Taverne | Eisvogel

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
Lysira
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Von/Nach: Auf dem Weg zum Eisvogel
Datum: 28. Juli 1278
Betrifft: jeden, der an diesem Abend beschließt, im Eisvogel vorbei zu schauen :o)

Der Platz des Hierarchen war gut belebt, Händler aller Art boten ihre Waren pfeil und die Luft war erfüllt von den verschiedensten Geräuschen, Stimmen und Gerüchen. Lysira verzog leicht das Gesicht, als der Wind ihr eine Woge des Gestanks von faulem Fisch entgegenwehte. Die Quelle dieses üblen Aromas war ganz klar der Fischmarkt, der nur eine Gasse weit entfernt war. Lysira hatte extra den Umweg genommen, um sich dem nicht aussetzen zu müssen, doch nun stellte sie fest, dass dies auch nicht viel gebracht hatte. So manches Mal beneidete sie die Menschen für ihre abgestumpften Sinne.
Angewidert zog sie ihren weiten dunklen Mantel noch fester um die Schultern, wobei ihr die viel zu große Kapuze ein wenig über das Gesicht rutschte und einen dunklen Schatten darauf warf.
Raschen Schrittes überquerte sie den Platz. Den Kräuterhändler erkannte sie mit ihrer Nase, noch ehe dieser mit lauter Stimme verkündete: „Kreuzdorn, frisch aus dem Pontar!“
„Zum Glück nicht“, sagte sie so leise, dass keiner sie hörte. Der Gestank von echtem Kreuzdorn würde sogar die Fischhändler in seinem Kundenkreis vertreiben. Stattdessen waren es deutlich angenehmere Gerüche, die von seinen Waren ausgingen. Ätherische Öle, Ignatiablüten, Han-Faser…
Während sie an ihm vorbeischritt, verdrängte der herbe Geruch von Bier die feinen Düfte seiner Auslagen. Sie war auf dem richtigen Weg. Lange war sie nicht mehr hier gewesen, aber viel hatte sich nicht verändert, wie unschwer an dem unverkennbaren Hauch verbrannten Fleisches zu erkennen war. Dieser schien schon etwas älter zu sein, vielleicht war es auch gar nicht mehr so schlimm, wie sie dachte, vielleicht hatte sich nur der Rüstungsschmied bei seiner Arbeit eine Verbrennung zugezogen.
Lysira beschloss, sich darüber keine weiteren Gedanken zu machen. Sie folgte den Ausdünstungen von Bier und Schweiß eine steinernde Treppe hinauf und öffnete die Tür des Eisvogels. Noch im Eingang ließ sie die schwere Kapuze von ihrem Kopf gleiten. Ihr volles, seidiges schwarzes Haar schimmerte leicht im warmen Licht der Kerzen. Mit einer beiläufigen Handbewegung strich sie es unter dem Mantel hervor, sodass es nun darüberfiel, in etwa hüftlang. Ihr hübsches Gesicht war um keinen Tag gealtert, seit sie zuletzt hier gewesen war. Sie trat einen Schritt von der Tür weg und ließ den Blick aus hellen, metallisch glänzenden Augen durch das Lokal wandern bis hin zum Tresen, wo der Wirt ihr noch den Rücken zugewandt hatte und sie fragte sich, ob es sich wohl um ein ihr bekanntes oder unbekanntes Gesicht handeln würde, wenn er sich umwandte.
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Sarray Cestay
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Mitten in der Taverne saß jemand an einem Tisch und futterte Nüsse.
Eine zierliche Zwergenfrau, vielleicht ein wenig ZU zierlich für eine reinrassige Zwergin, saß auf einem extra hohen Stuhl, beide Füße auf einem Hocker, und warf sich mehr oder minder geschickt kandierte Nüsse im hohen Bogen in ihren Mund. Auf dem Tisch stand ein riesiger, halb leer getrunkener Krug Bier.
Als Lysira den Raum betrat, vergaß Sarray die gerade geworfene Nuss zu fangen und starrte sie mit halb in den Nacken gelegten Kopf und weit offenem Mund an, während die Nuss in ihren blonden Haaren landete.
Ui…die war aber hübsch. Faszinierende Augen. Und neu hier!
Am liebsten wäre sie gleich aufgesprungen und zu ihr gegangen, aber Ljerka sagte immer: ‚Lass die Leute erst mal ankommen.“
Aber neugierig begaffen, das durfte sie sie sicher schon.
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Raul Cengiz
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Und noch jemand war anwesend.
Er saß an einem Tisch am Rand, hatte nun eben das vierte Bier bestellt und bereute es schon, nicht gleich mit Schnaps angefangen zu haben. Aber er hatte am Tag zuvor schon eine ganze Flasche Nilfgarder Zitronenvodka geleert gehabt. Zurecht, wie er fand. Er hatte diese Falka überlebt, einem Elfen dafür das Leben gerettet und Ertrunkene bekämpft und diesen seltsamen General getroffen. Und all das hatte er unbeschadet überstanden. Das würde noch Wochenlang für Geschichten reichen, auch wenn er den Elfen vielleicht ausklammern musste, der Rest reichte vollkommen.
Aber weder gestern noch heute war ihm dann allzu sehr nach Aufschneiderei zumute.
Deswegen saß er nun im Eisvogel, trank nur Bier und versuchte gerade einen dicken braungebrannten Kerl mit einer wirren Mähne beim Würfel über den Tisch zu ziehen. bislang sah es noch gut aus, der dicke hatte viel mehr Augen für die anwesende Damenwelt - aus diesem Grund ließ er seine Kontrahenten auch immer gern mit dem Rücken zur Wand sitzen, sie ließen sich dann leicht ablenken, er selbst blieb fokussiert... So fokussiert eben wie man nach dem dritten Humpen eben war.
"Wo bleibt denn heute die Musik? Haben die den Barden gefeuert?" wollte der Dicke wissen.
"Keine Ahnung, sing jeden Abend wer anders, hier. Hab ne 5 und zweimal ne 6... du bist."
Er hatte schnell die Würfel gedreht während der andere den Raum abzusuchen schien. Er bemerkte tatsächlich nichts.
Gedankenverloren würfelte der Mann. "Ach mist. Bin heute nciht bei der Sache."
"Wasn los?"
"Nur schlecht geschlafen... He, hast du die gesehen? So lange schwarze Haare..." er schien die Augen gar nciht mehr von einer Frau lassen zu können, die eben eingetreten war. Raul beachtete sie gar nciht, er wollte seinen Gewinn nciht verlieren.
"Ney... willst du noch ne Runde? Dann setz... Die Kronen gehören jedenfalls mir."
"Meinetwegen... Mist, bin blank... Muss wohl passen."
"Geh was holen..."
"Nein... Meine Frau erschlägt mich... Ich geb dir einem Tageslohn... ich arbeit für dich, was hältst du davon?"
Raul hätte sich fast verschluckt. "Hach! Scheiß Idee. Wenn du keine Kohle hast, dann geh nicht würfen!"
"Du hast aber schlechte Laune, Mann..."
"Ja, verpiss dich doch." Raul hatte wirklich schlechte Laune. Der Dicke stand mühsam auf, stolperte fast über die Bank weil er die Augen nicht von der schwarzhaarigen Schönheit lassen konnte. Raul beachtete sie gar nicht, er brütete über den Würfeln, die hatte er auch gewonnen, ein wunderbar geschnitztes Spiel mit einer Einlegearbeit, die ihresgleichen suchte und dazu Elfenbeinwürfeln. Er begann aus Langeweile die Würfel zu testen, nicht alle fielen mit der gleichen Häufigkeit auf die gleiche Seite.
Dann kam das bestellte vierte Bier.
Lysira
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Die Schwarzhaarige beachtete die Blicke nicht, die auf sie gerichtet waren, obgleich sie sie spürte. Sie war es gewohnt, dass man sie anstarrte, wann immer sie ein solches Etablissement betrat. Und meistens waren Blicke noch das Harmloseste. Einer der Gründe, warum sie sich zunächst im Hintergrund hielt. Sie wollte keinen Ärger. Nicht, dass sie sich bei übergriffigem Verhalten nicht zur Wehr zu setzen gewusst hätte. Doch führte ihre Art, sich zur Wehr zu setzen leider allzu oft dazu, dass sie anschließend zu einer übereilten Abreise gezwungen war und eigentlich plante sie, noch ein paar Tage hier zu verweilen. Nowigrad war ein guter Ort. Gut, um zu bleiben solange wir sie es eben aushielt.
Kurz erregte die kleine Frau ihre Aufmerksamkeit. Noch immer machte es sie neugierig, wenn solche Blicke nicht nur von Männern kamen, obgleich sie sich selbst verboten hatte, in solchen Situationen so zu reagieren, wie sie manchmal gerne reagieren würde. Doch diese kleine Person war nicht bloß wegen ihres Blickes oder der Tatsache, dass sie nun eine Nuss im Haar hatte interessant. Lysira hatte noch nie ein Persönchen wie sie gesehen und das, obwohl sie weit herumgekommen war. Kurz trafen sich ihre Blicke. Verdammt
Sie hatte gehofft so tun zu können, als hätte sie nichts bemerkt. Tja, so viel zu Plänen und warum sie nicht funktionierten. Beinahe war sie dem Dicken dankbar, der nun bereits zum zweiten Mal fast der Länge nach hinschlug und mit seinem massigen Körper den Blickkontakt durchbrach. Zumindest so lange, bis sein Geruch ihr in die Nase stieg und sie veranlasste, sich noch einen Schritt weiter an der Wand entlang von der Tür zu entfernen. Als der Mann sich aufgerappelt hatte, stellte Lysira fest, dass auch der Wirt sie inzwischen bemerkt hatte.
Sie erinnerte sich wieder, warum sie hier war. Ja richtig, sie wollte sich in die Gesellschaft einfügen und das bedeutete, dass sie auf ehrliche Weise Geld verdienen musste, statt immerzu Banditen zu überfallen. Also setzte sie ihr hübschestes , wenn auch künstliches Lächeln auf und nährte sich dem Tresen. Sie kannte den Wirt nicht, doch war dies kaum verwunderlich, so lange wie sie nun schon nicht mehr hier gewesen war. Mal schauen, was der Abend noch so bereit hielt. Aus den Wortfetzen, die zu ihr gedrungen waren, ging hervor, dass möglicherweise schon heute Abend die Möglichkeit bestand, aufzutreten.
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Sarray Cestay
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Sarray schmollte. Die Schwarzhaarige war dem aufdringlichen Trunkenbold geschickt ausgewichen. Dabei hätte die Zwergin sie doch so gern ‚gerettet‘ um der Hübschen dann ein Bier und ein Gespräch aus den Rippen zu leiern. Diese Stadt war zwar nicht langweilig – ganz und gar nicht - aber diese Woche war ungewöhnlich ruhig verlaufen. Keine zerschmetterten Werwölfe zu flicken, keine Untoten aufgelöst, nicht vom Oberspion entführt worden, keine Monster verdroschen, .
Da wäre ein neues Gesicht gerade richtig. Die Zwergin leerte ihren Krug und trabte damit in Richtung Theke, an der Oberlippe endlich den für Zwergenfrauen so charakteristischen Bart. Allerdings aus weißem Schaum gestaltet und äußerst vergänglich.
„Lass da mal die Luft raus!“, verlangte sie mit einem hellen, lauten Organ, kletterte umständlich auf einen Hocker, und knallte den Krug auf das Holz des Tresens.
Lysira
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Gerade, als Lysira den Mund öffnete, um den Wirt anzusprechen, ertönte eine hohe doch recht laute Stimme von unten. Sie ließ ihren Blick dorthin wandern, woher sie kam und erblickte erneut die kleine Blonde, in deren kunstvoll geflochtenen Haaren noch immer die Nuss steckte. Kaum merklich schmunzelte sie über diesen Anblick und unterdrückte den Impuls, sie herauszufischen. Stattdessen blieb sie einfach dort stehen und beobachtete für einen kurzen Moment, wie der Wirt den Krug füllte. Vielleicht sollte sie die kleine Frau darauf hinweisen… wobei, besser nicht, wer wusste schon, wozu das wieder führen würde…
Noch ehe sie eine dahingehend zielführende Entscheidung getroffen hatte, war der Wirt zurück und schaute sie erwartungsvoll an. „Was darf’s denn sein?“,
fragte er, während er ein Glas mit einem etwas ramponiert aussehenden Tuch polierte.
„Ich wollte fragen, ob ihr vielleicht Arbeit für mich hättet, gnädiger Herr. Als reisende Sängerin verfüge ich über ein recht umfangreiches Repartoire“, antwortete Lysira in ihrem fremdartig klingenden Akzent, in dem jedes R beinahe wie ein kurzes Schnurren einer Katze klang. Ihre Stimme war ebenso zart wie ihre Erscheinung.
Es überraschte sie ein wenig, dass der Wirt direkt so angetan wirkte. „Euch muss das Ewige Feuer geschickt haben! Heute ist spontan unser Barde ausgefallen. Ihr könnt direkt loslegen, sofern Ihr mit Bonny vertraut seid, danach steht Euch die Wahl offen. Allerdings scheint ihr kein Instrument dabei zu haben.“
„Das ist kein Problem, ich spiele die Harfe“, antwortete sie, während ihr Blick über das große, etwas verstaubte Instrument glitt, das am hinteren Rand der Bühne stand.
„Und natürlich ist mir Bonny ein Begriff.“
Und ob sie damit vertraut war, dieses Lied, das ursprünglich aus Oxenfurt stammte war zur Zeit recht beliebt.
„Gut. Ihr Name?“
„Lysira.“
Dann ging alles recht schnell, der Wirt kündigte ihren Auftritt an, Lysira erklomm die Bühne, ließ sich den schweren Mantel über die Schultern gleiten und offenbarte das darunterliegende figurbetonte Kleid, das aus einem edlen dunkelroten Stoff bestand, aber für einen Ball, auf dem man solche Stoffe üblicherweise zu sehen bekam eindeutig zu freizügig war. Sie schob die Harfe etwas weiter nach vorne, mühelos, als stünde sie auf Rollen und begann zu spielen, ehe sie mit dem Gesang einsetzte. Ihre Stimme war hell, klar und hatte etwas leicht hypnotisches an sich.

https://youtu.be/fmySCgpD2ws
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Raul Cengiz
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Raul hatte weiter getrunken und die Würfel getestet, langsam glaubte er sie zu kennen. Das konnte ihm helfen, später.
Dann wollte er weiterbringen. Ein anderer setzte sich eben zu ihm, ein hagerer kleiner Mann mit schlechter Pockennarbiger Haut und den gemeinen rastlosen Augen einer Ratte. solche Typen bedeuteten meist Ärger und man sollte ihnen rein prophylaktisch die Fresse polieren, aber gerade war Raul nicht danach.
Und irgendwie hatte er angefangen drauflos zu plappern. Raul hatte gar nciht mitbekommen wann er angefangen hatte, sein Bier hatte ihn ausreichend beschäftigt.
"...und dann will er doch glatt den normalen Preis, kannst du dir das vorstellen, Mann... Ich dachte, ich glaub's nich..."
Den Anfang hatte Raul nicht mitbekommen, er vermutete irgendeine Pointe, aber er war genervt davon wie ihn der Typ damit überfallen hatte, auch wenn er sonst solchen Wirtshausplaudereien durchaus zugeneigt war.
Aber als er nicht reagierte legte die Ratte nach. "...Ein Anderling, so ein Bastard von Elf, kapierst du das? Da lass ich mich schon dazu herab, bei SO einem zu kaufen, und dann bekomm ich nicht mal günstigere Preise! In den Arsch ficken soll er sich, hab ich ihm gesagt... Soll froh sein, dass ich ihm nicht seine verfickte Fresse pliert hab." empörte er sich weiter.
Raul blickte auf.
"Dann wird's dich ja freuen, dass sich wieder so ne Falka aufschwingen will und die Anderlinge aufstachelt. Das wird wieder krieg geben. Ein zweites Wyzima. Willst du das? Dann gibt's ordentlich auf die Fresse. Bei allen."
"He, wie bist du den drauf? Dachte du wären entspannt..."
"Verpiss dich halt, hab dich nciht hergebeten."
Und gerade als der Typ wieder aufstehen wollte nachdem er ihn erfolgreich vergrault hatte, da begann deine Bardin zu singen.
Raul sah sie nicht, er saß immer noch mit dem Rücken zum Raum, aber er hörte die Stimme und die war hypnotisch. auch die Ratte stand einfach da und starrte sie an, hatte seinen Ärger vergessen und es fehlte nicht viel und ihm wäre der Sabber aus dem Mundwinkel getropft.
Ein etwas neugierigerer Mann hätte sich jetzt vielleicht umgedreht aber Raul blieb sitzen. Er hörte die Stimme, das genügte...
Und diese schnitt direkt in seine Seele.
Sie weckte auch in ihm etwas, etwas, dass er gerne vergaß, beim Bier und beim Spiel, eine Trauer, die er nun gerne zuließ zwischen all der Streitsucht.
Lysira
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Auf das eine Lied folgten weitere, zumeist bekannte, von denen so manches wohl auch ursprünglich mal aus Heiterkeit geschrieben war, was sich jedoch in Lysiras Interpretation kaum noch erkennen ließ. Der Klang der Harfe trug bereits zu einer leichten Melancholie bei, doch ihre Stimme wirkte wie der Fluss einer tiefen Sehnsucht und belegte, wie nah Trauer und Schönheit beieinander lagen.
Sie traf wahrlich die Herzen ihrer Zuhörer, fand jeden Schmerz der darin lag und legte sich sanft, lindernd und tröstend darüber wie eine liebevolle Umarmung, sanfte Lippen, die die Tränen - seien sie geweint oder ungeweint wegküsste. Es war schwer zu sagen, wie lange ihr Auftritt andauerte, die Zeit schien schneller zu vergehen, als die Anzahl der Lieder vermuten ließ.
Ihr letztes Lied war unbekannt. Sie sang es in einer fremden Sprache, deren Klang keiner der Anwesenden jemals vernommen hatte und doch war sofort klar, dass dieses Lied mehr Tiefe hatte, als alle davor.

https://youtu.be/5Lz9zfpvv5s

Nachdem sie geendet hatte, senkten sich kurz die dichten Vorhänge ihrer dunklen Wimpern, als wären sie zu schwer und als sie sie wieder aufschlug, schien der metallische Glanz ihrer Augen noch intensiver und doch war keine Träne zu sehen.
Das Ensemble, das nach ihr auftreten würde war angekommen, sie erkannte die Barden an ihren Instrumenten, als sie hereinkamen. Lysira bedankte uns verneigte sich, schob die schwere alte Harfe mit derselben Leichtigkeit, mit der sie sie hervorgezogen hatte wieder an ihren Ursprungsort und verließ die Bühne, die kurz darauf von den Instrumentalkünstlern eingenommen wurde. Den Mantel hängte sie sich über den Arm, statt ihn wieder anzuziehen. Er erfüllte keinen Zweck mehr, da nun eh jeder wusste, wie knapp sie darunter bekleidet war und für sie fühlte sich viel Stoff ein wenig so an, als raubte er ihr die Atemluft.
Für einen Moment war sie unschlüssig, ob sie noch etwas bleiben und sich unter das Volk mischen oder ihren Lohn abholen und direkt verschwinden sollte. Doch was hatte sie schon noch anderes vor in dieser Nacht? Zeit war ein relativer Begriff für sie und wahrlich schwer zu vergeuden, wenn sie unbegrenzt schien. Sie könnte sich zu der kleinen Frau gesellen, ein wenig plaudern und vielleicht etwas über die aktuelle Lage in der Stadt, den aktuellsten Klatsch und Tratsch herausfinden. Die Unsicherheit, die sie vor ihrem Auftritt gehabt hatte, war verflogen. Es war offensichtlich gewesen, dass die Blonde einem Gespräch gegenüber wohl nicht abgeneigt war und was sollte auch sonst passieren? Im Nachhinein schien ihr die Wahrscheinlichkeit, dass der Blick und die Nuss im Haar der Frau von etwas anderem herrührten als Neugier gegenüber einer Fremden recht gering. Also ließ Lysira ihren Blick auf der Suche nach der kleinen Gestalt durch den Raum schweifen.
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Sarray Cestay
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Die Zwergin war an ihren Platz zurückgekehrt und saß mit baumelnden Beinchen auf dem extrahohen Stuhl. Sie hatte dem Lied gelauscht und darüber sowohl Bier als auch Nüsse vergessen, starrte die Sängerin unverhohlen an, den Kopf so schwer in die linke Hand gestützt, dass sich der linke Mundwinkel hoch zog und das eigentlich hübsche Gesichtchen verzerrte. Es sah so aus, als würde sie gleich mit dem Kinn auf das Holz knallen.
Nach dem ersten Lied hatte sie schon applaudieren wollen, doch es folgte ein zweites. Und dann noch eines. Und noch eines. Das Bier verschalte auf dem Tisch und die Zwergin bekam die Augen einfach nicht losgeeist. Und die Ohren erstrecht nicht.

Es folgte ein letztes Lied. Sie verstand zwar kein Wort und doch ergriff sie das Gefühl gleich losplärren zu wollen wir ein Kind, dem man das Spielzeug geklaut hatte.
Einige Sekunden nachdem das Lied verklungen war, blieb es noch still, bevor plötzlich die Stille von Applaus und Johlen weggewischt wurde. Besonders laut johlte und Pfiff die Zwergin, kletterte auf ihren Hocker und brüllte durch die ganze Taverne. „Hey, Schönheit! Wenn du dich zu mir setzt, geb ich ein Bier aus!“ Dann grinste sie frech triumphierend in die Runde.
Ha! Da war sie den Männern zuvorgekommen.
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Raul Cengiz
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Raul war einfach erstarrt. Er lauschte, auch in seiner Hand wäre das Bier warm geworden, hätte er es nicht zuvor schon in seiner Gier ausgesoffen gehabt.
Trauer war da, ja, und das Gefühl der Hilflosigkeit. Wie er den enterlichen Hof vor sich liegen sah im Nebel des anbrechenden Morgens. Er hatte auf dem Hügel gestanden, vor dem Baum, unter dem sie als Kinder so viel Zeit verbracht hatten, zum Teil weil er mindestens von jedem Ast einmal heruntergefallen gewesen war, später dann einfach weil er Schatten warf. Eine alte Linde. Damals schon alt. Heute war sie breit genug, dass sich seine Silhouette nciht vor dem heller werdenden Himmel auf dem Hügel abzeichnete. Von hier hatte man einen guten Blick auf den Hof, er konnte die Pferde der schwarzen sehen, zum Teil auf dem Innenhof eingepfercht, wo der Stall zu klein war, weil der nie darauf ausgelegt gewesen war, eine ganze Garnison zu beherbergen. Sie hatten die beiden offenen Seiten mit Improvisierten Zäumen gesichert, Palisaden mit angespitzten Stöcken als Befestigung. Die Ziegen und Kühe hatten sie geschlachtet, das Schwein wohl auch. Er hatte die Kleider Truhe seiner Mutter gefunden, achtlos rausgeworfen, Bänder, mit denen seine Elzbieta, Temu's Frau ihre Haare zusammengebunden hatte, einfach entsorgt auf dem Misthaufen. Sie hatten das Haus leer geräumt, soviel hatte er erkennen können durch das Fernrohr, dass er aus dem Bestand der Krone veruntreut hatte. Nur von seiner Familie fehlte jede Spur.
Er wäre ja fast schon dankbar gewesen, hätte er wenigstens die Leichen gefunden...
An der Linde hatte man vor einer Weile jemanden aufgeknüpft gehabt, der Strick hing noch, aber den Toten hatte man abgeschnitten. Er kannte das Bild nur zu gut. Dergleichen säumte die Wege schon seit Monaten. Nur wer es gewesen war... Hatten sie einen seiner Brüder erwischt? Seinen Vater? Er konnte kein frisches Grab entdecken.
Lange konnte er sich hier jedoch auch nicht aufhalten, sonst lief er selbst Gefahr hier einen Strick zu bekommen.
Trauer, Ohnmacht.
Dabei erinnerte er sich nicht einmal mehr so richtig an den Tag seiner Abreise. Er hätte den Moment festhalten sollen, das war ihm nun klar, aber nun war es zu spät. Er wusste nur, er musste sie finden, deshalb war er nach Redanien gegangen, Oxenfurt... Nowigrad. Wer noch am Leben war kam hierher. Doch gefunden hatte er sie nicht. Bisher. Also... wartete er, und soff... und lauschte der traurig schönen Musik... und hatte tatsächlich eine Träne im Auge, die er schnell wegwischte, obwohl eigentlich keiner sie sehen konnte.
Lysira
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Kaum hatte Lysira den Blick gehoben, um nach der Blonden Ausschau zu halten, ging auch schon der Beifall los. Die Stimme der kleinen Frau war deutlich herauszuhören und ein besonders schriller Pfiff aus ihrer Richtung ließ die Schwarzhaarige ganz leicht zusammenzucken und danach schrillte es noch immer etwas in ihrem linken Ohr nach. Sie schaute zu der kleinen Person herüber, die sie scheinbar sehr offen, direkt und völlig schamlos … anflirtete?
Für einen kurzen Moment schien Lysira ein wenig perplex, der Pfeifton hallte in ihrem Ohr nach und es fühlte sich ein wenig so an, als befände sich Wasser darin. Dann schenkte sie der Verursacherin dieser Unannehmlichkeit ein Lächeln und kam etwas benommen auf sie zu.
Der Ton, der dröhnend in ihrem Ohr widerhallte ließ langsam nach, während Lysira sich zu der kleinen Gestalt setzte. Sie kam so nah an dieser vorbei, dass einzelne Spitzen der seidigen schwarzen Haarpracht, an der ein leichter Hauch von ofierischem Patchouli und Vergissmeinnicht haftete, ihren Oberarm streiften, so beiläufig, als wäre es bloß Zufall. Die Blonde wollte also flirten. Nun, das konnte sie haben…
Lysira konnte die enttäuschten Blicke jener Männer spüren, die jetzt gerne an der Stelle der neben ihr sitzenden wären. Aber sie war nicht zum Jagen hier und für alles andere bevorzugte sie weibliche Gesellschaft.
„Vielen Dank für das großzügige Angebot, wobei ich deine bloße Gesellschaft dem Bier vorziehen würde“, sagte sie mit einem tiefen Blick in diese hübschen, so blauen Augen die sie so unverhohlen anblickten. Dann blinzelte sie ein wenig, scheinbar verlegen, wobei das Schattenspiel ihrer Wimpern im seitlich einfallenden Kerzenlicht diese noch deutlich länger erscheinen ließen.
Ihr fiel auf, dass die Nuss noch immer dort war, wo sie sie zuletzt gesehen hatte.
„Wie ist dein Name?“, fragte sie, während sie sich bemühte nicht ständig zu dieser Nuss zu schauen.
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