Auf der Straße im Wald

Velen ist die nordwestlichste Landschaft der Königreichs Temerien im Mündungsgebiet des Pontar. Sie grenzt, durch den Pontar getrennt, im Norden an das Königreich Redanien und im Westen an das Nördliche Meer. Zudem ist Velen durch zwei große Brücken mit Oxenfurt und Novigrad verbunden und ist daher ein wichtiger Handelsdurchgang zwischen Temerien und Redanien.
Velen wurde von Krähenfels aus regiert - Krähenfels ist eine Palisadenfestung im Herzen Velens mit ungefähr 50 Einwohnern. Der Blutige Baron, der in Krähenfels regierte, ist allerdings für unbekannt Zeit verreist.
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Aria
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Der Waldboden knirschte unter den schweren Wagenrädern. Im inneren des Wagens saß eine junge Frau und blickte aus dem Fenster. Ihr Blick streifte müde über diese fremde Landschaft, die sie zwar kannte, aber nicht unbedingt mochte. Sie streckte ihre Gliedmaßen und drückte ihren Rücken durch. Wie lange waren sie denn schon unterwegs? Langsam strich sie ihre Haare zurück und schaute auf den Boden ihres Wagens. Sie versuchte die aufkommende Wut und die Tränen zurückzuhalten. Ihre Fingernägel krallten sich in den Stoff ihres langen türkisfarbenen Kleides als sie tief ein und ausatmete.
Ihr Vater hatte sie in einer Nacht- und Nebelaktion losgeschickt mit ein paar seiner besten Männer. Sie sollten sie auf sicheren Weg von der Insel bringen und möglichst unerkannt zu ihren Freunden bringen.
Einerseits war Aria froh endlich mal wieder rauszukommen, auch wenn die Umstände etwas makaber waren. Aber selbst dann, wenn sich das Chaos des Krieges ausbreitete, war sie wohl eine der sichersten Personen auf dem Kontinent. Denn ihr Vater würde nie zulassen, dass ihr auch nur ein Haar gekrümmt würde. Aber Sicherheit bedeutet eben oft auch endlose Langeweile und Einsamkeit.
Aria ist ein hypnotisierend schönes Geschöpf. Ihre schlanke Gestalt wird von wunderbaren Rundungen verziert und durch die langen roten Locken eingerahmt. Ihre Augen sind von einer undefinierbaren grün-braun Gemisch, welches mit goldenen Sprenkeln durchzogen ist. Ihre Haut weist die vornehme Blässe des Adels auf und schimmert leicht silbern, wenn das Sonnenlicht im richtigen Winkel darauf trifft. Ihr Mund ist voll, sinnlich und von einem lebendigen rosa. Ihr Blick ist meist hellwach und aufmerksam und passt man nicht auf, so bohrt er sich tief in die Seele des Gegenübers hinein und hinterlässt Spuren auf seiner Seele. Aria ist sich ihrer Wirkung sehr wohl bewusst, denn schon früh wurde ihr klar gemacht, dass sie anders ist. Mit etwa 6 Jahren wurde sie zum ersten Mal gewaltsam ihrem Spiel mit den Freunden entrissen. Ein Fremder packte sie und rannte los. Als sie in seinem Haus waren, setzte er sie auf einen Stuhl, kniete vor ihr nieder und schaute sie nur an.
Aria hatte schreckliche Angst. Der Mann schien in einer Art Trance gefangen, die von ihr ausging. So merkte er es auch nicht, als Arias Bruder Ubbe der den Vorfall mitbekommen hatte, einen kleinen Dolch von hinten in seinen Hals rammte. Das Blut floss wie ein Wasserfall aus ihm heraus und die kleine Aria war zu verängstigt, um zu schreien. Ubbe hingegen hatte im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt.
Nach weiteren Vorfällen hatte ihr Vater genug und Aria konnte nur noch sehr selten die Sicherheit des Hauses verlassen. Wenn sie es tat, musste sie stets unauffällige Umhänge mit großen Kapuzen tragen um sich zur verbergen. Diese Schönheit war ein Fluch.
Das Gerede der Männer riss sie aus ihren Erinnerungen.
„Hast du denn die Erlaubnis deiner Frau für das alles hier?“
„Nein…ich möchte nur so schnell wie möglich zu ihr zurück…aber ist klar dass das hier vorgeht“
„hm…ist wohl gut, dass ich noch nicht verheiratet bin“
Gelächter.
Aria spitze zu den Männern die ihren Wagen umschlossen. Jetzt fühlte sie sich nicht nur einsam und fremdbestimmt, sondern auch noch schuldig. Sie hoffte nun inständig dass auf dem Weg nichts passieren würde, sie wollte nicht schuld daran sein wenn der Wächter nicht mehr zu seiner Frau konnte.
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ERZÄHLER
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eine Skelliger Kutsche, so weit von der Küste weg, und dazu noch dermaßen reich ausgestattet und von einer schlagkräftigen Truppe eskortiert.
Das bedeutet, dass etwas wertvolles drin sein musste. Schatz oder Lebewesen, das war fast schon egal.
Die Schwierigkeit war nur, man musste selbst eine Truppe zusammenstellen, die stark und groß genug war um die wachen zu beseitigen - aber mit der musste man dann später auch teilen. Das war dass Dilemma. Wenn man allerdings über die Intelligenz von Goswin verfügte war das Dilemma schon gar nicht mehr soo groß, denn er konnte sich ausrechnen, dass sicher einige der angeheuerten Kameraden bei dem Überfall draufgehen würden, und den Rest konnte dann auch seine Hanse niedermachen, bis sie wieder eine Zahl erreicht hatten, die klein genug war um profitabel zu sein. Und zählen konnte Goswin auch, deshalb war auch er der Anführer. Er konnte denken und sogar ein kleines bisschen Lesen, zahlen vor allem. Seine Hanse, das waren Klaproth, Milton und Ograbek, Hilbert, Bronislav und Schwal. Der letzte hieß natürlich nicht wirklich so, aber er hatte hervorquellende rote Augen und irgendwie passte es einfach, weil er aussah wie der Fisch.
Die anderen waren echte Haudraufs, Bauernsöhne, eingezogen und dann fallengelassen und einmal losgelassen pflügten sie sich ihren Weg wie Berserker durch alles was nicht aus Stein oder Metall war, Blut spritzte dann, Gedärme flogen, sie lachten.

Nun lachten sie nicht, nun lagen sie auf der Lauer.
Sie hatten die Kutsche verfolgt, das war nicht schwer, sie folgte dem Waldweg, nicht sehr schnell, denn die Wächter waren zu Fuß unterwegs, sie hatten den Befehl von Goswin erhalten, nu zu lauern, sonst nichts. Beobachten und im Auge behalten, dass sie nicht irgendwo abbogen und weg waren. Und das taten sie. Gewissenhaft.
Und Goswin war losgeritten um ein paar versprengte Soldaten einzusammeln, die zogen jetzt an allen Ecken des Landes plündern durch die Gegend. Für ein paar Münzen und ein wenig Schnaps konnte man sie zu allem bewegen, auch dazu eine Skellige Kutsche zu überfallen.

Klar, die Krieger galten als wehrhaft, als die besten, aber gerade deswegen wollte man es ihn zeigen.
In diesem Fall waren allerdings ein paar mehr Münzen und etwas mehr Schnaps nötig gewesen.
"Mit denen legen wir uns nicht an, wozu auch? Ist doch auch nix zu holen, dort." War die Antwort gewesen.
Die erste. Aber Goswin wäre nicht der Anführer, wenn er sie nicht hätte überzeugen können. Er war klug und charismatisch. Zumindest sah er sich selbst gern so. Es gab immerhin keinen Spiegel der ihm das Gegenteil hätte beweisen können.

Und nach einer ganzen Wegstrecke hatte Goswin nun wieder zu seinen Leuten aufgeschlossen, selbst noch mit einer Truppe von 6 ehemaligen Soldaten im Schlepptau.
Sie beobachteten die Kutsche aus dem Versteck. Bald würde sie den Sumpf erreichen, dann würden sie zuschlagen, denn dann konnte keiner mehr fliegen und für einen der sich auskannte war es leicht, die Fremden niederzumachen. Und notfalls auch die temporären Verbündeten.
Sie hatten ihm ebenfalls ihre Namen genannt, er hatte sie vergessen, er wollte se vergessen, denn er wollte nicht mit ihnen teilen. Seine Leute waren viel genug. Aber Milton war ihm nie geheuer gewesen, vielleicht sollte er sich auch seiner entledigen?

Und dann erreichte die Kutsche den avisierten Punkt. Ein Pfiff, ein Gurren, ein Schrei wie von einem Uhu, das brachte seine Leute auf Position, und die Soldaten.
Und dann war die Kutsche umstellt.
Sie stellten keine Forderung, sie warteten einfach, in der Überzahl, bis die Kämpfer endlich kapiert hatten was los war. Das dauerte oft erstaunlich lange. Was zur Hölle konnte man missverstehen, wenn sie die Kutsche umzingelten, grimmig kuckten und drohend ihre Äxte, Piken, Mistgabeln und Messer schwangen? Bildete sich denn echt irgendwer ein, sie wollten dann nur reden?
Glaubte irgendwer, mit Argumenten könne man das unvermeidliche noch abwenden?
Dann schlugen sie zu. Ein kurzes brutales Gemetzel.
Die Skelliger schlugen sich gut und tapfer, und wie erwartet gingen zumindest 4 der 6 Soldaten auch drauf. Zwei weigerten sich noch hartnäckig. Und Milton erwischte es auch, auch wenn er zugeben musste, dass er den Hieb, der ihn fällte auch gut hätte parieren können, aber man musste Chancen ergreifen wenn sie kamen. Leider auch Hilbert. Der war dumm wie Stroh, aber kräftig. Leider auch langsam.
Die beiden anderen Söldner weigerten sich noch hartnäckig zu sterben, schön blöd. Sie mussten ihn im Sumpf einfach erledigen. Irgendwie.
Der eine könnte vielleicht noch einen Platz in ihrer Hanse finden, aber der andere war ihm entschieden zu clever, den musste er auf jeden Fall noch loswerden.
Aber die Skelliger waren tot oder verletzt.
Alles in allem ein guter Schnitt.
Nun ging es drum zu sehen, wofür das Ganze.
Und die Ehre gebührte natürlich Goswin, die Kutschentür zu öffnen.
Da staunte er nicht schlecht, als es ein Mädchen war. Nicht ganz was er sich erhofft hatte, aber auch nicht ganz übel. Eine Person bedeutet eine vielleicht lukrative Erpressung. Aus dem einen oder anderen die noch lebten würden sie schon rausbekommen, von wem sie die Kohle verlangen sollten und in welcher Höhe.
Mit einem widerlichen Grinsen musterte er die Beute.
"Na sieh einer an, was wa da habn."
Er überlegte schon wie viele von ihnen sich mit ihr vergnügen durfte ohne dass die Ware zu stark beschädigt würde.
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Aria
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Aria konnte ihren letzten Gedanken über die Wachen gerade noch zu Ende denken als sich die Luft plötzlich veränderte. Auf einmal waren ein Uhu zu hören und schon stand ihre Kutsche still.
Sie spürte die Anspannung ihrer Bewacher und Panik kam in ihr auf. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, bis es ihr schließlich fast zum Halse heraussprang.
Angsterfüllt blickte sie hinaus und sah was die Ursache war. Sofort schnellte ihre Hand zu ihrem Mund – bloß nicht schreien – Ubbe hatte ihr erklärt das dass die Männer nur noch wilder machte.
Draußen wurden ihre Beschützer angegriffen – sie fielen, einer nach dem anderen. Es ging alles so furchtbar schnell. Aria hatte kaum Zeit zu handeln. Bloß nicht den Kopf verlieren. Sie schnappte sich schnell ein paar wertvolle Schmuckstücke und ließ sie in kleinen Geheimtaschen in ihrem Kleid verschwinden, als sie ihren kleinen Dolch ertastete. Sie hatte ihn noch nie benutzt.
Schnell hieb sich ihre volle Brust auf und ab. Sie biss sich auf die Lippen. Besonders mutig war sie noch nie gewesen. Sie musste es auch nie sein, bei diesen Brüdern.
Sie umschloss den Griff ihres kleinen Dolches fest und wusste jedoch sofort, dass er nicht viel ausrichten würde. Ihre Hände waren nass vor Angst.
Aria hüllte sich in ihren Umhang sodass, wer auch immer es war, sie nicht gleich ganz sehen konnte und eben auch nicht sah, dass sie eine Waffe hatte.
Wenn sie doch nur wüsste, wie sie die Angreifer verbrennen lassen könnte. Einmal hatte das schon geklappt…
Da öffnete sich mit einem Knall die Kutschentüre und sie konnte in das Gesicht ihres Angreifers blicken, was ihrer Kehle sogleich einen lauten, weit hörbaren, Schrei entfahren ließ. So viel zu Ubbes Lehren...
Sie drückte sich an die Wand der Kutsche, so als ob sie versuchte ganz in ihr zu verschwinden. Ihr Angreifer sah sie direkt an und grinste. Das gab Aria den Rest. Fast fiel sie auf der Stelle in Ohnmacht, zwang sich jedoch mit aller Kraft im Jetzt zu bleiben.
Und dann geschah etwas, was sie selbst nie für möglich gehalten hätte.
Wie von Geisterhand geführt, streckte sie ihm stark zitternd den Dolch entgegen und begann seinen Blick zu erwidern.
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Reynegh
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Eis knirschte unter Vendens Klauen.
Schwarzes Eis.
Eis wie Glas.
Eis wie Kristall.
Die Bemalte hatte gesungen, hatte einen Zauber gewirkt.
Der Spalt, der die Welten teilte... er schloss sich nicht. Statt dessen...
Der Gesang vibrierte in seiner Brust. Seinem feinen Gehör.
Das Ereymiu schnaubte kehlig.
Kälte kroch unter Reyneghs Panzerung, in seine Handschuhe, trotz des Schals in seine Nase.
Kroch durch seinen Geist.
Venden setzte sich in Bewegung, getragen von Gesang aus tausend Stimmen, fliegend ohne Flügel.
Ereyadar lachte.


Der Geschmack der Luft hatte sich verändert, ebenso das Geräusch unter Vendens Klauen. Nicht Fels und Eis umschloss den Naramianer und sein Reittier nun, sondern grüne Vegetation. Er hatte das Ereymiu nicht wissentlich angetrieben, doch es rannte, als sei die große Schlange selbst hinter ihnen her und Reyneghs Sinne waren für einen Moment noch so vernebelt, dass er nicht viel mehr tun konnte, als sich im Sattel zu halten und den Kopf an Vendens Hals zu pressen, um nicht von einem Ast abgestreift zu werden. Schließlich verlangsamte das Tier seinen Schritt von selbst und blieb mit bebenden Flanken zwischen den Bäumen stehen.
Bäume.
Reynegh richtete sich auf, schüttelte den Kopf, um das dumpfe Gefühl aus seinen Ohren zu vertreiben. Dann streifte er den Schal von seinem Gesicht und strich die Kapuze in den Nacken - beides behinderte seine Sinne. Reglos verharrten Ross und Reiter inmitten des von Geräuschen und Gerüchen durchzogenen Waldes. Licht tupfte den Boden, veränderte mit dem Spiel der Blätter immer wieder die Muster im Gras. Licht. Sonne. Tag.
Es war vergleichsweise warm, Insekten summten. Keine Kristallwände mehr, kein Eis so glatt, dass selbst das Ereymiu zu rutschen drohte. Wo war er und wie war er hier her gelangt? Die Pinselohren zuckten, doch das war das einzige Zeichen von Reyneghs Unruhe. Der Naramianer zeigte selten nach außen, was ihn gerade bewegte und er war schnell darin, sich an neue Situationen anzupassen. Oder auch so zu tun, als kümmere ihn die neue Situation nicht - als sei alles so beabsichtigt. Doch die Bernsteinaugen wanderten wachsam über die Umgebung, die zuckenden Ohren fingen jedes Geräusch.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit setzte Venden sich in Bewegung, ohne das von außen ersichtlich gewesen wäre, dass der Reiter irgendeinen Impuls gegeben hätte. Die Klauen des Ereymiu gruben sich in den weichen Waldboden; die schwarzen Federn, die den mächtigen Körper bedeckten, schimmerten im Spiel der Muskeln darunter. Feurig rote AUgen blickten wachsam, doch nicht scheu. Ereymiu mochten äußerlich Pferden gleichen, doch waren sie keineswegs friedliche Herdentiere oder Pflanzenfresser. Ihre Klauen und die spitzen Zähne sprachen eine andere Sprache.

Eine Weile folgte Reynegh einem Wildpfad zwischen mossbewachsenen Stämmen hindurch, dann schwenkte er auf einen Bachlauf. Er verfolgte nicht wirklich ein Ziel, doch es war zunächst keine schlechte Option, an dem Wasser zu bleiben. Meist flossen kleinere Bäche in größere Flüsse oder Seen und wenn es Siedlungen gab, dann fand man sie oft genug an solchen. Da er keine Ahnung hatte, wohin ihn der Gesang der Bemalten geschleudert hatte, musste er sich zunächst ein Bild von der Lage machen. Sie waren definitiv nicht mehr im Eisgebirge, doch der Wald konnte irgendwo sonst in Sithonia sein. Traf er also auf eine Siedlung, würde er bald wissen, in welches Land es ihn verschlagen hatte.
Venden stoppte unvermittelt.
Reynegh spitzte sogleich die Ohren. Er hatte gelernt auf die Sinne des Ereymiu ebenso zu vertrauen wie auf seine eigenen und so dauerte es nicht lange, bis er den Lärm eines Kampfes wahrnahm. Waffen klirrten, Pferde wieherten. Gewöhnliche Pferde - Menschen also? Reynegh zog Venden herum und trieb ihn auf die Quelle der Geräusche zu.
Instinktiv setzte das Ereymiu die Klauen lautlos auf, als sie sich der Straße näherten. Kein Ast brach, keine Blatt raschelte. Reynegh zog die Kapuze wieder über den Kopf - besser vorsichtig sein, denn es gab genügend Völker, die Naramianern gegenüber feindlich oder zumindest misstrauisch gesinnt waren.
Verborgen vom Unterholz hielt er Venden an. Auf der Straße stand eine Kutsche, offensichtlich wohlhabend. Mit den Pferden mühte sich eine lumpig aussehende Gestalt, die Wachen hatte bereits ihr Leben gelassen oder das Weite gesucht. Um zu begreifen, was hier geschah, musste man kein Genie sein, zumal ein spitzer Schrei an Reyneghs feine Ohren gelangte, als eine der Gestalten die Tür der Kutsche öffnete.

Er könnte weiter ziehen. Menschen waren schwache Kreaturen, selten einen zweiten Blick wert. Ihre Zucht unterlag keiner Kontrolle und entsprechend vermehrten sie sich mit all ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten, was sie aus dem Blickwinkel der meisten Naramianer zu minderwertigen Geschöpfen machte. Doch Reynegh war ein rys und damit deutlich liberaler eingestellt. Und er ging selten einem Kampf aus dem Weg, wenn er einer guten Sachen diente - selbst wenn diese gute Sache nur ein wenig Übung war. Das Pack machte auf ihn den Eindruck von Wegelagerern und gemeinen Dieben, wieso also nicht.
Er zog den Schal wieder über die untere Hälfte seines Gesichts und das t'urpuna aus seiner Scheide.

Venden war für die Schlacht ausgebildet, somit war das, was im nächsten Moment über die verbliebenen Räuber hereinbrach wie ein Dämon aus der Naaghs tiefsten Klüften. Nicht nur die gezielten Schwerthiebe forderten Blut, sondern auch die Klauen und Zähne des Ereymius, dass in seinen Bewegungen so gar nicht mehr an ein Pferd erinnern wollte. Reynegh pflügte durch die überraschten Männer, tränkte die Straße mit ihrem Blut und bremste Venden auch nicht bei der Kutsche, vor der ein letzter Söldner stand - offensichtlich völlig gefesselt von dem, was er in ihrem inneren erblickt hatte.
Reynegh trennte ihm im Vorbeireiten den Kopf mit einem einzigen Schlag von den Schultern, erst dann zügelten er Venden inmitten des Schlachtfelds.
Irgendwo begann ein Vogel melodisch zu singen.
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ERZÄHLER
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Weder Goswin noch einer der anderen hatte Zeit gehabt, du reagieren.
Er hatte das Mädchen aus der Kutsche zeihen wollen. Zuerst hätte er sie geschändet, ehe er sie weitergereicht hätte, ganz der Rangfolge entsprechend.
So machten sie das immer. Dass sie ihm ihren Dolch entgegenhielt, eine Geste der Unterwerfung, war geradezu eine Einwilligung. Doch er kam nicht mehr dazu darüber nachzudenken, zu bereuen oder irgendwie andere zu reflektieren.
Er bekam noch am Rande mit, wie seine Leute abgeschlachtet wurden, einer nach dem anderen. Aber zunächst dachte er sich nicht viel dabei, vielleicht machten die einfach noch sauber und erledigten die letzten Skelliger.
Was dann über ihn hereinbrach...
Vielleicht hätte er einen Hexer vermutet, hätte er die Augen gesehen, vielleicht ein Monster, erschaffen von Magiern, vielleicht einen Geist, oder zurecht, irgendetwas, das die Konjunktion ausgespuckt hatte. Aber soweit kam es nicht. Ehe er auch nur einen dieser Gedanken fassen konnte hatte etwas sein Rückenmark durchtrennt und jegliches Denken beendet. Auch dass zählen.
So endete Goswin irgendwo auf einem kleinen Feldweg im Nirgendwo als Futter für Nekrophagen, die wohl zweifellos bald auftauchen würde. Aber ihn ängstigte das nun nicht mehr.
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Aria
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Arias Blick erstarrte und so auch ihr ganzer Körper. Wie aus dem Nichts ritt ein Gestalt durch die Banditen und löschte sie förmlich aus. Sie blinzelte und konnte nicht fassen was gerade passiert war. Das Blut des Räubers war auch auf sie gespritz. Ein paar rote Spränkel zierten nur ihr Gesicht, welches sie nun versuchte in den Griff zu bekommen. War die Gefahr schon vorbei oder war sie soeben vom Regen in die Traufe gelangt?
Wer war diese Fremde?
Sie richtete sich langsam, aber sehr elegant für jemanden in dieser Situation, auf und spähte nach draußen. Von den Wachen war nichts mehr zu sehen außer Blut und Gemetzel vermischt mit den Überresten der Bande. Das war fast zu viel, sie war schon wieder der Ohnmacht nahe als sie sich die Hand vor den Mund hielt, um nicht zu schreien.
Sie versuchte ihren Atem zu beruhigen. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Sie war doch jetzt nicht wirklich in dieser Situation! Sie! Aria…eine Prinzessin wie aus dem Märchenbuch. Sowas passierte doch nicht… wenn doch nur ihre Brüder bei ihr wären. Eine Träne suchte sich ihren Weg über ihre Wange.
Vorsichtig sah sie sich um und trat aus der Kutsche hinaus, immer noch darauf bedacht sich ausreichend zu verhüllen.
Dann sah sie Ihn. Ihren Retter oder auch Todesengel…das wusste sie in diesem Moment nicht. Schnell flogen ihre Augen über seine große muskulöse Statur. Sein Gesicht konnte sie nicht sehen aber sie erkannte sofort dass es kein Mensch war.
Nun wurde ihr Atem wieder schneller und sie wollte einen Schritt zurücktreten als sie vor lauter Panik über ihren langen Umhang stolperte und auf den Boden neben der Kutsche fiel.
Im Fall löste sich den Kapuze und ihre roten locken fielen aus ihr heraus.
Als sie unsanft auf dem Boden aufkam löste sich auch der Rest ihres Umhangs von ihr und nun lag sie in ihrer vollen Pracht dar.
Ihre grünen Augen fixierten die Gestalt panisch. Nun war erkennbar wer sie war und was sie war. Ein ungewöhnlich schönes Exemplar ihrer Rasse, das ihrem Gegenüber nun ausgeliefert war.
Da sie nicht mehr an den Dolch dachte, schwenkte sie ihre Strategie nun um und hauchte ein „Danke…“ in Richtung der Gestalt von der sich wohl gleich herausstellen würde ob sie Freund oder Feind war.
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Reynegh
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Es dauerte eine Weile, dann regte sich etwas in der Kutsche. Eine Gestalt, gehüllt in einen Mantel, erschien in der Tür und sah sich mit weiten Augen um. Blut sprenkelte Stoff und Haut, ihre Hand lag auf ihren Lippen - ob um einen Schrei oder aufkommende Übelkeit zu unterdrücken, konnte Reynegh nicht deuten. Sie kletterte aus dem Gefährt und erst dann wandte sie sich ihm zu, erschrak von neuem - er konnte ihre Angst riechen, wie sie durch ihren Leib schoss.
Venden stand ganz ruhig, ebenso reglos wie der Reiter auf seinem Rücken, doch sie machten auch so schon genügend Eindruck auf die Frau - Mensch, definitiv Mensch - dass sie rückwärts stolperte und über ihren Mantel fiel, der sich sogleich um sie her auf dem Boden ausbreitete, wie zu einem surrealen Picknick, hier mitten zwischen den Toten. Rotes Haar flutete über ihre Schultern, eine Farbe, die unter Naramianern äußerst selten war und höchstens bei den Narki vorkam. Aber was kam bei denen nicht vor? Grüne Augen richteten sich weit aufgerissen auf ihn und Venden, als sie auf ihrem Allerwertesten gelandet war und den Eindruck erweckte, so sitzen bleiben zu wollen. Gefangen in ihrer Angst. Er wollte schnaufen. Menschen. Viel zu einfältig, viel zu leicht zu töten.

Reynegh wartete noch einen Moment, nur Venden ließ er einen Schritt vorgehen, damit er die Fremde besser in Augenschein nehmen konnte. Die Frau war nach den Maßstäben ihrer Rasse wohl schön, auch wenn Reynegh noch nie verstanden hatte, was die Menschen an diesen dürren Gestalten fanden. Unter seinen Wurf- sowie den Alt und Jungschwestern ging das Gerücht, dass die Menschen ihre Frauen erst hungern ließen, bis ihnen der Wind durch die Rippen pfiff und kaum verheiratet, begannen sie sie bis zur Unkenntlichkeit zu mästen. Er hatte es immer für das Geschwätz von Welpen abgetan, auch wenn selbst die Schwertschwestern seiner Mutter manchmal solche Geschichten erzählten, wenn das Thema auf Menschen kam. Doch diese Frau hier vor Vendens Klauen schien zumindest den ersten Teil des Gerüchts zu bestätigen: kein Gramm Fett, erst recht keine Muskeln - ein Wunder, dass sie den Dolch hoch halten konnte. Kein Wunder wiederum, dass sie eine Eskorte benötigte, denn selbst verteidigen konnte sich dieses ausgemergelte Geschöpf wahrlich nicht.
Reyneghs Blick wanderte über das Massaker, das zum Teil auf seine Kosten ging. Ihre Leibwächter hatten sich nicht gerade mit Ruhm behangen zu ihren Göttern aufgemacht. Wäre er nicht gewesen, hätte die junge Frau wohl ihr Schicksal geteilt oder Schlimmeres. Das Problem war, dass er damit die Verantwortung für sie von den Toten übernommen hatte. Die ruhigen Katzenaugen fanden zurück zu ihr und endlich kam Bewegung in den Naramianer. Er glitt aus dem Sattel und wischte das Schwert an einem der Toten ab, dann ließ er es in die Scheide gleiten, die an Vendens Sattel hing.
Erst jetzt trat er auf die Fremde zu.
"Habt keine Furcht. Mein Name ist Reynegh und ich bin nur ein Reisender aus dem Norden." Sie würde die Worte in der von ihr bevorzugten Sprache vernehmen, seine Stimme dunkel, doch nicht laut, untermalt von einem heiseren Kratzen, fast wie eine Mischung aus Knurren und Fauchen. Dieser Teil war echt und die Sprache Naramies.
Reynegh streckte ihr die Rechte entgegen, die in einem Handschuh steckte und so die mit Fell überzogene Hand verbarg, aus deren wulstigen Fingerkuppen messerscharfe Krallen hervor schnellen konnten. Doch nicht, wenn der seine Reithandschuhe trug - er vermied es, diese immer wieder flicken zu müssen. Würde sie sich aufhelfen lassen, wäre es also nur ein kräftiger Griff wie von einer scheinbar normalen Hand, den die Menschenfrau fühlen würde.
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Aria
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Als der Naramianer von seinem Reittier glitt, wich sie unmerklich doch etwas zurück. Er kam direkt auf sie zu und dann streckte er seine Hand aus.
„Habt keine Furcht. Mein Name ist Reynegh und ich bin nur ein Reisender aus dem Norden.“ sagte er. Seine Stimme klang ehrlich und warm.
Sie legte ihre Hand in seine und ließ sich von ihm aufhelfen. Sie spürte sofort, wie stark seine Hände bzw. Pranken waren. Oh…dachte sie und eine ihrer Augenbrauen zuckte.
Zuerst sah Aria jedoch an sich herunter und klopfte den Dreck von ihrem Kleid bevor sie sich ihm vollends zuwandte und sanft in seine faszinierenden Augen blickte. Denn das das einzige was sie von ihm erkennen konnte.
Sie fand sie auf anhieb wunderschön wenn auch noch leicht bedrohlich. Dennoch weckten die Augen ihre Neugier, sie wollte mehr von ihm sehen.
Aria hatte die Eigenschaft in allem was sie sah, egal ob Monster, Mensch, Tier oder Pflanze das Schöne und Gute zu sehen.
Natürlich war ihr bewusst das nicht alles Schöne auch gleichzeitig gut war, aber sie fand diese Einstellung zur Welt besser und auch richtig. So ergriff sie seine Rechte vorsichtig mit beiden ihrer Hände, drehte sie sodass sie einen Kuss auf den Rücken hauchen konnte bevor sie sagte:
„Ich danke euch Reynegh!“ Sie blickte wieder zu ihm auf und musterte seine verhüllte Gestalt.
Auch wenn sie gerade noch in Todesangst war, spürte sie nun, dass sie fürs erste in Sicherheit war und dafür war sie ihm mehr als nur dankbar. So war es fast spürbar, wie die Angst sie langsam verließ und ihr Körper sich entspannte.
„Ich bin Aria von den Skellige Tochter von Svanrige an Tuirseach!“ Sie vollführte eine elegante Verneigung vor ihrem Retter, nachdem sie seine Rechte endlich losließ.
„Ich verdanke euch mein Leben…“ sagte sie anschließend und begann sich wieder umzublicken. Langsam glitt ihr Blick über die Leichen der Wachen – Reiß dich zusammen! – sie zog ihre Schultern zurück und atmete scharf ein.
„Wir….“ Sie sah ihn wieder an „Wir waren auf dem Weg nach Novigrad… dort sollte ich in Sicherheit gebracht werden… hat wohl nicht so gut geklappt!“
Das war dann noch so eine ungewöhnliche Eigenschaft von ihr. Ihr Pragmatismus gepaart mit dem Humor und der Widerstandsfähigkeit ihres Volkes der Skelliger. Sie schüttelte leicht den Kopf über sich selbst und versuchte diese absurde Situation zu verarbeiten. Sie wusste doch dass diese Art für viele problematisch war…
„Wie kann ich euch meinen Dank erweisen?“ fragte sie schließlich.
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Reynegh
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Sie ließ sich aufhelfen und etwas überrascht sah er ihr dabei zu, wie sie seine Hand küsste - oder besser den Handschuh. Er hatte davon gehört, dass es unter Menschen derartig Rituale gab, wobei das Männchen dem Weibchen die Hand küsste, wie sie diese Form des Fellleckens nannten. Ohne Zunge, nur mit den Lippen. Was sollte man auch an diesen haarlosen Geschöpfen lecken? Außerdem waren ihre Zungen so nass, dass er den Sinn gleich zwei Mal nicht erkennen wollte - dafür machte die Sache mit den Lippen dann wieder Sinn. Immerhin hatten sie Lippen.
Gefangen in seinen Überlegungen, nahm er ihre Worte zunächst nur am Rande wahr. Namen und Orte, die ihm nichts sagten und er kannte Sithonia gut, zumindest von Karten und Büchern. Von Skellige hatte er jedoch noch nie gehört. Er trat einen Schritt zurück, als sie sich zur Vorstellung nun auch noch verbeugte. Die Sitten der Menschen waren ihm so fremd und jede neue Geste verwunderte ihn. In Naramie beugte man das Knie vor seinem elukunya oder den Schwestern Tol'Nadars, vor niemand sonst neigte man das Haupt - dies galt für Männchen wie auch Weibchen. Er würde sich anpassen müssen, wenn er hier wirklich in einem Reich der Menschen war, wenn er ihren Unmut nicht erregen wollte. Doch später. Diese hier schien ehrlich froh, dass er ihr geholfen hatte, wobei er selbst noch daran sinnierte, ob das eine gute Entscheidung gewesen war.
Er fühlte ihren forschenden Blick auf sich, machte jedoch keine Anstalten, sich aus seinem Mantel zu befreien, obwohl ihm allmählich warm wurde. Seine Kleidung war für die eisigen Höhen der Nordberge geschaffen, nicht für einen Spätsommertag im Tiefland. Entsprechend Schwer wog die Wolle des Umhangs und die Stoffe unter Wams und Stiefeln. Auch sein Fell war noch winterlich und der Wechsel würde dauern. Er musste Acht geben, dass er nicht überhitzte, denn Naramianer konnten nicht schwitzen. Ihm bliebe nur Hecheln, um die Temperatur in Schach zu halten, wenn sie zu weit stieg. Dennoch überwog aktuell Misstrauen das Unbehagen.

Ihre Frage nach einer Belohnung überging er. Es war schon genug, dass er sie nun quasi aufgeladen hatte.
"Wenn Ihr wünscht, begleite ich Euren weiteren Weg. Doch ich kenne die Stadt nicht, von der Ihr sprecht. Führt diese Straße in dieses Novigrad?" Er wies entlang des Weges.
Dann fiel ihm doch etwas ein. "Ich komme von weit her und bin nicht vertraut mit diesen Ländereien. Vielleicht könnt Ihr mir den Dienst erweisen und mir ein wenig davon erzählen. Ich lenke derweil Eure Kutsche." Fort von diesem Ort, an dem der Tod bald die ersten Aasfresser anlocken würde. Welcher Art diese hier sein konnten, ahnte Reynegh freilich noch nicht.
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Aria
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Sie merkte, dass sie ihrem Gegenüber wohl etwas Unbehagen bereitete. Irgendwie fand sie da aber sympathisch. Er rettete er sie und dann stellte er keine Anforderungen. Sie legte den Kopf schief und nickte nach seinen Worten.
„Natürlich! Was immer ich für euch tun kann werde ich tun!“ Sie legte Sanftheit und Ehrlichkeit in ihre Stimme, um ihm zu signalisieren, dass sie zu diesen Worten stehen würde.
Sie blickte den Weg entlang, eigentlich wusste sie gar nicht wie genau man nach Novigrad kam. Sie vermutete aber, aufgrund der Gespräche der Wachen, dass es nicht allzu weit war. Kurz huschten ihre Augen hin und her als sie so über ihre Unfähigkeit nachdachte. Dann fiel ihr aber ein, dass der Kutscher eine Karte hatte und sogleich erhellte sich ihr Gesicht.
Sie ließ ihn stehen und eilte den Kutschbock hinauf. Oben angekommen sah sie sich kurz suchend um bis sie die Karte gefunden hatte und mit ihr in der Hand zu ihm zurückeilte.
„Ich selbst weiß nicht, wie weit es noch bis in die Stadt ist, aber hier ist eine Karte! Meine Wachen sagen…sagten, dass es nicht allzu weit mehr sei! Vielleicht einen Tagesmarsch noch.“
Sie breitete die Karte in der Luft aus und deutete, nach einer kurzen Weile, auf eine Stelle auf der Karte. Es war zwar nicht richtig aber auch nicht ganz falsch.
„Ich glaube wir müssten uns hier befinden! Und dort müssen wir hin!“ zeigte sie ihm und blickte etwas unsicher zu ihm auf. Er war um einiges größer als sie. Sie hielt ihm die Karte hin. „Ich kann nur meine Toten nicht einfach hier liegen lassen ohne mich um sie zu kümmern…Auf den Sekellige Inseln leben wir in einer gleichgestellten Gesellschaft. Mein Leben ist so wertvoll wie ihres.“ Sie stockte kurz und schluckte die aufkommenden Tränen hart herunter. „Verzeiht mir also, wenn ich eure Zeit dafür noch in Anspruch nehmen muss“.
Sie wandte sich ab und ging auf die Leichen ihrer Wächter zu. Sie konnte ihnen natürlich keine ordentliche Bestattung bieten, aber sie konnte sie in einem würdigen Zustand verlassen. Sie holte ein weißes Tuch aus ihrem Dekollte hervor und beugte sich zum Ersten der Toten hinunter. Sie strich ihm durch das Haar und wischte den Dreck und das Blut von seinem Gesicht. In seine Hand legte sie eine Münze, eine Blume, die sie vom Wegesrand zupfte und sein Schwert bevor sie, unter großer Mühe, seine Arme vor der Brust verschränkte.
Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn und den Mund bevor sie „Bis wir uns wiedersehen!“ sagte und sich dem Nächsten zuwandte. So verfuhr sie mit dem Rest. Das Tuch mit dem Blut ihrer Krieger steckte sie in ihre Rocktasche zurück und atmete dabei tief ein. Danach wickelte sie sich wieder in ihren Umhang und stieg auf den Kutschbock. Sie wollte nun seinem Wunsch nachkommen und ihm alles erzählen.
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Reynegh
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Schweigend hatte er ihr zugehört, betrachtete die Karte eingehend, während sie sich um ihre Toten kümmerte. Nur kurz hob er den Blick, als er hörte, wie sie sich damit abmühte, die Arme eines Soldaten vor dessen Brust zu kreuzen. Geschickt genug, diese so zu verflechten, dass sie nicht gleich wieder an dessen Seiten landeten, war sie ja. Trotzdem fragte sich Reynegh, was es für einen Unterschied machte, ob man mit gekreuzten Armen oder wie man eben gefallen war, gefressen wurde. Eine ordentliche Bestattung wäre ein Seelenfeuer gewesen, doch er würde sich nicht einmischen.
Er senkte den Blick wieder auf die Karte und den Punkt, den sie ihm gezeigt hatte. Dann sah er zum Himmel, orientierte sich am Stand der Sonne und seinem Gefühl für das Netzwerk der Welt, das die Lehrmeister 'Magnetlinien' nannten. Seine Schnurrhaare waren unter dem Schal vergraben, doch es reichte auch so, um sich ein Bild von den Himmelsrichtungen zu machen.
Schließlich rollte er die Karte auf und trat zu Venden, um ihn zur Kutsche zu führen. Mit dumpfen Grollen hielt er ihn dabei davon ab, an den Leichen herum zu zupfen, deren Blut allzu verlockend für das Ereymiu war. Er band das Tier an der Kutsche fest, kletterte dann zu Aria auf den Kutschbock und nahm die Zügel auf. Sein Reittier ließ er bewusst hinterher gehen, denn Pferde reagierte für gewöhnlich fast schon panisch auf seine Art, spürten sie doch, dass sie es mit einem natürlichen Feind zu tun hatten, so scheinbar verwandt sie auf den ersten Blick auch sein mochten. Das das Ereymiu im Vorbeigehen dann doch noch irgendwelche Fetzen vom Schlachtfeld aufklaubte, konnte er jedoch nicht verhindern und so hoffte der Naramianer einfach, die junge Frau würde sich nicht nach seinem Reittier umwenden.

Reynegh ließ die Pferde ein gemächliches Tempo anschlagen und folgte der holprigen Straße weiter in der Richtung, die Aria für die richtige hielt. Für eine ganze Weile schwieg er und versuchte das, was er auf der Karte gesehen hatte, zu verarbeiten: er kannte keine der Städte, keinen der Flüsse und auch die Topographie war ihm fremd. Er konnte sich noch keinen Reim darauf machen, wie er in einem einzigen Augenblick von einem Ende der Welt an ein anderes geraten sein sollte. Er sah aber auch keinen Grund, ein Geheimnis daraus zu machen – zumindest nicht vor seiner neuen, harmlosen Gefährtin.
„Die Orte auf Eurer Karte sind mir fremd. Vor wenigen Stunden war ich mit meinen Gefährten noch am Spalt der die Welten teilt, umgeben von Eis und Schnee.“ Er verfiel wieder in Schweigen. Die Sonne brannte unbarmherzig und er fühlte, wie sein Körper mit der Hitze zu kämpfen begann. Es nutzte nichts, er musste den Mantel ablegen, wenn er nicht ohnmächtig vom Kutschbock kippen wollte.
„Verzeiht.“ Er drückte ihr die Zügel in die Hand und sprang von der Kutsche, um mit langen Schritten daneben her zu gehen, während er sich erst der Handschuhe entledigte und dann die Schließe des Mantels löste. Unter der Kapuze erschienen zwei schwarze Katzenohren mit wie Pinsel empor stehenden Büscheln rotschlich schwarzen Fells, außerdem ein rotbrauner Backenbart. Seine Hände waren von cremefarbenen Fell überzogen, ebenso der größte Teil seines katzenhaften Gesichts.
Reynegh warf Mantel, Schal und Handschuhe in den Wagen. Darunter trug er schwere grüne Hosen und Stiefel, ein Hemd und darüber ein mit Metallplatten verstärktes Wams sowie lederne Armschienen. Mit einem kurzen Blick in das Gesicht seiner Begleiterin, auf dem sich die verschiedensten Gefühle die Hand reichten, stieg er wieder auf den Kutschbock, als wäre nichts besonderes an seiner Gestalt und nahm die Zügel zurück.
„Ich stamme aus Naramie. Hab Ihr schon einmal von diesem Land gehört?“, fragte er schließlich vorsicht, obwohl er die Antwort schon halb zu kennen glaubte.
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