Ein Wald zwischen Ursten und Drahim

[Crehwill von Seren]

„Der Papierstapel war recht hoch, konnte nicht nur meins sein...“ Dazu was sich so ansammelt. Aber man wurde ja auch recht alt und irgendein Ärger findet einen immer. „Aber eigentlich auch egal, bei uns reicht ein ‚mir gefällt Deine Nase nicht‘ genauso aus um in irgendeiner Form hingerichtet zu werden.“ Crehwill kaute auf seinem Reh herum und musste Grinsen, als sein Gegenüber die Hexe beschrieb.

„Vielleicht bekommen kleine Hexentöchter auch irgendein Gesöff, dass ihr Aussehen verändert...“, murmelte er vor sich hin. Er würde es ihnen nicht wünschen. „Oder sie verändern es später, viele Männer stehen darauf… Frauen auch.“ Er zuckte mit den Schultern, musterte sein Gegenüber, wie er über Hexenschulen nachdachte. Natürlich, das meiste über Katzenhexer hatte der Greif auf Kaer Morhen gehört oder gelesen und da kamen sie nicht so gut weg. Eigentlich schon recht spannend einen von ihnen mal selbst zu treffen.

„Ich hab ihm gesagt, er soll mir Bescheid sagen, wenn es losgeht. Auch wenn ich Deinen Bruder nicht kannte, war er einer von uns und ja, das macht es irgendwie persönlich. - Aber ich will Dir ganz sicher nicht Dein Kopfgeld wegnehmen. Willst Du mich dabei haben?“

Diese Meinung ist ihm viel wichtiger, als der Ärgern den Sokolov ihm machen könnte. Zur Not hat er noch eine Zwergin. Crehwill lächelte.

[Reuven von Sorokin]

Papirstapel. Ja, diese Leute aus der Politik drohten gerne mit Papier. Als ob das irgendetwas ausrichten konnte.
Gegen Feuer und Schwert half es jedenfalls nicht.
"Und wenn was schief geht, dann verschwind ich auch einfach für ein paar Jahre aus Nowigrad, zum Glück vergessen die Menschen so schnell... oder sterben."
Griff Reuven nochmal auf was Crehwill zuvor gemeint hatte. Er hatte es bereits des Öfteren so gehandhabt. Das letzte mal war er fast 20 Jahre weggeblieben, nur zur Sicherheit.
Dann grinste er grinste er allerdings. "Hab genug rausgehandelt. Er wird mir wohl nicht mehr geben, wenn du nicht dabei bist." So gesehen war es wirklich eher Krieg als ein Hexer Auftrag.
"Aber damit ist es wirklich eher ein Sold." Egal.
"Würd mich jedenfalls freuen, wenn du dabei bist."
Er hatte im Gegenzug nur gutes von den Greifen gehört. Dass keiner die Zeichen besser beherrschte als sie... Aber vorerst blieb das etwas unausgesprochenes zwischen den beiden verschiedenartigen Hexern. Dass dieser darüber nachsann, welche Vorurteile es gegen die Kater gab, daran dachte er eigentlich nicht.
"Gibt eh schon sehr wenige von uns..." sinnierte er und zitierte was sein alter Lehrmeister immer wieder gesagt hatte. "...und wir werden immer weniger. Irgendwann sind wir ausgestorben."
Aber er wollte eigentlich nicht darüber Philosophieren, zumindest nicht in erster Linie, etwas anderes war wichtiger:
"Wenn du dabei bist musst du vor allem wissen, mit wem du kämpfst. Nicht dass du die eigenen Leute erschlägst."
Nur eine kurze Pause und ein Bissen Reh.
"Er hat nämlich auch einen Werwolf reku... mh... angeheuert. Ich kann dir nicht sagen wer es ist, aber wenn du einem begegnest, der in die gleiche Richtung rennt, lass ihn in Ruhe. Der Werkater aber gehört zu der Hexe, den müssen wir schon erschlagen." eigentlich schade. Er hatte kurz mit ihm Seite an Seite gekämpft, er war gut gewesen, eher ein Krieger als ein Verfluchter, aber er hatte sein Schwert nun einmal der falschen Seite verkauft. Verflucht, jetzt dachte er schon in Seiten.
"Und wir haben auch einen Doppler."
Er grinste fast ein wenig verrschwörerisch in sindras Richtung. Natrülich war es nicht gut, wenn zu viele wussten was sie war, aber nach sorgfältiger abwägung des für und wieder... Wenn der Hexer davon überrascht wurde.
"Deswegen konnte ich das mit der Hexe auch nicht mehr friedlich regeln. Sie wollte sie mir wegnehmen."

[Sindra]

Im Hintergrund hatte Cat sich mit untergeschlagenen Beinen und geschlossen Augen hingehockt. Man könnte denken, sie meditierte. Im Grunde genommen war es auch so. Sie durchstöberte die Gedanken und Erinnerungen der von ihrer kopierten Version und fand viele…Zahlen.
Na toll. War sie denn da geraten? Karten wären was gewesen. Namen. Daten. Fakten.
Aber Zahlen? Der Doppler versuchte das Beste daraus zu machen und kramte konzentriert weiter, holte all die Erinnerungen wie ein Daumenkino aus dem Langzeitgedächtnis hervor und hielt sie sich vors innere Auge.
Es dauerte eine ganze Weile, in der die Hexer sich in Ruhe unterhalten konnten, bis sie die Augen wieder öffnete, mit einer geschmeidigen Bewegung in einem Zug aus dem Schneidersitz aufstand und hinter Reuven trat, um sich herunterzubeugen und ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Warum sie flüsterte, wusste sie selber nicht. Der andere war ein Hexer. Egal wie leise sie war, er würde sie trotzdem hören. Höflichkeit? Angewohnheit? Wer weiß…
„Hast du was zu schreiben?“

[Reuven von Sorokin]

Normalerweise hatte er nichts dabei. Er schrieb selten etwas auf und Papier brauchte er normalerweise nicht.
Da fiel ihm etwas ein, er kramte in den Untiefen seiner etwas zerschlissenen Ledertasche und fand was er suchte. Da war immer noch die Quittung, die man ihm für das Pferd ausgestellt hatte. Vanja, die jetzt verschwunden war, und die fehlende Quittung weil ihm die Tasche gestohlen worden war, hatte ihm den ganzen Schlamassel mit der Hexe überhaupt erst eingebracht.
Nur Stift hatte er keinen.
"Hier... ich habe aber keine Feder. du wirst ein Stöckchen nehmen müssen und Kohle nass machen, dann hast du etwas wie Tinte... oder du suchst einen überreifen Tintenpilz."
Die Pilze wuchsen im Wald fast überall, er hatte sie schon verwendet um sich das Gesicht dunkel zu färben, wenn er einen Auftrag hatte, der dies erforderte.

[Crehwill von Seren]

Sold rausgehandelt. Crehwill hatte gar nichts rausgehandelt. Darüber hatte er sich mal wieder nicht zu viele, eigentlich gar keine Gedanken gemacht. Greifen halt. Irgendwas wird es schon geben. Aber er lächelte erfreut als er hörte, dass es Reuven Herr ‚Hast Du Arbeit?‘ von Sorokin sogar freuen würde, wenn er mitkäme. „Das ehrt mich.“ Da war die kleine angedeutete Verbeugung, diese Bewegung mit der Hand, die wieder das höfische Gehabe zeigten.

Als der Kater erwähnte wie wenig sie noch waren, lagen Crehwill die erwarteten Fragen auf der Zunge, wie viele sie noch sind, wo sie überwintern, was sie noch an Wissen haben. Aber das Thema wurde schnell beiseite geschoben. Reuven wollte nicht weiter darüber reden, zumindest nicht jetzt. Der Auftrag war doch wichtiger. Aber man konnte sehen, dass ihn seine ‚Artgenossen‘ doch brennend interessierten.

„Ich hoffe schon, dass es eine Art Einsatzbesprechung gibt…“ Während er lauschte, briet er noch eine Mandel. So langsam hatte er es raus, viel Kraft er nehmen musste, um den Zucker zu schmelzen und das Reh zu beträufeln.

Bei der Offenbarung wer alles mitkommt, schloss er dann aber die Augen, nickte kaum merklich. „Ein schwuler Werwolf? - Ich kraule ihn zwischen den Ohren und wenn er darauf anspringt, weiß ich, er gehört zu uns?“ Da sind sie alle. Reuven war ebenfalls einer ihrer Patienten, auch wenn der in dieser Liste nicht auftauchte. Der Doppler hat schon jemanden. Er nickte nochmal verstehend und seine Augen richteten sich sehr neugierig auf Catlya, die in dem Moment wieder zurück zum Feuer kam.

Wenn jemand in seiner Gegenwart flüsterte, hielt es den Greifen zwar nicht davon ab, jedes Wort zu verstehen, aber er wusste dann zumindest, dass er vielleicht nicht hinhören sollte. Aber so geheim war es jetzt auch nicht. Er sah zu, was die beiden dort trieben.

[Sindra]

Schwuler Werwolf?
Woher beim Schein der goldenen Sonne wusste er nun DAS wieder. Und warum sah er sie so seltsam an.
Der Greifenhexer wurde ihr unheimlich. Cat nahm schweigend die Quittung und verzog sich in den Hintergrund. Ein kurzes Seufzen entfloh ihr, als sie sah, was sie da in der Hand hielt. Sie hatte die Stute gemocht. Und die Stute sie auch … irgendwie.
Tintenpilz. Gute Idee.
Sindra machte sich auf den Weg, so einen zu finden. Die Quittung steckte sie in den Hosenbund und verschwand imWald.

[Reuven von Sorokin]

Wieder diese höfische Geste, die Reuven etwas irritierte aber er kommentierte sie nicht. Irgendwann würde er fragen, irgendwann, nur nicht jetzt.
Einsatzbesprechung. Das Wort klang so professionell, dass es sicher aus dem Mund dieses Reisenden stammen musste, der verwendete solch ein Vokabular.
"Hm... vermutlich schon. Besser wäre es."
Dann aber... Ein Schwuler Werwolf?
Woher wusste... Wer wusste alles davon? Der Ritter selbst natürlich, Sindra... Nein, sie würde nichts sagen, Sokolov, aber auch der würde schwiegen... Ljerka... Nein, auch sie würde nichts sagen, auch wenn sie ihn nicht mochte, Jarel war ihr bester Freund. Nein... Wer noch? ...natürlich. Sarray. Die Zwergin. Plauderte munter Details zu ihren Patienten aus. Nicht dass ihm Schweigepflicht ein Begriff gewesen wäre, aber es störte ihn dann doch, dass dieser Hexer soviel wusste, das privat sein sollte. Was wusste er über ihn? Dass sie sein Auge geheilt hatte?
Dass er auch seinen Geruchssinn fast verloren hatte und nur noch wenig besser war als ein Mensch?
"...nicht zwischen den Ohren... Aber versuch es ruhig." Er grinste dennoch bei der Vorstellung.
Auch er blickte Cat nach.
Was sie wohl zeichnen wollte?
"Du kennst also Sarray." schloss er. Gar nicht so begriffsstutzig wie er sich sonst gerne gab, und musterte den anderen Hexer dabei aufmerksam.

[Crehwill von Seren]

„Am Sack?“ Statt zwischen den Ohren. Wobei Crehwill dem Wörtchen schwul keine besondere Betonung gegeben hatte. Er hätte genauso gut schwarzgetigerter Werwolf sagen können. Eben ein Adjektiv, ein Wiewort, um den einen vom anderen Werwolf zu unterscheiden. Eigentlich ist das Wort Werwolf, das ungewöhnliche...

Aber sie beiden schauten Cat nach. Tss. Ein Doppler. Eine Dopplerin? Kennen die ein Geschlecht? Brauchen sie ein Geschlecht? Fühlen sie einem Geschlecht zugehörig? Wie vermehren die sich überhaupt? Schließlich wird er mit ihr auch…? Die Bücher seiner Bibliothek haben da nicht viel ergeben.

„Sarray, ja. Wir waren heute gemeinsam Nüsse kaufen.“ Der Blick ging wieder auf sein Gegenüber, sonst zeigte er auf Reuvens Schlussfolgerung wenig Regung. Er hatte die kandierten Nüsse in ihrem Namen übergeben. Aber da lag der Katzenhexer gerade im Dreck. „Die Rübenbäuerin hatte mich an die Heilerin verwiesen, nachdem mich der Ochse umgerannt hatte und die Zwergin hat mich behalten.“

Der Greif lächelt unschuldig über Rehrücken und Feuer zu Reuven und sucht seinen Augenkontakt, dabei streift er sich eine blonde Haarsträhne hinter das Ohr, die aber so gleich wieder in sein Gesicht fällt.

[Sindra]

Die Söldnerin kehrte recht schnell wieder zurück, in der Hand ein Tuch mit einem Tintenpilz, in der anderen ein Stück Schilf. Doch sie setzte sich nicht zu den Männern, sondern legte die Quittung auf einen flachen Stein und den Pilz auf den Boden. Etwas später begann sie zu zeichnen, ohne großartig auf die Unterhaltung der Hexer zu achten, es war nichts Großartiges. Eher eine Skizze, die sie nun fragend betrachtete.
Die Skizze zeigte einen einen Kreis, darin zwei ineinander verschachtelte Pyramiden, beide umrankt von einer fremdartigen Pflanze.
Sie nahm das Blatt, drehte und wendete es, als wolle sie sich an etwas erinnern, auf das sie einfach nicht kam. Und das kam sie tatsächlich nicht.
Es war ein Siegel. Aber…zu welchem Haus gehörend?

[Reuven von Sorokin]

Reuven grinste nur weiter als er es sich vorstellte. Im Grunde war es auch ihm recht egal, wer mit wem. Es hatte Zeiten gegeben in denen es fast normal war, dass ein Mann männliche Liebhaber hatte. Selbst erlebt hatte er sie freilich nicht, aber wenn es im trockenen Geschichtsunterricht um Sex ging, egal um welchen, dann hörten halbwüchsige Jungen natürlich bereitwillig zu und feixten und bekamen dann Prügel. Aber so prägte sich etwas doppelt ein.
Er selbst gab Frauen eindeutig den Vorzug, aber wenn es jemand anders hielt, warum nicht. Nur in dem speziellen Fall wußte er, dass man besser nciht drüber redete denn die Probleme lagen an anderer Stelle und waren beinahe gigantisch.
Aber wo man schon einmal beim Thema war...
Die selbe Gedanken wie dem Greifen hatte sich auch Reuven gemacht. Er wußte wie ein Doppler 'normalerweise' aussah, aber auch er hatte keine Ahnung wie sie sich fortpflanzten. Mit Hexern jedenfalls nicht. Alles andere... nun vielleicht würde er es herausfinden.
"Gab es bei euch noch Bücher über Doppler?"
Richtig, die Nüsse... So weit hatte er nciht gedacht, er war den umständlichen Weg gegangen. Auch egal.
Die Zwergin behandelte anscheinend die ganze Stadt. Kein wunder, die Heiler in der Innenstadt verlangten Unsummen die sich kein einfacher Mensch und kein abgebrannter Hexer leisten konnte.
Auf Cat achtete er dabei weniger. Sie war beschäftigt, er wollte nicht stören. Gesten, die andeuteten, dass sie vor einer unlösbaren Frage stand erkannte er nicht.
"Was ist eigentlich mit deinen Augen passiert? Ich bin kein Spezialist bei den Mutationen, aber bei allen Hexern di ich kenne sind sie gelb geworden. Ist da etwas schief gegangen?" wollte er schließlich recht unverblümt wissen. Taktgefühl gehörte nicht zu seinen Stärken.

[Crehwill von Seren]

Nein, Crehwill wusste nicht, dass Homosexualität das geringste Problem des Werwolfs war. Eigentlich wollte er auch nur wissen, ob es noch mehr als zwei in der Gegend gab, gegeben hatte.

Nachdem Cat sich wieder zurück zog, sah der Greif sie auch nicht weiter an und ließ sie machen. Sie war ihm gegenüber eh sehr zurückhaltend. Verständlich. Seine Zunft mag dazu beigetragen haben, dass es weniger von ihnen gab. Er wollte ihr gegenüber nicht weiter unangenehm auffallen, wenn er hier schon ihre Zweisamkeit störte.

„Wir hatten über alles Bücher. Gestapelt bis an die Decke. An jeder freien Stelle, an der es trocken genug war.“ Gar nicht so einfach, wenn man seine Burg über der Brandung gebaut hat. „Wir mussten regelmäßig Ungeziefer jagen, damit es uns nicht das Papier frisst. Kennt Du diesen Geruch von alten Papier, der einen entgegen kommt, wenn man einen Buchdeckel aufschlägt, der die letzten 100 Jahre nicht geöffnet wurde?“ Sein Blick wird dabei ein wenig verträumt. Er muss ‚seine‘ Bibliothek geliebt haben. „Ich konnte leider nicht alles lesen. Eigentlich weiß man sehr wenig über Doppler, neben den Geschichten, in denen sie sich in Politik eingemischt haben. Es soll irgendein Gebräu geben, dessen Geruch sie zwingt ihre wahre Gestalt anzunehmen. Ich müsste nachdenken, ob wir noch etwas einfällt. Oder wo man mehr nachlesen könnte. Ich muss demnächst eh nach Oxenfurt.“

Mit seinen Augen? Crehwill zuckte mit den Schultern. „Die anderen Jungs haben immer gesagt, bei einem Mädchen wie mir, sei die Farbe ins Haar gegangen.“ Damals hatten sie ihn damit geärgert, jetzt vermisste er sie. „Dubravka eine Meerdruidin, die uns magisch unterstützt hatte, erzählte mir es hätte bei mir länger gedauert als üblich und man hatte schon darüber nachgedacht, mich zu erlösen, bevor ich noch mehr Nächte herumschreie. Sehr viel später gab sie zu, dass es vielleicht auch daran lag, dass man ich nicht vollständig darauf vorbereitet war, weil ich versucht hätte vorher davonzulaufen.“ Er sah für einen Moment ins Feuer. „Daran kann ich mich jedoch nicht erinnern. Ich scheine zumindest nicht schlechter zu sehen als andere… Hexer. Manchmal bekomme ich Kopfweh, wenn die Sonne scheint und überall Schnee liegt. - Du wirkst zumindest normal.“ So normal man als Mutant halt sein kann.