Xoschnaws Bootshaus

Eine von den zwei freien Städten in Redanien. Oxenfurt liegt an den nördlichen Ufern des Pontar-Stroms. Die Stadt ist bekannt und berühmt für die Universität, die die größte Akademie der nördlichen Königreiche.
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Xoschnaw
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Registriert: Montag 16. Mai 2022, 20:22
Lebenslauf:

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von/nach: Erstauftritt
Datum: September 1277
betrifft: aktuell niemanden
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Die kleine Hütte, die Xoschnaw einem blinden Fischer abgeschwatzt hatte und die diesem ehemals als Bootsschuppen gedient hatte, war sein ganzer Stolz. Sie war OBERIRDISCH, hatte ein Dach, das fast keine Löcher hatte und Wände, die im Winter die Kälte halbwegs fern hielten. Außerdem konnte er direkt und noch innerhalb dieser Wände in den Pontar springen, diesen queren und unter den Brücken und Kränen hindurch in die Docks gelangen. Zu dieser Seite hin war die Stadt nicht so stark befestigt und mit seinen Schwimmfähigkeiten fiel es ihm nicht schwer, die Ufer zu wechseln. In dem Bootsschuppen gab es neben einer einfachen Schlafstatt, auf der sich tagsüber meistens Werkzeug, Teile und Essensreste zu fast gleichen Teilen stapelten, einige Arbeitstische und unzählige Kisten, Säcke und Truhen. Xoschnaw war auch in dieser Stadt schnell bekannt geworden als einer, der einfach alles brauchen konnte und dem man selbst noch Urgroßmutters Briefbeschwerer verkaufen konnte, wenn er nur aus einem interessanten Material war. Sogar Bücher stapelten sich in einer Ecke. Er hatte sie bei Nacht und Nebel von einem Haufen gestohlen, der im Hof der Universität aufgetürmt worden war. Diese Barbaren verbrannten BÜCHER! Er hatte so viele her geschleppt, wie er konnte, doch irgendwann war es zu gefährlich geworden, sich an den Bewaffneten vorbei zu schleichen und lesen konnte er sie ohnehin nur bruchstückhaft. Die Schrift war kompliziert und autodidaktisch dauerte es allein Ewigkeiten, die Titel zu entziffern. So wusste er noch nicht einmal von allem, was er eigentlich gerettet hatte. Manche enthielten Zeichnungen von Pflanzenteilen, andere von Mechanismen und wieder andere kryptische Formeln - zumindest hatte er so eine Auswahl treffen können. Aber er befürchtete schon, dass auch Lyrik, Philosophie und solcher Humbug dazwischen sein würde. Geisteswissenschaften, nannten sie das! Seelig sind die geistig armen. Die basteln sinnvolle Sache und debattieren nicht über den Sinn des Lebens. Seine Meinung.
Welchen Sinn sollte es auch haben, das Leben? Es war. Es redete und es furzte zu fast gleichen Teilen. Meistens war beides auch zu gleichen Teilen sinnvoll. Unfug sich einen Kopf zu machen, wieso es da war. Es gab doch so viel spannendere Dinge, die man mit diesem Sein anstellen konnte. Man konnte es manipulieren, verbessern, zerlegen, neu aufbauen... ok, im Fall von Leben war zerlegen meistens dem neu Aufbauen kontraproduktiv. Aber darum hielt er sich auch lieber fern von Leben, außer man konnte es essen und hielt sich eher an unbelebte Dinge.
Auf einem schiefen Schrank, den er aus irgendeinem verfallenen Haus außerhalb der Stadt gezogen hatte, stand seine neue Blitzometrik-Apparatur. Er hatte ein Gehäuse an die Welle angebaut, das aussah wie ein hohles Wasserrad und in diesem hockte eine ebenso hohl dreinschauende Ratte. Wurde es dunkel, brachte er die Ratte dazu, in dem Rad zu rennen - entweder mit Flüchen und Drohungen oder - was meistens besser funktionierte - mit einem ranzigen Stück Speck. Auf diese Art brachte er die Reste des magischen Kollektors zum Glühen, den er nie hatte reparieren können. Aber das Metall reagierte mit Licht auf die Ladungen aus dem Apparat und mit Hilfe einer wüsten Konstruktion aus alten Rüstungsteilen und Spiegeln warf es genügend von diesem Licht in die Ecke des Arbeitstisches, über der es aufragte, um auch am Abend noch etwas zu sehen. Eine Öllampe oder Kerze wäre heller gewesen, aber a) brauchte Xoschnaw mit seinen Augen kaum Licht, um etwas zu erkennen und b) sah es einfach so viel abgefahrener aus als eine schnöde Flamme.
Im Wasserteil des Bootshauses trieb eine kleine Nussschale, an die er eine Art Wasserrad montiert hatte, das man mit einer innen liegenden Kurbel betreiben konnte. Von der Kurbel führte eine Welle zu einer sehr groben, optisch definitiv mit der Hand gefeilten, Zahnradkaskade, sodass die Kurbel eine Umdrehung machte, während das Rad gleich mehrere tat. Wenn man die Reibung der unregelmäßigen Zahnräder einmal überwunden hatte, kam man damit vorwärts, aber noch nicht so effizient, wie er sich das erhofft hatte und lenken war schwierig. Aber er hatte da schon was im Kopf, allerdings gerade keinen guten Schreiner zur Hand. Zumal sich jeder darum riss, mit einem wie ihm Geschäfte zu machen... haha... daran hatte sich leider nicht viel geändert. Zwar hielt er es immer noch so, dass er sich als blind und zerlumpt ausgab, wenn er unter die Menschen und Anderlinge ging, aber misstrauischen waren beide Gruppen gleichermaßen, vor allem in den heutigen Zeiten.
Außerdem war er schon wieder von etwas anderem abgelenkt. Im Kriegszustand interessierte sich kaum jemand für kluge Antriebskonzepte für Fischerboote und Fähren.
Xoschnaw tüftelte also seit geraumer Zeit an einer Armbrust, deren Konstruktion er sich von einer Waffe abgeschaut hatte, die damals, in der Stadt seiner Kindheit, Händler aus dem fernen Osten mitgebracht hatten. Leider war er weder im Besitz einer solchen Armbrust, noch hatte er Pläne, aber er wusste noch etwa wie der Mechanismus funktioniert hatte. Hebel, Bolzenmagazin, Sehne, Wurfarme. Simpel. Total simpel. So simpel, dass ihm die ersten Versuche mit lautem Getöse um die Ohren geflogen waren, weil Wurfarme gebrochen, Hebel abgerissen oder Bolzen nicht ordentlich nachgerutscht waren. Inzwischen war er ein Stück weiter und auch wenn die ursprüngliche Idee noch nicht wirklich funktionierte, träumte er bereits davon, mit Hilfe einer Art Flaschenzugprinzip die Spannkraft zu verringern und die Wurfkraft zu erhöhen. Es war möglich! Er wusste das, er hatte es genau durchgedacht, dann seine Genialität gelobt und dann den riesigen Spreißel aus seiner Hand gepult, der von den letzten Abschussversuchen der Urversion herrührte. Und dann, wenn er einmal Bolzen damit verschoss, würde er als nächstes Kugeln damit verschießen!
"Kugeln, Kugeln, Xoschnaw, Kugeln fliegen beschissen. Keine Kugeln. Irgendwas langes...", murmelte er vor sich hin und kritzelte auf einem schmutzigen Fetzen Papier herum, der auf dem einzigen freien Flecken des Arbeitstisches lag, auf dem sich Einzelteile, Werkzeuge, Flaschen ungeahnten Inhalts und Fischgräten türmten. Er betrachtete die leeren Augen eines Fischschädels sinnierend. "FISCH!", rief er aus und kritzelte wieder. "Wie ein Fisch. Schlank und schnell... ein sehr kurzer, sehr schwerer Bolzen - ha! ich brauch' den Flaschenzug, verflixt noch eins!" Der Stift flog in einen Becher mit abgestandenem Bier und der Dämon wühlte nach einem anderen Fetzen noch schmutzigeren Papiers. Und die Wurfarme müssten das aushalten - wenn die Schmiede hier nicht so hinter dem Mond wären! Schwerter und Äxte und Hufeisen, zu nichts anderem waren die zu gebrauchen.
Er griff nach einem der miesen Bolzen, die - genial eigentlich, wenn sie nicht so gemein wären - eine dreigeteilte Spitze hatten und sich beim Eintritt in einen Körper in drei Richtungen verteilten. Inzwischen war er vorsichtig mit den Dingern, denn sie reagierten auch auf seitliche Stöße empfindlich und nachdem ihm so ein Bolzen mal herunter gefallen war und eine der Spitzen ihn fast an seinen Stuhl genagelt hatte, war er umsichtiger. Trotzdem reizten sie ihn und seine Fantasie maßlos, sodass sich vor seinem geistigen Auge eine ganze Schar von besonderer Munition auffächerte.

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