An verschiedenen Orten - ein Zwischenspiel
Verfasst: Dienstag 2. August 2022, 17:44
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von/nach: Slavas Erste Reise
Datum: Dezember 1277
betrifft: niemanden direkt
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Die Vorbereitungen für die Expedition waren bald abgeschlossen, Proviant für einige Wochen, ein Quartiermeister, der sich um alles kümmerte, mehrere Wagen, Zelte, Öfen, Feldbetten, Mehl und eine bewaffnete Eskorte. Außerdem ein Fährtenleser und er hatte auch die Archäologin aus Oxenfurt hinzugezogen.
Neben der ritt er nun, vor den Wagen, aber hinter ein paar der bewaffneten und hinter dem Späher.
Diese wusste noch immer nicht was die dem dem Mann halten sollte, der sie in ihrem Büro über die Steine ausgefragt hatte - zu dem Zeitpunkt hatte er ganz anders gewirkt, auch wenn er auch da schon diese schwarze Lederrüstung getragen hatte wie ein Hexer. Aber er war ihr wie ein interessierter gebildeter Mann vorgekommen... nun auch daran hatte sich wenig geändert. Er war immer noch gebildet, interessiert, nur... verschlossener, und es ging nun etwas unangenehmes von ihm aus, das sie nicht so recht fassen konnte. In ihrem Büro hatte sie noch gerne mit ihm Tee getrunken, nun vermied sie das.
Ebenso wie Fragen zu stellen, danach was diese Expedition zu bedeuten hatte, die relativ gut ausgestattet war.
Daher beschränkte sich ihre Konversation auf das fachliche, und auch das blieb unpersönlich und rein fachlich.
Auf den Hexer als Begleitung hatte Slava letztlich doch verzichtet, dafür hatte Dijkstra ihm eine allerlei magisches Equipment mitgegeben, nachdem er ihm erklärt hatte, dass er Portale erforscht hatte. Auch Dijkstra wusste erstaunlicherweise das eine oder andere darüber, nämlich, dass wohl ein bestimmter Stamm von Elfen genetisch dazu veranlagt wäre, Portale öffnen zu können. Allerdings sei diese Gabe bis auf ganz wenige Linien fast ausgestorben und selbst die Elfen suchten danach. Wenn er nun einer Möglichkeit auf der Spur wäre... Hier hatten Dijkstras Augen angefangen zu glänzen, es schien ihn auch persönlich zu interessieren, und er hatte sofort in die Waagschale geworfen was er hatte beitragen können.
Überhaupt saßen die beiden Männer durchaus des Öfteren Abends zusammen, rauchten Pfeife und tranken Wein, schweren süßen Rotwein, wie ihn auch Slava bevorzugte. Und da war noch etwas, dass er schnell zu schätzen lernte: Dem Regierungschef gehörte ein großes Bad in der Stadt, in dem sie sich gerade im Herbst und Winter des Öfteren trafen zu Besprechungen, allerdings auch einfach der Entspannung wegen. Allerdings artete auch die beste Entspannung immer schnell zu etwas beruflichem auf, das war eben so, wenn beide Gesprächspartner zu sehr in ihrer Berufung aufgingen.
Tatsächlich waren die letzten Wochen schnell vergangen, und auch wenn niemand mehr missfallen an Slavas Neigungen geäußert hatte, so verstanden es alle Beteiligten ihn zu beschäftigen, so dass keine Gelegenheit mehr war, den Ritter zu treffen. Es war allerdings auch keine Gelegenheit gewesen, wirklich in Ruhe nachzudenken, so dass er auch kein Treffen forcierte, immerhin wusste er selbst noch nicht, was er genau wollte. Und Antworten zu finden schob er auch immer wieder auf.
Das nun holte er auf der Reise nach, als er vorne ritt, den Nebel beobachtete und seinen Gedanken nachhing.
Wieder war so viel geschehen, eines jedoch stand fest. Seine Arbeit, die liebte er, darin ging er auf, und dafür lebte er.
Und er hatte nun wieder fast etwas vergleichbares gefunden.
So schnell konnte Redanien zwar Russland nicht ersetzen, aber es gab durchaus Ähnlichkeiten, vom Geheimdienstler als Regierungschef einmal abgesehen den redanischen Adler zum Beispiel. Das war zwar nur ein Symbol, aber manchmal brauchte es auch das. Allerdings waren auch die Menschen nicht unähnlich, es steckte viel slavisches in dieser Welt, ihre Besprechungen in der Banja und die Beratungen mit den Handelsräten. Einmal hatte Slava sie tatsächlich Dijkstra gegenüber als 'Oligarchen' betitelt, er hatte den Begriff nicht gekannt, aber gelacht, ihn sich herleiten können und von nun an nannte sie die Räte so. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der Begriff durchsetzte.
Aber auch es gab auch manches, das ihm doch von Zeit zu Zeit Respekt abnötigte.
Es erstaunte Slava dann immer wieder, wie viel in dieser Welt über Genetik bekannt war. Sie züchteten Mutanten für verschiedenste Zwecke, Insekten die Grundstücke bewachen konnten - und auch wenn es sich als nicht besonders ausgereift herausstellte, die Idee schien ihm sehr modern. Magische Türschlösser mit etwas wie einer DNA Erkennung. Und eine magische Form eines GPS Trackers. Ähnlich vielleicht Jarels Dolch. und die eine oder andere Spielerei lag gut verpackt auf einem der Wagen, unter besonderer Bewachung.
Auch wenn das Wissen dieser Welt in Mancher Hinsicht beachtlich war, man durfte nicht vergessen, dass dies das tiefste und finsterste Mittelalter war.
Und Slava würde nie darauf verzichten auf den Weg zu achten. so auch jetzt.
Wie immer, wenn er die Stadt verließ trug er die schwarzen Lederrüstung, nun im Winter mit einem schweren Pelzmantel und er ritt auf einem großen grauen Schlachtross. Es war nicht mit Jarels Mariposa zu vergleichen, aber kräftig und gut ausgebildet wie man ihm versichert hatte. Zumindest ans Reiten war er mittlerweile gewöhnt, er würde nie ein besonders guter Reiter werden aber er kam ohne Peinliche Zwischenfälle voran. Und er würde auch nie ein besonders guter Schwertkämpfer werden, bewaffnet war er also nur mit zwei kurzen Messern und einer neuen Armbrust.
Jene, die Thorben ihm geschenkt hatte hing nun Zuhause über dem Kamin, ein Andenken, er würde sie in Ehren halten. Diese hier war moderner, mit einem Federstahlbogen, wie auch immer die den erzeugt hatten. Das würde er später noch herausfinden.
Mit der Armbrust war er besser als die meisten, auch wenn es kein Sturmgeweht war, er konnte damit arbeiten. Noch besser aber war er in Sachen Wort und Intrige. Sein Schwert war tatsächlich die Feder. Das Ränkespiel der Könige hier war nicht leicht zu durchschauen, aber das politische Geflecht zwischen den Oligarchen Russlands, dem Präsidenten und den Medien war ungleich komplizierter gewesen und er war nicht untergegangen. Auch wenn ihn dort wohl auch sein Name geschützt hatte, er hatte diese Art des Überlebenskampfes mit der Muttermilch aufgesogen und so fand er sich in der mittelalterlichen Version davon deutlich leichter zurecht, zumal er Hilfe hatte.
So erkannte er bald schon die unschätzbaren Vorteile. Die Einschränkung durch Recht und Gesetzt fielen für ihn weitgehend weg. Man konnte ohne weiteres jemanden verschwinden lassen ohne sich größere Scherereien einzuhandeln. Erpressung funktioniert wunderbar und manchmal war der Weg zum Ziel geradezu erschreckend leicht, musste man nicht das Internet oder die Presse fürchten.
Und zu guter Letzt: Er hatte tatsächlich eine Wohnung.
In der Stadt, Altbau... wobei, aus seiner Sicht war hier alles Altbau. Das Fachwerk war durchaus hübsch, der Dachstuhl regelrecht malerisch. Unten war ein Salon und eine Küche, die übrigen Zimmer verteilten sich auf drei Stockwerke. Die Häuser hier waren in der Regel schmal und hoch, Aufzüge gab es freilich keine, aber das hielt ihn fit. Die Küche war luxuriös im Vergleich zu der vieler anderer Häuser, mit Fliesen gekachelt, und einem Brunnen direkt im Haus an dem man sich auchh waschen konnte.
Er nannte außerdem eine kleine Bibliothek sein eigen - im 3ten Stock - und im Obersten Stock unter einem Fenster dass einen wunderschönen Blick auf die Stadt bot, stand ein Doppelbett.
Er hatte grinsen müssen bei der Überlegung, mit welchen Hintergedanken es in Auftrag gegeben worden war, oder für wen. Wen sahen die Handwerker in diesem Bett? Eine Frau? Einen Mann? Oder war es tatsächlich egal. Wobei, letzteres wohl nicht.
Nur einmal war dieses Thema zur Sprache gekommen. Nach einer Besprechung im Badehaus waren auch einige leichte Damen aus dem Passiflora eingeladen gewesen, zur Erquickung der Gäste - ihrerseits allesamt hochrangige Räte der Stadt und auch Hemmelfart war anwesend.
Slava hatte verstanden, was Dijkstra damit bezweckte. Auch wenn es ihm tatsächlich widerstrebt hatte, er hatte sich recht offen mit einem der Mädchen vergnügt, wie im übrigen die anderen Männer auch. Annähern jeder hatte sich vergewissern können, dass er ganz normal funktionierte.
auch etwas, dass ihm aus einschlägigen Kreisen des organisierten Verbrechens nicht unbekannt war. Ja, er kannte die meisten Spiele und Regeln dieser Gesellschaften. Nach erfolgter Demonstration hatte ihm allerdings Dijkstra einen Trumpf in die Hand gegeben. In seinem Arbeitstisch lag nun Hemmelfarts Akte und darin aufgeführt, das eine oder andere pikante Detail. Auch wenn niemand mehr ein Wort darüber verlor, Slava war es Antwort genug gewesen.
Er war sogar irgendwie froh, dass Dijkstra ihn genötigt hatte, es mit der Prostituierten zu tun, es hatte Spaß gemacht, natürlich, er war nun nicht plötzlich schwul geworden, aber er hatte seinen Horizont erweitert, und Gefallen an Männern gefunden. Er hatte auch noch weiter herumprobiert, hatte sich auch einen jungen Mann gebucht, allerdings war der ihm der schnell langweilig geworden, und er hatte sogar abgebrochen, sich noch an einer der Damen des Hauses abreagiert und war gegangen. Es war nicht das Gleiche, Jarel war besser.
Und da war etwas, das er selbst verdauen musste, dieses winzige Glühen in der Leiste, wenn er an ihn dachte, wenn er sich selbst an die letzte Begegnung erinnerte, die ihm zunächst Angst gemacht hatte, selbst dann pulsierte dieser Funke. Vielleicht war es nur Sex, aber er war scharf auf ihn, nicht auf irgendeinen Mann und auch wenn er die Frauen nie ganz beiseite lassen würde, vermutlich war er wenigstens das seinem neuen Posten und auch Dijkstra schuldig, dass er von Zeit zu Zeit jeden Verdacht zerstreute, aber dann, dann konnte es funktionieren. Und sollte jemand vom Orden Jarel Druck machen würde er den Obersten Hierarchen freundlich an die Akte erinnern.
Slava vergaß nicht auf den Weg zu achten während er den Gedanken nachhing. Er blickte auch nach oben, in die Baumwipfel, suchte den Himmel ab, alles war ruhig. Fast schon zu ruhig.
Was also wollte er. Seine Arbeit hatte er zurück, seine Freiheit neu gewonnen, und nun?
Er war nach wie vor nicht in der Lage oder so weit, zu jemandem zu sagen, er würde lieben, und er machte sich nichts vor, das würde er auch so schnell nicht mehr lernen, aber er dachte oft an Jarel, an all das was der Ältere ihm gezeigt und eröffnet hatte, und er wollte es durchaus fortsetzen. Nur war und blieb seine Befürchtung, dass eines Tages der Punkt erreicht war an dem der andere mehr wollte. Und dann würde es schmerzhaft werden.
Er selbst war den Weg immer gegangen, solange es ging und hatte darauf vertraut, dass er auch die Prügel am Ende irgendwie überleben würde. Das aber konnte er nicht von jedem verlangen. Dieses Grundvertrauen trug er selbst, das musste er seiner Welt hoch anrechnen, sein Umfeld, seine Eltern und auch sein Land hatten ihm mitgegeben, das Vertrauen darauf, dass schon alles so in Ordnung wäre.
Aber Jarel war anders, er war hinter seiner rauen Schale weit verletzlicher als er selbst.
Es war immer noch ruhig, auch wenn sein Instinkt fast greifbar schrie, dass etwas geschehen müsse. Er hob die Hand zum Zeichen, dass der Tross stoppen solle. Es dauerte immer eine Weile, bis der Befehlt umgesetzt war. Langsam ritt er selbst weiter. Sofort folgten im die Bewaffneten, die auch ein wenig seine Leibwächter wie Aufpasser waren, so mutmaßte er. Sicher erstattet einer von ihnen Dijkstra selbst Bericht.
Zurück in Nowigrad geht es hier weiter.
von/nach: Slavas Erste Reise
Datum: Dezember 1277
betrifft: niemanden direkt
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Die Vorbereitungen für die Expedition waren bald abgeschlossen, Proviant für einige Wochen, ein Quartiermeister, der sich um alles kümmerte, mehrere Wagen, Zelte, Öfen, Feldbetten, Mehl und eine bewaffnete Eskorte. Außerdem ein Fährtenleser und er hatte auch die Archäologin aus Oxenfurt hinzugezogen.
Neben der ritt er nun, vor den Wagen, aber hinter ein paar der bewaffneten und hinter dem Späher.
Diese wusste noch immer nicht was die dem dem Mann halten sollte, der sie in ihrem Büro über die Steine ausgefragt hatte - zu dem Zeitpunkt hatte er ganz anders gewirkt, auch wenn er auch da schon diese schwarze Lederrüstung getragen hatte wie ein Hexer. Aber er war ihr wie ein interessierter gebildeter Mann vorgekommen... nun auch daran hatte sich wenig geändert. Er war immer noch gebildet, interessiert, nur... verschlossener, und es ging nun etwas unangenehmes von ihm aus, das sie nicht so recht fassen konnte. In ihrem Büro hatte sie noch gerne mit ihm Tee getrunken, nun vermied sie das.
Ebenso wie Fragen zu stellen, danach was diese Expedition zu bedeuten hatte, die relativ gut ausgestattet war.
Daher beschränkte sich ihre Konversation auf das fachliche, und auch das blieb unpersönlich und rein fachlich.
Auf den Hexer als Begleitung hatte Slava letztlich doch verzichtet, dafür hatte Dijkstra ihm eine allerlei magisches Equipment mitgegeben, nachdem er ihm erklärt hatte, dass er Portale erforscht hatte. Auch Dijkstra wusste erstaunlicherweise das eine oder andere darüber, nämlich, dass wohl ein bestimmter Stamm von Elfen genetisch dazu veranlagt wäre, Portale öffnen zu können. Allerdings sei diese Gabe bis auf ganz wenige Linien fast ausgestorben und selbst die Elfen suchten danach. Wenn er nun einer Möglichkeit auf der Spur wäre... Hier hatten Dijkstras Augen angefangen zu glänzen, es schien ihn auch persönlich zu interessieren, und er hatte sofort in die Waagschale geworfen was er hatte beitragen können.
Überhaupt saßen die beiden Männer durchaus des Öfteren Abends zusammen, rauchten Pfeife und tranken Wein, schweren süßen Rotwein, wie ihn auch Slava bevorzugte. Und da war noch etwas, dass er schnell zu schätzen lernte: Dem Regierungschef gehörte ein großes Bad in der Stadt, in dem sie sich gerade im Herbst und Winter des Öfteren trafen zu Besprechungen, allerdings auch einfach der Entspannung wegen. Allerdings artete auch die beste Entspannung immer schnell zu etwas beruflichem auf, das war eben so, wenn beide Gesprächspartner zu sehr in ihrer Berufung aufgingen.
Tatsächlich waren die letzten Wochen schnell vergangen, und auch wenn niemand mehr missfallen an Slavas Neigungen geäußert hatte, so verstanden es alle Beteiligten ihn zu beschäftigen, so dass keine Gelegenheit mehr war, den Ritter zu treffen. Es war allerdings auch keine Gelegenheit gewesen, wirklich in Ruhe nachzudenken, so dass er auch kein Treffen forcierte, immerhin wusste er selbst noch nicht, was er genau wollte. Und Antworten zu finden schob er auch immer wieder auf.
Das nun holte er auf der Reise nach, als er vorne ritt, den Nebel beobachtete und seinen Gedanken nachhing.
Wieder war so viel geschehen, eines jedoch stand fest. Seine Arbeit, die liebte er, darin ging er auf, und dafür lebte er.
Und er hatte nun wieder fast etwas vergleichbares gefunden.
So schnell konnte Redanien zwar Russland nicht ersetzen, aber es gab durchaus Ähnlichkeiten, vom Geheimdienstler als Regierungschef einmal abgesehen den redanischen Adler zum Beispiel. Das war zwar nur ein Symbol, aber manchmal brauchte es auch das. Allerdings waren auch die Menschen nicht unähnlich, es steckte viel slavisches in dieser Welt, ihre Besprechungen in der Banja und die Beratungen mit den Handelsräten. Einmal hatte Slava sie tatsächlich Dijkstra gegenüber als 'Oligarchen' betitelt, er hatte den Begriff nicht gekannt, aber gelacht, ihn sich herleiten können und von nun an nannte sie die Räte so. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der Begriff durchsetzte.
Aber auch es gab auch manches, das ihm doch von Zeit zu Zeit Respekt abnötigte.
Es erstaunte Slava dann immer wieder, wie viel in dieser Welt über Genetik bekannt war. Sie züchteten Mutanten für verschiedenste Zwecke, Insekten die Grundstücke bewachen konnten - und auch wenn es sich als nicht besonders ausgereift herausstellte, die Idee schien ihm sehr modern. Magische Türschlösser mit etwas wie einer DNA Erkennung. Und eine magische Form eines GPS Trackers. Ähnlich vielleicht Jarels Dolch. und die eine oder andere Spielerei lag gut verpackt auf einem der Wagen, unter besonderer Bewachung.
Auch wenn das Wissen dieser Welt in Mancher Hinsicht beachtlich war, man durfte nicht vergessen, dass dies das tiefste und finsterste Mittelalter war.
Und Slava würde nie darauf verzichten auf den Weg zu achten. so auch jetzt.
Wie immer, wenn er die Stadt verließ trug er die schwarzen Lederrüstung, nun im Winter mit einem schweren Pelzmantel und er ritt auf einem großen grauen Schlachtross. Es war nicht mit Jarels Mariposa zu vergleichen, aber kräftig und gut ausgebildet wie man ihm versichert hatte. Zumindest ans Reiten war er mittlerweile gewöhnt, er würde nie ein besonders guter Reiter werden aber er kam ohne Peinliche Zwischenfälle voran. Und er würde auch nie ein besonders guter Schwertkämpfer werden, bewaffnet war er also nur mit zwei kurzen Messern und einer neuen Armbrust.
Jene, die Thorben ihm geschenkt hatte hing nun Zuhause über dem Kamin, ein Andenken, er würde sie in Ehren halten. Diese hier war moderner, mit einem Federstahlbogen, wie auch immer die den erzeugt hatten. Das würde er später noch herausfinden.
Mit der Armbrust war er besser als die meisten, auch wenn es kein Sturmgeweht war, er konnte damit arbeiten. Noch besser aber war er in Sachen Wort und Intrige. Sein Schwert war tatsächlich die Feder. Das Ränkespiel der Könige hier war nicht leicht zu durchschauen, aber das politische Geflecht zwischen den Oligarchen Russlands, dem Präsidenten und den Medien war ungleich komplizierter gewesen und er war nicht untergegangen. Auch wenn ihn dort wohl auch sein Name geschützt hatte, er hatte diese Art des Überlebenskampfes mit der Muttermilch aufgesogen und so fand er sich in der mittelalterlichen Version davon deutlich leichter zurecht, zumal er Hilfe hatte.
So erkannte er bald schon die unschätzbaren Vorteile. Die Einschränkung durch Recht und Gesetzt fielen für ihn weitgehend weg. Man konnte ohne weiteres jemanden verschwinden lassen ohne sich größere Scherereien einzuhandeln. Erpressung funktioniert wunderbar und manchmal war der Weg zum Ziel geradezu erschreckend leicht, musste man nicht das Internet oder die Presse fürchten.
Und zu guter Letzt: Er hatte tatsächlich eine Wohnung.
In der Stadt, Altbau... wobei, aus seiner Sicht war hier alles Altbau. Das Fachwerk war durchaus hübsch, der Dachstuhl regelrecht malerisch. Unten war ein Salon und eine Küche, die übrigen Zimmer verteilten sich auf drei Stockwerke. Die Häuser hier waren in der Regel schmal und hoch, Aufzüge gab es freilich keine, aber das hielt ihn fit. Die Küche war luxuriös im Vergleich zu der vieler anderer Häuser, mit Fliesen gekachelt, und einem Brunnen direkt im Haus an dem man sich auchh waschen konnte.
Er nannte außerdem eine kleine Bibliothek sein eigen - im 3ten Stock - und im Obersten Stock unter einem Fenster dass einen wunderschönen Blick auf die Stadt bot, stand ein Doppelbett.
Er hatte grinsen müssen bei der Überlegung, mit welchen Hintergedanken es in Auftrag gegeben worden war, oder für wen. Wen sahen die Handwerker in diesem Bett? Eine Frau? Einen Mann? Oder war es tatsächlich egal. Wobei, letzteres wohl nicht.
Nur einmal war dieses Thema zur Sprache gekommen. Nach einer Besprechung im Badehaus waren auch einige leichte Damen aus dem Passiflora eingeladen gewesen, zur Erquickung der Gäste - ihrerseits allesamt hochrangige Räte der Stadt und auch Hemmelfart war anwesend.
Slava hatte verstanden, was Dijkstra damit bezweckte. Auch wenn es ihm tatsächlich widerstrebt hatte, er hatte sich recht offen mit einem der Mädchen vergnügt, wie im übrigen die anderen Männer auch. Annähern jeder hatte sich vergewissern können, dass er ganz normal funktionierte.
auch etwas, dass ihm aus einschlägigen Kreisen des organisierten Verbrechens nicht unbekannt war. Ja, er kannte die meisten Spiele und Regeln dieser Gesellschaften. Nach erfolgter Demonstration hatte ihm allerdings Dijkstra einen Trumpf in die Hand gegeben. In seinem Arbeitstisch lag nun Hemmelfarts Akte und darin aufgeführt, das eine oder andere pikante Detail. Auch wenn niemand mehr ein Wort darüber verlor, Slava war es Antwort genug gewesen.
Er war sogar irgendwie froh, dass Dijkstra ihn genötigt hatte, es mit der Prostituierten zu tun, es hatte Spaß gemacht, natürlich, er war nun nicht plötzlich schwul geworden, aber er hatte seinen Horizont erweitert, und Gefallen an Männern gefunden. Er hatte auch noch weiter herumprobiert, hatte sich auch einen jungen Mann gebucht, allerdings war der ihm der schnell langweilig geworden, und er hatte sogar abgebrochen, sich noch an einer der Damen des Hauses abreagiert und war gegangen. Es war nicht das Gleiche, Jarel war besser.
Und da war etwas, das er selbst verdauen musste, dieses winzige Glühen in der Leiste, wenn er an ihn dachte, wenn er sich selbst an die letzte Begegnung erinnerte, die ihm zunächst Angst gemacht hatte, selbst dann pulsierte dieser Funke. Vielleicht war es nur Sex, aber er war scharf auf ihn, nicht auf irgendeinen Mann und auch wenn er die Frauen nie ganz beiseite lassen würde, vermutlich war er wenigstens das seinem neuen Posten und auch Dijkstra schuldig, dass er von Zeit zu Zeit jeden Verdacht zerstreute, aber dann, dann konnte es funktionieren. Und sollte jemand vom Orden Jarel Druck machen würde er den Obersten Hierarchen freundlich an die Akte erinnern.
Slava vergaß nicht auf den Weg zu achten während er den Gedanken nachhing. Er blickte auch nach oben, in die Baumwipfel, suchte den Himmel ab, alles war ruhig. Fast schon zu ruhig.
Was also wollte er. Seine Arbeit hatte er zurück, seine Freiheit neu gewonnen, und nun?
Er war nach wie vor nicht in der Lage oder so weit, zu jemandem zu sagen, er würde lieben, und er machte sich nichts vor, das würde er auch so schnell nicht mehr lernen, aber er dachte oft an Jarel, an all das was der Ältere ihm gezeigt und eröffnet hatte, und er wollte es durchaus fortsetzen. Nur war und blieb seine Befürchtung, dass eines Tages der Punkt erreicht war an dem der andere mehr wollte. Und dann würde es schmerzhaft werden.
Er selbst war den Weg immer gegangen, solange es ging und hatte darauf vertraut, dass er auch die Prügel am Ende irgendwie überleben würde. Das aber konnte er nicht von jedem verlangen. Dieses Grundvertrauen trug er selbst, das musste er seiner Welt hoch anrechnen, sein Umfeld, seine Eltern und auch sein Land hatten ihm mitgegeben, das Vertrauen darauf, dass schon alles so in Ordnung wäre.
Aber Jarel war anders, er war hinter seiner rauen Schale weit verletzlicher als er selbst.
Es war immer noch ruhig, auch wenn sein Instinkt fast greifbar schrie, dass etwas geschehen müsse. Er hob die Hand zum Zeichen, dass der Tross stoppen solle. Es dauerte immer eine Weile, bis der Befehlt umgesetzt war. Langsam ritt er selbst weiter. Sofort folgten im die Bewaffneten, die auch ein wenig seine Leibwächter wie Aufpasser waren, so mutmaßte er. Sicher erstattet einer von ihnen Dijkstra selbst Bericht.
Zurück in Nowigrad geht es hier weiter.