Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Arvijd Kostjunari
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Arvijd betrachtete den jungen Mann aufmerksam, wie er den Kratzer abtastete.
Wie er da hingekommen war wußte er selbst nicht, er war immer schon da gewesen. Vielleicht war er beim einsetzen der neuen Scheibe zustande gekommen, nach den Unruhen waren die meisten Fenster auch hier zu Bruch gegangen gewesen. Man hatte die Trümmer weggeräumt, die Toten begraben und die Fenster ersetzt.
Vielleicht stammt er auch von einem Schwert, als sich erst die Elfen, dann die Ritter hier verschanzten. Oder er war noch viel länger hier, hätte etwas von Tragödien erzählen können... Wenn sich nur jemand erinnert hätte.
Was spielte das noch für eine Rolle?
"Eine Frage der Auslegung also."
So recht glaubt er nicht daran.
Aber er glaubte auch nicht ganz daran, dass es dem Ritter nur darum ging, sich selbst zu schützen. wie sehr er sich dabei vielleicht irrte.
"Vielleicht auch sich selbst. Gut möglich."
Auch wenn er nicht glaubte, er wollte die Treue des Jungen nicht untergraben. Er respektierte es, dass er nichts preisgeben wollte, was ihn oder den anderen in irgendeiner Weise bloßstellte. Er r würde also auch nicht nachbohren.
Der Arzt glaubte sogar zu wissen worum es ging, aber das sollte ihn nun wirklich nichts angehen.
"...ich weiß auch nicht, wie ihr es wieder gutmachen könnt. Ich kann euch nur raten... das Gespräch zu suchen. Er wird Verständnis haben... Aber wenn ich raten müsste, dann lasst ihm Zeit. Auch wenn es platt klingt... Manchmal muss erst Grass über etwas wachsen."
Dass er mit seiner Vermutung es ging um Jake und das mit Iola, die immerhin etwas wie ein Mündel des Ritters war, und die ein Auge auf den Jungen geworfen hatte, dass er damit vollkommen auf dem Holzweg war, dass es vielmehr um eine Liebschaft des Ritters selbst ging... Hätte man es ihm gesagt, er hätte es vermutlich erst nicht geglaubt und sich dann sehr gewundert. In seinen Augen war es eindeutig der junge Mann, der wohl nicht so sehr an dem Gelübde festhielt wie es der Ritter vielleicht forderte. Nicht zuletzt aus dem Grund hatte er geraten zu warten.
Wie sehr man sich doch irren konnte.
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Jakob von Nagall
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Jakob presste die Kiefer nur fester aufeinander, bis die Muskeln an den Gelenken und am Hals hervor traten. Floskeln, da waren sie mal wieder. Der Arzt war so ratlos wie er oder er hatte doch noch nicht begriffen, was der jüngere Mann sagen wollte. Jarel würde Verständnis haben... sicher. Er würde sich genauso aufgesetzt den Anschein geben, zuzuhören, wie eben noch hier in diesem Raum. In Jakob verdichtete sich die Gewissheit, dass er einmal mehr fallen gelassen worden war und er begann bereits das weitere Szenario für sich im Geiste durchzuspielen. Wie Jarel die Pflicht mit ihm durcharbeiten würde, um danach mit irgendwem anders zu scherzen, zu lachen und auch zu streiten. Es war nur eine Frage der Zeit und er stünde wieder am Rand, musste sich wieder für irgendwelche Psychospielchen hergeben.
Er blinzelte angestrengt, wobei sein Kopf leicht zuckte, als müsse er eine lästige Mücke vertreiben. Nein, so war Jarel nicht. Oder? Er würde gern überzeugt sein, dass er Recht hatte, aber so in sich selbst gefestigt war er noch lange nicht. Gerne redete er sich ein, dass er alleine stehen, sich seiner selbst bewusst und stark sein konnte. Aber in Momenten wie diesen zeigte ihm die Realität, wie sehr er sich noch an seinem Ritter abstützte. An diesem, an dem er sich überhaupt erst jemals gewagt hatte, abzustützen...
Gras wachsen lassen...
Er schnaubte unwillkürlich, doch bevor er etwas erwidern konnte, was er später vielleicht doch bereut hätte, schlugen alte Mechanismen zu und er verkniff sich jede weitere Bemerkung. Statt dessen sog er die Luft durch die Nase ein, blickte kurz Richtung Tür, dann wieder auf den Garten, dann auf Arvijd.
"Danke Dok. Wird sich schon einrenken. Bin dann mal weg, die Pflicht ruft." Und er wurde das Gespräch dann doch wieder Leid. Es war nicht das gleiche, es war nicht hiflreich - der Arzt war eben doch nur ein Arzt. Fast konnte man die Schublade zufallen hören, als Jakob sich abwandte, um sich mit einer für seine Verhältnisse höflichen Geste zu empfehlen.

Ebenso wie Jarel verbrachte er die Zeit bis zur Messe mit körperlicher Arbeit, allerdings in seinem Fall als Pferd für die kleinsten Kinder, die er Huckepack im Gallopp um die Bäume schleppen musste, während eine wilde Horde mit Bögen und Pfeilen ihnen dicht auf den Fersen war. Das jubelnde Kreischen klingelte ihm in den Ohren und er war gottfroh, als endlich die Glocke zum Abendgebet läutete. Anders als Jarel allerdings ging er einfach so wie er war ins Heiligtum, auch wenn sich dunkle Flecken auf seinem Hemd abzeichneten. Das einzig Sinnvolle, was er je von Dimetrios mitgenommen hatte, war der Satz: was interessiert es Gott, wenn dein Äußeres glänzt, wenn doch die Seele schmutzig ist?
Wie immer setzte er sich an die hintere Mauer, dicht an die seitliche Wand, eine Stelle, die er inzwischen als 'seine' Ecke betrachtete. Sie lag im Schatten, dennoch hatte er Sicht auf die Statue am anderen Ende des Heiligtums, wurde aber von den Schwestern kaum beachtet. Er schlug die Beine unter und zog das kleine Bündel zusammen geknoteter Blätter aus dem Wams, das er sich zusammen gebeten hatte. Ein kleines Stück Kohle hing daran und die ersten Seiten bedeckten Worte, Satzfetzen, Notenzeilen. Er schrieb darin herum, bis die Erzpriesterin erschien und die Andacht begann.
Jarel kam ebenfalls hinzu und blieb wie sein Knappe im hinteren Teil des Gebetsraumes. Jakob betrachtete ihn eine Weile und gewann den Eindruck, der Ritter hatte ihn ebenso wenig wahrgenommen, wie er alles andere um sich wahrnahm. Er sang nicht, folgte der Liturgie auch nicht wirklich. Gut, sie hatten noch nie eine Andacht in diesem Haus gemeinsam besucht, also wusste Jakob nicht, wie Jarel diesem anderen Glauben normalerweise folgte. Zu Hause war er inbrünstiger bei der Sache. Jakob senkte den Blick, ratlos, verwirrt und seltsam traurig. Er steckte die Zettelsammlung weg, legte die Hände auf den Knien ab und schloss die Augen, um dem Gebet zu folgen und Ruhe in sein Selbst zu bringen.
Der Singsang der Schwestern begleitete ihn die Meditation hinein, wie bei fast allen Andachten seit er mit den Übungen des Zenmeisters wieder begonnen hatte. Es öffnete wie stets etwas in ihm, was sonst von der strengen Ratio bewacht wurde, half ihm das Ich zurück zu stellen. Ein Punkt, von dem aus man weiter schreiten könnte, sich aufweiten, um das Große einzulassen - die Allmacht, das Göttliche. Aber bis dahin war Jakob noch nie gekommen und es genügte ihm auch, den praktischen Nutzen aus der Meditation zu ziehen. Das Verbergen der Aura.

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Arvijd Kostjunari
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von/nach: aus dem Kräutergarten
Datum: Ende Juli 1278
betrifft: Viktor, Jake, Jarel, Iola, Nikolavo, Arvijd
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Die Wachen waren eben dabei, Kolja die Handschellen anzulegen, Blut troff ihm aus den Mund. Er hatte zugebissen. Das war seine alleinige Schuld, doch wohl nur Arvijd konnte ermessen was es bedeutete.
"Nein. Wartet." versuchte der Arzt zu intervenieren.
"Ich brauche ihn um das Leben des Verletzten zu retten. Ich brauche ihn dazu. Erzpriesterin... bitte..."
"Ser... das geht nicht, ihr habt gesehen... was er auch ist, er hat einen Ritter der Flammenrose attackiert."
"Ich brauche ihn. Sonst stirbt der Verletzte. Wir haben keine Zeit... Ich brauche seine Magie... Danach... danach könnt ihr ihn verhaften."
Die letzten Worte gingen ihm schwer über die Lippen, er schluckte.
Die Pikeniere schienen sich kurz zu beraten, dann nickte der Korporal. Dann nickte auch die Erzpriesterin.
"Wir begleiten euch." beschied der Korporal.
Arvijd musste notgedrungen zustimmen.
Aber so brachte er Nikolavo in seinen Arbeitsrum, dort hatte einige der Schülerinnen Amir soweit entkleidet, dass man die Verletzungen sehen konnte. Er lag auf dem Bauch, nur ein Tuch bedeckt die seine Lenden abwärts, die Stelle unmittelbar über der Hüfte, wo das Armiereisen eingedrungen war war deutlich zu sehen und auch die Stelle am Rückgrat, wo er auf der Mauer eingeschlagen war.
"Schaffst du es? Wenn ich dich anleite?"
Arvijd blickte Nikolavo an. Der nickte nur, fast zaghaft.
"Ich sage dir was du tun musst..."
Wortlos reichte er ihm ein feuchtes Tuch und gebot ihm, sich wenigstens den Mund abzuwischen.
Was getan werden musste musste getan werden.
Der Preis war schon bezahlt, aber wenigstens das Leben musste gerettet werden, sonst wäre alles vergebens gewesen. Und konnte er helfen... In dem Moment unterschied sich das Denken des Arztes in keiner Weise von der eines gewissen Leutnants, den er seinerzeit dafür kritisiert hatte. Man musste alles in die Waagschale werfen, was man aufbieten konnte. Wenn es ihnen nur gelänge das eine Leben zu retten.
"Dann rette ihn..." flüsterte er.
Und sie begannen.
Nikolavo stand neben dem Verletzten, er hatte die Augen geschlossen, nur seine Hände ruhten auf dem Rücken des Mannes, ruhig. Es hätten auch die Hände eines Arztes sein können oder die eines Musikers. Er hatte schöne Hände, kräftige Hände... und doch konnten sie zu klauen werden und zerfetzen.
Arvijd stand am Kopfende, betrachtete den Dämon.
Es hätte ein erhabener Anblick sein könne, voller Ehrfurcht und Würde, doch dies wussten die Pikeniere in absoluter Perfektion zu konterkarieren. Die hatten um den Dämon herum Aufstellung bezogen, ihn umringt und waren bereit zuzustoßen, sollte er sich auch nur ein wenig falsch bewegen.
Es sprach nur Arvijd.

"Siehst du die Bauschlagader..." Nikolavo nickt nur. "...zieh die Ränder zusammen... kannst du sie zusammenfügen..."
Oder etwas in der Art "Ist die Leber verletzt?" er schüttelte den Kopf, Arvijd ging eine lange Liste an Organen durch, die er im Kopf hatte, der Dämon schien zu wissen was der Arzt meinte. Manchmal schüttelte er den Kopf, dann wieder nickte er.
Er vergingen bange Minuten, daraus wurde wohl eine Stunde.
Doch am Ende war der Kampf verloren.
Amir war nicht wieder zu sich gekommen. Alles was der Dämon hatte reparieren können war zwecklos gewesen denn das Herz des Mannes hatte aufgehört zu schlagen. In dem Moment war auch Nikolavo erschlafft, als hätte man ihm selbst den jede Kraft geraubt.
Bedauern stand in seinem Blick.
Dann hob er die Hände und ließ sich die Handschellen anlegen. Die Wachen führten ihn ab.
Einen Moment jedoch blieb er stehen, die Wachen wurden bereits nervös, manche griffen nach ihren Schwertern.
"Arvijd... sag mir eines... kanntest du sie? Hast du sie gesehen? Carolyn...? Hat sie gelebt?"
Nun standen Tränen in den Augen des Arztes als er den Kopf schüttelte.
Dann führten sie Nikolavo ab.
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ERZÄHLER
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Lebenslauf:

Während Jakob Jarel noch vom Dämon weg zog, war plötzlich jemand neben dem Knappen und half.
Iola. Natürlich wortlos, mit schockgroßen Augen starrte sie abwechselnd auf den bewusstlosen Ritter , Jakob und dem Dämon. Sie hatte es gesehen. Nicht nur, was für ein Wesen Nikolavo war sondern auch, dass Jarel ihn angefallen hatte.
Was von beiden sie mehr verstörte, konnte sie selbst nicht festmachen.
Nur dass es falsch war. Schrecklich falsch. Und dann hatte Jakob ihn niedergeschlagen. Iolas Augen waren schreckgeweitet, aber trocken.
Sie konnte nicht ordnen, was sie gesehen hatte, aber sie wusste der Ritter brauchte Hilfe.
Am ganzen Körper zitternd half sie Jakob, den schweren Klotz in die Behandlungsräume zu schleifen und kam gerade noch rechtzeitig, dass Ableben des verletzen jungen Mannes mitzukommen.
Und nun? Wohin mit dem Ritter?
Hilfesuchend – und verängstigt – sah Iola Jakob an.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Ritter war nicht erwacht. Seitdem sein Knappe ihn mit dem gezielten und wohl dosierten Schlag ins Land der Träume geschickt hatte, war er nicht erwacht, während an seinem Hinterkopf eine bemerkenswerte Beule wuchs.
Er lehne reglos an der Wand, an der Jakob und Iola ihn abgelegt hatten, das Kinn auf die Brust gesunken, die Arme hingen an seinen Seiten herab. Und niemand hatte bemerkt, dass er aus der Bewusstlosigkeit längst ins Land der Träume hinaufgetrieben war.

Der Schattenläufer erwachte schlagartig. Er lag auf der rechten Seite in seinem Bett, den Kopf auf dem ausgestreckten Arm abgelegt, trug nicht einmal die beinlangen Leinenhosen, sondern war nackt. Die Decke war ihm bis zur Hüfte heruntergerutscht, und doch war ihm warm. Herrlich warm.
Jemand lag hinter ihm, ein Bein besitzergreifend auf seiner Hüfte abgelegt, einen Arm auf seiner Taille. Der Ritter schloss die Augen. Er spürte die warme Haut hinter sich, den Atem des Mannes in seinem Nacken, sie Hüfte seines Geliebten an seinem Hintern.
„Vyacheslav…“, formten seine Lippen lautlos, während er seine Hand auf die des anderen legte, seine Finger mit dem des Mannes hinter ihm verschränkte. Tief zog er den herben Duft ein, schloss die Augen, wäre beinahe wieder eingeschlafen, doch da…
Ein seltsames Geräusch, ein Schmatzen, Knirschen und Krachen.
Und der Mann hinter ihm war fort. Jarel sprang sofort auf, warf sich herum.
Und da stand er. Nein, er hing. Leblos hing Slava in den Klauen des Dämons. Das Unwesen hatte seine Fänge in den Hals des Mannes geschlagen, den er liebte. Trauer, Wut und Entsetzen überfluteten ihn. Er wollte dem Dämon den Leib des Toten aus den Armen reißen, wollte…
Doch er konnte nicht. Er konnte sich nicht rühren. Unbändig kämpfte er gegen die Lähmung an. Er würde…würde…
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Der Dämon wurde in Ketten gelegt, doch zuvor war da noch etwas in seinem Blick gewesen - Jakob konnte den Finger nicht darauf legen, aber Feindseligkeit sah anders aus. Dann sprang Arvijd dem Dämon bei, beschwor die Erzpriesterin... Er brauchte die Magie des Wesens? Er hatte sich nach fast einem Jahr in dieser Welt noch immer nicht so recht an das Vorhandensein von Magie gewöhnt, doch diesmal ließ man ihn auch gar nicht weiter darüber nachdenken, denn plötzlich war Iola an seiner Seite.
Sein schweigender Engel.
Doch in ihren Augen stand Schreck, wenn auch keine Tränen. Sie wirkte verwirrt, dich zugleich auch entschlossen, ihm mit Jarel zu helfen.
"Keine Angst, er ist nur bewusstlos.", versuchte er zu beschwichtigen. "Hilfst du mir, ihm rein zu bringen?", fragte er unnötiger Weise. Und auch hier zeigte sich, das Jarels Mühen mit seinem Knappen Früchte trugen - der junge Mensch hatte sich körperlich durchaus weiter entwickelt. Zwar noch immer eher sehnig, konnte er Jarel doch recht gut bewältigen und da Iola sich redlich abmühte, die Füße des Ritters zu schleppen, kamen sie gut voran.
Nur das im Behandlungszimmer des Arztes ausnehmend viel Publikum vertreten war - der Arzt, der Dämon, die Erzpriesterin und die Tempelwächter standen eng gedrängt, sodass Jakob und Iola den Ritter neben der Tür absetzten und ihn gegen die Wand lehnten.
"Iola - sauberes Wasser und Alkohol und Leinen." Wie zerbrechlich sie wirkte mit diesen schreckweiten Augen. Vorsichtig legte er ihr die nicht von Jarels Blut verdreckte Hand in die Halsbeuge. "Das wird schon wieder. Schau, es sieht schlimmer aus, als es ist." Unklar, ob er damit sie oder gleich auch noch sich selbst beruhigen wollte. Immerhin hatte es die gewünschte Wirkung und Iola schlüpfte zwischen den Wachen hindurch in Arvijds Behandlungszimmer.
Jakob prüfte derweil die Stelle an Jarels Kopf, die er so unsanft behandelt hatte und fühlte eine ansehnliche Beule wachsen. Etwaige Schuldgefühle drängte er vorerst zurück - die Alternative war einfach zu unberechenbar gewesen. Leicht legte er die saubere Hand an Jarels Wange, tätschelte ihn und bekam ein unverständliches Murmeln zur Antwort. Dann war Iola zurück und er begann erst das Blut von Jarels Schulter zu waschen und die Wunde dann mit Alkohol zu desinfizieren. Ein hübscher Zahnkreis aus feinen Löchern hob sich von der dunklen Haut ab, die sich um die Stelle rot und bläulich verfärbte, doch es blutete kaum noch. Konnte gut oder schlecht sein, das würde der Doktor sagen müssen.
Jakob wiederholte die Prozedur von eben, tätschelte wieder die bärtige Wange und legte die Hand dann auf die unversehrte Schulter. "He, Meister Moore, genug geschlafen. Komm schon, aufwachen.", murmelte er halblaut dazu. So hart, dass Jarel gleich stundenlang weg trat, hatte er eigentlich nicht zuschlagen wollen.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Jarel erwachte. Aber da war kein Flattern der Augenlieder, kein Stöhnen, kein Zucken.
Urplötzlich war da Druck an Jakobs Hals, als hätte ihn eine stählerne Klammer gepackt und sich direkt über seinem Adamsapfel gespannt. Der gleiche Druck an seinem Handgelenk, an der Hand, mit dem er seinen Ritter gerade noch getätschelt hatte.
Und da waren pechschwarze Augen, die ihn anstarrten. Er hörte einen spitzen Schrei direkt an seinem Ohr. Iola. Voller Angst, voller Schrecken.
Im nächsten Moment jedoch war der Spuk schon vorbei. Und so nah wie Jakob Jarel in diesem Moment war konnte er es sehen. Es war fast, als würde man einen Pinsel mit Wasserfarbe auswaschen. Nur war hier das Wasser eiskalt und schwarz und die Farbe im Pinsel von warmen Braun.
„Jakob….“, keuchte Jarel. Er ließ seinen Knappen in eben diesem Moment los, als das Mädchen sich auf den Ritter stürzen wollte, um Jakob zu befreien.
Panisch versuchte der Schattenläufer seine Gedanken zu ordnen. Da war ein Dämon gewesen. Blut, Wut und….
„Nein….“ Er versuchte sich an der Wand hinter sich hochzustemmen, noch immer zu keinem klaren Gedanken fähig.
Vor ihm stand sein Knappe. Daneben sein Mündel. Beide unverletzt und am Leben.
„Jakob..“, keuchte er abermals. „Hab ich…bin ich…hat ER…?“ Nun war es Jarel, der ihn mit schreckgeweiteten Augen ansah. Die Beule an seinem Kopf hatte er genauso wenig wahrgenommen wie den Biss an der Schulter.
Seine letzte Erinnerung war, wie er die Kontrolle verlor. Was hatte er angerichtet?
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Die schwarzen Augen flammten auf und Jakob schallt sich einen Idioten! Wie hatte er blind davon ausgehen können, dass Jarels Bewusstsein zurück kam und nicht zuerst das seiner wilden Seite? Dem Knappen fehlte wohl schlicht die Übung, denn sein Ritter führte den Schwarzen normalerweise mit eiserner Hand und so kannte Jakob diesen in seiner unkontrollierten Form nur von Erzählungen. Geschichten, die dennoch dafür gemacht waren, eisige Schauer auszulösen.
Wie hatte er nur glauben können, der Worg lege sich schlafen, nur weil Jarel bewusstlos war? Nun hatte er die Quittung für seine Naivität und alles zuvor wäre sinnlos. Er starrte in die schwarzen, lichtlosen Augen seines Ritters - ein Bild, was ihm durchaus vertraut war, wenn dieser wütend oder anderweitig geladen war. Körperliche Übergriffe außerhalb eines Sparrings waren ihm allerdings eher fremd und wenn, dann war er meistens der, dem zuerst die verbalen Argumente ausgingen.
Und jetzt griff Jarel rücksichtslos und absichtsvoll nach ihm und er kam sich dabei selbst vor wie im Raum verklebt, gefangen in Zeitlupe. Ein Teil von Jakob verdrehte die Augen - Jarel war so verflucht schnell, wenn er so war - aber der weit größere Teil reagierte, wenn auch verzögert, mit Schreck und Spannung gegen die beiden Hände. Immerhin gelang es ihm mehr schlecht als recht, das Kinn anzuziehen und so zumindest zu versuchen sich gegen den stählernen Griff zu schützen. Doch er wusste im gleichen Moment, dass er wenig tun könnte, sollte Jarel wirklich zudrücken - zu gezielt war der Griff, zu absichtlich. Zu Beginn eines Angriffs steht immer die Absicht jemandem zu schaden... wieso ging ihm gerade das jetzt durch den Kopf?
Iola schrie, aber ihre Mühen hatten den Effekt von Nägeln auf Fels.
Und dann löste das Schwarz sich auf, wirbelte und verschwand im Braun mit den goldenen Tupfen. Der Griff fiel ab von ihm und Jarel tauchte aus dem Durcheinander auf, sprach seinen Namen, sichtlich verwirrt. Jakob erhob sich zusammen mit ihm, nun beide Hände um die Handgelenke des Älteren, nur zur Sicherheit sollte das Wechselspiel noch einmal in die andere Richtung umschlagen. Seine Herz raste, pumpte Adrenalin durch seine Adern, aber er bemühte sich ruhig zu bleiben.
"Ganz ruhig." Seine Stimme war rau und er schluckte hart. Der Griff hatte seinen Kehlkopf bereits etwas gereizt. "Nichts passiert. Ich hab dir eins über gebraten, bevor ER...", sein Blick flackerte zu der völlig entsetzten Iola. Jakob blinzelte, sah Jarel wieder an. "Ganz ruhig.", wiederholte er, obwohl er sich selbst alles andere als ruhig fühlte. "Der Dämon hat dich gebissen. Der Dok sollte das anschauen... denk ich. Kann ich loslassen?" Vorsichtig klang er, Skepsis im Blick, auch wenn es lächerlich war. Als könnte er den Worg mit seinen bloßen Händen halten.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Die Gedanken des Schattenläufers überschlugen sich. Hektisch flogen seine Augen von links nach rechts, während er zu Boden starrte.
Wenn er sich verwandelt hatte…tatsächlich als Worg gewütet und getötet hatte… wenn der Schwarze es geschafft hatte ihn zu verdrängen…
…dann blieb ihm nur eine Wahl, damit dies nie wieder geschah. Das hätte niemals passieren dürfen.
Wie durch Watte drangen Jakobs Worte in sein Bewusstsein.
„…ich hab dir eins übergebraten, bevor ER…“ Eine unglaubliche Last fiel vom Ritter ab.
Er hob den Blick immer noch nicht, begann nur am ganzen Körper zu zittern.
„Du kannst loslassen.“ Flüsterte der Ältere tonlos, hob langsam den Blick, sah in die Augen seines Knappen. In seinen braunen Augen lag Trauer, Scham, Dankbarkeit. Erleichterung. Dankbarkeit!
„Danke.“, raunte er, während Jakob losließ. Erst jetzt wurde sein Blick klarer und er entdeckte Iola, die mit vor den Mund geschlagenen Händen einen Schritt zurückgetreten war. „Violetta…es…“

Weiter kam er nicht. Ihr Name riss sie aus ihrer Schockstarre. Das Mädchen wirbelte herum und lief weg.
Jarel hatte sie damals gerettet. Sie hatte nie gefragt, wie er es geschafft hatte die Banditen allein zu besiegen. Nun ahnte sie es. Nein, sie wusste es. Und wollte es doch nicht wahrhaben. Ihr Bild von ihrem Mentor war mit einem Schlag zerstört. Er war nicht der immer ruhige, immer freundliche, besonnene und der Göttin ergebene Ritter. Er war eine Bestie! Ein Wolf im Schafspelz.
Wie der Wind war sie verschwunden.

Jarel verzog nur das Gesicht, schlug den Blick abermals nieder.
Was blieb ihm nun? Schadensbegrenzung. Nachdenken, wie es weiter gehen konnte, welche Konsequenzen es hatte würde er später eruieren.
Der Rittermit dem breiten Kreuz stand an die Wand gelehnt da, mit der Körperhaltung eines Schuljungen, der bei einer Rauferei einem Freund in der Hitze des Gefechtes Lazarettreif geprügelt hatte. Oder schlimmeres. Das manifestierte Schuldbewusstsein.
Eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis er seine Stimme wieder erhob, sich räusperte. „Hab ich dich verletzt?“, fragte er mit zitternder Stimme und hob gleichzeitig die Hand, um den hübschen Halbmond aus Zahnabdrücken an der eignen Schulter mit den Fingern nachzufahren. Den Hals seines Knappen untersuchen zu wollen verkniff er sich tunlichst. Den Jungen jetzt anzufassen fühlte sich völlig falsch an.
Bevor Jakob antworten konnte riß der Ritter den Blick hoch und starrte den Knappen an wie ein verschrecktes Reh. Er gab sich keine Mühe, seine Emotionen zu verbergen.
Er gab sich keine Mühe, hart zu wirken oder beherrscht. Jakob war ihm dafür ohnehin zu nahe. Ihn hätte er nicht hinters Licht führen können, selbst wenn er es wollte.
„Er hat mich gebissen. Jakob, Wie viel Blut ist geflossen? Hat er es GESCHLUCKT?“
Mit einem Mal war der Ritter wieder da. Stand aufrecht, die Fäuste geballt und angespannt wie die Sehne einer Armbrust.
„Wo ist er…ich muss zu ihm.“
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Er konnte nur den Kopf schütteln. Nein, verletzt war er nicht, nur erschüttert. Damit, dass Jarel einen Wolf in sich trug, hatte er schon lange Frieden geschlossen. Das dieser Wolf im Stande war, Jarel so weit in den Hintergrund zu drängen, dass dieser nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden und im Rausch ein wahres Monster werden konnte, hatte der Ritter nie verschwiegen. Es zu sehen, am eigenen Leib zu erfahren, dass selbst er - Jakob, sein Knappe und Schützling - im Ernstfall nicht auf Gnade hoffen durfte, müsste den Scherbenhaufen, zu dem ihre Beziehung gestern geworden war, eigentlich nur weiter auseinander fegen. Wie sollte er Jarel vertrauen, wenn der sich so offensichtlich selbst nicht traute?
Die Antwort war verblüffend einfach. Zumindest für ihn. Iola hingegen suchte ihr Heil in der Flucht und er konnte es ihr nachfühlen, doch das zu richten, mussten sie hinten anstellen, da Jarel den Fokus auf etwas zog, was Jakob auch kurz durch den Kopf gegangen, aber dank gewisser Umstände wieder entfallen war. Nun kam es ihm siedend heiß zu Bewusstsein und entsprechend schnell verstand er.
"Er ist ein verdammter Dämon, schlimmer kann es kaum werden.", erwiderte er zwar, doch entgegen seiner Worte griff er wieder nach einem von Jarels Handgelenken und versuchte ihn mit sich zu ziehen. "Die Tempelwächter haben ihn mitgenommen, ist noch nicht lange her." Etwas drängte ihn, hinzuschauen. Da war etwas gewesen, dass sich einfach nicht ignorieren ließ. Etwas in den Augen dieses Wesens, kurz nachdem es Jarel los gelassen hatte. Ein Ausdruck, der ihm gerade noch einmal begegnet war, in Jarels Augen.
Was... wenn... ?

Arvijd hatte den Dämon seinen Sohn genannt.
Jarel hatte ihn seinen Jungen genannt.

Unwirsch wegen der schwer zu fassenden Gedanken schüttelte er den Kopf. Er hasste das. Er nahm sich lieber Zeit zum Denken, wenn er schonmal hinterfragen wollte, aber Zeit hatten sie keine.
"Du musst verhindern, dass sie ihn in die Komturei bringen. Wenn unsere ihn erst haben...", platzte es aus ihm heraus. Wer wenn nicht Jarel hätte die Macht dazu? Nur wieso setzte dessen Knappe sich neuerdings für aus Portalen fallende, blutsaugende Höllenwesen ein?
"Der Dok hat ihn seinen Sohn genannt - wir können nicht einfach zuschauen... außerdem hab ich ihn zuerst bedroht und du...", er brach ab, sah Jarel kurz an, begann neu. "Er hat sich ergeben, kaum das ich dich von ihm los hatte." Klang so ausgesprochen irgendwie nicht nach blutrünstiger Bestie.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Ritter suchte den Blick seines Knappen. Er grollte ihm nicht. Trotz all dieser Umstände grollte er ihm nicht. Oder zeigte er es nur nicht? Das Vertrauen des Jungen zu verlieren…
…nein. Darüber wollte er nicht nachdenken.
Fieberhaft versuchte er seine Gedanken zu ordnen, Erinnerungen abzurufen.
Das war immer eines der schlimmsten Dinge, wenn er zu sich kam. Die völlige Unwissenheit über das Geschehene. Die völlige Ahnungslosigkeit, wessen Blut an seinen Händen klebte.
Als er sich in Velen verwandelt hatte, war es Absicht gewesen. Gesteuert. Kontrolliert. Und doch fehlten ihm bis heute die Erinnerungen daran. In Velen war es nur deswegen gut gegangen, weil er das Ringen mit dem Schwarzen gewonnen und ihn zurückgehalten hatte. Zu seinen Konditionen.
Das gerade…

Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Langsam drang auch die Übelkeit, die Kopfschmerzen und das Brennen an der Schulter in sein Bewusstsein.
Was war zu tun? Schadensbegrenzung!
Der Ritter überlegte fieberhaft, als ihn Jakobs Worte erreichten. Er erstarrte, suchte wieder Jakobs Blick. Der Junge griff nach seinem Handgelenk, wollte ihn mit sich ziehen. Zur Salzsäule erstarrt ordnete der Ritter die gehörten Worte zu.
Jarel schluckte. „Ich habe ihn angefallen, richtig? Und er…“ nochmal fuhr der Ritter sich über die Stelle mit dem Biss. „…er hat sich nur gewehrt?“
Prüfend legte er den Kopf schräg. „Mahnst du mich gerade, einen Dämon zu retten um seine Unschuld zu prüfen?“ Er klang nicht kritisch. Er klang nicht erbost. Er klang…hochgradig erstaunt.
Der junge Mann, der aus der anderen Welt gefallen war hätte nicht das nicht hinterfragt.
Sein Knappe schon.
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