In Nubgorod (Noobtown)

Kordon liegt am äußersten Rand der Zone und wird vom Militär bewacht. Die meisten Anfänger halten sich erst eine Zeit lang in Kordon auf bis sie genug Waffen und Mut haben tiefer in die Zone vor zu dringen.
Benutzeravatar
Jessica Voss
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 21
Registriert: Dienstag 4. Januar 2022, 03:01
Lebenslauf:

Wickie und die starken Männer? Ernsthaft? Gott,... wie alt war die Serie? Und wieso kannte ein verdammter Russe,... nein, Slowene oder Kroate wohl eher dem Namen nach. Wieso kannte so einer diese alte Serie? Oder meinte er sich und seine Stalker-Truppe mit den starken Männern? Wäre ein seltsamer Zufall. Aber sicher nicht so gruselig, wie sich vorzustellen, dass die Sahneschnitte dort vor ihr, in seiner Freizeit, im Schneidersitz mit der Nase am Fernseher klebt und Kinderserien schaut.
"Nenn mich, wie du willst, Kovac." sagte sie völlig gleichgültig. "Man hat mir schon schlimmere Namen gegeben als Püppchen. Und letztendlich sagt es mehr über euch Kerle aus, als über mich."

Sie folgte seinen in die Umgebung weisenden Handbewegungen mit dem Blick und hörte aufmerksam zu. Tatsächlich musste sie Kovac zustimmen. Überall wo man hin schaute, konnten sogleich Gefahren für Leib und Leben auf einen warten. Das hatte sie in den letzten zwei Tagen nur zu deutlich erleben müssen. Und das war nur der Rand dieser seltsamen Zone gewesen! Wenn Kovac sagte, dass man hier froh sein konnte, einen weiteren Tag überlebt zu haben, dann glaubte sie ihm dies ohne jeden Zweifel.

Ihr Blick blieb an der militärischen Präsenz voraus haften. Sie hob die Kodak an und schaute durch das vergrößernde Objektiv, um mehr Details erkennen zu können. Eine Barriere aus Sandsäcken, Stacheldraht, alten Möbeln und Fässern. Dahinter standen zwei Männer Wache, lässig rauchend an eine Wand gelehnt. Weiter hinten konnte man den Schein eines Lagerfeuers erkennen. Vermutlich die Wachen, die gerade nicht im Dienst waren. Alles in allem eine recht ärmliche Befestigung. Und dies war offizieller Militärgrund? Das hielt Jessie für äußerst unwahrscheinlich und nahm sich vor, Kovac später über die maroden Zustände des russischen und ukrainischen Militärs auszufragen.
Der erhöhte Bahndamm war jedenfalls das perfekte Hindernis, um jeden durch die Unterführung zu zwingen. Allerdings war er jetzt auch nicht so steil, als dass man ihn nicht hätte erklimmen können. Mit einem Bolzenschneider oder einer stabilen Kneifzange wäre auch der Stacheldraht, der links und rechts die Schienenstrecke flankierte, kein Problem. Dass gerade dort oben eine Vielzahl gefährlicher Anomalien präsent waren, die nahezu jeden Versuch, den Damm zu überwinden tödlich enden ließ, konnte Jessica allerdings nicht wissen. Und so fragte sie sich, warum man die Unterführung so streng bewachte. Naja, Wachposten machten in den seltensten Fällen irgendeinen Sinn, wenn man das zu bewachende Areal verglich. In der Regel ging es nur darum, Präsenz zu zeigen.

Kovac nannte einen Namen. 'Ochotnik'. Klang markant und wichtig. Und war vielleicht eine Spur, der man später nachgehen konnte. Sie war auch überzeugt davon, diesen Namen bereits bei ihren Recherchen um die Stalker gelesen zu haben. Aber wenn, dann hatte es nicht viel gegeben, was mehr Licht auf die Sache geworfen hätte.
Sie hob eine Braue, als Kovac sagte, sie hätten noch keinen Deal und dass er sie nur für den defekten PDA ausrüsten und nach Pripyat bringen würde. Diese Einstellung empfand die Reporterin als noch weniger vertrauenswürdig, als jemanden, der Mondpreise für seine Dienste verlangt hätte. Altruismus war nun wirklich das letzte, was sie hier von den dreckigen, harten Männern erwarten würde. Gerade wollte sie ihre Skepsis zum Ausdruck bringen, da warf er ihr etwas zu. Sie war so überrascht, dass sie das Objekt beinahe nicht gefangen hätte. Und als ihr Strahlungsdetektor an der Brust anfing, leise vor sich hin zu knattern, hätte sie dieses merkwürdige Ding beinahe vor Panik wieder von sich geschleudert. Glücklicherweise war die Neugier stärker, als der Drang, sich des möglicherweise gefährlichen Objekts zu entledigen. Und dann setzte auch das Hirn wieder ein und Jessie realisierte, dass der Detektor nur geringe Mengen Strahlung maß. Nicht viel mehr, als die eh bereits erhöhte Umgebungsstrahlung und kaum gefährlicher, als eine dieser alten Uhren, deren Ziffernblätter mit Radium-226 versehen worden waren.

Voller Staunen wog sie das Artefakt in ihren Händen. Obwohl es nicht größer als ein Golfball war, hatte es ein recht hohes Gewicht. Die seltsame Haptik, mit Mischung aus Weichheit und Festigkeit, war ein wenig verstörend. So, als wenn das Objekt sich in einem stetigen Wandel befand. Dass es leicht von innen heraus leuchtete, machte die ganze Sache bezüglich der Radioaktivität nicht gerade vertrauenserweckender. Sie schluckte schwer bei dem Gedanken, dass es sich vielleicht um einen Teil des sogenannten 'Elefantenfußes' handeln konnte. Dieses unförmige Gebilde aus reinem Corium befand sich laut Photos und Videos im Keller des havarierten Reaktors. Und seine Nähe war wohl, gleich nach einem aktiven Vulkan oder zehn Kilometern unter dem Meer, der tödlichste Ort der Welt.
Beinahe schon verträumt flüsterte sie, ohne den Blick von dem Artefakt zu nehmen.
"Was ist das? Sowas habe ich noch nie gesehen."

Dann riss sie den Blick von dem Objekt los und schaute ihren Führer in Spee nickend an. Widerwillig gab sie ihm das Artefakt zurück.
"Das ist es, was hier alle suchen? Ist es also nichts anderes, als ein atomares Klondike? Eine Art Goldrausch?"
Sie hatte so viele Fragen! Was machte das Zeug? Woher kam es? Wie baute man es ab? Wer hat es zuerst entdeckt? Und tausende mehr. Was Kovac nicht mit Worten geschafft hatte, vermochte dieses kleine Ding nun innerhalb kürzester Zeit zu erledigen. Ihre Neugier in unbekannte Höhen zu katapultieren, die jede Vorsicht und logisch-rationales Denken über Bord warf. Und anstatt die wirklich wichtigen Fragen zu stellen, begnügte sie sich momentan mit einem:
"Kann ich ein Photo oder Video davon machen?"
Eine Hand griff bereits nach der Kodak, die andere kramte nach ihrem Handy, in der Hoffnung, dass der Akku noch lang genug halten würde, um ein kurzes Video von dem pulsierenden Glühen machen zu können.

Dann hatte sie sich auch schon entschieden. Sie wusste nicht, was Kovac in Wirklichkeit wollte. Es schien ihm nicht in erster Linie um das Geld zu gehen. Und seine Bereitwilligkeit ihr auszuhelfen war verstörender, als die abweisende Haltung des Wolfs zuvor. Wollte der Typ ihr vielleicht an die Wäsche? Zur Not würde sie auch diese Währung einsetzen, zumal er nicht wirklich schlecht aussah. Oder wartete er nur darauf, diesen Starik zu holen, damit er einen Helfer hatte, der sie entwaffnen und festhalten konnte? Seltsamerweise traute sie dem Kerl sowas nicht wirklich zu. Aber auch wenn slawische Menschen nur schwer ihre Gefühle zeigen oder auch verbergen konnten, gab es doch gute Schauspieler unter ihnen. Wenn Jessica eins in ihrer Zeit als Auslandsreporterin in Osteuropa und Russland gelernt hatte, dann dass man kaum jemandem vertrauen konnte. Und das würde sie auch nicht. Sie würde stets wachsam in der Nähe der beiden Männer bleiben. Für Ruhephasen und den nötigen Schlaf musste sie sich noch was einfallen lassen. Aber trotz all dieser Probleme und Unsicherheiten war ihre Neugier geweckt. Die Hoffnung, dass Kovac es ernst meinte und das Wissen und Können hatte, sie tiefer in die Zone zu bringen.

Sie ließ die Kodak los und kramte stattdessen nach Krens defektem PDA. Ohne zu zögern reichte sie Kovac diesen.
"Eins muss ich dir lassen, Kovac. Für einen raubeinigen Kerl bist du ganz gut mit Worten. Abgemacht! Du bringst mich nach Pripyat und ich werde mich benehmen und versuchen, dich nicht zu sehr mit Fragen zu löchern. Dort angekommen, erhältst du einen Teil des Geldes, sofern wir eine Netzverbindung bekommen können. Und danach entscheide ich, ob ich dir zutraue, mir für mehr Geld mehr Details zu liefern."

Wieder blickte sie zu der Unterführung und runzelte die Stirn. Der Drang einfach voraus zu gehen und damit Tempo und das Sagen zu bestimmen, war groß. Aber die trotzige Zicke zu spielen, würde nur ihrem eigenen Ego gut tun, nicht ihrem angespannten Verhältnis zu ihrem Führer.
"Also? Wie gedenkst du, durch den Wachposten zu kommen? Klettern und daran vorbei oder gibt es noch andere Durchgänge?"
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Er grinste, als er die Gedanken förmlich auf ihrem Gesicht sah, auch wenn er nicht erriet was sie dachte. Tatsächlich kannte er die Serie, schlecht synchronisiert, oder besser drüber gesprochen ohne die original Tonspur vollkommen auszublenden. Und es gab auch nur immer einen Sprecher, egal ob ein Kind, ein Mann oder eine Frau sprachen. Da wären sogar Untertitel besser gewesen.
"Dann bleibt es bei 'Püppchen', Püppchen. Sei dir sicher, es gibt auch hier schlimmere Namen. Dass alle Anfänger so rumzicken müssen..." Er schüttelte den Kopf.
Aber dass Frauen immer alles umdrehen musste... 'das sagt mehr über euch als über mich' - 'Und was? Was sagt es? Ach Fick dich doch! - Das sag ich dir'. Aber er tat gut daran, das nur zu denken.
Er sah ihr statt dessen zu, wie sie durch ihr Objektiv blickte. Sollte sie nur. Sollte sie Fotos machen, er wusste welche Auswirkungen die Strahlung auf einen Speicherstick hatte, auch auf Digitalfotos und Filme. Diese Sache würde sich von selbst erledigen. Und selbst wenn nicht, er würde wissen nachzuhelfen. Es ihr jetzt zu verbieten machte ihn nur verdächtig.
"Ich bin mir nicht sicher, ob das schon einen Namen hat, aber Effekt hat es keinen mehr. Hab schon mal eines gefunden, der hat die schönsten Träume beschert. Und ja, hinter dem Scheiß sind hier alle her. Manches ist ein Vermögen wert, manches nicht die Kugeln die du verschwendest um ranzukommen. Aber so ist das nun mal."
Zum Glück stellte sie nicht alle Fragen auf einmal sondern nur die wichtige. Nicht mehr als ein atomarer Goldrausch. Ganz genau darauf lief es hinaus.
Er zuckte nur mit den Schultern. "Mach ruhig."
Er achtete nur darauf, nicht seine Hand im Bild zu haben. Er wußte wozu moderne Software in der Lage war. Ein Foto von einer Hand, daraus einen Fingerabdruck generieren... Manche mochten glauben, das existierte nur im Film, aber er wußte dass so über unbedacht in TikTok gepostete Schnappschüsse schon Betrüger überführt wurden.
Und ein wenig wurde ihm klar, wie kompliziert es war, sich nciht um Kopf und Kragen zu reden, sich nicht zu verplappern, zuzugeben, dass er zu viel wusste.
Sie kannten alle Artefakte, wenn er eines nicht kannte war das ungewöhnlich, aber ein normaler Stalker? Für den musste das Alltag sein, der katalogisierte die Dinger auch nicht.
Kovac war noch unerfahren in verdeckten Ermittlungen und in der Kaserne hatte alles noch total cool und einfach geklungen. Jetzt stellte er fest, dass man dazu einen extrem wachen Verstand brauchte, fokussiert sein musste und sich nicht ablenken lassen durfte. Man musste immer jeden Kommentar genau abwägen, auch dessen Folgen, nicht impulsiv drauflos plappern...
Er hoffte, er kam mit improvisieren genauso gut durch wie Slava. Es konnte doch wohl nicht sein, dass einer wie der all das im Kopf ausrechnete?
Er nickte aber nur.
"Meinetwegen. Und wir gehen aussenrum. Manchmal klappt es die dort zu schmieren, mit Drogen oder Geld... manchmal klappte es aber auch nicht, und ich habe keine Ahnung wie die drauf sind wenn die ne Frau sehen... Es gibt aber nen Durchgang, den kontrollieren sie nicht, du wirst auch sehen warum. Und eh du dran denkst obenrum zu klettern, wenn du vorher schon über deinen Geigerzähler erschrocken bist, dort oben..." Er machte eine Geste, mit zwei Fäusten, die sich schnell öffneten, er meinte etwas wie eine Explosion, hatte kein Lust genauer zu erklären.
"Der Durchgang wird gleich die erste Übung. Wenn du dich genauso bewegst wie ich überlebst du es."
Er meinte die Unterführung, die aus gutem Grund von der Armee nicht bewacht wurde. Aber letztlich wusste jeder, dass es einige hindurchschafften, andernfalls hätte das Lager im Kordon kaum einen Sinn gemacht. Aber es kostete auch fast genauso viele Leben. Die Elektoanomalie darin hatte einen bestimmten Rhythmus und hatte sich - und das war doch erstaunlich - schon seit unzähligen BlowOuts nicht bewegt und verändert. Ein Stalker hatte irgendwann einmal den Rhythmus durchschaut, wie vielen er dazu beim Sterben zugesehen hatte wusste keiner. Aber über einen gewissen Strelok war dieser Tipp auch zu ihnen gelangt.
Dorthin führte er Jessica nun.
Auf dem Weg schwieg er, auch wenn die paar Schritt noch halbwegs ungefährlich waren... die Straße entlang, ein kurzer Blick zur LKW-Werkstatt, ob sich Banditen draußen herumtrieben, dann weiter. Ansonsten musste man sich hier fast nur vor Hunden in Acht nehmen, aber auch die waren nicht ohne. Weiter.
Immer wieder die Prozedur, ein Stück gehen, umsehen, lauschen, weiter. Einigen Anomalien, kleineren Karussellen wich er aus, er wusste auswendig wo die waren noch ehe der Detektor anschlug. Trotzdem hatte er ihn draußen und blickte immer wieder drauf, längst glaubte er nicht mehr daran, dass sie sich nur mit dem BlowOut veränderten. Man war hier besser mehr als vorsichtig.
Und dann hatten sie auch schon die Unterführung erreicht. Auch hier zögerte er, wartete ab und blickte zuerst auf den PDA. Es waren keine Signaturen in der Nähe, keine Lebenden und auch keine Toten, die sich bewegten, das war schon mal ein gutes Zeichen.
"Gut. Sieh genau zu was ich mach, wohin ich trete und worauf ich stehenbleibe und präge dir ein wie schnell ich gehe. Ich warte drinnen auf dich und sage dir wann du losgehen kannst. Verstanden?"
Auf ihre Bestätigung hin wartete er die erste Entladung an und ging dann los, zügig ohne zu rennen, am Rand entlang, dann sprang er auf den Betonklotz und vor dort auf das Rohr und wieder auf den Boden, zur anderen Seite bis zum Container.
Dort wartete er, drehte sich um, wartete auf die nächste Entladung.
"Und jetzt los."
Benutzeravatar
Jessica Voss
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 21
Registriert: Dienstag 4. Januar 2022, 03:01
Lebenslauf:

Sie nickte Kovac dankbar zu, holte ihr Handy hervor und schaltete es an. 12%. Null Empfang. Ob sie ihren Führer nach einer Powerbank oder Ähnlichem fragen konnte? Sollte? Vielleicht später, wenn sie sich besser kennen gelernt hatten. Noch reichte der Saft im Akku. Zumindest für ein paar kurze Videos. Und davon machte sie nun eins, welches das pulsierende Glühen des Artefakts festhielt. Danach schaltete sie das Gerät wieder aus und verstaute es sorgsam in der Beintasche ihrer Hose.

Interessiert hörte sie Kovacs Schilderungen bezüglich der Artefakte zu, während sie weitergingen. Es gab also viele verschiedene Varianten von dem Zeug? Alle mit anderen Eigenschaften? Das hörte sich nach extremem Sci-Fi-Shit an! Stufe 10 auf der Enterprise-Skala. Woher kam das Zeug wohl? Wenn es radioaktiv war, lag die Reaktorexplosion natürlich nahe. Vermutlich wusste niemand so genau, was im Inneren eines Atomreaktors wirklich vor sich ging. Die Wissenschaft tat immer so aufgeklärt, musste aber, wenn es um quantenmechanische Vorgänge ging, mit Erklärungen klein bei geben. Manche Dinge konnte man nicht beobachten, ohne sie dadurch zu verändern. Gab es eine Verbindung zwischen Radioaktivität und Quantenmechanik, die physikalische Gesetze beugen konnte? Die Liste der Experten, die sie bei ihrer Rückkehr nach Deutschland aufsuchen musste, wurde länger und länger und bestand zu einem Großteil bereits aus Wissenschaftlern.
Sie schmunzelte, als Kovac von einem Artefakt erzählte, dass ihm die schönsten Träume beschert hatte.
"Die schönsten Träume? Wie sah sie denn aus?"
Sie zwinkerte ihm mit einem Lächeln zu. Sie wollte ihn mit der Frage nicht verhöhnen oder reizen. Einfach nur ein kleiner Spaß zwischendurch, der hoffentlich die Kluft zwischen ihnen schmälern konnte.

Der Weg zur Unterführung war nicht lang, aber Jessie empfand es als unglaublich nervig, immer wieder zwischendurch anzuhalten, auch wenn sie die Notwendigkeit dieser ganzen Vorsicht durchaus verstand. Das Gefühl, nicht voran zu kommen, war dennoch wie ein ungemütlicher Druck in ihrem Hinterkopf. Sie hatte nun Blut geleckt und war einfach viel zu aufgeregt und ungeduldig, um einfach nur untätig irgendwo herum zu stehen. Dennoch riss sie sich am Riemen und folgte jeder Anweisung ihres Führers. Immer wieder blickte sie bei einem Stopp durchs Objektiv der Kodak und suchte die Umgebung nach Gefahren oder interessanten Dingen ab. Einmal sah sie sogar ein Rudel dieser mutierten Hunde. Allerdings führte es diesmal keines der größeren Exemplare an. Sie deutete Kovac die Richtung. Der nickte nur und behielt die Tiere für eine Zeit lang noch im Auge. Das Rudel drehte aber in eine andere Richtung ab und stellte für den Moment keine Gefahr mehr dar.

"Wo treffen wir denn deinen Kameraden, von dem du gesprochen hast?" durchbrach sie die langsam ungemütlich werdende Stille zwischen ihnen, achtete aber darauf, nicht zu laut zu sprechen.
"Habt ihr ein Lager hinter dem Bahndamm? Operiert ihr nahe Pripyat? Seid ihr nur Goldgräber,... äh,... Artefaktjäger? Oder macht ihr auch noch andere Dinge?"
Sie verzog ein wenig verlegen das Gesicht.
"Entschuldige den Schwall an Fragen. Berufskrankheit."
Noch ein Zwinkern, dann war sie erst einmal wieder still. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass an dem Kerl mehr dran war, als dass er nur ein Glücksjäger war. Er verhielt sich zu,... hmm,... zu kompetent? Etwas an seinen Bewegungen und Handlungen hatte etwas militärisches an sich. Naja, wohl kein Wunder. Jessie vermutete, dass ein Großteil dieser Stalker Ex-Militärs waren. Allerdings konnte sie nicht einschätzen, ob Kovac nur als normales Kanonenfutter oder vielleicht in einer Spezialeinheit, wie den SpezNas gedient hatte. Dafür hatte sie ihn noch nicht in Aktion gesehen.
"Du warst mal bei der Armee, oder?" platzte es aus ihr heraus, ohne dass sie es wirklich kontrollieren konnte.

Dann waren sie an dem Durchgang im Bahndamm angekommen.
Während Kovac seinen PDA konsultierte, spähte Jessie mit nervösem Blick in die Unterführung. Sie konnte schemenhaft Leichen dort drinnen erkennen. Menschen und Tiere, die versucht hatten, den Tunnel zu durchqueren und entweder nicht mit der von ihrem Führer angesprochenen Anomalie gerechnet, oder ihr Geschick im Umgang mit dieser überschätzt hatten. Was Jessica nicht wusste war, dass hier schon viel, viel mehr Leute umgekommen waren, als die geringe Anzahl an Leichen vermuten ließ. In der Regel konnten sich die Todgeweihten noch ein Stück weiter schleppen oder wurden von der Anomalie wie ein Spielzeugpüppchen fortgeschleudert. So konnten sich Tiere um die Leichen kümmern. Oder Stalker und Banditen, die sich in regelmäßiger Gewohnheit daran machten, mit langen Haken an Stäben und Stielen nach den Toten zu angeln, sie zu sich zu ziehen und ihre Wertsachen für sich zu beanspruchen. Auch dabei gab es oft Tote und Verletzte, wenn jemand die Reichweite seines Stabes überschätzte, oder dieser so schnell aus der Hand gerissen wurde, dass das Gelenk wie ein dünner Ast dabei brach.
Für Jessie war der Anblick der fünf sichtbaren Leichen allerdings mehr, als genug. Sie schluckte schwer und je länger sie in den bedrohlichen Schlund der Unterführung schaute, desto unbehaglicher wurde ihr. Der Durchgang maß etwa 20,... maximal 30 Meter. Und es fiel noch genug Licht hinein, um alles zumindest einigermaßen auszuleuchten. Dennoch kam es der Reporterin so vor, als stünde sie vor dem Eingang des Elbtunnels. Oder als ob sie dieser Larry-Typ in Stephen Kings Buch 'The Stand' wäre, der sich seelisch darauf vorbereitete, sich durch den stockfinsteren, leichenübersäten Lincoln-Tunnel zu arbeiten.

Schweiß lief ihren Rücken hinunter, als sie Kovac dabei zuschaute, wie er abwartete und zählte. Der klare, sonnige Spätnachmittag hatte sich bewölkt und die Luft viel zu schwül für ihren Geschmack gemacht. Es dämmerte bereits, was die Sicht in die Unterführung hinein mit jeder Minute schlechter werden ließ.
Dann, nach einem kurzen Zischen der Luft, setzte sich ihr Führer in Bewegung. Es war ein wenig, als schaute man einem Kind bei einem Himmel-oder-Hölle-Spiel zu. Vermutlich war das eine bessere Analogie, als sich Kovac mit einem roten Klempneroutfit, Mütze und dichtem Porno-Bärtchen vorzustellen. Wie sich wohl Russisch mit italienischem Akzent anhören mochte?

Dieser Gedanke war zwar belustigend, konnte sie aber nicht von der imminenten Gefahr ablenken. Die Luft in der Unterführung schien an einigen Stellen zu knistern und zu wabern. Ganz ähnlich der Anomalie bei dem alten Bauernhaus, bei derem Gedanken der Reporterin noch jetzt die Schulter schmerzte. Kovac war am anderen Ende angekommen und rief ihr zu, sich bereit zu machen. Jessie holte tief Luft und spannte ihre Muskeln an, wie eine olympische Kurzstreckenläuferin, kurz vor dem Startschuss. Dabei musste sie gar nicht rennen. Kovac war auch nur zügig gegangen.
"Und jetzt los!" rief er ihr plötzlich zu. Mit einem Ruck setzte Jessie sich in Bewegung. Je weiter sie sich in die Unterführung vor wagte, desto dramatischer knatterte ihr Strahlungsdetektor drauf los. Das hätte sie beinahe direkt wieder zurück weichen lassen. Aber sie nahm all ihren Mut zusammen und ging weiter vorwärts. Wer wollte schon Kinder haben? Störten nur bei der Karriere!

[91/100] Glücklicherweise hatte die Reporterin ein sehr gutes Gedächtnis und konnte jeden Schritt, den ihr Führer gemacht hatte, haargenau so nachahmen. Erst an der Wand entlang, als wenn sie sich auf dem schmalen Sims eines Wolkenkratzers befand. Gut, Kovac hatte sich nicht an die Wand gedrückt, aber sicher war sicher, oder? Der Sprung auf den Betonklotz war ebenfalls ein Kinderspiel. Das Rohr war zum Glück schwer und stabil. Entgegen Jessies Befürchtung, rollte es keinen Milimeter zu einer Seite, als sie mit den schweren Kampfstiefeln darauf balancierte. Breit grinsend sprang sie davon ab und landete - ein wenig stolz auf sich selbst - direkt vor Kovac.
[2/100] Allerdings hatte es hier drinnen wohl einmal ein Feuergefecht gegeben. Der Boden war stellenweise mit alten Patronenhülsen übersät. Und eine solche Stelle traf Jessies Stiefel, als sie auf dem Boden aufkam. Der sichere Stand entglitt ihr, Hülse und Dreck sprühten in die Luft und langsam beugte sich ihr Körper nach hinten durch, vom Gewicht des Rucksacks zusätzlich zu Boden gezogen. Währenddessen ruderte sie verzweifelt mit den Armen, um ihr Gleichgewicht zurück zu erlangen. Sie musste gerade so lächerlich aussehen, schoss es ihr zusammenhanglos durch den Kopf. Die Welt um sie herum verlangsamte sich zu einer Zeitlupe. Das stakkatoartige Knattern des Detektors an ihrer Brust erschien ihr, nun im Augenblick der Gefahr, nur noch wie der ruhige Takt einer Trommel. Sie konnte die statische Elektrizität spüren, die sich hinter ihr entladen wollte. Sie konnte fühlen, wie ihre Haare sich eigenständig in eben diese Richtung bewegten, als wäre sie eine Taucherin unter Wasser.

Ein weiterer Schritt nach hinten und die Anomalie würde sie wie einen Sonntagsbraten verschmoren und wie ein Spielzeug herum schleudern.
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

"Schalt das WLAN aus, und die Mobilen Daten... hier bekommst du eh keinen Empfang das saugt dir nur den Akku leer."
Gab er ihr einen Tipp, er hatte erst ein wenig darüber nachdenken müssen, tat es dann aber doch. Dass in Pripyat immer noch der Strom floss und dass keiner so genau sagen konnte warum, und sie dort auch wieder laden konnte, das würde sie wohl noch früh genug sehen.
Und sie wollte allen ernstes Wissen, wovon die schönsten Männerträume handelten. Kovac konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, aber sie zwinkerte immerhin.
"Wovon schon? Schnaps, ein Lamborghini, eine deutsche Autobahn und keine Miliz weit und breit... Und Titten, jede Menge Titten." Jetzt zwinkerte er. Wovon er wirklich träumte würde er ihr nicht verraten. "...oder wovon träumst du. Sag mir allen ernstes, dass Frauen nie von Schwänzen träumen!"
"...und Starik treffen wir... er blickte kurz auf seinen PDA, das Signal näherte sich ihnen und er deutete drauf "Da... er ist bald beim Bahnhof. Wenn wir schnell sind wohl bei der Müllhalde... vielleicht wartete er aber auch beim Bahnhof und säuft dort mit den Jungs." Den PDA steckte er wieder weg.
"Operieren..." wiederholte er. "...das klingt so hochprofessionell. Wir sind keine Ärzte. Wir sind... Stalker eben, und was man als Stalker so tut... Wir sammeln was nicht festgeschraubt ist... wobei, auch das manchmal. Wir bekommen Aufträge und dann holen wir's, egal von wem. Und wenn wir es in einem Labor abschrauben oder aus ner Anomalie ziehen müssen. Egal. Deswegen. Wir sind einfach nur Stalker. Irgend'n Witzbold hat mal gemeint, das wär ein Dings... Akkor... so ne Abkürzung. Warte mal... das war englisch... Mir fällt's noch ein..." Er zählte die Begriffe an den Fingern ab. "Soldier? Nein... Scavenger, Trespasser, Adventurer, Lover..." Wieder zwinkerte er. " Nein... Loner, Killer, Explorer und Robber. Du kannst sicher Englisch." Er selbst hatte de Begriffe mit einem fürchterlichen russischen Akzent ausgesprochen. "In Wirklichkeit heißt der Beruf immer schon so." Natürlich kannte er die eigentliche Etymologie des Begriffes. Aber zu viel zu wissen passte eben nicht zu seiner Legende. "In erster Linie sind's aber arme Schweine. Die meisten haben ihr Leben draußen nicht auf die Reihe gebracht, haben Schulden, saßen im Knast oder beides. Das ist die Zone noch besser. Ich brauch einfach die Kohle, und wenn ich sie hab... ab in den Westen. Man darf aber nicht gierig werden sonst holt einen die Zone."
Er redete recht viel, aber eigentlich war er auch nicht der Stille und in sich gekehrte Typ, war er nie gewesen. "Und jeder Russe war bei der Armee. Bei uns gibt es keine Verweigerer."
Die gab es natürlich, aber es war, und vielleicht nicht nur für ihn, nicht üblich. Dass die Wehrpflicht in Deutschland zur Gänze abgeschafft worden war, das wusste er natürlich beruflich auch, aber als Stalker hatte er davon keine Ahnung. Insgesamt begann es für ihn jedoch langsam kompliziert zu werden. Die zwei Identitäten, so stellte er fest, waren unter Kollegen nie zur Sprache bekommen, und andere Stalker stellten selten so viele Fragen und prüften die Antworten auch noch später auf Kohärenz, er würde es noch schwer haben mit dieser Frau und ein wenig bereute er es schon.

In der Unterführung beobachtete er, wie sie seinem Schritt folgte, sie machte ihre Sache recht ordentlich, bis sie dann bei ihm war und fast ausrutschte. Er hätte sie auch fallen lassen können, denn an der Stelle war der Tunnel zwar zur vollen Breite frei, aber sie stand ungünstig am Rand und natürlich konnte man sich auch allein durch den Sturz verletzen, und retten war immerhin heldenhaft, nicht?
Er erwischte einen Riemen ihres Rucksacks und zog sie wieder in die Senkrechte, womit sie nun sehr nahe bei ihm stand. Eine Situation, die man hätte ausnutzen können, aber nach Machtspielchen war ihm nicht und an Sex dachte er in der Zone tatsächlich eher selten.
"Aufpassen, Püppchen. Sonst waren meine ganzen Antworten umsonst und ich werd nie berühmt." Er grinste.
"Weiter."
Das gleiche Spiel noch mal, er führte sie, immer noch am Rucksackriemen gepackt, um die Container herum, in der anderen Hand das Sturmgewehr im Anschlag. Er spähte zuerst nach draußen, da war sonst niemand. Aus dem Tunnel raus und gleich einer Bande an Hunden in die Arme zu laufen - vier oder zweibeinige, egal, beides wäre mehr als unangenehm gewesen.
Er ließ sie los und ging wieder voran, zügig. Draußen sicherte er die Umgebung, blickte zurück und gab das Kommando. "Und los."

Danach kamen sie an Ruinen vorbei, und es ging einen Abhang hoch, dahinter lag ein Sperrzaun mit einem großen verrosteten Tor, einst war es grau lackiert und ein großer Sovjetischer Stern prangte noch immer in der Mitte.
"Zum Glück grade in der Hand der Stalker. Wären es Banditen, wir müssten und durchschießen." er deutete auf die Barriere. Dort bewegten sich Personen und auf seinem PDA leuchteten kleine Punkte.
Benutzeravatar
Jessica Voss
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 21
Registriert: Dienstag 4. Januar 2022, 03:01
Lebenslauf:

Die Zeit dehnte sich, wie ein Kaugummi. Und man sagte, dass in solchen Situationen das Leben an einem vorbei zog. In diesem Fall kamen Jessica allerdings nur einige unzusammenhängende Gesprächsfetzen in den Sinn, die sie mit Kovac zuvor noch geführt hatte. Wie ein Flashback dachte sie über diese Gespräche und ihre Gedanken nach, während sie langsam nach hinten, direkt in die Elektroanomalie fiel.

-
--
---

'Jede Menge Titten' hatte er gesagt. Immerhin hatte er nicht von großen Titten gesprochen. Jessie war dahingehend nicht sonderlich reichlich bestückt. Sie war eher schlank und athletisch mit einer kleinen Körbchengröße. Und wenn sie eines aus ihrer Erfahrung im Umgang mit Männern gelernt hatte, dann war es eine ganz einfache, mathematische Formel. Die gewünschte Tittengröße stand in der Regel im antiproportionalem Verhältnis zum Intelligenzquotienten des Wünschenden. Was Jessie durchaus Recht war. Immerhin wurde sie damit von vorn herein von all den Neanderthalern ausgesiebt und nicht beachtet, für die kulturelle Bereicherung ein Wet-T-Shirt-Contest am Ballermann war.
"Klar träumen wir auch." antwortete sie ihm. "Auch SOLCHE Träume."
Er warf ihr grinsend einen Seitenblick zu und Jessica rollte seufzend mit den Augen.
"Ja, auch von Schwänzen! Wobei ihr da irgendwann mal was in den falschen Hals bekommen habt. So größenfokussiert sind wir nicht."
Sie deutete auf ihre AK.
"Man kann auch mit einem kleinen Kaliber sein Ziel erreichen, wenn man es geschickt anstellt."

Neugierig lauschte sie seinen Ausführungen, was Stalker so machten und woher der Name eingentlich herrührte. Sie musste gegen ihren Willen schmunzeln, als Kovac sich einige Male verhaspelte und überhaupt war es so typisch für Männer,... gerade in der Armee, allem eine Abkürzung aufzwingen zu müssen. Wenn sie daran dachte, wie sie oftmals über die irrsinnigen Abkürzungen lachen musste, die ihr Vater zum Besten gegeben hatte, wenn er über das Leben bei der Marine sprach.
ABCAZBw, die ABC-Auswertezentrale der Bundeswehr, die wohl mit Kampfstoffen zu tun hat und weniger damit, Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen.
Oder MAD, der militärische Abschirmdienst. Das Wort für Geheimdienst, weil Abschirmdienst ja soviel mehr Sinn macht. Und mad - also verrückt - war dort wohl auf alle Fälle jeder.
Ebenso, wie die Klassiker, die bereits vor langer Zeit aus den Vorschriften gestrichen worden waren, aber noch immer unter den Soldaten die Runde machten. 'Falle-Schnapp-für-Kleintier-Grau' als Bezeichnung für eine Mausefalle war so ein Highlight.
Oder für Leute mit schwarzem Humor kam 'Sack-Latex-für-Soldat-Totalausfall' auch nicht schlecht.

---
--
-

Der Flashback brach ab, als sie einen Ruck an ihrer Schulter spürte und die Zeit sich für sie wieder normalisierte. Kovac hatte sie am Riemen des Rucksacks gepackt und zu sich gezogen. Etwas verlegen trat sie auf der Stelle und senkte den Blick zu Boden, während ihr Herz nur langsam wieder normale Schlagfrequenz annehmen wollte. Was ein Scheiß! Klar war sie froh, dass Kovac sie gerettet hatte, aber verdammt nochmal! Jetzt stand sie noch mehr in seiner Schuld und die Chance, letztendlich das Ruder an sich zu reißen und bestimmen zu können, wohin es ging und was er für sie tun und lassen sollte, schwand immer weiter dahin.
Sie stand ihm so nahe, dass er ohne weiteres die Arme hätte um sie schlingen können. Aber er benahm sich und nutzte die Situation nicht aus, was sie ihm hoch anrechnete. Für einen Kerl, der in der Wildnis lebte und sich schwer bekleidet, ebenso schwer körperlich ertüchtigen musste, roch er nicht einmal schlecht, fiel ihr auf, da sie ihm so nahe stand. Sie hatte eigentlich erwartet, dass ihr der Geruch nach altem Schweiß und über die Haut ausgedünstetem Alkohol entgegen wabern würde.
Erneut senkte sie den Blick verlegen zu Boden. Nicht, weil die Situation, nahe bei ihm zu stehen, peinlich gewesen wäre. Sondern weil sie ärgerlich auf sich selbst war. Es war nur etwas mehr, als vierundzwanzig Stunden her, dass ihr Freund, Gefährte und Liebhaber auf brutalste Weise gestorben war und hier stand sie nun und verhielt sich wie ein lechzender Teenager. Wann war sie solch eine Bitch geworden? Oder war es die Angst und Verzweiflung, die sie hier, in dieser abgefuckten Zone ständig spürte? Der animalische Instinkt, der langsam in den Vordergrund trat und den man sonst nur den Männern nachsagte?

Sie versuchte etwas Abstand zwischen Kovac und sich selbst zu bringen, doch er hielt sie weiterhin am Schulterriemen des Rucksacks fest. Nicht dominant, sondern weisend. Nur deshalb ließ sie diese weitere Peinlichkeit über sich ergehen. Sie wäre um ein Haar schon zuvor in diesem Tunnel umgekommen. Sie musste auf seine Führungsqualitäten vertrauen und wenn es bedeutete, sich wirklich 'führen' zu lassen, dann war es eben das, was geschehen musste.

Endlich waren sie aus der Unterführung hinaus und obwohl es sich nicht um einen langen, tiefen Tunnel gehandelt hatte, schmeckte die Luft am Ausgang doch so viel besser als da drinnen. Der rationale Teil Jessies vermutete, dass der Elektrosmog innerhalb der Unterführung die Luft verpestete, doch der klaustrophobische Teil von ihr, der vor der Durchquerung Angst gehabt hatte, genoss nun einfach wieder die Freiheit. Sie nahm einen langen, gedehnten Atemzug, der sie teilweise beruhigte. Und als Kovac sie ohne ein Wort ihrerseits losließ, entspannte sie sich nochmals sichtlich.

Sie gingen für eine Weile schweigend und sie hing ihren eigenen Gedanken nach.
'Mit den Jungs saufen' hatte ihr Führer gesagt. Also noch mehr Kerle, die mit ihr reisen würden. Sie hoffte nur, dass dieser Starik und die 'Jungs' ebenso anständig sein würden, wie Kovac bisher den Eindruck gemacht hatte. Die Vorstellung, dass ihr Führer sich nur nicht allein an sie heran traute, ließ sie schmunzeln. Sie konnte ein ziemliches Biest sein, das wusste sie. Aber einen ehemaligen Soldaten und vor allem als Frau einen Russen einzuschüchtern,... das war dann doch wohl nur ein Wunschgedanke. Sie wusste, dieser Kovac hatte ein Geheimnis, welches er ihr nicht erzählte. Sie war immerhin Journalistin und wusste meist ganz genau einzuschätzen, wenn jemand etwas sagte oder verschwieg. Aber sie hoffte inständig, dass das Geheimnis ihres Führers kein schreckliches war, welches sie noch bereuen würde.

"Danke." murmelte sie plötzlich vor sich hin und blickte zu Boden.
"Für deine Hilfe da drin."
Das war nur fair, sich bei ihm dafür zu bedanken. Und würde vielleicht ihre geschäftliche Beziehung ein wenig verbessern. Letztendlich hätte sie sich auch ganz offen dafür bedanken können, dass er ihr Leben gerettet hatte. Aber einerseits wollte sie keine SO große Schuld ihm gegenüber eingestehen, wenn sie es nicht unbedingt musste. Und zum anderen,... mal ehrlich! 'Danke, dass du mein Leben gerettet hast!' klang so geschwollen, teenie-haft anhimmelnd und filmreif, dass einem übel werden konnte, oder nicht?
Dann drückte sie plötzlich den Rücken durch, hob stolz das Kinn an und war wieder ganz die professionelle Frau, die sie hier in der Zone sein musste. Ihr Blick wanderte über die Ruinen, blieb kurz auf dem Sowjetstern hängen und richtete sich dann voller Neugier auf Kovacs PDA. Schon seltsam, wie alt diese Technik war und dass sie letztendlich das einzige sein sollte, was hier funktionierte. Aber es war auch logisch. Alte Technik war weniger anfällig für Ausfälle und Störungen. Aus dem Grund hatte man auch damals einen Waschmaschinen-Chip für den ersten Marsrover benutzt.
"Ist das schon der Bahnhof? Sind das deine Leute?"
Benutzeravatar
ERZÄHLER
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 540
Registriert: Samstag 6. November 2021, 15:47
Lebenslauf:

Wenn die jungen Frau auch nur ansatzweise geahnt hätte, auf welchen Typ Frau Kovac stand, oder besser, welche er im speziellen im Auge hatte... vermutlich hätte sie zunächst auch gar nichts begriffen, erst später, wenn sie etwas mehr über die Jäger erfahren hätte. Allerdings wuchs auch der Respekt für seine neue Begleiterin fast minütlich, so dass er bereits begann, nach einem passenderen Namen zu suchen. Ihm war auch schon etwas eingefallen, aber voreilig wollte er sie auch nicht adeln, so sehr er sich gegen den Aberglauben sträubte, den Mut ihm die Stirn zu bieten hatte er dann doch nicht.
...und von großen Schwänzen hatte er nie etwas gesagt, er wusste längst, dass es mehr auf die Technik ankam. wobei es trotzdem hilfreich war, ein Jagdgewehr zu Hand zu haben, wenn ein anderer eine Pistole auf einen richtete, vor allem in den Duschräumen.

Ihm kam auch nicht in den Sinn, dass er sich eben durch mangelnden Körpergeruch verraten haben könnte. Sein Denken reichte nicht weit genug, Natürlich war ihm noch im Gedächtnis, wie abgerissen sein Chef immer herumgelaufen war und wie der zuweilen stank, als hätte er sich in allem gewälzte, was die Zone so am Wegesrand liegen ließ, aber er hatte es immer dessen desolater Psycho zugeschoben und mangelndes Bewusstsein für Körperhygiene als der Tarnung. Ihm war auch nicht klar, und das wohl bis heute, welche Kaliber und Suchscheinwerfer auf ihn gerichtet gewesen waren, und welche Taschenlampen dagegen nur auf ihn... wenn überhaupt.

Und ja, ein wenig hatte er Angst. Weniger vor ihr als Person als vor dem wofür sie stand, die westlichen Medien, die das was sie aus dem Osten hörten oft mehr als frei interpretierten und eigene Geschichten daraus strickten. Und so wurden aus einer Einheit, die dafür sorgte, dass sich die Zone nicht weiter ausbreitete schnell eine Horde von Kriegsverbrechern.
Er beglückwünschte sich daher dafür, sie sofort eingesammelt zu haben, aber was er nun mit ihr tun sollte, so weit hatte er noch nicht nachgedacht. Darum, so hoffte er, würden sich erfahrenere kümmern. Wenigstens Schura oder Wolodja.

Und sie bedankte sich. darauf konnte er erst einmal gar nicht wechseln. Kaum jemand hier bedankte sich. Auch nicht dafür, das Leben zu retten. Man wusste, der andre hatte etwas gut, das eigene Leben vielleicht. Deshalb blickte er sie einen Moment an. Wie verstand eine Deutsch das? War es für sie damit getan?
Ihm kam der Spruch wieder in den Kopf 'Ein Danke kann man nicht in die Hosentasche stecken' Sprach ihn allerdings nicht aus.
Er sah ihren Blick wandern.
"Nein, der Bahnhof ist noch ein Stück... das ist mal ein weiterer Grenzposten gewesen, aber die Soldaten haben sie aufgegeben. Zu viele Banditen und Hunde und anderes Viehzeugs. Im Moment halten es die Stalker..." Und weil er ihren fragenden Blick sah. "Lass mich raten, du hast noch nie von den Fraktionen hier gehört, oder? Wie im Knast und auf der Straße haben sich hier auch Gruppen gebildet. Wenn du die Soldaten als eine sehen willst... die wichtigsten sind die Wächter, die haben sich in Rostok festgesetzt und dort bekommt man ihren Arsch auch nicht mehr weg. Die Freiheit wechselt alle paar Monate den Unterschlupf, die beiden sind Todfeinde. Die freien Stalker sind nicht in dem sinne eine Fraktion, die Banditen eigentlich auch nicht oder sie Söldner, die Wissenschaftler, aber irgendwie versucht sich doch jeder abzugrenzen... Das kennt ihr in Deutschland ja. Mein Handtuch, mein Liegestuhl."
Er schob das Tor ein Stückweit auf und trat vor, die Waffe erhoben, die freie Hand ebenfalls. mehrere AKs und ein paar kleiner Sturmgewehre waren sofort auf ihn gerichtet.
"Keine Panik, ich bin's nur." sprach er sie an. Und als hätte das schon gereicht, senkten sich die Waffen.
"Das ist Kovac." erklärte einer, der auf seinen PDA geblickt hatte.
"He, was machst du so weit draußen? suchst du deine Eier?"
Ein paar lachten über den dummen Witz.
Dann entdeckten sie die Frau bei ihm, wohl erst auf den zweiten Blick, denn keiner hätte so etwas erwartet.
"Oha, der Junge hat sich was zum spielen mitgebracht..." - "Frischfleisch für den Cheffe, hm?" - "Jetzt weiß ich was ihr den ganzen Tag dort so treibt..." Und ähnliches war nun zu hören und dummes Lachen und noch dümmere Gesten, manche davon bedurften nur der Hände, andere erforderten ganzen Körpereinsatz.
Kovac ignorierte sie, ging einfach weiter, durchquerte das Wachhäuschen und wenn sie versucht war stehenzubleiben zog er sie einfach mit sich. Keinen Moment länger hier verweilen.
Erst später fiel ihm ein, dass er vielleicht dem einen oder anderen die Fresse hätte polieren sollen, das wäre wohl normal gewesen, ein zu beherrschtes vorgehen verriet ihn, aber da war es schon zu spät. Sie waren vorbei.
Vor ihnen lag wieder die unglaublich schlechte Straße, an manchen stellen von kleinen Bäumen durchbrochen, die allerdings einen teil grotesken Wuchs zeigten, an anderen Stellen fehlten einfach ganze Bentonstücke und dort wo es sie noch gab zeigte sie Spurrinnen die an das Profil eines Kamelhöckers heranreichten. An anderen Stellen war die Straße einfach gänzlich unbeschädigt, diese Bereich allerdings umging er großräumig und wenn man genau hinsah konnte man ein Flirren wie von heißer Luft erkennen
Benutzeravatar
Jessica Voss
Spieler Level 1
Spieler Level 1
Beiträge: 21
Registriert: Dienstag 4. Januar 2022, 03:01
Lebenslauf:

Es gab also verschiedene Fraktionen hier. Und wie es nun einmal die Art des Menschen ist, kamen sie nicht miteinander aus. Was eine Überraschung. Jessica hatte vor einigen Jahren mal in der Unterwelt Moskaus recherchiert und am eigenen Leib die brutalen Machtkämpfe und Bandenkriege miterlebt. Diese Männer gingen vielleicht ein wenig subtiler vor, als zum Beispiel die Kartelle in Südamerika, aber wenn man mal von den Clans in den deutschen Großstädten absah, war der Moskauer Untergrund ein heißes Pflaster.
So scheinbar auch hier.
"Diese Wächter gehören also zum Militär? Ganz offiziell? Welche Länder? Nur die Ukraine? Oder hat auch Russland oder Weißrussland seine Finger im Spiel? Gibt es da politische Abkommen, diese Zone zu vertuschen und einzugrenzen?"
Die Worte überschlugen sich beinahe vor Eifer. Sie stellte wieder zu viele Fragen, das wusste sie. Aber sie konnte es einfach nicht lassen. Hoffentlich würde Kovac nicht irgendwann die Schnauze von ihr und ihrer Wissbegier voll haben.
"Und die Freiheit? Wofür stehen die? Anarchie? Das sind aber wieder andere, als die von dir angesprochenen 'freien Stalker', oder?"
So listenartig heruntergeleiert, konnte die Reporterin, trotz ihrer hervorragenden Russischkenntnisse, nicht klar zwischen diesen Fraktionen differenzieren und sich vorstellen, wofür sie standen. Dennoch war ihr absolut klar, dass sie über sie bescheid wissen und ihre Ambitionen kennen musste, um hier in der Zone weiter zu kommen.
Und es gab noch Banditen, Söldner,... Wissenschaftler? Das klang interessant. Doch bevor sie fragen konnte, musste sie erst einmal den kleinen Seitenhieb kontern, den Kovac ihr zugeworfen hatte.
"Ey,... wer hat uns denn ab '61 mit 'ner Mauer abgegrenzt, hmm? Und immerhin sind wir nicht so schlimm, wie die Tommys. Die schmeißen dein Handtuch einfach weg."

Sie machte große Augen, als sie mit den verschiedensten groß- und kleinkalibrigen Waffen begrüßt wurden, als das Tor sich öffnete. Für einen langen Moment war Jessie unentschlossen, ob sie Kovac nachahmen sollte. Der Drang, sich zu verteidigen und ihre eigene AK zu heben, war beinahe übermächtig. Doch glücklicherweise besann sie sich zur Ruhe und hob, die AK am Riemen von der Schulter baumelnd, beide Hände in die Höhe.

Sie schwieg, als Kovac sich vorstellte und kein Wort über sie verlor. Vermutlich war es besser, wenn die Kerle keine Details wussten. Weder über ihren Job, noch über den Deal mit ihrem Führer. Und vor allem war sie froh, dass Kovac sie nicht vor allen Männern offen 'Püppchen' nannte. Sie ballte unwillkürlich die Fäuste und hielt den Blick starr geradeaus. Das waren die einzigen Zeichen, die sie nach außen abgab, die anzeigten, dass die dummen Sprüche und Gesten sie nicht völlig kalt ließen. Sowohl unter den Banden Moskaus, wie auch in den Unterwelten aller anderen Städte, in denen sie zuvor für den Spiegel recherchiert hatte, war sie solchen Reaktionen ausgesetzt gewesen. Es war nie einfach gewesen und würde es wahrscheinlich auch nie werden. Aber mittlerweile war sie etwas abgehärtet und ließ sich nicht mehr so leicht aus der Fassung bringen. Auch hier kam eine ganz einfache mathematische Formel für sie ins Spiel, die ihr ebenso den Stress nahm, wie einem vor einer Gruppe Redenden, der sich vorstellte, sein Publikum sei nackt.
Je mehr ein Kerl vulgäre Äußerungen und Gesten machte, so kleiner war sein Schwanz, so beschissen seine Erfahrung im Bett und wenn einer ganz besonders laut schrie, dann hatte er für gewöhnlich noch nie eine Frau abbekommen. Aus gutem Grund.

Solange von den Idioten keiner handgreiflich wurde, würde ihr Stolz das überstehen. Auch musste Kovac sie gar nicht mit sich ziehen. Sie selbst hatte nicht vor, einen Moment länger als nötig, hier bei der Fleischbeschau zu verweilen. Interessanterweise hatte sie aber für einen Moment den gleichen Gedanken, wie ihr Führer. War es nicht ein wenig, wie im Knast? Sollte man an seinem ersten Tag nicht direkt Stärke zeigen und jemanden zusammen schlagen? Kurz war Jessie hin- und hergerissen, ob sie einen der Kerle zu Boden schicken sollte. Einfach nur, um ihren Standpunkt und den einer jeden Frau zu verdeutlichen.
Aber letztendlich entschied sie sich dagegen. Wer wusste schon, ob der Typ fair kämpfen würde, oder ob sich der ganze Mob auf sie stürzen würde. Sie war im Training ganz gut. Aber Training war bei Weitem kein Ersatz für richtige Kampferfahrung. Und das wusste sie auch. Wenn der Kerl, den sie sich ausgesucht hätte, was drauf hatte, würde ER mit IHR den Boden wischen. Und wer weiß, ob er sich damit begnügen würde, sie nur auf die Bretter zu schicken.
Also schluckte sie ihren Stolz und folgte Kovac mit starr auf dessen Rücken gerichteten Blick.

Als sie das Tor passiert und die Wachen hinter sich gelassen hatten, holte Jessica tief Luft, als hätte sie ein zweites Mal die klaustrophobische Umarmung der Unterführung durchleben müssen. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle und grinste mit einem Seitenblick schief zu ihrem Führer hinüber.
"Bezaubernd,..."
Sie folgte ihm über die oftmals zerstörte Straße und achtete darauf, seine Bewegungen möglichst genau zu imitieren. Das Flimmern um sie herum kannte sie bereits schon und das lauter werdende Knacken ihres Messgerätes verhieß ebenfalls nichts Gutes.
"Wird wohl Zeit, dass jede dieser Fraktionen mehr Frauen als Rekruten bekommt, was? Euer Druck muss ja schon schrecklich sein."

Sie überlegte kurz und entschied sich, zwei Photos ihrer begrenzten Filmrolle für diese Straße zu nutzen. Die Kraft aufzuzeigen, die diese Anomalien entwickeln konnten. Das Flimmern der Luft würde sie zwar nicht auf das Photo bannen können, aber momentan sparte sie ihren Handyakku dann doch lieber für wichtigere Entdeckungen.
"Schon bemerkenswert, was hier für Mächte am Werk sind." sagte sie leise, als sie die Kodak wieder sinken ließ.
"Ich meine,... klar, auch eine Pflanze kann Beton durchbrechen, aber diese Anomalien? Waren das diese Wissenschaftler von denen du gesprochen hattest? Haben sie abgefahrene Experimente durchgeführt oder war es doch der Reaktorunfall? Wurde hier sowas wie Raumzeit gekrümmt? Die physikalischen Gesetze verändert? Sehen wir vielleicht subatomare Vorgänge plötzlich vergrößert?"
Jessie musste lächeln, als sie sich fragte, ob ihr Begleiter wohl ihr Technobabbel überhaupt verstand. Breit grinsend drehte sie sich zu Kovac um und fragte, beinahe so enthusiastisch, wie ein wissbegieriges Kind.
"Gibt es Anomalien, die einen teleportieren können? Das wär' total cool!"

----------------------------------
Weiter geht's an der Müllhalde.
Zuletzt geändert von Jessica Voss am Dienstag 7. Juni 2022, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Konstantin Krylow
Anwärter
Anwärter
Beiträge: 8
Registriert: Montag 6. Juni 2022, 10:18
Lebenslauf:

Kovac lachte. "Zum Militär gehört keiner offiziell... außer dem Militär. Aber die Wächter führen sich trotzdem so auf."
Abkommen, vertuschen... Schlagworte, die er im Hagel ihrer Fragen allerdings leicht ignorieren konnte. Dieses mal.
Das nächste mal wohl nicht. Ein Heißes Pflaster, für ihn in anderer Hinsicht.
Wie hätte Sokolov geantwortet?
Vermutlich mit einem blöden Spruch der sie genug geärgert hätte um die Frage zu vergessen.
Wie war die offizielle Verlautbarung?
Man arbeitete zusammen. Offiziell. Inoffiziell klappte es hinten und vorne nicht. Aber das war nicht sein Problem.
"Die Freiheit, das sind in meinen Augen Kiffer. Mit denen hat man nur Probleme. Die Freien Stalker sind die einzigen Vernünftigen hier. Das sind 'wir' du jetzt auch."
Und dann kam sie noch mit der alten Mauergeschichte. Natürlich wusste er Bescheid, aber es war so verdammt schwer, so zu tun als wissen man nichts. Warum war das so schwer?
"Also ich war's nicht... Wie hieß der Kerl, der keine bauen wollte? Hohecker? Auf jeden Fall ein deutscher... Ich war da ja noch nicht mal geplant, also, schieb es nicht mir in die Schuhe."
Die Tommys... richtig, die Englänger.
Kovac grinste. Sie würde sich wundern, wenn sie es bis Pripyat schafften und dort stand sie Valentine gegenüber. Er nannte ihn Spaßeshalber 'Austauschagent' das würde er sich sparen müssen. Er hatte ja noch Zeit, sich etwas anderes auszudenken.
Gegenangriff. "Wenn man mal hier ist gibt's keinen Urlaub mehr. Ist dir klar, dass du automatisch vorbestraft bist wenn du rausgehst? Wenn du preisgibst, dass du hier warst haben sie dich am Arsch. Es sei denn du setzt dich sofort auf die Bahamas ab. In die Bahamas? Zu den? Wie heißt das bei den Scheißdingern?"
Er fand, er machte seine Sache gut, ablenken, Rolle spielen. Der halbseidene Typ, für den es keinen Urlaub gab, guter Schachzug. So langsam fand er sich in seine Rolle ein.

weiter hier.
Gesperrt