Privatwohnung | Nowigrad/Silberstein - Ein Privathaus mit Büro

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Vyacheslav Sokolov
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Ein Haus, zwischen Silberstein und Gildorf, an der St. Gregors Brücke.
Das Fachwerk war durchaus hübsch, der Dachstuhl regelrecht malerisch. Unten waren der Eingang und die Küche, die übrigen Zimmer verteilten sich auf zwei weitere Stockwerke. Die Häuser hier waren in der Regel schmal und hoch. Die Küche war luxuriös im Vergleich zu der vieler anderer Häuser, mit Fliesen gekachelt, und einem Brunnen direkt im Haus an dem man sich auch waschen konnte.
Er nannte außerdem eine kleine Bibliothek sein eigen - im 2ten Stock - neben dem Arbeitszimmer.
und im Obersten Stock unter einem Fenster dass einen wunderschönen Blick auf die Stadt bot, waren die Privatgemächer, ausgestattet mit einem Doppelbett.
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von/nach: Nach der Rücker von der 1. Expedition
Datum: März 1278
betrifft: niemanden direkt
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Als er von seiner Expedition zurück kam war Slava nachdenklicher und melancholischer als sonst. Man hatte ihm ein Bündel mit Berichten in die Hand gedrückt, das er nachlässig auf seinen Schreibtisch geworfen hatte. Er hatte sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, in dem immer noch alle möglichen Karten ausgebreitet waren. Jene Karte, die Jarel für ihn besorgt hatte hing an der Wand, in der Zwischenzeit hatte er unzählige Kopien angefertigt in denen er haumkritzeln konnte.
Seine Verschwendungssucht was Papier anging was schon legendär geworden.
Nun stand er da, am Fenster aus Butzenglas, einen Cognac in der Hand und blickte auf die Stadt hinaus, auf den Sonnenuntergang und überlegte, ob er sich eine Pfeife anzünden sollte. Aber aus Faulheit verwarf er das. Zigaretten waren einfach unkomplizierter, aber Zigarettenautomaten waren hier so verdammt schwer zu finden.
Und das war der Punkt.
Er hatte gefunden was er gesucht hatte, und auch wieder nicht.
Und das stimmte ihn nun nachdenklich.
Sie hatten viel Zeit dort verbracht, hatten das Gebiet abgesucht, eingegrenzt und dabei kam auch das Mehl zum Einsatz.
An besonders vielversprechenden Stellen, es wurde mit Blasbalgen in die Luft geblasen, denn die Portale mussten ja nicht zwangläufig am Boden auftauchen.
Und tatsächlich hatten sie eines gefunden, eines seiner Portale.
Es befand sich tatsächlich über zwei Meter über dem Boden, zu hoch als dass ein Mensch durch Zufall hineingeraten konnte, aber er hatte einen weiteren seiner Tracker gefunden, zerstört aber immerhin.
Nur zeigte das Mehl, dass dieses Ende der Öffnung nur knapp eine Elle im Durchmesser hatte. Zu wenig für einen Menschen. Er wußte gut genug, dass man nicht zur Gänze eingesaugt wurde, trat man durch ein zu kleines Portal, so wurde der überstehende Rest abgeschnitten.
Das einzige, was er hatte tun können war es, eine Nachricht hindurchzuschicken.
Wieder hatte er Steine beschriftet, mit Tusche und Wachs, in der Hoffnung, dass Regen und Wetter alles nicht sofort abwaschen würde, außerdem hatte er auch einen der PDA's mit einem aktiven Signal zurückgeschickt. Auch darauf eine Nachricht, allerdings verschlüsselt, damit sie nicht in falsche Hände geriet. Nun konnte er nur warten und den Ort beobachten, sehen ob etwas zurück kam. Ein Bote würde ihn in diesem Fall unterrichten. Zur Sicherheit hatte er auch um ein paar Päckchen Zigaretten gebeten.

Eigentlich hatte er sich nun entspannen wollen, seine Gedanken sortieren.
Aber gerade das gelang ihm nicht.
Nur zu warten nervte ihn zu sehr, außerdem wußte er wieder nciht was er wollen sollte. Wollte er noch zurückkehren? Das Portal zu sehen hatte sein Herz zum Rasen gebracht, im nachhinein hatte er es erst als Angst identifiziert, als angst davor, wieder in den Mühlen des GRU festzustecken, dem Erwartungsdruck und den Regel unterworfen. Er wäre wieder ein Hai unter anderen in einem gigantischen Becken.
Nun aber war er ein Hai unter Fischen in einem kleinen Becken. Was also wollte er sein?
Aber auch hier gab es eine Erwartung, der er nicht gerecht werden konnte.
Und dann griff er doch nach dem Stapel mit Berichten, der immer noch auf dem Schreibtisch lag.
Die Schreibstube in seiner Bibliothek war auch gleichzeitig sein Arbeitszimmer, so konnte er direkt von dort arbeiten und benötigte kein zusätzliches Büro, wozu auch. Homeoffice. Eine sehr moderne Arbeitsweise.

Er setzte sich und las die Berichte quer. Ein wenig holperig war die Schrift für ihn immer noch, nicht trotz sondern gerade wegen der Ähnlichkeiten zum kyrillischen und der Verwechslungsgefahr.
Dabei aber stolperte über eine Reihe an Protokollen. Einer der Begabteren unter seinen neuen Spionen hatte sie verfasst.
Er hatte den Männern und Frauen lange Vorträge gehalten, wie man sich vor Blicken verbarg. Verfolgen und schnell in Hauseingänge verdrücken war die auffälligste Form der Beschattung. Besser man teilte sich die Aufgabe. Einer tarnte sich als Bettler, sie wurden ohnehin nur zu gerne übersehen, ein anderer als aufdringlicher Händler und der nächste lungerte als Betrunkener herum, wichtig war, dass es Stände und Gruppen waren, die man nicht gerne wahrnahm, so merkte man sich selten ein Gesicht dazu. Und so konnten sie zusammenarbeiten und den Delinquenten nicht aus den Augen lassen. Selbst jemand der bereits Verdacht geschöpft hatte, hatte es schwer den Verfolger zu identifizieren.
Anfangs hatte es sich als schwierig erwiesen es ihnen begreiflich zu machen. Sie übten es im Rollenspiel ein, was zunächst für enorme Belustigung sorgte aber nach und nach doch fruchtete.
Und einer saß nun regelmäßig als Bettler verkleidet neben der Brücke in Ferneck.
Er hatte ihn dort positioniert, weil man vorn dort sowohl das Gasthaus als auch die Hütte einer Heilerin und einer Alchemistin im Auge behalten konnte.
Ihn hatte zuvor schon ein Bericht erreicht, dass ein gewisser Ritter der Flammenrose dort ein und aus ging. Hatte er anfangs noch angenommen, dass es nur um sein Medikament ging, keimte in ihm bald schon der Verdacht, dass da noch mehr sein konnte. Er kam mit Geschenken dort an, besuchte sie deutlich öfter als er Nachschub brauchte und sie waren sogar gemeinsam im Gasthaus gesehen worden...
Und der letzte Bericht fiel ihm nun besonders auf.
Dem Bettler selbst war es nicht aufgefallen, was daran liegen mochte, dass ein Schichtwechsel dazwischen lag, aber auch währenddessen blieben die Männer aufmerksam. Nur hieß es im Protokoll, ein Hexer habe den beiden Frauen, wohl der Alchemistin, einen toten Werwolf für Zutaten gebracht. Der Hexer habe im Haus übernachtet, ebenso sein Hund.
Später habe der Hexer in Begleitung eines jungen Mädchens das Haus wieder verlassen. Kein Hund... Und auch über Abfälle des Werwolfes kein Wort.
Des weiteren keine Personen, obwohl sonst immer wieder auch Gäste im Haus waren. Keine Kunden oder Klienten über 4 Tage lang. Erst danach verließ ein Mönch das Haus. Slava wollte fluchen, er musste den Männern noch beibringen genau zu beschrieben statt gleich zu interpretieren. Wer war der Mönch, wie sah er aus?
Aber er ahnte es schon. Und das konnte nur bedeuten, dass auch die Alchemistin Bescheid wusste. Laut eigener Aussage teilte er dieses Wissen aber nur mit sehr nahen Personen... Jake wußte Bescheid, er... und diese Frauen?

hat dann das hier zur Folge...
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

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von/nach: aus Gildorf zuück
Datum: Juli 1278 (während Jarel mit Jake unterwegs ist, einige Tage, vielleicht etwas mehr als eine Woche nach Slavas ersten Besuch)
betrifft: niemanden sonst
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Er stand am Fenster und blickte auf die Stadt hinaus, nachdenklich.
Noch.
In seiner Hand lag ein Döschen, woher er es hatte spielte gerade keine Rolle mehr, viel mehr war es der Inhalt. Feines weißes Pulver, hier unter dem Namen Fisstech verkauft ähnelte es dem Crystal Meth von der Erde. Es stand schon seit einer Weile auf seinem Schreibtisch, drohend, mahnend, aber letzten Ende immer zu seinem Triumph. Er weder stand.
Bis jetzt.

Dabei waren es gerade nicht einmal die Schmerzen im Rücken, die ihm zu schaffen machen. Auch nicht die Hüfe, die wohl aufgrund der Schonhaltung im Rücken nun ebenfalls begonnen hatte zu schmerzen. Er machte sich nichts vor, körperlich war er deutlich älter als er sein sollte. Die beiden Einsätze nach denen er Wochen im Krankenhaus zugebracht hatte und die unzähligen Operationen, die ungenügende Reha und der Raubbau dazwischen hatten ihn seiner Jugend beraubt.
Aber dass war es nicht...

Vor allem deshalb war es gut, dass sein Kopf auch hier funktionierte, besser als je zuvor. Noch.
Es war auch nicht der Dämpfer, den seine Eitelkeit was seine Einschätzung des Gegenüber anging, hatte einstecken müssen. Er hatte sie Zwergin unterschätzt. Ja. Aber er hatte dennoch erfahren, was er hatte wissen wollen. Nächstes mal wäre er besser gerüstet, was dieses zähe kleine Volk anging, er machte jeden Fehler, wenn überhaupt nu einmal. Und er konnte daraus lernen. So eitel war er nciht, dass er sich selbst keinen einzigen Fehler einräumte.
Fehler passierten...

Was es war, was er statt dessen zu betäuben suchte war das schier unerträgliche Glühen in der Magengegend ...nein etwas tiefer.
Jarel heulte sich bei diesen Weibern über ihn aus. Sie waren Freunde, aber wirklich erzählt hatte er ihm nie von ihnen. Ja, er erinnerte sich daran, dass er einmal eine Alchemistin erwähnt hatte, die ihm seine Immunsuppressiva zubereitet hatte, aber nicht mehr.
Nicht dass sie von dem Wolf wußte, nicht dass sie von seiner Sucht wußte und auch nicht dass sie eine gute Freundin war, bei der er sich über seinen schwulen Lover unterhielt, der nun die Macht über den Geheimdienst inne hatte.
All das hatte er geflissentlich verschwiegen.
Und doch... Er war ihm wohl wichtig genug, dass er sich ausheulen musste... Wenigstens das...
Aber es machte ihn wütend, verzweifelt wütend.
Bitterkeit erfüllt ihn zur Gänze.
Dieser Hornochse warf alles beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten hin...
...schätzte sich selbst so gering, dass er Slava ihn nicht irgendwann einmal...
...brauchte permanent Zuspruch, Bestätigung, dass es nicht zu viel gewesen sei...
Dabei war er es, der sich in einer fremden Welt zurechtfinden musste, die Sucht besiegt hatte und der eben erst seine sexuellen Neigungen zu Gänze begriff hatte und diese nun irgendwie in ein viel zu starres Selbstbild quetschen musste. Nicht dass er es nicht schon länger vermutet hatte... Irgendwie hatte er sich doch mit Männern umgeben, von denen er es vermutete... der Rekrut damals... Schura... Jarel.
Er biss sich auf die Lippen. Jarel ahnte ja nicht, was es in Russland bedeutete Homosexuell zu sein, oder auch nur Bi. Er ahnte nicht was es bedeutete, dort in der Armee Karriere zu machen... Er hatte es ihm wohl nicht begreiflich machen können... und nun... er fühlte sich unter Druck gesetzt. Er hätte schnell handeln müssen, wollte er ihn nicht verlieren, aber er war bei weitem nicht so weit zugeben zu können, was der andere ihm bedeutete.
Er hatte gehofft, dadurch, dass er mitgemacht hatte, hätte er ihm ausreichend gezeigt, was er glaubte irgendwann empfinden zu können... Es aussprechen...
Es hätte so viel zerstört...
Er brauchte Zeit, nur Zeit.
Und die gab er ihm nicht.
War es nun schon zuende?
Glaubte er der Zwergin, ja.
Sie hatte nichts sagen wollen aber indem sie ihre Wut herausschrie hatte sie so viel mehr verraten.
Jarel glaubte er habe es bereits beendet.
Was spielte es also noch für eine Rolle?
Er war noch nicht so weit, zu kämpfen, jemanden zurückzugewinnen oder auch nur Zuneigung zu gestehen. Das war keine verdammte Liebesschnulze in der es nur so eine dämliche Erkenntnis brauchte und plötzlich wendete sich alles zum Guten. Dies war das beschissene verfickte Leben und da waren es jahrelange Arbeit an der eigenen Psyche, endlose Gespräche mit einem Therapeuten, Verhaltenstraining und Anpassung um Schritt für Schritt ein wenig voranzukommen, sich ein wenig mehr zu öffnen. Das ging nicht von heute auf morgen. Schon gar nciht, wenn es keine Therapeuten gab und man alles mit sich alleine klären mußte.
Er konnte den Ritter in den Arsch ficken, dazu war er in der Lage, aber bis er ihm sagen konnte...
Er würde sich nicht unter Druck setzen lassen.
Er schluckte und schlug doch mit der Faust gegen den Holzbalken bis die Knöchel schmerzten. Sein Leben war nun mal gründlich verkorkst, seine Psyche unrettbar verbogen, zerbrochen und verunstaltet, er tat ja sein bestes, aber wenn das nicht reichte... für wen zur gottverlassenen Hölle sollte er dann clean bleiben?
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Die Tage vergingen.
Slava ging seiner neuen Arbeit nach, die vor allem daraus bestand, die Agenten des Regierungsrates mit neuen Tricks auszustatten und Dijkstra zu beraten.
Für ersteres nutzte er sein Wissen aus dem Geschichtsunterricht über Chiffrierung und Dechiffrierung, moderne Beschattungstechniken. Wenn er anfangs noch die Befürchtung gehabt hatte, sein Nutzen in dieser Welt könne sich schnell erschöpft haben, eine gewisse perfide Phantasie, die er sein eigen nannte zerrte doch immer wieder zum Teil auch neue Ideen hervor, die man in dieser Welt auch umsetzen konnte. Und er hatte tatsächlich Spaß an der neuen Stelle.
Der Regent Dijkstra schätzte ihn als Berater, er war schließlich zudem ein guter Taktiker, und auch wenn der die Funktionsweisen von Handelsrat und Ständen erst lernen musste, der Mensch an sich funktionierte doch immer gleich, und mit Menschen hatte er es in den meisten Fällen zu tun.
Hier kam ihm sein Psychologiestudium zugute. Wie täuschte man, wie stellte man Fallen, was erregte Aufmerksamkeit und was nicht. Und wie konnte man es in die Funktionen dieser Welt übersetzen.
Auf jeden Fall schätzte der Regent seinen Rat.
Sie trafen sich regelmäßig im Badehaus, was Slavas Rücken durchaus guttat.
Sie redeten viel, und auch wenn dem ehemaligen russischen Offizier natürlich klar war, dass er genauso schnell fallen konnte sobald er sich nciht mehr als nützlich erwies, so sehr genoss er auch die Gespräche. Er und Dijkstra ähnelten sich in gewisser Weise. Sie hatten beide eine Vorstellung davon, wie die Welt und die Gesellschaft in eine bessere verwandelt werden konnten, und sie beide waren gewissermaßen bereit über Leichen zu gehen, um dieses zu erreichen.
Vornehmliche ging es derzeit jedoch im den Krieg. Ein Krieg der derzeit ruhte, weil beide Seiten ausgeblutet waren, doch es schien vollkommen klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Nilfgard wieder genug Truppen requiriert hatte um einen Vorstoß auf Novigrad zu wagen, daher ging es zunächst darum, zuverlässige Spione auf die Seiten des Feindes zu bringen, ein Kommunikationsnetz zu etablieren und im nächsten Schritt die Pläne des Feindes nach besten Möglichkeiten zu durchkreuzen.

Es war nach so einem Abend im Bad, als Slava den Rückweg in seine Wohnung antrat. Genaugenommen war der nicht weit, nicht einmal 100 Meter, aber er ging gerne Spazieren, betrachtete die Stadt, lernte jeden Winkel kennen, das Potential, nicht nur der Verteidigung. Er wusste, dass er viele Entscheidungen instinktiv traf, doch dem ging voraus, dass er seinen Instinkt füttern musste. Die Zone hatte er kennengelernt indem er sie sich genau angesehen hatte, ein Gefühl für sie entwickelt hatte, das musste doch mit dieser Welt auch gelingen.
Doch zunächst lernte er, dass es auch von Nachteil sein konnte, aus dem Verborgenen heraus zu agieren. Dijkstra's Gesicht kannte jeder, Hemmelfahrt kannte jeder und ebenso die Handelsräte. Sein Gesicht war unbekannt, auch wenn seine Macht der der anderen wohl bald gleichkam.
Er bevorzugte dunkle einfach aber elegant geschnittene Kleidung aus guten Stoffen, und das allein reichte wohl.
"He, du, feiner Schnösel..."
Genaugenommen war ihm sogar aufgefallen, dass da zwei Männer im Schatten warteten, vor ihm. Der dritte sprach ihn nun von hinten an.
Es bestand kaum ein Zweifel daran, dass sie zu dritt auf ihn einstürmen würden, sobald er sich umdrehte. Vorerst reagierte er nicht und ging weiter. Er musst näher an einen der anderen herankommen um ihn auszuschalten, alle drei wären ihm auch überlegen, aber einzeln stellten sie wohl keine Gefahr dar.
"He, ich red mit dir, bleibst du wohl stehen?"
"Meinst du mich?" fragte er nur und setzte langsam seinen Weg fort.
"Wen sonst, Siehst noch wen? Bleibst du wohl stehn, dann redn wir in Ruhe und dir geschieht nichts."
"Drohst du mir?"
"Du hältst dich wohl für besonders klug... Verfickt... Bleib stehen, sonst bekommst du..."
Slava ließ ihn gar nciht ausreden, er war nahe genug bei dem einen im Schatten, noch zwei schnelle Schritte, dann hatte er ihn gepackt und zwischen sich und den zweiten gebracht in einem Haltgriff, der zumindest dessen eine Hand immobilisierte. Er war allerdings zu überrascht um die zweite Hand zu nutzen. Allerdings war ein Holzprügel in einem Handgemenge nicht von Vorteil, nicht einmal wenn ein Nagel durchgeschlagen war. Slava brach ihm das Genick.
Den Prügel griff er, denn der zweite griff ebenfalls bereits an. Er war nahe genug und der trug ein Messer. Slava warf ihm den Prügel zu, etwas womit der andere nicht gerechnet hatte. Zwar ließ er das Messer nicht fallen aber er war verwirrte genug, dass Slava seine Hand zu fassen bekam und den Mann in sein eigenes Messer laufen ließ. Das ganze dauerte nur wenige Augenblicke, dann war auch der heran der so gerne redete.
"Scheiß, verfickte, was für einer bist du denn?"
"Einer, den du besser nicht überfallen hättest."
"Aber du warst warst unbewaffnet..."
Fast hätte Slava gelacht. Rechtfertigte sich der Bursch gerade für einen Fehler in der Einschätzung?
"Grade dann wär ich an deiner Stelle vorsichtig. Willst du es jetzt hinter dich bringen?"
Vielleicht war es ein Intelligenztest, er zeigte seine Handflächen, zum Beweis dass er immer noch unbewaffnet war.
Der Bursche, er mochte vielleicht halb so alt sein wie er, stürmte los. Test nciht bestanden.
Er war ebenfalls mit einem Prügel bewaffnet, stellte sich jedoch etwas geschickter an als seine Kumpanen. Slava wich erst im letzten Moment aus und beschleunigte den Mann zu einer Hausmauer hin. Aber ehe er sich dort den Schädel einrannte kassierte Slava einen schmerzhaften Schlag in den Rücken, der ihm ebenfalls für einen Moment die Luft aus den Lungen presste.
Dennoch hatte er die Männer überwältigt. sie lagen in ihrem eigenen Blut oder mit gebrochenem Genick am Boden.
Er hätte sie nciht töten müssen, in seiner Zeit hätte er sie auch verhaften lassen können, wegsperren, eine saubere elegante Lösung, andererseits...
Das hier war ehrlicher.
Aber besser?
Der Heimweg fiel ihm deutlich schwerer. Sein Rücken schmerzte, und vermutlich hatte ihm der Schlag wenigstens eine Rippe angeknackst, keine ernsthafte Verletzung, aber eine lästige. Wenn jeder Atemzug schmerzte. Er kannte das nur zu gut und es war die Aussicht darauf, wieder wochenlang nur gepresst atmen zu können. Wie er das hasste. Und keine Möglichkeit, den Schmerz zu betäuben.

Zuhause angekommen teilte er seinem Haushälter mit, dass es Leichen zu entsorgen gab. Es war einer seiner Leute, die er für Botengänge einsetzte, ein vertrauenswürdiger Mann, den Dijkstra ihm geschickt hatte. Sein Name war Gawril und er leitete solche Angelegenheiten in die Wege, Leichen verschwinden lassen. Auch wenn es nur Ganoven gewesen waren, nur wenn es keine Toten gab stellte auch niemand Fragen.

Oben in seinen Räumlichkeiten entkleidete er sich und goss sich Temerischen Brandwein ein, die einzige mögliche Betäubung. Lange saß er am Fenster und starrte einfach auf die Straße hinab, die schwach vom Mond beleuchtet war. Es gab keine Straßenlaternen, keine Leuchtreklame, keine Lichtverschmutzung, nur Dunkelheit.
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Vyacheslav Sokolov
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Wieder hatte er die Dose in der Hand.
Sie versprach die Lösung, das Ende des Schmerzes, mehr Leistung, Aufmerksamkeit auf das wesentliche und keine Gedanken, keine Grübleien.
Die Dose passte in seine Faust und er schloss sie darum. Er hätte sie einfach loswerden sollen, aus dem Fenster werfen, im Hafen versenken. Aber so weit war er nicht. Es hätte ihn nur dazu gebracht, sich bald wieder eine neue Dosis zu kaufen.
Noch einen Tag, noch eine Nacht.
Nur so funktionierte es.

Er hatte die Dose weggelegt, sich statt dessen von dem starken Temerischen Weinbrand eingegossen und viel zu schnell getrunken, gleich das nächste Glas und das nächste.
Nein, er war nie Alkoholiker gewesen, aber aus der Suchtforschung wusste er, dass Alkohol die Hemmschwelle für andere Drogen senkte. Er ging diesen Weg bis an die Grenze. Die kleine silberne Dose lag vor ihm auf dem Fensterbrett, er stand da und blickte hinab auf die Straße, auf die St. Gregor Brücke und die Menschen, die sich Nachts dort noch herumtrieben. Diebe, Schläger... Huren und ihre Freier. einige davon hatte er bereits persönlich kennengelernt.
Der Mond stand hoch am Himmel, eine große runde Scheibe.
Irgendwann zog er sich dann doch aus und ließ sich ins Bett fallen, das briete Doppeltbett das wohl zuvor einem Ehepaar Platz geboten hatte. Nun jedenfalls bewohnte er alleine das Haus. Der Alkohol sorgte dafür, dass er fast sofort einschlief...

Ausgelöst dadurch...

Und er schlief, irgendwo... Zuhause in der Wohnung in Nowosibirsk, eigentlich denn dort war er aufgewachsen, eine geräumige Wohnung in der Innenstadt mit einer bewachten Pforte, er hatte sich dort immer sicher gefühlt. Dort hatte sein Bett gestanden, er hatte lange nicht mehr daran gedacht, an sein Kinderzimmer, mit den Poster von Kosmonauten, Panzern, Flugzeugen. Er hatte selbst viel gemalt, vor allem wenn er wieder Hausarrest gehabt hatte weil er mit Freunden unterwegs war und alte Kochtöpfe in die Luft gesprengt hatte, draußen vor der Stadt, wenn sie aus Dünger einfachen Sprengstoff hergestellt hatten, Maxim und er.
Aber insgeheim war auch der strenge Vater wohl immer stolz gewesen. Der Junge war genau nach seinem Geschmack, er rebellierte nicht, fügte sich bereitwillig in die Armeekarriere und obwohl er durchaus auch eine musische Seite hatte, gerne zeichnete und Musik mochte lief er nicht Gefahr zum Künstler zu werden. Er war diszipliniert und gut lenkbar, sein ganzer Stolz.
Nur in dieser Nacht war etwas anders.
Nachts gingen die Sirenen, ein Alarm den er eigentlich erst später kennengelernt hatten. Die Sirenen die damals in Pripyat die Menschen gewarnt hatten...
"Внимание, внимание уважаемые товарищи" (Achtung, Achtung, verehrte Genossen...) tönte es aus den Megaphonen.
Aber dann waren sie im Dubrowka-Theater, nicht in der Zone. Er hatte noch geschlafen, in dem Theatersitz, sie weckten ihn, leise. Seine Mutter, mit den blonden Locken, wie er sie nur von Fotos kannte. Unwirklich. Er war auch nicht beim Einsatzteam dieses mal sondern im Theater, bei den Gästen... Bei den Geiseln. Saßen auf den gepolsterten Stühlen, hatten wohl irgendetwas angesehen, er wußte nur nicht was gegeben worden war, hatte ihn auch später nie interessiert.
Seine Mutter raunte ihm, zu sie müssten nun schnell fliehen, sie wären schon da.
Ein Teil von ihm, der der erwachsen worden war, wusste auch wer. Die Geiselnehmer, Tschetschenen. Und er wußte auch wer noch bald vor Ort sein würde... die Kollegen vom Inneren. Seine Einheit. Damals.
Aber das Kind dachte nicht daran, hätte auch davon nichts wissen dürfen.
Keine politischen Hintergründe, nicht die Frage nach der Gerechtigkeit.
Und dann sah er sie kommen... Sie hatten den Zuschauerraum verlassen, nichts mitgenommen, nur was sie am Leib hatten. Die Gänge erstreckten sich endlos vor ihnen, sie rannten, rannten durch die Korridore in denen die Geiseln damals nie gewesen waren. Seine Eltern hatten ihn in ihre Mitte genommen, sein Vater trug eine AK und feuerte auf Ratten. Diese strömten plötzlich aus allen Ritzen und kündigten eine Stampede an, wie sie auch in der Zone einem blowout vorausging. Alle Monster der Zone trieb dieser Energiesturm vor sich her in die Peripherie. Etwas ähnliches musste ihn dort beim ersten Einsatz erwischen haben, aber auch das lag in diesem Moment noch in der Zukunft.
Die Gänge weiteten sich, wurden zu Straßen. Blieben aber das Theater. Granaten wurden geworfen, mit Giftgas. Die Geiseln starben, und die Geiselnehmer. Viel mehr als es damals gewesen waren. Granaten detonierten neben ihnen, viel zu nahe, es wurde geschossen, die Kugeln pfiffen auch ihnen um die Ohren. Opfer wanden sich am Boden unter Krämpfen, kotzten aus was sie in sich hatten und wenn der Magen leer war folgten die eigenen Innereien. Er wäre fast auf etwas ausgerutscht, von dem er nicht wissen wollte was es war.
Ein uniformierter mit einem Flammenwerfer ging durch die Reihen, es gelang ihnen gerade noch, sich in einen Seitenkorridor zu ducken, sich hinter einem Berg aus Leichen in Sicherheit zu bringen.
Leichen in den Korridoren... hatte es nicht gegeben. Sein Erwachsenenhirn rebellierte gegen die Bilder, versuchte zu korrigieren, aus den Leichen wurden Fässer, Fahrzeuge, ein Geigerzähler tickte und weiter griffen die Mutanten an. Ein riesiger verwachsener Kontroller schwang einen rostigen T-Träger und hieb damit auf die Menschen, die Geiseln ein. Er konnte das reißen von Fleisch hören, das Knacken von Knochen.
"Bleib bei mir, hörst du, renn nicht, weg auf keinen Fall!" ermahnte ihn seine Mutter.
Sie hätte jünger sein müssen, damals, aber nun war sie bereits älter, trug die Haare kurz und grau obwohl sie einst mit einer blonden Lockenmähne gesegnet gewesen war und ausnehmend hübsch. Er hatte Fotos gesehen, mit weißer Spitzenbluse und im langen Rock.
Überall loderten Feuer, Überall lagen Leichen, Verwüstung, die Gänge selbst brannten, Gänge breit wie Straßen und sie wurden zu Pripyat, den zugewachsenen Straßen der Geisterstadt, in der nun Krieg herrschte.
Wer gegen wen war schwer zu sagen, gepanzerte Uniformierte warfen mit Granaten, Zivilisten flohen, Mutanten griffen sie an, Zombies wanderten zwischen den Toten, aber es waren jene Zombies aus Filmen, Filme die er erst als erwachsener gesehen hatte. Die Toten erhoben sich tatsächlich wieder. Die Zombies der Zone waren keine Untoten, sie waren schlichtweg nicht tot, nur hatte etwas jeden Verstand und jedes Schmerzempfinden aus ihnen gebannt, sie stolperten vorwärts, manche schossen noch, denn irgendwann waren sie Soldaten gewesen oder Stalker... zu mehr waren sie aber nicht mehr in der Lage. Und man konnte sie töten wie Menschen.
Die hier waren anders. Er erkannte ihre Nachbarn, der Junge, den er zusammen mit Maxim verprügelt - aber auch er war erwachsen... im Gegensatz zu ihm. An den Namen erinnerte er sich nicht mehr, aber genau der erhob sich gerade ungelenk. Der Arm war ihm am Ellbogengelenk verdreht und baumelte nur noch in der Haut, schien ihn nicht zu stören, sein Unterkiefer war grotesk zur Seite weggeschlagen.
Und wen sie anfielen, der starb ebenfalls und stand wieder auf. Dazwischen das Giftgas der Spezialeinheit, dass keine Unterschiede machte zwischen gut und böse, es tötete einfach alle.
Und von einem Moment zum anderen stand er alleine da.
Seine Mutter war weg, hatte seine Hand losgelassen. War sie anders abgebogen? Sie durfte doch nicht, durfte sie doch nicht alleine lassen! Hatte sie selbst gesagt!
Er rief nach ihr, sein Vater alarmiert, begann sie zu suchen, ließ ihn ebenfalls alleine. Und da stand er, starrte mit aufgerissenen Augen in das Grauen.
Brennende Leichen... das waren längst nicht mehr die Geiseln im Theater, das war auch nicht die Zone, das war etwas anderes, etwas ungleich schrecklicheres. Doch ehe er erfassen konnte, welche Bilder es hier in seinen Kopf geschafft hatten war sein Vater zurück, mit Mutter, er schoss ihnen den Weg fei und endlich die rettende Türe.
Die schweren Flügeltüren wie an der Metro, mit der Verriegelung... nur wenig verrostet, sie entriegelten sie und Vater stieß sie auf, sie waren im Freien. Raus aus dem Theater, raus aus Pripyat.
Wie sie den Reste des Weges zurücklegten wusste er nicht mehr, irgendwie, plötzlich waren sie in einem seiner Verstecke in der Zone. Das nötigste fand sich dort, Wasser, Decken, Verbandszeug, Proviant, Munition.
Er wollte sich nur in eine decke wickeln und schlafen, aber es ging nicht. Sein Vater schlang eine der Decken um Mutter, sie sollte schlafen, er würde Wache halten, Zeit erwachsen zu werden.
Dabei war er es schon längst.
Und dann Geräusche, draußen. Er begriff nicht, was los war, warum Vater nachsehen musste, drinnen waren sie doch sicher... Dennoch. Er drückte nun auch ihm eine AK in die Hand. Es war seine aus der Zone. Er erkannte sie sofort wieder, das Klebeband, dass die beiden Magazine zusammentapte, Klebeband auch um den Schaft wo Holz gesplittert war und man Gefahr lief, sich einen Span einzuziehen. Aber der Lauf war noch fast gerade, und er kannte sie, die minimalen Abweichungen konnte er aus Erfahrung kompensieren. Er traf damit. Ein hässliches aber zuverlässiges Ding.
"...erledige alles was reinkommt und nicht ich ist." War die Anweisung. Den Rest der Erklärungen hatte er überhört.
Woher sollte er das wissen? Ein Kontroller konnte ihn täuschen? Aber Es wurden keine Fragen gestellt, nur Befehle befolgt. In dem Moment fiel ihm auf das Vater manchmal wie Markin aussah. Generaloberst Markin, sein Vorgesetzter.
Doch Vater kam zurück. Immerhin. Jetzt wieder Vater.
Und Mutter hatte etwas geschlafen und war nun aufgewacht.
Er hatte niemanden töten müssen.
"Gut dass du wach bist, dann können wir weiter..." Weiter wohin?
Warum mussten sie weiter? So vieles was er nicht verstand.
Aber seine Mutter antwortete nicht, Sie war noch grauer als zuvor, grauer Blick graue Haut... sie artikulierte nicht mehr , dehnte nur ein Wort "Malschiiik..." wie manche der Zombies der Zone und war schon dabei Vater die Luft abzudrücken, wollte anfangen ihn zu fressen.
Viele zu lange Augenblicke starret er nur fassungslos auf sie. Gelähmt.
Aber er wusste auch, wenn er nicht handelte würde er beide verlieren, Mutter war schon verloren. Und er drückte ab. Wie in Zeitlupe sah er wie die Kugeln in ihren Körper einschlugen. Sie war nicht groß und schon ein wenig rund geworden, die Kugel bohrten sich in ihre feine Haut, zerfetzten Fleisch. Bis sie fiel, bis kein Leben mehr in ihr war.
Er hatte seine Mutter getötet.
Nein rebellierte es in ihm, sie lebte doch noch...
Und er war es damals auch nicht gewesen, der das Giftgas eingeleitet hat, er hatte nicht die Leitung gehabt, nicht die Verantwortung, aber er war dabei gewesen. Er hätte alles anders gemacht. Hatte er aber nicht. Er war nur ein Niemand gewesen, ein Soldat in der Spezialeinheit Меч (Metsch - Schwert).. Unschuldige waren gestorben, nur wenig kamen davon Geiselnehmer wie Geiseln.
Nun stand er da und in quälten diese Bilder.
Er sah nun wie Oleg verblutete. Er hatte ihn erschossen, hatte ihn erschießen müssen, weil er die Seiten gewechselt hatte. Hätte er ihn ausliefern sollen? Seiner Familie das antun? Verhör und Folter? Besser tot als ein Verräter. Gestorben wäre er auch so. Und er hatte es ja hinterher korrigiert. Nachdem es begonnen hatte, die Wiederholungen. Nicht seine Mutter, Oleg... der Traum wollte ihn zurückbringen. Schob ihm fremde Bilder unter, fremdes Grauen... Fassungslos starrte er immer noch auf das Gemetzel... Er war wieder in der Unterführung bei der Fahrzeughalle in der Zone... er hatte sie getötet, hielt noch das Messer in der Hand. Es glitt ihm aus der Hand. Opfer... Täter... die Grenzen verschwammen zusehends.

Dann zog jemand seine Lieder auseinander.
"Pupillenreaktion. Beidseitig." der lapidare Kommentar. "Er lebt."
Ja natürlich, ihr hättet auch einfach fragen können...
Sein Körper brannte, der Schmerz war schier unerträglich, als habe man ihm jeden einzelnen Knochen zerschlagen. Aber ja, genau das war geschehen. Warum hatte er so etwas dämliches getan, sich selbst als Köder eingesetzt, wieder und wieder. Aber er war am Leben. Es würde dauern, bis er wieder auf die Beine kam, aber er lebte. Und dann begannen die Schmerzmittel zu wirken und er fiel in die Schwärze, Besser... Aus dem Alptraum wollte er erwachen, so schnell wie möglich...
Und dann drang eine Stimme durch das Schwerz, durch den Nebel der sich dank der Medikamente über die Welt gelegt hatte.
„Geh nicht, nîn Faron. Bitte bleib bei mir Slava…“
Sie passte nicht zu den Bildern und doch konnte sie vieles erklären.
Dann war die Stimme weg.

Schweißgebadet und erschöpfte lag er mit offenen Augen in dem zerwühlten Laken. Es war schon Mittag, die Sonne schien durch die Butzenglasfenster und zeichnete ein Gitternetz auf das Leinen. Er hatte sich herumgedreht, es klebte an seiner verschwitzen Haut und er hatte sich darin verheddert. Deswegen verwendete man ja auch Spannbettücher, da passierte das nicht. Aber es gab sie noch nicht... Er war nicht zuhause, er war fern von all dem. Einen Moment brauchte er, um sich zu befreien und einem Moment brauchte er um sich zu sortieren, und das was ihm der Traum da zusammengemischt hatte. Er blieb am Bettrand sitzen, massierte sich die schmerzenden Schläfen versuchte zu verstehen, doch die Bilder begannen bereits zu verblassen. Die Geiselnahme, die so unrühmlich verlaufen war... Oleg, die Zone... aber was war mit seinen Eltern? Sie lebten in Novosibirk in der Wohnung im 4ten Stock, in Sicherheit. Es gab eine bewachte Pforte, auch keine Diebe würde dort einfach reinspazieren und in Russland gab es keinen Krieg.
Was also war das gewesen?
Es hatte sich so fremd angefühlt, fremde Erinnerungen.
Und diese erzeugten ein Destillat seiner Schuldgefühle?
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Vyacheslav Sokolov
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Eine ganze Weile lange hatte er sich nicht bewegt, versuchte zu sortieren, doch der Traum begann zu verblassen, nur die Worte waren geblieben, dass er bleiben sollte, zweifellos Jarels Worte, und dabei wollte sich ihm der Magen umdrehen.
Er hatte immer noch Probleme mit seiner Rolle, mit seinem Selbstbild, und er hatte es vermieden Jarel zu kontaktieren. Das gab er zu, er hatte ihn gemieden um keine Entscheidung vorweg nehmen zu müssen, und nun war er ohnehin unterwegs.
Er saß am Bettrand und kniff die Nasenwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger. Er hatte Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, er fühlte sich alt und verbraucht und das würde in der Zeit nicht besser werden. Das war kein unerheblicher Knick für sein Ego. Und dann die neu entdeckten Neigungen... Er mochte geahnt haben, dass da mehr war als normale heterosexuelle Vorlieben, aber er hatte Pflichtschuldig geheiratet, ein Kind gezeugt, war Fremdgegangen, hatte Affären gehabt, alles mit Frauen, und es hatte ihn nicht gestört. Das bohrende Gefühl, dass da etwas fehlte war immer untergegangen hinter dem Sog der Zone und seiner Arbeit.
Er hatte es ignoriert.
Sich verleugnet hatte er nicht, er war nicht schwul und hatte gegen seine Neigungen gehandelt, er war nur Bi und hatte einen Teil ignoriert, den der nicht systemkonform gewesen war. Statt dessen hatte er dafür gesorgt, dass Oppositionelle über eben diese Vorlieben stolperten und zurücktreten mussten. Ohne mit der Wimper zu zucken...
Und nun war er an der Stelle...
Er war nicht so leicht zu verdauen, nicht in seiner Position. Für Jarel war es wohl leichter und er begriff nicht, was es für ihn überhaupt bedeutet hatte, das zuzugeben, zuzulassen. Aber seine neue Rolle in dem Gefüge würde er nciht von heute auf morgen finden. Er konnte es nicht über's Knie brechen, er brauchte einfach die Zeit. Gras wuchs nicht schneller, auch wenn man daran zog... Das hatte ihm jemand einmal gesagt, er wußte nur nicht mehr wer und wann, aber genau das war es. Er mußte sich die Zeit geben, das neu entdeckte seinen Platz finden zu lassen.
Das musste Jarel begreifen ohne gleich Verlustängste auszustehen.
War es das, was der Traum ihm hatte sagen wollen?
Er wusste um die Bedeutung der Träume in der Psychoanalyse...
Und in diesem ging es um Schuld. Nein, dass war nicht sein Traum gewesen.
Einer wie er musst reflektiert sein, er musste seine eigenen Motivationen genau kennen und dass er sich schuldig fühlte gehörte nciht dazu. Abgrenzung und Entgrenzung, das waren seine Herausforderungen. Den abstand richtig bemessen, zu sehen was real war und was Manipulation, was Traum und was eine Täuschung der Zone.
Seine Träume drehten sich um verdeckte Einsätze und darum nicht erkannt zu werden, aber sich selbst nicht zu verlieren. Seine Träume zeigten ihm falsche Realitäten aus denen er aufwachen musste, deren Fehler er durchschauen musste.
Deshalb ahnte er schnell, dass dieser Traum etwas anderes bedeutet. Nur was?
Er würde jetzt nicht dahinter kommen, es klopfte unten.
Sein Assistent rief ihn, es lag genug Arbeit vor ihm um sich abzulenken.
Wieder ein Tag mit Schulungen, Beratung mit Dijkstra, Trinken, er würde entweder heute oder wenigstens bald einige der Handelsräte kennenlernen. Diese mussten, als Vorsteher der Gilden, wissen wer er war, damit man ihn zum einen in Ruhe ließ und damit er seine Privilegien bekam wenn er etwas brauchte.
Er vermutete, dass der Vorfall am Vortag etwas damit zu tun hatte. Und da behaupteten sie immer, es gäbe keine Diebesgilde. Aber gerade diese interessierte ihn, mit ihnen hatte er Pläne.
Es war leicht beim Ausbau seiner Macht sein Privatleben zu vergessen, nur zu leicht. Aber ebenso ließ es ihn die Schmerzen vergessen. Er versteckte die Dose Fisstech wieder in dem geschnitzten Sekretär und ging nach unten um sich zu waschen und dann anzuziehen.
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Vyacheslav Sokolov
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von/nach: ein Hilferuf...
Datum: 27. Juli 1278 (während Jarel mit Jake unterwegs ist, einige Tage, vielleicht etwas mehr als eine Woche nach Slavas ersten Besuch)
betrifft: Cyron, Raul
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In Nowigrad, nicht einmal 20 Minuten mit einem schnellen Pferd entfernt hatte dagegen jemand einen sehr seltsamen Traum... Wobei er sich fast sicher war, dass es kein Traum war, denn er schlief nicht und er konnte durchaus Eine Halluzination von etwas unterscheiden, für dass er zwar keinen Namen hatte, denn Telepathie hatte in seiner Welt eigentlich nicht existiert - aber dass er durchaus kannte, aus der Zone, von den Kontrollern mit denen zu kommunizieren er gelernt hatte.
Nachdem der erste Schreck verflogen war rief er sich die Bilder ins Gedächtnis zurück. Strand, der Blick auf die Stadt, Ertrunkene... die Emotion darin glich einem Hilferuf... aber ein Hilferuf eines Kontrollers? Das war bizarr.
Natürlich - so fand sein Verstand schnell eine Erklärung - war es nicht ausgeschlossen, dass ein Kontroller wie er durch ein Portal geraten war, vielleicht sogar einer von denen die er kannte, und nun in Gefahr war und den einzigen bekannten Verstand in dieser Welt entdeckt hatte um ihn um Hilfe zu bitten... unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, und wenn dem so wäre, wäre ein solcher Besucher vielleicht eine unschätzbare Hilfe.
Also machte er sich auf den Weg, die AK ließ er zuhause, doch er packte seine Armbrust und genügend Bolzen, und die Makarov nur zur Sicherheit, mit Ertrunkenen hatte er schon so seine Erfahrungen.
Es dauerte nicht lange, eben jene knapp 20 Minuten, und er erreichte die Stelle...

weiter hier.
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Vyacheslav Sokolov
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von/nach: Irgendwo in der Stadt, ein Besprechungsraum
Datum: 28. Juli 1278
betrifft: niemanden
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Er hatte eigentlich nur nach dem Hexer suchen lassen und nun standen zwei seiner Boten vor ihm und wollten unbedingt berichten.
Eine junge Frau mit unscheinbaren dünnen haaren, die ihr fettig vom Kopf hingen - niemand sah sie gerne an, aber sie hatte ihre Augen überall. Beste Voraussetzungen also - und ein junger dicklicher Typ, auch unansehnlich, in seiner Zeit hätte man ihn einen ''Nerd' genannt, hier gab es den Begriff nicht, leider, denn den Typ Junger Mann gab es durchaus. Beide waren gute Beobachter, sie war eine Weile als Bettlerin in Ferneck gesessen, er saß oft einfach nur an einen Brückenpfeiler gelehnt da und starrte scheinbar ins nichts.
Gute Leute.
Aber sie überboten sich nun fast vor Begeisterung und jeder wollte beginnen. Er machte sich eine geistige Notiz, dass er ihnen beibringen musste, ruhig zu bleiben und sachlich zu berichten und sich von Inhalt der Meldung nicht zu sehr in Begeisterung versetzen zu lassen. Auch das machte Profis aus.

Und sie berichteten und Slavas Begeisterung war wie weggewischt, allerdings hatte er wiederum die nötige Erfahrung, sich nichts anmerken zu lassen. Wäre er ähnlich unprofessionell gewesen, wie die beiden er hätte sie wohl angebrüllt und geohrfeigt. So lächelte er nur anerkennend und nickte zu ihren Ausführungen.

Sie berichteten also, dass der Hexer vor einigen Wochen, im Frühjahr noch gesehen worden war, seit dem verließ er des Öfteren die Stadt, erledigte kleinere Aufträge, verdingte sich hier uns da. An dem Tag aber war er zusammen mit einem Ritter der Flammenrose gesehen worden, der ebenfalls zeitweise beschattet wurde. Daher wussten sie es auch, denn man hatte die beiden zusammen gesehen. Sie hatten sich mehrfach getroffen, wären gemeinsam Essen gewesen, jeder der beiden wusste ein wenig davon.
zum Beispiel, dass Jarel den Hexer geküsst hatte. Ein Skandal und eine unerhörte Neuigkeit, wie die beiden verkündeten.
Als Slava sich erlaubte ein wenig ungläubig zu blicken und nachzufragen, ob sie wirklich sicher wäre, denn das seien immerhin gravierende Anschuldigungen gegen einen Ritter der Flammenrose, nickte sie eifrig, das wäre ganz sicher, und der Hexer wäre auch nicht abgeneigt gewesen, er hab danach leise mit dem Ritter geredet und der habe nur genickt, seinerseits etwas erklärt und dann seien sie im Wald verschwunden. Sie hätten die beiden nicht weiter verfolgt, denn das schickte sich nicht, aber was sie später getan hätten könne man sich ja denken.
Sie waren sichtlich begeistert von ihrer Erkenntnis, denn sie gingen davon aus, dass die Beschattung dazu diente, den Ritter zu Fall zu bringen. Was auch immer sie sich zusammenreimten, sie wirkten triumphierend, denn das musste doch nun dazu ausreichen?
Slava nickte nur. Auch er spürte Wut, aber er behielt ein ruhiges Gesicht, dankte ihnen für die detaillierten Informationen - sie konnten sogar den genauen Tag benennen, was er getragen hatte - beide im übrigen - und weitere Details, die ihn nicht daran zweifeln ließen, dass sie die Wahrheit sagten. Er ließ sich ihre Berichte und Notizen aushändigen, lobte sie ausgiebig und verließ dann den Besprechungsraum um nach Hause zurück zu kehren.

Sein Verwalter musterte ihn aufmerksam, er entließ ihn für diesen Tag nach Hause, dann legte er die minutiös genauen Notizen aus, glich sie ab. Sie deckten sich:
Die beiden waren an dem Tag an zwei verschiedenen Stellen eingesetzt gewesen, und die eine hatte begonnen und der andere übernommen. Es stimmt fast alles, einige kleinere Unstimmigkeiten gab es wie die Farbe der Hose des Hexers und wie schmutzig die Stiefel waren und andere Kleinigkeiten, die dem erfahrenen Agenten zeigten, dass sie sich tatsächlich nicht abgesprochen hatten, denn dann hätten sich die Berichte wie auf's Haare geglichen - und er wusste zufällig, dass der junge Mann eine rot-grün Schwäche hatte und im Zweifelsfall einfach 'braun' schrieb.
Verdammt.
Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Es gab keinen Zweifel.
Nicht den geringsten.
Der Ritter hatte vielleicht nichts mit der Alchemistin, aber ausgerechnet mit dem Hexer? Sogar diese Frau hätte er verzeihen können... Aber dieser Bursche... und er ahnte auch warum ihm gerade das so sehr gegen den Strich ging. Und nun?
Oxenfurt... hatte es da schon begonnen? War er deshalb zufällig auch dort aufgetaucht? Noch während Jarel und er sich näher kamen... Wen belog er damit?
Er hatte sich um den Finger wickeln lassen...von Gemeinsamkeiten blenden... aber eben das war es, zu viele Gemeinsamkeiten. Auch er war nie treu gewesen, hatte auch keinen Hehl daraus gemacht... und das eben störte ihn, die Verlogenheit... Jarel hatte so getan als wäre ihm Treue durchaus wichtig... als würde ihn zumindest das Gegenteil verletzen. Er hatte aber auch behauptet Spion zu sein und plauderte bei der erstbesten Gelegenheit alles aus.
Nochmal Verdammt.
Wie hatte er so dumm und blauäugig sein können?
Er schlug noch fester zu. Mit der flachen Hand... den Schmerz brauchte er, aber so blieben keine blutigen Knöchel, die vielleicht Fragen aufwarfen.
Dann atmete er tief durch. Er würde sich den Hexer bringen lassen, den konnte er noch brauchen, aber sein Wut auf Jarel wuchs deutlich.
Er ertappte sich dabei, dass er bereits begonnen hatte Gefühle zu investieren. Obwohl er sich immer für abgebrüht genug gehalten hatte war er bereit gewesen, sich ihm zu öffnen, vielleicht doch über etwas wie eine Beziehung nachzudenken, trotz oder vielleicht gerade der Schwierigkeiten wegen. alles heimlich tun zu müssen hatte einen gewissen Reiz gehabt...
Doch nun erkannte er - beinahe zu spät - dass er alles was da gewesen war im Keim ersticken musste. Er musste sich wieder distanzieren, sonst wäre er nicht zu seiner Arbeit in der Lage. Die Hand ballte er nun nur Faust, dass die Knöchel weiß hervortraten, dachte an das kleine Kästchen in seinem Sekretär...
...Nein verdammt. Tu es für dich, für niemanden sonst.
Kein Rückfall. Nicht jetzt.


WAS WIRKLICH GESCHAH.
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Vyacheslav Sokolov
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von/nach: unauffälliges Haus am Platz des Hierarchen >> nach Hause
Datum: später Nachmittag/früher Abend 29. Juli 1278 >> Nacht zum nächsten Tag
betrifft: Cyron?
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Nach dem Gespräch kehrte Slava in seine Wohnung zurück.
Er hatte eine ganze Menge in Erfahrung gebracht, viel mehr als er für den Moment nutzen konnte und es gab einiges vorher umzusetzen. Cyron musste üben, er brauchte Räumlichkeiten dafür. Und er musste lesen, wozu Magier in dieser Welt fähig waren, wozu sie eingesetzt wurden, auch er selbst musste noch so viel lernen. Er mochte einen Vorteil haben, weil er dank seiner Bildung weiter sah und komplexer denken konnte, doch ihm fehlte auch entscheidendes Wissen allein über die Grundlagen der Magie.
Im fehlten es an so vielen Grundlagen.
Und auch in seinem Zimmer türmten sich Bücher. Das Lesen dieser Schrift strengte ihn immer noch an, sie war fremd, das Licht war schlecht und noch etwas machte ihm zu schaffen... Er fürchtete, er brauchte eine Brille, eine Lesebrille.
Hin und wieder hatte er einen der jungen Agenten gebeten ihm vorzulesen, weil er vorgab währenddessen etwas anderes zu tun - das hatte er auch, aber der Hauptgrund war es, dass er schon nach kurzer Zeit Kopfschmerzen bekam, wenn er bei Kerzenlicht las. Die fremden Zeichen verschwammen ihm vor den Augen. Er wurde immerhin nur fernsichtig statt kurzsichtig, es könnte noch schlimmer kommen, aber auch deutlich besser.
Ob Cyron auch dafür Heilung hatte?
Es war nicht ganz auszuschließen.
Er nahm eines der Bücher, versuchte zu lesen, seine Gedanken drehten sich aber um etwas anderes.
Den Mann, den Cyron suchte, den Elfen selbst... die unvorstellbaren 1600 Jahre... Magische Schilde... leuchtende Augen... Portale... Diese Welt aus der nun schon zwei Personen kamen... Jarel... Jarel...
Er musste dringend mit ihm sprechen, aus den verschiedensten Gründen, doch er war unterwegs, weit weg.
Auch den Hexer musste er sprechen, auch der war nicht zu finden... Aber er brauchte so bald wie möglich jemanden, der Cyron die Sache mit der Magie erklären konnte, am besten auch ihm.
Er versuchte weiter zu lesen.
Über magische Quellen und das Chaos.
Er hatte Zugang zu diesem Wissen, nur begriff er es nur sehr schwer.
Er versuchte es sich wie Elektrizität vorzustellen, verschiedene Arten von Elektrizität... Gespeist aus Elementen... oder einer Mischung... und da fingen für ihn wieder die Unbegreiflichkeiten an. Strom konnte durch Kernspaltung erzeugt werden, durch Sonnenkraft, Wind oder Wasserkraft... war das das gleiche?
Eine Weile ließ er den Gedanken sacken. Ein Ansatz.

Er arbeitete noch eine Weile weiter an Plänen und Strategien, spät am Abend dann rieb er sich die schmerzenden Stellen mit der Salbe ein so gut es ging und trank dann den Tee. Eine Weile schon befürchtete er, dass doch Opioide darin ihre Wirkung taten, als er sich plötzlich seltsam euphorisiert fühlte. Doch es war nicht stark, er fühlte sich entspannt. Noch eine Weile laß er weiter, dann forderte doch die Müdigkeit ihren Tribut... doch er schlief nicht ein.
Immer wieder kehrten seine Gedanken zurück an einen Punkt.

Er kniff die Augen zusammen, stand wieder auf, wanderte im Zimmer umher, ballte die Fäuste und setzte sich wieder.
Er war ein getriebener, rastlos, immer auf der Suche nach etwas. Dafür lebte er und für nichts anderes.
Nein er glaubte tatsächlich nicht, dass Jarel wirklich bei erstbester Gelegenheit etwas mit dem Hexer angefangen hatte... Das traute er Jarel nicht zu und es passte vor allem auch nicht in sein Bild des Hexers. Der vögelte lieber kleine Mädchen als sich mit einem großen breitschultrigen Mann einzulassen, seine Erfahrung als Profiler sagte ihm, dass das absolut nicht zusammenging.
...aber die Erkenntnis stellte sich erst ein, nachdem er es eine Weile hatte sacken lassen, also was sagte das über ihn aus?
Was sagte es ihm über seine eigenen Gefühle, dass es ihn so sehr getroffen hatte?
Das war was ihn beschäftigte. Das war was nun sein Selbstbild noch einmal gehörig ins Wanken brachte.
Jahrelang hatte er gevögelt was ihm vor die Flinte kam. Vor allem Frauen. Er war umtriebig gewesen, auch in Kiew und auch in Moskau gab es Clubs in denen... nun, in denen Dinge zugingen, die offizielle Stellen nicht gesehen haben wollten, und in denen sich auch ein Offizier besser nicht blicken lassen sollte.
Aber niemals... nie, auch damals nicht... hatte er für irgendetwas, das er geknallt hatte Gefühle entwickelt.
Wann hatte er das über Bord geworfen?
Hatte er sich jetzt ernsthaft verliebt?
Bedeutet das nun, dass er tatsächlich schwul war?
Er bekam auch bei Frauen einen hoch, kam auch zum Schuss, aber er hatte nie wirklich geliebt. Nicht seine Ehefrau, nicht Markovs Sekretärin... keine Frau.
Und nun?
Was war nun der Auslöser für dieses neuerliche Gedankenkarussell gewesen?
Dijksatras Erwähnung?
Dass er nicht wisse, was er an Männern fand...
Hinter der Frage stand noch etwas anderes... Das Unverständnis auf der einen Seite, aber auch zwischen den Zeilen... Dass er es akzeptiert hatte, solange er den Schein wahrte.
Was bedeute das nun? Wollte er sich nun eingestehen, dass er für diesen Mistkerl von einem Ritter Gefühle entwickelte?
Vielleicht war es besser, wenn Jarel nicht hier war im Moment, dann konnte er zumindest diesen Disput mit sich alleine ausmachen.
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Vyacheslav Sokolov
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von/nach: zu Hause
Datum: früher Morgen 30. Juli 1278
betrifft: Cyron, Elurin
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Es war eine seltsame Stille in seinem Kopf.
Am morgen hatte Slava erst einmal seinen Kaffee getrunken, der wenige Luxus, den er sich hatte einrichten können. Er saß am Fenster und sah auf die Stadt hinab, einen dampfenden Becher in der Hand. Einen seinen Ansprüchen ausreichend großen Becher hatte er sich erst töpfern lassen müssen, aber das wiederum war ein geringeres Problem gewesen als zuhause einen mit dem passenden Volumen im Internet zu bestellen. irgendwie absurd.
Doch noch immer haderte er mit seinem Platz in der Welt, wollte sich nicht restlos damit abfinden, dass er für immer zu bleiben hatte, aber solange er hier war wollte er das beste daraus machen.
An diesem Morgen jedoch war es still geworden in seinem Kopf. Kein unnützer Gedanke, der ihn belästigen wollte, kein Gedankenkarussell, nur Stille.
Von zeit zu zeit durchbrochen vom Lärm der Straße, dem Klappern eines Wagens, Flüchen den Poltern von Holzkisten und noch einmal Flüchen. Das war nicht der Hafen, aber auch hier wurden Waren befördert, hoch zur Tempelinsel. Irgendwie wurde immer in der ganzen Stadt etwas befördert, ein heilloses Chaos.
Die größte Stadt des Kontinents und doch nicht viel mehr als ein befestigtes großes Dorf verglichen mit... mit jeder Stadt seiner Welt. Mit Moskau musste er gar nicht erst anfangen, mit deren fast 12 Millionen Einwohnern und auch nicht mit dem verhältnismäßig kleinen Nowosibirsk mit seinen 1 1/2.
Und das hier war die Hauptstadt der Welt.
Fast dreißigtausend Einwohner, Zugereiste nicht gezählt...
Ein Dorf.
Gemauerte Häuser, gepflasterte Hauptstraßen - Betonung auf Haupt, schon die meisten Nebenstraßen waren matschige Pfade in denen sich Unrat türmte, ein Seehafen, Lagerhäuser, vier Wassermühlen, Schlachthäuser, Sägewerke, eine große Stiefelmanufaktur, dazu alle nur denkbaren Zünfte und Gewerke. Eine Wechselstube, acht Banken und neunzehn Leihhäuser. Ein Schloss und eine Stadtwache. Fünfunddreißig Herbergen, ein Theater, eine Menagerie, zwei große Märkte und zwölf Bordelle, und nicht ganz so viele Tempel. Und natürlich der Hauptsitz des ewigen Feuers und eine wichtige Niederlassung des Ordens der Flammenrose, größer wohl mittlerweile als der in Wyzima.
So in etwa würde ein Barde einem Fremden die Stadt anpreisen.
Es kam ihm trotzdem noch immer wie ein Spielplatz vor, ihm, der in fremden Ländern in Städten wie London, Berlin, Brüssel und Washington für seine Regierung gemordet, Trojaner platziert und Überläufer rekrutiert hatte, ihm, der die Zone unter Kontrolle gebracht hatte.
Er saß nun in diesem Sandkasten.
Er verachtete diese Gesellschaft noch immer, doch wenigstens hatte sie ihm Kaffee beschert.
Und einen Elfen, der seinen Rücken wieder halbwegs in Ordnung gebrachte hatte.
Nichts was die Mediziner seiner Welt nicht auch noch hinbekommen hätten, hätte er sich in Ruhe den vorgeschlagenen Behandlungen unterzogen... Das vielmehr war das Problem gewesen. Hier konnte er nun nicht aus.
Aber der Erfolg gab recht. Auch an diesem Tag fühlte er sich noch gut, er hatte gut geschlafen wie lange nicht mehr, und auch wenn er sich an diesem Morgen erschöpft fühlte, war es doch nur des Schlafmangels der letzten Tage wegen.
Wenn er sich nun bewegte knirscht und Knackte es in seinem Rücken, aber es tat nicht jede Bewegung weh. Das Knie war da noch, ja, aber... Nein, er wollte jetzt nicht nach dem Schmerz suchen, er genoss die Stille in seinem Kopf, noch eine Weile... wollte es zumindest versuchen.

Und dann klopfte es an die Tür.
Elurin.
Er ging die Treppe nach unten, sein Haushälter war nicht da, er hatte ihm gesagt er brauche ihn im Moment nicht. Allerdings bezweifelte er, dass das so bleiben würde, schließlich war auch er mehr einer der Aufpasser Dijkstras als wirklich dazu da seinen Haushalt zu führen. Vielleicht würde der Regent ihn irgendwann durch eine Frau ersetzen lassen, wenn sich auch bei ihm die Überzeugung festsetzte, dass er zur Gänze vom anderen Ufer war. Letztlich war es ihm egal, wie ihm hier so vieles egal war.
Er öffnete dem Jungen, nur in einen Morgenmantel und eine leichte Leinenhose gekleidet, die er zum Schlafen trug, noch immer die mittlerweile fast leere Tasse in der Hand. Vermutlich war dies ein ungebührlicher Anblick.
Der junge Elf machte entsprechend große Augen und blickte ihn etwas erschrocken an. Was er dachte wollte er gar nicht wissen. Ohne zu warten was er anzubringen hatte drehte er sich unbeeindruckt um und noch ehe der Elf sagen konnte was er zu sagen hatte bekam er zu Antwort:
"...ich weiß, Meister Cyron hat Fragen...Warte hier während ich mich anziehe."
"Jawohl, Ser."
War die Antworte und er ließ die Türe zufallen und schlurfte wieder nach oben um sich anzuziehen.

<weiter dann hier>
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Lebenslauf: Slava

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von/nach: aus dem Wald im Grasland.
Datum: früher Abend 30. Juli 1278
betrifft: Cyron
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Nach einer Weile erreichten sie wieder die Stadt.
Slava hatte den Elfen zu seiner eigenen Wohnung gebracht. Er hatte Zeit gehabt, nachzudenken und abzuwägen.
Noch vor kurzem hatte der Elf ihn gepackt gehabt und wollte ihn umbringen, des Ringes wegen, weil er dachte, er hätte für den ring Jarel erledigt. Und er hatte ihm einen Armbrustbolzen fast durch die Lunge gejagt... nun theoretisierten sie über die Funktionsweise der Welt... und auch wenn er schon einige Monate hier war fühlte es sich doch noch immer dermaßen... unwirklich und unglaubwürdig an.
Und noch während er versuchte bewusst eine Entscheidung zu finden hatten seine Beine schon den Weg eingeschlagen nach Hause. Hier herrschte nicht das gleiche Level an Geheimhaltung wie zuhause, und er hatte dem Elfen ja schon seinen Verstand anvertraut... Nun standen sie hier. Und jetzt... jetzt wollte er einfach mit einem Kameraden saufen. Der einzige der derzeit dafür in Frage kam war der Elf. Es gab schlechtere.
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Cyron
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Cyron hing seinen Gedanken nach. Er fühlte sich ausgebrannt. Aber er freute sich auf den Cognac, würde sicher auch die Kopfschmerzen vertreiben.
Ein netter schwarzer Rumsey Rum wäre das Getränk seiner Wahl gewesen.
Wie dieser Körper wohl auf Alkohol reagierte? Oder auf die Pilze?
Und der junge Mann war ihm eine angenehme Gesellschaft. Und das nicht nur, weil er ihm den Arsch gerettet hatte. Cyron gefiel die sehr direkte, klare und analytische Art.
Und da war der noch die eine große Gemeinsamkeit. Sie waren beide nicht von hier.
„Wie lange seid ihr in dieser Welt?“, hakte Cyron nach. Wie lange würde ER brauchen, um sich so gut zu Recht zu finden? Oder…zurück zu finden…
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