht. Er kannte Jarel gut. Aber für diese Finte nicht gut genug.
Und dann fragte er. Drei leise Worte.
"Wo ist Aria?"

Da war er wieder, der Wolf. Nur diesmal hatte Jakob kein Schwert, mit dem er dessen Kiefer würde auf Abstand halten können und die Wache war fort. Die Tür geschlossen. Wenn Jarel beschließen sollte, hier und jetzt seinem Zorn freien Lauf zu lassen, dann würde wohl nichts und niemand den Knappen retten. Der allerdings immer noch leise hoffte, dass sein kleiner Ausrutscher nicht gleich so eine heftige Reaktion rechtfertigte. Bei Gott, es war nicht einmal seine Schuld gewesen! Er erwiderte also den Blick der schwarzen Augen - man konnte ihm nicht nachsagen, dass er keinen Mut hatte. Jarel wollte ihn sicher nur verunsichern - das wollten sie doch alle mit diesen Posen und Gesten.
Und dann...
Aria.
Aus dem von der Sonne Arizonas braun gebrannten Gesicht wich schlagartig alle Farbe. So blass war Jakob nicht mal gewesen, als er geschüttelt vom Fieber und bewusstlos gewesen war. Aria - wo war Aria und wieso hatte er bis zu diesem Moment nicht einen Gedanken daran verschwendet? Richtig, er hatte auf sie Acht geben sollen, solange Jarel und Slava unterwegs waren - nur hatte er den Weg zu Alchemie zurück verfehlt und war an diesen dämlichen Schreiner geraten. Tausend Gedanken und kein Wort. Er hatte einen Eisklumpen im Magen und einen Knoten in der Kehle, gegen den er nicht an schlucken konnte. Selbst das Atmen fiel ihm mit einem Mal schwer.
Da waren tausend Erklärungen in seinem Kopf. Hunderte Ausflüchte. Zum Glück war seine Zunge wie gelähmt, sodass sein Verstand sich die einzelnen Satzfragmente vornehmen und sie einen nach dem anderen verwerfen konnte. Nichts davon war relevant. Jarels ganze Haltung drückte das aus. Er könnte vorbringen, was er wollte, es wären nur hohle Entschuldigungen für eine einfache Tatsache: er war nicht da gewesen, wo er hätte sein sollen. In der Alchemie. Bei Aria.
Quälend langsam schüttelte er den Kopf, würgte gegen den immer größer werdenden Klumpen in seiner Kehle an. Er würde sich niemals verzeihen, wenn ihr etwas passiert war.

Der Ritter starrte ihn weiter an. Ließ Jakob lange mit seinen Gedanken allein.
Der Junge schwieg. Zu gern hätte er das Schauspiel beendet, doch er hatte noch keine Antwort bekommen. Er legte lauernd den Kopf schief. Fehlte eigentlich nur, dass er sich die Zähne bleckte.
"Sieh mich an, Jakob. Steh gerade und sieh mich an."
Und dann noch einmal. Hart. Scharf. Wütend.
"Ant-wor-te!", zischte er leise.

Er sah ihn doch an! Unverwandt - die ganze Zeit schon! Wut flammte in den hellen Augen auf, verdrängte einen Moment lang den Schock. Wieso zum Geier kehrte sich immer alles gegen ihn? Und wieso standen sie überhaupt hier, wenn Aria verschwunden war und drehten nicht längst jeden Stein in dieser dreckigen Stadt um, um sie zu finden? Die Hitze des Zorns brachte das Eis in seinem Magen zum Schmelzen und endlich fand er seine Zunge wieder. Wie bei einem Chamäleon kehrte auch wieder Farbe in seine Wangen zurück.
"Ich weiß es nicht!", blaffte er nicht minder aggressiv, wenn auch etwas nasal, zurück. Seine übliche Reaktion, wenn man ihn in die Ecke drängte. "Ich war auf dem Weg zurück nach Alchemie! Muss falschen Abzweig nehmen!" Er sagte es nicht, aber aus seinen Worten war wohl zu entnehmen, dass er genau wusste, worum es hier ging. Aber war dieses trotzdem. Er konnte nichts dafür, es war schlicht ein dummer Zufall und nicht Absicht gewesen, dass er die ihm gestellte Aufgabe nicht hatte wahrnehmen können. Es war ja nicht so, dass er auf dem Rückweg shoppen oder einen Heben gegangen wäre, er hatte sich verdammt noch mal in dieser für ihn fremden Stadt kurz verlaufen. Nicht mal wild, aber eben ein paar Schritte zu weit. Was wollte Jarel eigentlich?
Ein Teil von ihm wusste die Antwort selbstverständlich, aber der vernagelte Jugendliche drumherum ballte einfach nur die Fäuste an den Seiten.

Da hatte er seine Antwort. Aggression. Keine Einsicht. Keine Reue. Nichts.
Lange mustere Jarel den Jungen, starrte ihn an.
Dann war ER es, der wegsah und die Augen schloss. Den Schwarzpelz zu zügeln fiel ihm erstaunlich leicht. Kein Drang nach vorne. Kein weiteres Knurren. Der Schwarze fügte sich.
Und Jarels Auftreten änderte sich. Die Augenfarbe, die Stimme.
Diesen Versuch des Schauspiels durchschaute Jake nun. Und vielleicht kam er auch hinter das Getue der letzten Minuten.
Gespielte Kälte und Abweisung.
"Du bist frei und kannst gehen. Deine Kaution ist bezahlt. Wenn wir zurück bei Aria sind, gib mir mein Schwert zurück."
Doch hinter der Fassade brach es dem Ritter das Herz. Er mochte den Jungen. Und er hatte an seiner Erziehung schon nach wenigen Tagen versagt.
Er kam nicht durch. Und er würde niemals durchkommen. Er war so unglaublich müde in diesem Moment.
Bei seinem Aufbruch zur Akademie hatte er Hoffnung gehabt, sogar von ihm geschwärmt.
Jetzt war nicht Jake es, der am Schauspiel zerbrochen war.

Es passierte gerade wieder. Es passierte ihm einfach wieder und wieder und wieder. Der Fünfte. Und hier gab es kein Nachsitzen, keine Extrarunden, weil man ihn irgendwie durchbringen MUSSTE. Hier fiel er, hart und ungebremst. Jarel ließ ihn fallen - er spürte es fast körperlich und es setzte im Kopf Jakobs einen weiteren Stein in die Mauer um sein Ich. Nicht einmal dieser Mann, bei dem er anfangs geglaubt hatte, er könnte anders sein, hatte den stummen Hilferuf gehört. Er hatte sie ihm sogar aufgezählt. Vier Ritter in sechs Jahren - jedem wurde er irgendwann entweder zu stur, zu unnahbar, zu schwer erziehbar - ab ins Heim mit dem Jungen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Gebt ihm 'ne Pille, damit er nicht stört. Die einzige, die je versucht hatte, ihn wirklich zu begreifen, hatte wegen ihrer Suchtgeschichte keinen eigenen Knappen haben dürfen. Dabei wären sie vermutlich sogar ein gutes Team gewesen. Zuletzt Alexej, der es mit roher Gewalt versucht hatte - körperlicher und psychischer Art. Der versucht hatte, ihn zu brechen und dem es nur deswegen nicht gelungen war, weil es Jakob hierhin katapultiert hatte.
Gottes riesige Bananenschale, auf der er Jarel vor die Füße geschliddert war. Und der kickte ihn nun zurück. Wegen eines Fehlers, den er nicht einmal selbst verschuldet hatte. Als würde seine Akte ihm auf der Bananenschale hinterdrein rutschen. Ein Haufen Papier voller fest gefügter Meinungen.
Endlich fiel Jakobs Blick auf seine Füße, verloren seine Schultern jegliche Spannung. Hätte Jarel ihn nicht bereits besser gekannt, er hätte wohl Tränen vermutet. Aber Jakob weinte nicht, er resignierte nur. Fügte sich. Wieder abgesägt und beiseite gestellt.
Irgendwie raffte er sich zusammen, entwickelte genug Kraft, den Kopf wieder zu heben. "Was stehen noch hier? Sollten suchen Aria." Sein Tonfall war nun farblos, bar aller Emotionen. Etwas anderes schaffte er nicht zu sagen, auch wenn sein Verstand längst kapiert hatte, dass Jarel nur mit ihm gespielt hatte.

"Aria ist wohlauf. Sie ist in der Alchemie. War nie fort. Das war nur ein Test, Jakob. Ob du in der Lage bist, Einsicht zu zeigen." Jarels Stimme wurde brüchig. "Ich hatte wirklich Hoffnung für dich, Junge. Ich sah uns gemeinsam durch das Land ziehen und das Böse bekämpfen. Ich sah dich als meinen Nachfolger. Du bist schlau, Jakob. Ich hätte nicht einmal ausgeschlossen, dass du deinen Weg an die Spitze der Komturei machst." Er schluckte mehrfach und legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter. "Dich zu gefährden, schlecht, aber verzeihbar. Mich zu gefährden.. verzeihbar. Einen Schützling zu gefährden...", er schüttelte müde den Kopf.
"Du bist so beschäftigt mir dir selber. So sehr damit, alle wegzustoßen, wegzubeißen, dass du dir selber in der Sicht stehst. Du siehst die Welt als Feind. Du wehrst dich gegen alles, was dir angetan wurde ohne zu sehen, was du den anderen antust. Bist du vielleicht mal darauf gekommen, dass ich dich mag, Jakob? Dass ich Angst um dich hatte? Es geht hier nicht darum, wer an was schuld ist. Es geht darum, etwas anzunehmen. Ob es nun Verantwortung ist oder Freundschaft. An dir prallt alles ab."
Jake weinte nicht. Aber die Augen des großen ruppigen Ritters funkelten verdächtig.
Jarel suchte nach Worten. Er hatte in den letzten Tage schon mehr geredet als in den fünfzehn Jahren davor.
Und in eben diesem Moment, brachte er keinen Ton mehr hervor.

Ihm fiel ein so riesiger Stein vom Herzen, dass er die nächsten Worte fast nicht registrierte. Aria ging es gut. Es war nur ein Test gewesen. Einer, durch den er mit Pauken und Trompeten durchgefallen war. Diese Einsicht holte ihn genauso schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und Jarel nagelte ihn dort mit jedem weiteren Wort gnadenlos fest. Die Hand auf seiner Schulter war unfassbar schwer. Eigentlich wusste er all das - er hörte es nicht einmal zum ersten Mal, aber es war einfach weniger schmerzhaft, wenn man gleich in seinem Glaskasten blieb. Und das Schlimme war, dass er nicht wusste, wie er aus diesem gläsernen Kasten je wieder heraus kommen sollte. Nicht ohne Hilfe jedenfalls.
Wieder fiel sein Blick auf seine hoch interessanten Schuhspitzen. Wieso sollte ihn jemand mögen? Wieso Angst um ihn haben? Wo er sich doch so Mühe gab, unausstehlich zu sein. Die Seele war ein verletzliches Gut und je früher diese Verletzung erfolgte, desto gravierender war der Schaden. Jakob wusste natürlich nicht um solche medizinischen Details, er wusste nur, dass er viele Ängste hatte, die Beziehungen betrafen. Dass er sich Aria so weit angenähert hatte, grenzte schon fast an ein Wunder und war wohl zuletzt auch ihrem Liebreiz - oder eben ihrer Magie - geschuldet.
"Weil ich Angst habe, dass es sonst trifft.", teilte er seinen Schuhspitzen tonlos mit. Wie schmerzhaft solche Treffer sein konnten, hatte Slava heute morgen noch eindrucksvoll bewiesen. Lieber gar nichts durch lassen - weder Gutes, noch Böses. Beides konnte schmerzen.
Aber da war die Hand. Und auch wenn Jarel es nicht glaubte, er war schon weiter zu Jakob durchgedrungen, als viele andere. Das Gespräch vom Morgen kam ihm wieder in den Sinn und das erste Mal auch das, was der Ritter gesagt und nicht nur, was er verbockt hatte. Dies hier war eine neue Welt - ein neuer Anfang. Es gab in Jarels Orden keine Akte, die ihm schon voraus gereist war und die Meinung der Führung vorbelastete. Hier gab es nur ihn. Er konnte bei Null anfangen und seine Akte selbst neu beschreiben. Aber statt dessen benahm er sich, als wäre alles noch beim Alten und er dem machtlos ausgeliefert. Und jetzt hatte er es schon bei der ersten Probe aufs Exempel vergeigt - wie er es auch drehte und wendete, er wusste nicht so recht, welchen Ausweg er hatte. Raus aus seinem Glaskasten.
Endlich hob er den Blick wieder, sah dem Ritter vor sich in die nun wieder braunen Augen. Der Schatten vor seinen Füßen war so verdammt riesig, aber er sprang.
"Es tun Leid, ich wollten nicht. Kein Ärger machen. Kein Pflicht verletzen. Bitte, Jarel. Nicht stellen du mich auch zur Seite. Geben noch eine Chance." Das Wort 'Chance' benutzte er genauso und auch wenn Jarel es wohl nicht kannte, Jakob hoffte einfach, dass er es aus dem Kontext zog.

Die Augen des Ritters wurden groß, nachdem er verstanden hatte, was der Junge ihm offenbart hatte.
Wie schwer musste ihm DAS gefallen sein. Bei allen Schatten... wie schwer.
Jake war kaum vier Fingerbreit kleiner als er, und doch verschwand er fast in der Umarmung, in die ihn Jarel zog.
Der Ritter drückte ihn einmal kurz - und fest- bevor er ihn wieder los ließ.
Das Glitzern in den Augen des alten Mannes hatte sich gelegt. Kein Wunder, die Feuchtigkeit hatte sich ihren Weg in Form einer schmalen Spur im unrasierten Gesicht gesucht und sich irgendwo in den dunklen Bartstoppeln verloren.
"Und beim nächsten Mal leg ich dich übers Knie. Knappe.", brummte er gutmütig.
Womit auch klar gestellt war, wie es weiter ging. Er hatte ihn nicht verstoßen. Er würde seine Chance bekommen.

Jakob ließ sich in die Umarmung ziehen, weil er einfach zu perplex war. Umarmt werden. Wie verrückt war das denn? Nicht mal seine Mutter hatte ihre Kinder allzu oft umarmt, ganz zu schweigen von seinem Vater. Vielleicht versteifte er sich tatsächlich etwas, doch der Spuk war schnell vorbei und Jarel ließ ihn wieder los, bevor er ihm so etwas wie Absolution erteilte. Gepaart mit einer Drohung, der allerdings vom Tonfall sogleich entschärft wurde.
Knappe.
Er nickte. "Danke.", murmelte er, schnappte sich die fremden Kleider, bereit Jarel nach draußen zu folgen.
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Vajdan Jaromer
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Die Unterhaltung hatte er nicht mitgehört, dazu war die Türe zu massiv und genau das war auch ihr Zweck, man sollte eben nicht belauschen können, was drinnen vor sich ging, im Guten wie im Schlechten.
Aber Etwas anderes kannte keine Türen.
Warum der Hauptmann überhaupt gewartet hatte wusste er nicht. Vielleicht hatte er angenommen, die beiden würden viel schneller herauskommen und dann zog es sich doch hin, auf jeden Fall stand er noch da, als zunächst ein feines Rinnsal unter der Türe hindurch sickerte, doch dann immer stärkere Wellen unter die Ritzen brandete und schließlich aus jeder Fuge troff.
Verzweiflung, Wut, Angst, Enttäuschung, eine bunte Mischung in gemeinen grellen Geld und Orangetönen, durchzogen von grauen und braunen Schlieren dazwischen leuchtend blutiges Rot. Strake Gefühle, echte Gefühle, nicht betäubt von Alkohol, nicht gespielt. Und so blieb er, saugte es in sich auf, schloss die Augen, und fühlte mit, machte all das zu seinen eigenen Gefühlen, so ausgehungert war er, dass es ihm schon gleichgültig war, dass all die Emotionen negativ behaftet waren, er wollt nur eines, fühlen.
Fast konnte er seine Stadt wieder vor sich sehen, die wenigen Tage, die er geglaubt hatte glücklich zu sein. In einem Moment fühlte er sich dem jungen Mann ähnlich, der gestraft wurde und zurückgewiesen, nur weil er die Spielregeln nicht verstand, weil er doch immer nur versucht hatte sein bestes zu geben, und das nur weil er war wer wer war. Doch der Junge hatte ihm eines voraus, er konnte erwachsen werden und über seinen Schatten springen, und auch Vajdán sprang, hin und her, zurück. Der Moment in dem er erkannte hatte wer er war, gezeugt um eine Funktion zu erfüllen, nicht aus Liebe. Und zu seiner Liebe, oder der Frage, ob nur sie diese erweckt hatte um dann in die Verzweiflung zurückzufallen, und sich mit Wu wieder herauszuholen, der Wut des Ritters, hinter dem, und das erkannte er erst jetzt, so viel mehr steckte als ein einfacher Mensch, ein Reisender. Vielleicht sah er vor seinem inneren Auge sogar eine geifernde schwarze Bestie, nur trug diese rot glühende Augen und biss ihm einen Teil seiner Hand ab um dann in der Stadt ein Massaker anzurichten, der Bastard, der das Herz der einzigen Frau gestohlen hatte... seiner Rettung. Er hätte eigenhändig die ganze Stadt einebnen wollen, alles was er für sie getan hatte, was er zu ihrer Rettung beigetragen hatte einebnen, als könne er das in einem einzigen Fanal wie jenes, dass sie zusammen im Wald geschaffen hatten.
Und dann war der Rausch vorbei.
Er lehnte noch immer an der Wand neben der Zelle, reib sich den Handballen, der noch immer die Narben eines Bisses zeigte, gut genäht und gut verheilt, aber die Spur der übermenschlich scharfen Zähne würde ihn für immer zeichnen. Vielleicht trug er nun sogar ein Lächeln auf dem sonst so ungerührten Gesicht.
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Jarel Moore
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Noch einmal sah er zu Jakob, ehe er sich der Tür zuwandte und sich fahrig mit der Hand über das Gesicht wischte.
'Haltung annehmen. Kinn hoch. Auf den Gesichtsausdruck achten.'
Endlich schob er die Tür auf und trat hindurch.
„Alles geklärt, Hauptmann. Gibt es noch irgendwelche Papiere auszufüllen?“, wand er sich an Vajdan.
Kaum hatte er sich zu dem Menschen mit den markanten Augen umgewandt und seine Konzentration endlich von seinem Knappen losgerissen erstarrte er, blinzelte und verharrte ein paar lange Sekunden in nicht ganz so perfekter Haltung und mit nicht ganz so perfekt kontrolliertem Gesichtsausdruck. Er starrte den Soldaten an, während sein alter Ego ein weiteres warnendes Bild schickte.
Die Grün- und Brauntöne wurden nun vom Violett überlagert, regelrecht überstrahlt.
Jarels Atem wurde schwerer. Mit einem hektischen Blick sah er zu Jake, aber dem schien es gut zu gehen. Er horchte in sich. Nein. Auch ihm fehlte nichts. Nicht einmal der Ansatz der Gefühle die ihm sonst den Verstand vernebelt und die Sinne geraubt hätten, wenn ein Hexenmeister seiner Welt ihm die Seele zu rauben versuchte. Das war es nicht. Kein Seelenraub. Aber was dann?
Er fühlte sich nicht angegriffen. Nichts fehlte. Nichts schmerzte. Lächelte der Hauptmann?
Was auch immer es war, dem ehemaligen Schattenläufer standen die Nackenhaare trotzdem zu Berge.
Dann war der Moment auch schon vorüber. ‚Haltung verdammt! Beherrsch dich!‘
Er wollte zurück. Nach Slava sehen, nach Aria sehen. Um Thorben machte er sich keine Sorgen, würde sich aber freuen, wenn die halbhohe Portion ebenfalls heil zurück war.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jarel wirkte mitgenommen und was viel bemerkenswerter für Jakob war: er zeigte es auch noch einige Herzschläge lang, bevor er seine Haltung wieder zusammen klaubte und wieder zu dem Ritter wurde. Der Knappe war es nicht gewohnt, damit konfrontiert zu werden, dass das Latein der ihm Vorgesetzten auch seine Grenzen hatte oder das ein Ritter vor den Schülern Schwäche zeigte. Der Führungsstil unter den Templern war sehr autoritär und die Fehlerkultur quasi nicht existent. Wer das Kreuz trug, war unfehlbar - eigentlich lächerlich, denn er blieb ein Mensch. Die meisten jedenfalls und auch Vampire waren irgendwann Menschen gewesen. Doch die Ausbilder würden sich niemals eine Blöße geben und so beobachtete Jakob seinen Ritter mit einer Mischung aus Überraschung und Verwunderung. Er konnte schlicht nicht damit umgehen und versuchte es entsprechend auch gar nicht weiter, sondern folgte mit Blick auf seine Füße eilig, kaum das die Tür geöffnet wurde. So lief er auch fast direkt in Jarel hinein, als dieser wieder stehen blieb, um noch einmal das Wort an den Hauptmann zu richten. Gemeinsprache, mal wieder. Er hoffte, dass man ihm die beibringen würde, wenn sie erst in Jarels Komturei waren. Es begann ihn zu nerven, dass er daneben stand und nichts checkte.
Was er allerdings bemerkte, war Jarels Reaktion auf den Mann - irgendwas an dem Soldaten ließ den Ritter innehalten, ja geradezu erstarren. Dann blickte er versichernd zu ihm, nur um sich wieder dem Hauptmann zuzuwenden. Es brachte Jakob dazu, diesen steifen Menschen mit den eisblauen Augen ebenfalls noch einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Wirkte er verändert? Ein wenig gelöster vielleicht, aber sonst noch immer so unnahbar wie zuvor in der Zelle. Dennoch starrte er den Mann wohl mal wieder einige Momente zu lange mit jenem Blick an, den auch dieser an sich hatte. Bis er sich selbst los riss und Jarel fast schon vor sich her schob, um diesem Verließ endlich zu entkommen. Auch er wollte zurück, sich versichern, dass es Aria wirklich gut ging.

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