Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Arvijd Kostjunari
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Lebenslauf: Dr. Kostjunari

Arvijd atmete tief durch. Er würde jetzt keine Erklärung erhalten, soviel war klar. Er hatte ausgepackt, bis auf das kleine Detail seines Fluches, aber das war in dem Fall auch der unwichtige Teil.
Der Ritter wies seinen Knappen an bei dem zweiten Reisenden zu bleiben. Er wusste eindeutig mehr, hatte eine Ahnung woher sie kamen und irgendwie ahnte Arvijd auch dass das nicht unerheblich sein würde.
"Es ist bereits jemand gestorben, weil du Kolja davon abgehalten hast, den jungen Mann zu stabilisieren. Er hatte die Blutung des Mannes versucht unter Kontrolle zu halten, wie Emyja es ihm einmal gezeigt hatte. Er hätte ihn retten können, hätte er nicht wertvolle mit eurer kindischen Angst verloren. Deshalb... ich gehe jetzt mit dir, weil ich Kolja helfen will, gerne können wir das für und wieder von Blutmagie später noch diskutieren, und du wirst mir erklären was du über Emyja und was du über diese Männer weißt."
Diese Tatsache wollte Arvijd ausgesprochen haben, hinterher tat ihm die Härte zwar leid, aber es war Fakt. aber noch etwas anderes klang mit, Arvijd sprach es nicht aus, nur die Härte und Bestimmtheit seiner Stimme deutete darauf hin. Er war zu höflich und zu gut erzogen, ein Mann von Stand, wenn auch nur Geldadel, aber er achtete die Etikette zu sehr um es in noch höherer Deutlichkeit zu sagen:
Die Freundschaft der Beiden hatte definitiv einen Knick bekommen. Ob dieser sich wieder richten ließ konnte selbst der Chirurg in ihm nicht sagen.
Zu der Bitte nickte er nur.
Es würde ihm im Moment nicht so schwer fallen.
Was man dem alten Mann oft nicht zutraute war, dass er sich auch seiner Haut erwehren konnte. Er hatte einen Krieg überstanden der weit grausamer war als das womit Nilfgard den Norden überzog. Der magische Kampf zwischen Hexen Dämonen und Schattenwandlern hatte alles in den Schatten gestellt was man sich vorstellen konnte.
"Gehen wir." war seine einzige Antwort, sein Blick war finster.
Nach Rührseligkeit war ihm nciht mehr. Er wollte Kolja rausholen, egal was es ihn dieses mal kosten würde.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

„Ich weiß.“, erwiderte Jarel ohne sichtbare Regung auf Arvijds Vorwürfe. „Wie alt war der Junge. Kanntest du ihn?“, wollte er allein wissen, als sie auf das Wachgebäude zu steuerten. Eines der wenigen zweistöckigen Häuser mit dicht gesetzten gehauenen Steinen, großen schwer beschlagenen Türen und sogar mit einer Art Wachtürmen links und rechts des Eingangs. Noch sah er keine Flammen, hörte kein Geschrei. Es roch nicht nach Feuer, nicht nach Blut. Vielleicht gab es Hoffnung.
Der Arzt schüttelte den Kopf. Er kannte den Mann nicht. "Ich schätze ihn auf Anfang 30, vielleicht auch etwas jünger, vielleicht etwas älter. " Hätte er Zeit gehabt, ihn zu untersuchen hätte er es genauer sagen können anhand der Verknöcherung des Schlüsselbeines oder auch tastbarer Schädelnähte.
Jarel nickte. „Wir sind da. Sag nichts, bis wir allein mit ihm sind.“
Der Ritter nahm Haltung an und präsentierte die Rose seines Wappenrockes wie ein Leuchtturm das Feuer.
„Ritter Moore zum Verhör des Gefangenen.“, ranzte er die Wache an und hob hochmütig das Kinn.

<hierher>
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Flink hatte er Wams, Kette, Wappenrock und Schwertgehänge - für sie beide - herbei geschleppt, half Jarel mit der sperrigen Kleidung - zumindest bis dieser ihm mitteilte, nein befahl, er solle hier bleiben. Jakobs Rebellion war kurz, denn Jarel ließ ihn nicht aufbegehren. Diesen Blick kannte er und wusste, dass er auf Granit beißen würde - die finsteren Blicke, die Jakob zurück spiegelte, kannte Jarel dafür auch. Das Letzte Wort war gesprochen, aber der Knappe war und blieb anderer Meinung und es würde irgendein Nachspiel haben, so kindisch diese Denke auch sein mochte. Da konnte er noch immer oft genug nicht aus seiner Haut.
Zwar hatte er auch seine Ordenskleidung und das Templerschwert ran geschleppt, aber nun machte er keine Anstalten, sich ebenfalls zu rüsten. Er war abgestellt, würde zurück gelassen werden und ja, er zürnte Jarel dafür und nur weil er sich selbst der Dringlichkeit mehr als bewusst war, kämpfte er nicht weiter gegen den Ritter, sondern presste die Zähne aufeinander und ließ die Männer ziehen. Jakob blieb zurück, allein mit dem Toten, dessen Blut zum Teil wohl auch an seinen Händen klebte und dessen Miene trotz allem sehr friedlich wirkte. Aus einem Impuls heraus schlug er ein Kreuz und sprach eine Fürbitte - wenn diese Leute aus Slavas Zone kamen, dann war die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um Christen handelte.
Dann wandte er sich den Sachen zu, die Arvijd achtlos in die Tür zu einem kleinen Nebenraum geworfen hatte: Rucksäcke, Sturmgewehre, Jacken, ein PDA... Er zögerte nur einen Moment, dann schob er alles mit Händen und Füßen weiter in den Raum, der dem Arzt wohl als Schlafzimmer diente und schloss die Tür hinter sich, nur für den Fall, dass die Schwestern zurück kamen.
Der Raum war nur spärlich durch ein Talglicht erhellt, aber es würde reichen. Jakob nahm jedes Gewehr in die Hand, drehte und wendete es, blickte daran entlang und durch das Zielfernrohr, prüfte die Magazine. Hätte ihn jemand beobachtet, wäre diesem wohl der Eindruck entstanden, der junge Mann hätte täglich aus dem Himmel gefallene Schusswaffen in der Hand. Seine Handgriffe wirkten sicher und das Gesamtbild dadurch irgendwie befremdlich. Jakob wählte eine aus und legte sie beiseite. Ersatzmagazine gab es in den Rucksäcken, außerdem Proviant und Ausrüstung für einen längeren Marsch. Er machte kurzerhand aus dreien zwei. In den leeren Rucksack steckte er die verbliebenen beiden Waffen. Dann schulterte er das Gepäck, packte die beiseite gelegte AK, lauschte kurz und ging dann wieder in den Behandlungsraum zurück.
Für ihn war die Sachlage klar: In Wyzima sollten sie nach dieser Sache nicht länger bleiben - wer weiß konnten sie nach Nowigrad zurück - und der Fremde würde vorerst mit ihnen kommen müssen. Sicher, die Erzpriesterin hatte viele Worte daran verschwendet, wie gütig ihre Göttin war, nur leider ergriffen die Götter seltenst Partei und Jarel und er dienten einem anderen Herrn. Das letzte Wort hatten in ihrem Orden andere, aber je weniger Gerede unterwegs war, desto besser. Sie sollten vorerst aus den Augen, aus dem Sinn... Vielleicht sogar mit dem Dämon, wenn Jarel und Arvijd Erfolg hatten.
Ein Blick noch auf den Toten, dann eilte der Knappe zu seinem Zimmer, wo er alles auf das Bett warf. Noch einmal zurück und noch seine Ordenskleidung und das Schwert holen, dann erst machte er sich auf den Weg, den anderen Fremdweltler aufzusuchen.
Er fand ihn nicht weit von seinem eigenen Zimmer, lang ausgestreckt, die Rechte dick verbunden und scheinbar schlafend. Er war nicht mehr der Jüngste, trug ein Sammelsurium aus ziviler und militärisch wirkender Kleidung und das Haar hing in dunklen, fettigen Strähnen halblang in sein gebräuntes Gesicht, das übersät war von Falten. Leise drehte der Knappe sich denen einen Stuhl herum, den alle Zimmer hier hatten und setzte sich rittlings darauf. Ihm war unwohl. Nicht, weil er hier bei diesem Fremden saß, sondern weil er nicht dort bei Jarel und dem Dämon war. Er hatte ein mehr als nur ungutes Gefühl bei der Sache und wäre ihm lieber nachgelaufen. Doch sein Ritter war clever - er hatte den Fremden zu Jakobs Aufgabe, quasi seinem Schützling gemacht, und diesen durfte er damit nicht einfach zurück lassen. Eine Lektion, die er vor sehr langer Zeit schon hatte lernen müssen. Mögen musste er diese Tour deshalb aber noch lange nicht.
Jakob legte das Kinn auf die auf der Lehne verschränkten Arme und beobachtete den älteren Mann vor sich. Wie alt mochte er sein? Mitte Siebzig? Aus Sicht der Jugend war so ein Gesicht das eines uralten Menschen. Wobei "uralt" schon mit 40 los ging... Und wer wusste schon, was ein Ort wie Tschernobyl aus den Menschen machte, sinnierte Jakob vor sich hin.
Da ging plötzlich ein Zittern durch den Mann und er schlug die Augen auf - dunkelblau waren sie und der Ausdruck darin ließ Jakob den Kopf heben.
"Jakob!?", entfuhr es dem Mann und der Knappe erstarrte wie ein Kaninchen vor der Schlange. "Jakob - du? Wie... warum bist du... wie..." In nahezu akzentfreiem Englisch. Der Rest ging in einem Stöhnen unter, als der Mann sich zurück warf, die Hände gegen den Kopf presste und dann wieder zusammen fuhr, weil die bandagierte Hand scheinbar schmerzte. Jakob war wie paralysiert, reglos und nicht in der Lage, etwas zu tun oder zu sagen. Dieser Ausdruck in den Augen mit der ungewöhnlichen Blaufärbung, diese Intonation... und woher kannte er seinen Namen? Der Mann stöhnte etwas in einer ihm fremden Sprache, die allerdings sehr nach Russisch klang und wälzte sich auf dem Bett herum, dann öffnete er erneut die Augen und starrte zur Decke.
Braune Augen.
"Wer sind Sie? Und woher kennen Sie meinen Namen?", fragte er tonlos. Hatte Slava es am Ende schon geschafft, Kontakt durch ein Portal zu bekommen? Oder sah er einfach nur jemandem ähnlich?
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Viktor
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Lebenslauf:

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von/nach: aus der Zone--> Portalsprung auf den Kontinent, Wyzima, Meliteletempel
Datum: Hochsommer; Juli 1278
betrifft: Jakob
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Die Welt war einmal mehr gerissen, die Zone hatte ihm einmal mehr gezeigt, was für ein unbedeutendes Licht er im Vergleich zu ihrer göttlichen Willkür war.
Fährtenleser.
Jäger.
Spurensucher.
Drauf geschissen. All das war nichts wert, wenn die Zone beschloss, einen von ihrer Landkarte zu radieren. Man musste nicht einmal einen Fehltritt tun – der Abgrund kam, tauchte einfach auf und verschlang einen, presste einen zu einem handlichen Paket und drillte einen zu einem dekorativen Objekt in der sonst so kargen Landschaft.
Und wozu?
Wozu, Slava? Wieso bin ich eigentlich hier? Wieso jage ich dir Hundesohn immer noch nach? Weil alles den Bach runter geht? Was interessiert es mich…
Lass mich einfach sterben, ich bin nur ein alter Mann.

Bleiche Kinderhände mischten waldgrüne Farbe in ein dunkles Violett, zogen Schlieren mit einem spitzen Finger, zogen einen grün und violett schillernden Faden, der sich wie ein Tuch aufspannte, tanzte und in der Bewegung erstarrte, als kristallenes Glas sich darum zu einer Kugel schloss.*

Diesmal sah er die Murmeln in der Hand des Kindes – nicht nur jene aus grün und violett, auch eine in blau und rot, die tief leuchtete, wie von einem eigenen, überirdischen Licht erfüllt.
Sah sie schweben.
Sah eine Dritte hinzukommen.
Dann verschob sich alles, durchdrang seine Wahrnehmung, löste ihn auf.

Erain legt auf ihn an – er hält eine AK in Händen, die Kugeln zerfetzen seine Beine. Entsetzt blickt er an sich herab, sah wieder auf und es ist Slava, der dort steht, den Lauf senkt und sich in aller Ruhe eine Kippe ansteckt. Er fragt ihn, was das nun wieder soll, doch er erhält keine Antwort. Nur eine wegwerfende Geste – dorthin dorthin. Er rennt – rennt auf was? Seine Beine sind jung und stark, seine Hand umkrallt einen Blumenstrauß, die Blüten lassen schon die Köpfe hängen. Die Krankenschwester schimpft auf Russisch, aber er versteht doch kein Russisch – do you speak english?… here, here, come. Ein Zimmer, hell und freundlich. Ana drückt ihm ein Kind in die Hand. Er heißt Iolas. Sein Sohn, sein Erstgeborener. Er fühlt unendliches Glück, dann stürzt die Welt vor den Fenstern in Dunkelheit und das Kind verschwindet aus seinen Armen. Eleonora schreit irgendwo seinen Namen, Schüsse aus automatischen Waffen zerreißen die Stille. Die Luft riecht nach Staub, Metall und Tod. Plötzlich ein gleißendes Leuchten jenseits eines langen Korridors. Er hört eine Stimme – sie stammt aus einem Radio und der Sprecher berichtet von einem kleineren Zwischenfall im Atomkraftwerk. Ana taucht aus der Dunkelheit auf, sie trägt ein umwerfendes Brautkleid, im Arm hält sie den schreienden Säugling. Mit traurigen Augen sieht sie ihn an, dann zerfasert ihre Gestalt, löst sich in dem Gleißen auf. Jemand packt ihn, zerrt ihn mit sich, hart prallt er gegen eine Autokarosserie. Unten bleiben. Aber meine Frau – mein Sohn… Er verliert das Kommando über den Einsatz, aus seiner Rage befreit ihn Alain mit einem gezielten Schlag. Dunkelheit. Daria stirbt in seinen Armen, die Kehle von vier Klauen aufgerissen. Ihr Leichnam wird zu Iolas, wird zu ihm selbst – nein, zu einem Mann mit dunklem Teint, schwarzem Haar und mitternachtsblauen Augen, die allmählich den Blick verlieren, während das Leben durch einen Bauchschuss aus ihm heraus sickert.
Die Sonne. Die Sonne brennt so.

Er stirbt und wird wieder geboren.
Eine Murmel zersprang klirrend.


Als er die Augen aufschlug, war es dunkel um ihn herum oder besser dämmrig. Das Licht einer Kerze – nicht unüblich im eher einfachen Kloster – erhellte einen schmalen Raum und das Profil eines jungen Mannes an seinem Bett. Er musste sich einen Moment besinnen, denn ihm war, als wäre er eben noch tödlich verwundet in der Wüste gewesen. Und dann fiel ihm ein, dass Jakob – unzweifelhaft der junge Mann an seinem Bett – seit Monaten verschwunden war.
Schnitt.
Viktor riss die Hände hoch und presste sie auf die Augen. Oder besser, er versuchte es, denn ein steckte in einer dicken Bandage. Etwas bewegte sich in seinem Kopf, etwas, dass sich nicht seiner Kontrolle unterwerfen wollte. Er rang damit, warf sich herum, stöhnte gequält. Das seltsame Gefühl fremder Gedanken war mit einem Mal zu einer düsteren Gewissheit geworden: etwas hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Etwas oder besser jemand. Und er drängte in den Vordergrund, überspülte Viktor mit fremden Gedanken, Emotionen und Wissen. So viel Wissen, so viel Verstand. Er war ein einfacher Mann, kein… Großmeister der armen Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel.
Er wurde verrückt. Was auch immer es war, es hatte so etwas wie eine Stimme…
Doch dann sprach der junge Mensch mit ihm und Viktor wurde bewusst, dass er einen Teil der Gedanken wohl ausgesprochen hatte, ohne Kontrolle über sein Bewusstsein zu haben. Oder besser während er die Kontrolle an den Anderen abgegeben oder dieser sie sich einfach genommen hatte.
Mit ein paar gemurmelten Flüchen wälzte er sich auf die Seite und stemmte sich hoch, wobei er es tunlichst vermied, die bandagierte Hand zu belasten. Etwas sagte ihm, dass er nicht so richtig scharf darauf war, zu erfahren, was unter dem Verband los war.
Er schwang die Beine aus dem Bett und musterte den fremden Mann.
“Man nennt mich Viktor. Aber dich hab ich noch nie gesehen.“ Dann erst stockte er, blinzelte ein paar mal nervös.
“Wir sprechen Englisch?“
Der junge Mann nickte seltsam mechanisch. Viktor nickte ebenfalls. Englisch. Da war es wieder. Wissen, das er nie hatte und auch nie brauchte. Plötzlich war es da, als hätte ihm jemand einen zusätzlichen Speicherchip verpasst.
“Wir sind nicht in der Zone?“
Kopfschütteln, genau so mechanisch wie das Nicken zuvor.
Viktor hob eine Braue. “Grad hattest du noch ’ne Zunge, Jungchen.“
Die schien dieser in diesem Moment wieder zu finden und der Blick, mit dem er ihn bedachte, war seltsam vertraut. “Woher kennen Sie meinen Namen?“, wiederholte er.
Viktor beschloss, ihn erstmal abzuwimmeln. “Siehst jemandem ähnlich. Hab dich verwechselt – der Kopf.“ Tatsächlich hatte er irgendwas auf den Kopf bekommen und bestätigend rieb er sich die Stelle mit der nicht bandagierten Linken. “Gibt’s hier was zu trinken? Tee oder Wasser?“
Der Fremde, den er Jakob genannt und damit scheinbar ins Schwarze getroffen hatte, wirkte nicht überzeugt, nickte aber einmal mehr und erhob sich. Wortlos verschwand er und Viktor sah ihm etwas verblüfft nach. Sein Volk war auch nicht gerade dafür bekannt, Fremden gleich mit goldener Zunge den Himmel auf Erden zu faseln, aber der Kerl war ja wirklich gesprächig wie ein Goldfisch. Er hieß ihn nichtmal warten – stand er also nicht unter Beobachtung? Arrest? Bei ihnen wäre das so gewesen… Sofort musste er an Kolja denken und dann an Amir – wieso fielen ihm die erst jetzt ein? Waren sie auch hier?
Mühsam hielt er sich davon ab, nicht einfach das Zimmer zu verlassen und auf eigene Faust herauszufinden, wo er war und wo die anderen gelandet sein mochten. Ungeduldig saß er auf dem Bett und wartete auf Jakobs Rückkehr.


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*siehe Viktors Ankunft
Zuletzt geändert von Viktor am Freitag 7. Oktober 2022, 22:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Jakob von Nagall
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Jakob ließ den fremden Mann zurück, der ihn so dermaßen irritiert hatte, dass er keinen graden Satz zusammen gebracht hatte. Zumal er inzwischen so lange in der Gemeinsprache und der Älteren Rede kommunizierte, dass ihm Englisch im ersten Moment nicht so recht hatte einfallen wollen. Aber es war nicht allein die Sprache gewesen, die ihn aus der Bahn geworfen hatte. Vielleicht hatte es auch am Licht gelegen, aber ihm war es so vorgekommen, als wäre da ein Wechselspiel der Augenfarbe gewesen und auch der Ausdruck darin hatte sich verändert. Eine andere Seele hatte ihn angeblickt, obwohl ihm das nüchtern betrachtet als völliger Unfug vorkam.
Nachdenklich ging er auf direktem Weg zu den Wirtschaftsräumen und der dort angeschlossenen Küche. Zum Einen wollte er Viktor seinen Wunsch erfüllen, zum anderen noch Proviant und Wasserschläuche packen. Er war sich inzwischen völlig im Klaren darüber, dass sie vorerst nicht hier bleiben konnten und das nicht einmal klar war, ob Jarel noch einmal hier her kam. Hin wie her, Jakob wollte seinem Ritter nach, egal wo der sich gerade herum trieb und jetzt da der Fremde erwacht war, würde er ihn einfach mitnehmen. Der Dämon – so hoffte er – war ja auch schon bei Jarel und die beiden gehörten irgendwie zusammen.
Im Geiste schon mit Brea in Diskussion gehend, platzte er in die Küche, wo zwei Schwestern schweigend beieinander saßen und Essen für den nächsten Tag vorbereiteten. Eine der beiden war Iola und wie so oft seit ihrer kleinen Liaison traf ihr Anblick ihn unerwartet heftig mitten unter das Sonnengeflecht. Zugleich wurde ihm bewusst, dass all seine Vorbereitungen zwei Dinge bedeuteten: Abschied von ihr und kein persönlicher Abschied von Jarel für sie. Nach dem Zwischenfall am heutigen Abend denkbar ungünstig.
Brea sah ebenfalls fragend auf.
“Der Patient – also der Fremde, Viktor, so heißt er – ich wollte ihm was zu trinken holen. Und außerdem...“ Bei der Flamme, er musste aufhören zu stammeln wie ein Schuljunge vor der Klasse. Einmal durchatmen. Aber die Kombination aus herrischer Küchenmatrone und eben Iola brachte ihn aus dem Gleichgewicht. “Außerdem werden wir im Morgengrauen aufbrechen und ich muss noch ein wenig Proviant packen. Nur eine Notration. Wir versorgen uns auf dem Weg.“, sortierte er seine Gedanken und damit die Zunge.
Und mit Iola musste er reden. Unbedingt. Unter vier Augen.
“Würdest du mir helfen, Iola? Packen, die Pferde beladen...“ Er versuchte Breas Blicke zu ignorieren und konzentrierte sich auf die jüngere der beiden Schwestern.
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ERZÄHLER
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Iola war natürlich sofort dabei, holte sich mit einem kurzen Blick das Einverständnis von Brea und eilte mit weit ausholenden Schritten in die Küche.
Gleich begann sie, alles Mögliche an haltbaren und gut zu transportierenden Lebensmitteln auf den großen Tisch in der Mitte des Raumes zu stellen.
Sie hatte es gesehen. Wie das Wesen sich gegen Jakob gewandt hatte. Wie Jarel vollkommen ausgerastet war und sich auf den Neuankömmling geworfen hatte wie ein Raubtier. Wie ein…was war das gewesen? Die Präsenz der beiden Kontrahenten hatte die Luft beinahe zu zäh zum Atmen gemacht. Und es war nicht das Wesen mit den Stacheln und Hörnern, dass sie schlimmer erschreckt hatte. So schlimm wie es draußen auch gewesen war, die Kälte in den Augen des Ritters, als er beim Erwachen Jakob angegriffen hatte…
Sie liebte beide. Jeden auf seine ganz eigene Art. Aber was da geschehen war, erschloss sich ihr einfach nicht. Sie hatte Varelia gefragt, doch die Antworten der Erzpriesterin hatten es ihr auch nicht erklärt.
Nicht Richter, nicht Henker sein. Auf ihr Herz hören.
Was sagte ihr Herz? Ihr Herz hatte Angst. Ihr Herz verstand nicht.
Wie sollte sie so darauf hören?
Mitten in ihrer Arbeit hörte sie auf Dinge zusammenzutragen und sah Jakob eine Weile an.
Sie musste es wissen. Unsicher ging sie zu einem der Schränke, an der eine kleine gerahmte Schiefertafel hing, nahm die ab, legte sie mit zitternden Händen auf den Tisch zu den Lebensmitteln, wischte mit dem Handballen die Einkaufsliste darauf weg und schrieb dann mit leicht schnörkeliger, aber gut lesbarer Schrift:
„Was ist da draußen passiert?“
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Jakob von Nagall
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Iola zögerte keine Sekunde und Jakob war dankbar. Brea erbot sich mit einem seltsamen Seitenblick, dem Fremden einen Tee zu bringen und ließ sie beide in der Küche allein, in der Iola geschäftig sogleich allerlei Proviant zusammen trug. Jakob beschäftigte seine Hände damit, Wasserschläuche zu füllen und die Lebensmittel in Wachstücher einzuschlagen, bevor er sie zu Paketen schnürte, die man gut in den Packtaschen verstauen konnte. Sicher bemerkte er, dass Iola ihn musterte, aber er gab sich beschäftigt, bis er ihr nicht mehr ausweichen konnte, weil sie ein Täfelchen in sein Sichtfeld schob.
Was ist da draußen passiert?
Seine Augen huschten nur einen Sekundenbruchteil lang über den Satz und kehrten dann auf seine Finger zurück, die gerade ein Stück harten Käse in das Wachstuch einschlugen. Seine Gedanken allerdings rasten. Wie sollte er antworten? Gleichzeitig Jarels Geheimnis wahren und Iola nicht anlügen? Wenn sie es nicht wusste, hatte der Ritter seine Gründe dafür. Andererseits gehörte Aufrichtigkeit zu Jakobs Glaubensauffassung.
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden.
Die Hände auf dem Käsepaket, hob er endlich den Blick und sah Iola an. Seltsamerweise war mit der Zeit der Wunsch sie zu berühren und zu küssen, dem Wunsch sie vor allem Übel zu beschützen gewichen. Er wusste, dass sie stark war, aber zugleich wirkte sie so schrecklich verletzlich, dass er die dunklen Seiten der Wahrheit von ihr fern halten wollte.
"So genau kann ich dir das nicht mal sagen.", erwiderte er mit einem leichten Heben einer Schulter. Was im Grunde stimmte, denn vor dem Auftauchen Nikolavos war Jarel noch wie ein kalter Fisch gewesen. Etwas war passiert, nur was, war dem Knappen selbst noch nicht ganz klar.
...mein Junge...
"Er hat die Kontrolle verloren." Er atmete durch, blickte kurz auf den Käse unter seiner Hand und dann zu dem halb fertigen Bündel. Entschlossen fügte er das Päckchen hinzu. "Er trägt seine Schatten mit sich herum, wie wir alle." Irgendwie hoffte er, das Thema damit beenden zu können. Wieder blickte er Iola an, dann griff er nach ihrer Hand. Brea würde bald zurück kehren und er wollte verdammt nochmal nicht über Jarel sprechen.
"Wir werden Wyzima verlassen und ich weiß nicht, wann oder ob wir noch einmal wieder kommen, Iola. Ich werde dich nicht vergessen. Vergiss mich auch nicht gleich, ja?" In ihrer Hand spürte die junge Priesterin plötzlich ein kleines, kantiges Objekt, welches die warme Hand des Knappen dort zurück ließ, als er sich seinem Tun wieder zuwandte - just in dem Moment, als Brea wieder zurück kehrte. Er hatte ihr den abgeschlagenen Zeil seines Siegels überlassen - jenen mit dem Kreuz, dem Teil, der ihn selbst darstellte und nicht das was er zu werden im Begriff war.
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ERZÄHLER
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‚…die Kontrolle verloren…‘
Violettas Gedanken überschlugen sich. Es war ein komplettes Leben her, als der Ritter sie aus dem brennenden Gebäude gezogen, ihr die Augen verbunden und raus getragen hatte.
Damals hatte sie nicht begriffen, warum er hatte verhindern wollen, dass sie irgendetwas sah. Und sie war ohnehin viel zu verängstigt gewesen, sich irgendwie zu wehren.
Aber den Geruch, als er sie durch die knisternden Flammen und einstürzenden Gebäudeteilen trug, würde sie nie vergessen. Blut und verbranntes Fleisch. Schweinebraten.
Damals waren Gerüchte umgegangen, dass eine ganze Abteilung Kämpfer die Banditen vernichtend geschlagen hatte. Sie wusste es besser. Der Ritter war allein gewesen.
Wie er das damals geschafft hatte, hatte sich ihr nie erschlossen. Heute dachte sie anders darüber. Ohne Magie…wie hätte es da möglich sein sollen?
Sie hatte nie gefragt. Hatte nie an ihrem Ritter gezweifelt.
War die verlorene Kontrolle genau das, was damals geschehen war?
Sie würde es nie erfahren. Der Ritter war fort. Jakob würde gehen.
Und sie würde beide nie wiedersehen.
Die schweigende Schwester senkte wortlos den Blick, tastete mit den Fingern über das Ding in ihrer Hand. Sie erkannte es gleich wieder. Das Medaillon, was sie mit Jarel zusammen zurückgeholt hatte.
Und wieder fiel ihr etwas ein. Der Mann, der Jakob dass Schmuckstück abgeluchst hatte…angeblich würde er sich den Rest seines Lebens nur noch von Suppe ernähren können. Der Teufel selber hatte ihn in der Nacht aufgesucht, so hieß es.
Violette erschauerte. So viele Geheimnisse. So viele Lügen. Und jetzt würde sie beide nicht wiedersehen.
Mit einer fahrigen Bewegung lies Violetta das Abschiedsgeschenk in der Tasche ihres Kittels verschwinden.
Sie hob den Blick nicht mehr. Trug weiter Lebensmittel zusammen, hielt dabei Abstand zum Knappen.
Und sah ihn nicht einmal mehr an. Das konnte sie nicht. Denn sie wollte nicht wieder weinen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Das Gefühl, alles vermasselt zu haben, begleitete seine weiteren Wege durch den dunklen und zunehmend stiller werdenden Tempel. Er versuchte seine Gedanken auf das zu fokussieren, was jetzt vordringlich war: packen, die Pferde startklar machen, Viktor davon überzeugen, dass er mit ihm kommen musste, ohne zu viele Fragen zu stellen. Mit den Pferden hatte er zunächst ein Wolf-Schaf-Kohlkopf-Problem, denn er wollte das Gepäck nicht unbeaufsichtigt in diesem Mietstall lassen, aber die Pferde ins Heiligtum bringen war auch nicht möglich. Davor anbinden war hinsichtlich des Gepäcks genau so blöd wie der Mietstall und zusätzlich waren die Pferde auch noch interessantes Diebesgut. Also bei Viktor beginnen und hoffen, dass der sich überzeugen ließ und tragen half. Oder zumindest Wache schob.
Jakob packte also alles in der kleinen Kammer zusammen, die er bewohnt hatte, schleppte auch Jarels Gepäck heran, welches immer den Eindruck erweckte, der Mann wollte die Welt bereisen. Trotzdem war es alles in allem überschaubar - immerhin mussten die zwei Pferde den ganzen Kram auch schleppen. Dazu kam nun noch das Gepäck der Fremden - zwei Rucksäcke und drei Waffen, von denen eine in Jakobs Deckenrolle gewickelt war.
So vorbereitet kehrte er zu Viktors Kammer zurück und klopfte vorsichtig. Sofort wurde er herein gerufen und schlüpfte in den von einer Kerze erhellten Raum.
"Da bist du ja wieder.", ließ sich der fremde Mann sehr ruhig vernehmen. Er saß auf dem Bett, hatte die Beine auf der Matraze ausgestreckt und fingerte an der Bandage herum. Im Ganzen wirkte er, als habe er nur darauf gewartet, dass endlich wieder jemand zu Besuch kam, so als läge er in einem Krankenhaus und nicht in einem Tempel am anderen Ende eines fremden Universums. Jakob musterte ihn kurz und setzte sich dann wieder auf den Stuhl, der noch immer so stand, wie er ihn verlassen hatte.
"Wir müssen diesen Ort verlassen und Sie sollten mitkommen, Sir. Ich erklär's Ihnen später."
"Lass die Höflichkeitsfloskeln weg, Junge. Ich bin Viktor. Sir ist mein alter Herr." Als Jakob darauf nicht antwortete, sondern nur mit seiner Musterung fortfuhr, schnaubte der Ältere und atmete einmal durch. Kurz wirkte er, als wolle er eigentlich etwas anderes sagen, entschied sich aber dann für: "Wo sind Amir und Kolja?"
Jakob musste nur kurz überlegen. Arvijd hatte den Dämon Kolja genannt, dann musste Amir der andere sein. Er hatte eigentlich einfach schnell los gewollt, aber das schien Viktor nicht zu interessieren oder er wollte es nicht zulassen. Jedenfalls saß er ruhig an die Wand gelehnt und verlangte Antworten, wobei er aussah, als würde er sich ohne diese keinen Meter von hier weg bewegen. In einem anderen Leben hätte er ihn einfach hier sitzen lassen, definiert, dass genau hier der Pfeffer wuchs. Aber dieses Leben war vorbei und diesen Jakob gab es nur noch in der Erinnerung. Jarel hatte ihm aufgetragen, sich um diesen Reisenden zu kümmern, also würde er sich kümmern. Und wenn er ihn letzten Endes an den Füßen aus dem Heiligtum schleppen musste.
"Amir hat es leider nicht geschafft. Kolja ist der Grund, weshalb wir hier weg müssen. Ich erklär es dir - später. Wirklich.", versuchte er es nochmal in der kurzen Version. Daran, dass dieser Amir vielleicht ein Freund Viktors gewesen war, dachte er erst, als er dessen Reaktion auf seine zugegeben nicht sonderlich einfühlsame Antwort wahrnahm. Der Blick des Älteren zuckte kurz zur Seite, dann schloss er die Augen einen Moment. Das Spiel mit der Bandage stoppte.
Idiot! "Tut mir Leid, ich...
"Ich will ihn sehen."
"Wir sollten wirklich..."
"Wo ist Amir? Ich will ihn sehen."
Die eindringliche Ruhe, mit der Viktor sprach, entwaffnete den sonst so widerspenstigen Knappen fast sofort. Zumal dieser von den jüngsten Ereignissen mehr als nur angegriffen war und leicht ins Wanken geriet. Er versuchte also nicht weiter zu diskutieren und auf diese Art noch mehr Zeit zu verlieren, sondern nickte einfach stumm und erhob sich. Viktor kämpfte sich einhändig in seine Stiefel und folgte ihm dann, zunächst zum Behandlungsraum, aber da war der Leichnam schon nicht mehr. Jakob überlegte nur kurz und steuerte dann das innere Heiligtum an. In einem Seitenschiff wurden sie fündig. Die Schwestern hatten Amir hier her gebracht und aufgebahrt. Sein Körper war bereits gewaschen, bis zur Brust bedeckte ihn ein Leinentuch.
Jakob blieb an der Tür stehen, während Viktor sich an ihm vorbei drängte und neben den Toten trat. Die leisen Worte, die der Mann murmelte, konnte er nicht verstehen und den Lauten nach, die ab und zu heraus stachen, war es auch keine Sprache, die Jakob sprach. Er fühlte sich Fehl am Platz und irgendwie hilflos der Trauer gegenüber, die aus der Haltung und den Gesten Viktors sprach. Ihn selbst verband nichts mit diesem Mann, außer dass sein Auftauchen heute Nacht wieder alle Karten neu gemischt hatte. Für ihn war er nur ein Hindernis, das ihn vom Aufbruch abhielt.
"Das Ende eines jungen Lebens erscheint uns immer grausam, nicht wahr?" Wie aus dem Nichts war die Erzpriesterin neben Jakob aufgetaucht und beobachtete nun mit ihm den Abschied eines Reisenden von seinem Gefährten. Jakob schämte sich sogleich seiner Gedanken und schwieg.
"Doch bedenke: Das Göttliche, gleich welchen Namen du ihm gibst, kennt keine Grausamkeit. Nur die Sterblichen sind grausam, im Namen des Göttlichen. Die Allmacht wahrt nur ein Gleichgewicht, doch welche Gewichte es in den Waagschalen bedarf, vermag unser Verstand nicht zu erfassen.", sprach sie leise weiter und legte dann ihren lastenden Blick von der Seite auf ihn. "Ihr brecht auf?" Jakob nickte nur, erwiderte dann nach kurzem Zögern ihren Blick.
Etwas wie ein Lächeln färbte die Lippen der Erzpriesterin, dann hob sie das Kinn etwas. "Richte deinem Mentor aus, dass er es nicht wagen soll, Iola fortan sich selbst zu überlassen." Fast kam es Jakob so vor, als dringe eine Drohung durch die Worte und vor seinem inneren Auge entstand kurz ein Bild Varelias, die Jarel an einem Ohr gepackt hinter sich her zog. Eilig senkte er den Blick und dann trat auch schon Viktor zu ihnen.
"Kannst du sie fragen, was sie mit ihm machen werden?", bat er Jakob mit noch immer ruhiger Stimme. Dieser gab die Frage an Varelia weiter, deren Bernsteinaugen erst den Toten streiften und dann auf Viktor zur Ruhe kamen.
"Er wird mit allen Riten der Melitele in den Schoß der Erde zurück gegeben. Es sei denn, der Reisende wünscht eine andere Form der Bestattung, dann übergeben wir den Leichnam einem anderen Orden. Deinem zum Beispiel."
Jakob übersetzte und Viktor deutete ein Kopfnicken an. "Danke. Erde. Erde ist gut."
Der Knappe übersetzte erneut und endlich erklärte Viktor sich bereit, ihm ohne weitere Fragen zu folgen. Die Nacht war schon weit fortgeschritten, als sie die ersten Taschen zum Stall brachten und Jakob anfing, die Pferde zu satteln. Viktor war flink und schaffte alles restliche Gepäck heran, sodass der junge Mann sich nur ums Beladen kümmern musste. Trotzdem färbte sich der Himmel im Osten schon grau, als er mit allem fertig war und sie jeder einen Rucksack schulterten. Als Mariposa und Saubraten schließlich reisefertig auf der Straße standen, musterte Jakob den Reisenden erneut einen Moment lang.
"Schon mal auf einem Pferd gesessen?"
"Hmmm... so vor 30 oder 40 Jahren zuletzt... Ich mag die Biester nicht besonders. Keine Bremse."
"Da haben wir was gemeinsam. Hier, nimm Mari. Sie ist brav."
Sie führten die Tiere am Zügel zunächst bis zur Stadtwache, weil Jakob hoffte, dass Jarel vielleicht doch noch in den Kerkern war und Kolja "vernahm". Die Wächter schauten allerdings ziemlich skeptisch, als er nach ihm fragte und einer erklärte schließlich, dass Jarel den Dämon mitgenommen hatte.
"Wieder mal typisch. Weiß die eine Hand nich' was die and're tut.", maulte er noch und Jakob beeilte sich, weiter zu kommen, bevor der Mann noch anfing, sich zu fragen, weshalb der Knappe des Ritters Moore zwar dessen Pferd und Ausrüstung hatte, aber keine Ahnung davon, dass der Ritter mit einem Dämon nach Nowigrad wollte. Er hoffte einfach, dass er den Ärger damit nicht noch vergrößert hatte und führte Sauerbraten bis zur Hauptstraße. Hier half er erst Viktor in die luftige Höhe von Mariposas Rücken und schwang sich dann selbst in den Sattel.
Gemeinsam ritten sie RIchtung Stadttor.
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Arvijd Kostjunari
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von/nach: <von hier>
Datum: Ende Juli 1278 - am Morgen des gleichen Tages
betrifft: Jakob & Viktor
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Und etwa auf dieser Höhe kam ihnen Arvijd entgegen. Er war eine Weile gewandert, hatte gegrübelt und war zu keinem Ergebnis gekommen. Es war und blieb alles sehr merkwürdig und das schlimmste stand ihnen sogar noch bevor.
Er war in Gedanken durchgegangen, was er mitnehmen wollte... musste, doch tatsächlich trug er das meiste bei sich und er würde nicht mit einer Postkutsche reisen. Alle Apparate würden bleiben. Es kam einer Flucht gleich und einem Schuld Eingeständnis, er würde es wohl nicht wagen zurückzukommen, wenn er nun ging ohne auch nur noch einmal ein Wort mit der Erzpriesterin zu wechseln, doch die Zeit, zu packen und zu reden... die hatte er nicht.
Dabei...
Ihm waren geordnete Verhältnisse so wichtig.
Er war beim Abgrund kein Abenteurer.
Er hatte gern ein weiches Bett für seine alten Knochen. Er hatte gerne seine ordentlichen Kleider aus gutem Stoff, Hilf beim ankleiden, Personal. Er hatte immer einen gewissen Stand gehabt und es nie bewusst wahrgenommen. Er hatte früher Empfänge gehasst... Aber nun merkte er wie sehr er es vermisste sie zu hassen.
Und er brauchte seine Bücher, Wissen, eine Bibliothek um zu arbeiten, Licht, Vergrößerungsgläser... Er war eine andere Arbeitsweise gewohnt als man die hier praktizierte aber ohne das Wissen, dass er alles nicht im Kopf hatte war er nur wenig besser als die Menschen hier.
Er war, und das schmerzte zu erkennen, auch als Arzt nur ein Abbild seiner Gesellschaft. Er war nicht nur was er selbst erreicht hatte er war auch was andere für ihn erarbeitet hatten und ohne die Sprossen dieser Leiter stand er ein ganzes Stück tiefer unten als er sich selbst sah.
Das war ihm bewußt geworden während er des Nachts an der Mauer saß, über seine Zukunft nachdachte und wartete und döste, und während er jetzt ging um den Knappen zu holen und alles andere zurückzulassen.
Dennoch war auch ein Funken Freude, an den er sich klammern konnte: Kolja war wieder hier.
Auch wenn es nicht der kleine wilde Dämon war, wie er ihn, solange er in seiner Abwesenheit nicht das geistige Bild korrigierte, meist sah - sondern der große schlecht gelaunte... aber er war hier und vielleicht konnte si zusammen etwas aufbauen... irgendwo... irgendwie.
Kolja... und dann waren da auch die Bilder des Schwanzes, der sich wie aus dem Nichts regeneriert zu haben schien. Aber das war etwas womit er sich ein anderes mal beschäftigen würde.

Fast wäre er mit den beiden Reitern kollidiert.
Er hatte sich das Gesicht des Fremden kaum angesehen geschweige denn gemerkt, auch die Pferde kannte er nicht, obwohl das eine große Ähnlichkeit mit dem Tier aufwies, dass Nikolavo zuhause geritten hatte und das er der Einfachheit halber nur 'Pferd' nennte, mit dem schlagenden Argument, er habe ja nur das eine, wozu andere Namen?
Aber den Knappen kannte er.
Er hatte also alles gepackt und auch den Fremden mitgenommen und war auf dem Weg zu ihnen. Das war vielleicht gut so, entband es ihn davon, sich tatsächlich noch zu verabschieden und zu entscheiden was er und was er nicht mitnehmen sollte.
Besser er drehte jetzt einfach um und ging mit ihnen.
"Ich sehe ihr habt schon gepackt... Gut, kommt mit. Die beiden warten etwas außerhalb, ich führe euch hin."
Er selbst besaß kein Pferd auch wenn er natürlich reiten konnte, aber so ging er zügigen Schrittes neben den beiden her, den Weg wieder zurück. Seine Tasche trug er noch, übergab sie dann aber kurzerhand dem Knappen, damit der sie auf dem gigantischen schwarzen Pferd verstaute.
Dem Fremden wollte er dass nicht zumuten, er erinnerte sich an die Verletzung seiner Hand. Besser jedenfalls als an sein Gesicht. Er hätte auch nach dem kurzen Blick auch jetzt sofort sagen können war alles in Mitleidenschaft gezogen war, welche Knochen und Sehnen wo durchtrennt waren... Nur ein Gesicht hatte er nicht dazu.
Aber den Rest rief er dann wieder ab. Ein Reisender... Und so fiel auch bei dem Arzt der Groschen, reichlich spät.
Er runzelte die Stirn. "Spricht er auch unsere Sprache?" Wandte er sich etwas irritiert an Jakob.
Der Mann sah so fremd aus, aber irgendwie mußte Jakob ihn dazu bekommen haben mitzukommen.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

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von/nach: Ordenskloster --> Tempel der Melitele
Datum: 25. August 1278
betrifft: Iola
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Mittagsandacht. Essen. Eine weitere Einheit mit den wyzimaer Knappen, diesmal Fernwaffen. Dann war endlich freie Zeit bis zur Abendglocke, die üblicherweise durch die Ritterväter gefüllt wurde und in Jakobs Fall für den Dienst im Waisenhaus zur Verfügung stand. Er beeilte sich, etwas Ordnung in sein Äußeres zu bringen und verließ dann mit langen Schritten das Ordenskloster. Bei einem Straßenhändler kaufte er kandierte Früchte und gebrannte Nüsse, am Wegrand pflückte er eine Malvenblüte und verbarg sie in seinem Pilgermantel. Wie seltsam dieses Gefühl war, das ihn vorwärts trieb.
Am Tor des Tempels musste er sich bemühen, seine miesepetrige Miene wiederzufinden, als er sich damit anmeldete, der Knappe zu sein, der - mal wieder - im Waisenhaus helfen sollte. Die Schwester ließ ihn ein und Jakob konnte sich so gerade beherrschen, nach Iola zu fragen. Trotzdem streckte er den Hals, spähte in jeden Gang, den er von der Haupthalle her einsehen konnte, in der Hoffnung, sie zu entdecken.
Wer ihn allerdings zuerst entdeckte, war Schwester Margerite, die ihn direkt kassierte und mit sich zu den Kindern schleppte. Und von denen erkannten ihn einige direkt wieder. Er konnte eben noch Mantel und seine kleinen Geschenke auf einer Bank in Sicherheit bringen, bevor die kreischende Masse ihn überspülte, an ihm hoch wallte und letztlich von den Füßen riss.
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