Oxenfurt - Gaststätte 'Zur Alchemie' / Slavas Zimmer

Eine von den zwei freien Städten in Redanien. Oxenfurt liegt an den nördlichen Ufern des Pontar-Stroms. Die Stadt ist bekannt und berühmt für die Universität, die die größte Akademie der nördlichen Königreiche.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

-------------------------------------------------------------
von/nach: Waschraum und Slavas Zimmer Oxenfurt - Gaststätte 'Zur Alchemie'
Datum: 18. September 1277, Abends
betrifft: Jarel
-------------------------------------------------------------

Er wollte mit 'der Erste' antworte, Gewohnheitslügner, der er war. Sein erster Impuls war es immer schon gewesen, die Wahrheit zu verschleiern, fast schon egal welche, Hauptsache Nebelkerzen zünden. Doch in dem Fall würde es ihm eher schaden. "...der Zweite..." gab er widerwillig zu, kurzatmig. Der Ritter hielt ihn noch immer fest, hinderte ihn am aufstehen. Aber da war noch etwas anderes, vielleicht sogar etwas, dass er bei ihm wahrnahm, trotz des Krampfanfallen, unbewusst, einfach indem er seine eigene Reaktion beurteilte, auf etwas, das er nicht direkt sehen konnte.
Und gerade hatte er verschiedenste Impulse niederzukämpfen. Seine kulturell antrainierte Homophobie die am gleichen Strang zog wie jene Erinnerung, die er über so viele Jahre erfolgreich verdrängt hatte und beides stand im Wiederstreit zu der ihm eigenen Faszination dafür bis zur Grenze zu gehen, und dann noch einen Schritt weiter. Deshalb ließ er vorerst den Ritter gewinnen, erlaubt es, dass er ihn festhielt, auch wenn ihm der kühle Schauer, der ihm über den Rücken rann Panik signalisierte.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 935
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

"Ich stehe jetzt auf und helfe dir aufzustehen, Slava. Dann gehen wir zum Zuber, damit du dich festhalten kannst. Wenn dir schwindlig wird oder deine Knie nachgeben gibst du mir bescheid, verstanden?"
Das war keine Bitte, kein Vorschlag. Ein Kommando, welches keinen Wiederspruch duldete. Und dem Ton nach zu urteilen war es auch für Jarel nicht neu, einen Befehl zu erteilen. Passte nicht ganz zu dem, was er bisher von sich Preis gegeben hatte. Und da war sicher noch mehr, was er nicht wusste. Was jedoch durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte.
Dem Ritter war es nicht ansatzweise so irritiert von dem körperlichen Kontakt zu dem anderen Mann. Bis zu diesem Punkt hatte er einfach nur funktioniert und sich darauf konzentriert, dass sich sein Gegenüber nicht verletzte.
Erst jetzt kam er dazu die Situation neu zu werten.
Der Offizier war hagerer als gedacht. Drahtiger. Nicht im besten Zustand. Zudem roch er sauer nach krankem Schweiß. Aber doch... Das Gefühl jemanden so nahe zu sein brachte den Ritter dazu, schwer zu schlucken.
Dass es ihm gefiel, jemanden zu halten gestand er sich nicht ein. Nicht jetzt.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

"Jawoll, Genosse Ritter." gab er scherzhaft zurück. Der Verstand war immer sofort wieder da, der Körper brauchte oft sehr viel länger, so auch jetzt. Dennoch stand er einigermaßen mühelos auf. Er war durch eine harte Schule gegangen und Willenskraft konnte mangelnden Kreislauf ersetzen, zumindest kurzfristig, bis letzterer sich dann doch entschloss, nachzuziehen.
Was ihm eher Schwierigkeiten bereitet waren die alten Verletzungen, das Knie, die lädierten Bauchmuskeln. Aber er stand. Nachdem er schon einmal am Zuber war nutzte er die Gelegenheit, sich noch einmal abzuwaschen, den kalten Schweiß und wo Dreck vom Boden an seiner nassen Haut haftete. Der Ritter schaffte es doch, etwas wie Scham in ihm hervorzurufen, warum auch immer, erst recht als er begann ihm zu helfen... Es kostete ihn nun ein wenig Überwindung, auf die ungenierte Art zuzugreifen, die in der Zone so selbstverständlich war - wo eine Dusche dermaßen selten möglich war, dass es einen nicht juckte wer dabei zusah. Wichtiger war ihm die Beobachtung de eigenen Reaktion auf die Hilfe und die Berührung. ein Versuch, und er selbst was das Messinstrument.
Dann griff er nach Hose und Stiefeln um sich anzuziehen. auch hier half der Ritter.
Die zusätzliche Zeit am Ofen hatte den Sachen gut getan. Nun erst musterte er den Älteren Mann vor sich aus durchdringend grünen Augen, die schon Vergleichen mit denen einer Schlange standhalten mussten. Er wußte nicht welche Fragen er stellen sollte, aber meist war das, wenn er einen so anblickte auch gar nicht nötig. Viele lieferten dann ganz von alleine die Antworten zu den Fragen, die sie gerade erwarteten.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 935
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Was der Ritter tat, wirkte einerseits väterlich fürsorglich, andererseits war da noch etwas anderes. Weit im Hintergrund, nur spürbar, zu ahnen, unsichtbar.
"Wir gehen jetzt gemeinsam auf dein Zimmer. Ich werde dann den Tee bereiten lassen und meine Sachen holen. Wir versorgen deine Wunde neu und ich bleibe heute Nacht bei dir. Das wird nicht der letzte Anfall gewesen sein. Es wird Fieber dazu kommen. Im schlimmsten Fall Delirium. Und erzähl mir nicht, dass du keine Hilfe brauchst." Wieder der Befehlston, doch dann wurde er sanfter.
"Soll ich dich stützen?"
Ganz offensichtlich wollte Jarel Slava nicht bloßstellen, indem er ihn halb durch die Taverne trug.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Eine fast zu intime Geste, wie der Ritter ihm half. Und er war sich fast sicher, dass er da mehr dahinter spürte außer reiner Hilfsbereitschaft. Slava atmete jetzt nicht gegen den Krampfanfall sondern gegen aufkeimende Panik. Hände, die ihn festhielten und andere, die ihm Gewalt antaten. Der Kontroller hatte es aus einem tiefen Bunker seines Gedächtnisses hervorgezerrt, dort hatte er die Bilder verwahrt gehabt weil er sie auch nicht hatte auslöschen können, aber vergessen. Sie passten nicht zu seinem Selbstbild, nicht zu seinem Bild der Armee und nicht zu dem Bild seines Landes, das er hochhielt, deshalb musste sie verschwinden. Der Hym hatte erneut daran gerüttelt, und nun der Ritter. Er atmete tief durch. Er musste sich dem stellen, anders würde er es nicht los werden. Erneut vergraben würde nichts mehr ändern. Und er erkannte dass es vermutlich genau das war, was ihn seinerzeit so gut gemacht hatte, die beinahe schon masochistische Bereitschaft Angst und Schmerz offen entgegenzutreten. Also nun auch dieser Erinnerung. "Ich kann gehen. Aber... danke für das Angebot, es ist vermutlich besser so. Kannst du etwas zu Essen mitbringen?"
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 935
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

"Selbstverständlich." Jarel lächelte. Nicht schief, nicht unterdrückt. Ein offenes Lächeln, das ihn um einiges jünger wirken ließ. Und weicher.
Der Ritter stieß die Tür auf und ließ Slava vorgehen. Er folgte dicht auf. Nicht so nah dass es auffiel, aber so dicht, dass er ihn auffangen konnte, sollte er fallen.
"Was war dein Rang?", fragte er und beobachtete den Russen aufmerksam auf dem Weg ins Zimmer.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Ihm war dann doch flauer als er gedacht hatte, aber er riss sich zusammen.
Ein Schritt nach dem anderen. Er würde es hinbekommen. Die Treppe hinauf zum Zimmer.
"Oberst... Ich habe viele Beförderungen ausgeschlagen, wollte nicht hinter den Schreibtisch, hätte ich das nicht getan wäre ich heute wohl schon in einem Generalsrang... Deswegen bin ich auch kein Söldner... Ich töte nicht für Geld, sondern nur wenn der Präsident es befiehlt... Gab es bei euch Ränge? Warst du jemandem verpflichtet?"
Sie hatten sein Zimmer fast erreicht, und er hatte einfach geredet um nicht zu fühlen.
Begegnet war ihnen niemand.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 935
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

arel schloss die Tür hinter den beiden und wollte Salva ins Bett helfen. Alles mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
"Ich habe in verschiedensten Kriegen in verschiedensten Armeen gedient." Einen Moment verlor sich sein Blick. "Wenn du es wissen möchtest, erzähle ich dir die Geschichte, wie ich an meinen höchsten Rang gekommen bin, während du isst.
Aber jetzt hole ich erst meine Tasche. Ich habe Verbandszeug und eine Salbe dabei."

Natürlich hatte er das. Wie auch sonst....auch wenn von seinem Verbandszeug nur noch wenig übrig war.
Er nickte Slava kurz zu und verschwand.
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Slava nickte nur, zog seine Stiefel aus und warf sie Richtung Türe. In seiner Kultur trug man keine Schuhe in der Wohnung. Dann ließ er sich auf's Bett fallen setzte sich mit dem Rücken zur Wand hin und atmete tief durch. Bewusstes Atmen verringerte die Panik.
Er versuchte vorherzusehen was geschehen würde, versuchte sich die Möglichkeiten vorzustellen und die Konsequenz und auch seine Haltung dazu.
Dann war der Ritter auch schon wieder zurück...
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 935
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Sehr kurze Zeit später erschien er erneut, bepackt wie ein Lastenesel mit einer Unzahl an Taschen, die er an der Wand entlang verteilte. Anschließend stellte er tatsächlich Slavas Stiefel ordentlich hin, ging danach zurück zu einer bestimmten Tasche. Den Ordnungsfimmel hatte Slava bisher nie gemerkt. Und es wirkte irgendwie bizarr.
Aus einer Tasche holte Jarel - wie schon einmal - die eingepackten Phiolen, befreite diese aus dem Verbandszeug, kramte eine hölzerne Dose heraus und eine Flasche. Mit dem Inhalt der Flasche rieb er sich die Hände ein. Der Geruch war scharf. Und wohlbekannt.
Mit der hölzernen Dose in der einen und den letzten Verbänden in der anderen Hand trat er ans Bett und nahm auf der Kante Platz.
Es fühlte sich richtig an zu helfen. Der Soldat war ruppig, abweisend sogar, aber Jarel ahnte, dass sich dahinter eine Geschichte verbarg. Wer weiß, vielleicht würde er etwas davon erfahren. Vielleicht auch nicht. Vielleicht würden sich ihre Wege schon bald trennen. Er würde ihn vermissen. Irgendwie.
Schmunzelnd vertrieb der Ritter den Gedanken. Immer im Heute leben. Etwas, was er hatte schmerzhaft lernen müssen.
Er stellte Dose und Verbandszeug ab und wollte dem Soldaten den Pullover ausziehen. "Die Salbe wird etwas brennen. Aber es hilft."
Benutzeravatar
Vyacheslav Sokolov
Spieler Level 5
Spieler Level 5
Beiträge: 1055
Registriert: Freitag 29. Oktober 2021, 16:58
Lebenslauf: Slava

Auch wenn es ihm körperlich miserabel ging, und er wusste, es würde erst einmal noch schlimmer werden, ehe es besser wurde, der Verstand blieb wach, löste sich ein Stück weit vom Körper, um weiter zu funktionieren, vielleicht auch um sich vom Schmerz distanzieren zu können. Dissoziatives Verhalten. Das Paradoxe war, dass er das meiste was man ihm im Studium beigebracht hatte auf sich selbst anwenden musste. Er wäre, nein, er war ein fürchterlicher Patient, vor allem für einen Psychologen.
Der Ritter kam zurück und schuf erst einmal Ordnung. Würde es ihm etwas besser gehen, Slava hätte sich vielleicht darüber amüsiert. Nicht dass er ein chaotischer Mensch war, aber die Rolle, die er spielte und verinnerlicht hatte erlaubte solche Spleens nicht. Es brachte dem anderen aber eine Geistige Notiz in Slavas Personenkartei ein.
Als er damit fertig war kam er zu ihm um die Wunde erneut zu versorgen. Gehorsam zog Slava seinen Pullover wieder aus. Russen sagte man ja ohnehin einen Hang dazu nach, mit freiem Oberkörper herumzulaufen, egal ob sehenswert oder nicht. Nicht zuletzt hatten sie das ihrem Präsidenten zu verdanken. Und auch wenn hier keiner das Klischee kannte, warum es nicht bedienen.
Jarel wirkte verändert, als er die Salbe auftrug, auch dass registrierte er.
Beharrlich, und auf eine Weise freundlich, die verriet, dass auch er schon schlimmes durchgemacht haben musste, aber seinen Frieden damit gemacht hatte, so gut das eben ging. Richtig, ein Reisender, der Familie und Freunde zurückgelassen hatte. Ein Soldat wie er, vielleicht auch Offizier... Garantiert hatte er Familie in seinem Alter, Verpflichtungen. Mehr als einen Entzug hatte er hinter sich, und er verdingte sich als Attentäter. Sie waren sich nicht unähnlich. Sah so seine Zukunft hier aus? würde er sich auch einem Ritterorden anschließen?
Die Salbe brannte, ja, und nicht wenig, doch Slava begrüßte den Schmerz. Schmerz war es, was ihn immer wieder in die Wirklichkeit zurückholte, ihm zeigt, dass er real war und noch lebte. Er ertrug ihn ohne zu zucken.
Durch den starken Geruch und das Brennen hindurch spürte er auch die rauen Finger des Mannes auf der Haut. Ein Schwertkämpfer... er würde es wirklich noch lernen müssen. Der Mann brachte eine beachtliche Geduld mit, dafür wie er ihn auflaufen ließ. Sicher hatte er Kinder.
"Erzähl mir von dir. Von dem Leben vor dem hier... deinen Kindern, und was dein Krieg war."
Antworten