Privatwohnung | Ferneck - das kleine Haus der Heilerin - neben dem der Alchemistin

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Sarray Cestay
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Spät am Abend erwachte Sarray. Endlich. Mit einem Seufzer schlug sie die Augen auf.
„Ich hab nen Schädel….und Durst, Ljerka, haben wir noch…“
Erst dann wurde ihr Blick klarer, begann einen Moment zu strahlen, nur um in der nächsten Sekunde in Entsetzen umzuschlagen.
Sie freute sich unglaublich, dass die Bruxa noch bei ihr war. Aber der Anblick war...furchtbar.
„Du siehst aber Schieße aus…“ Die kleine Blondine setzte sich auf und griff nach Lysiras Hand.
„Du brauchst…Blut, richtig?“
Lysira
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Mittlerweile sah Lysira in der Tat furchtbar aus. Sie war selbst für ihre Verhältnisse unnatürlich blass, ihre Augen wirkten matter, fast milchig und waren blutunterlaufen. Die vollen Lippen fast so blass wie ihre Haut und mit leicht bläulichen Schimmer,
Die Wunden hatten an irgendeiner Stelle aufgehört sich zu regenerieren und schimmerten dunkel unter dem Spalt im Mantel hervor.
Müde lächelte sie Sarray an. „Du hast es geschafft“, hauchte sie, was von ihrer Stimme übrig war klang heiser und etwas rauchig, sehr anders als die zarte melodische Stimme, die sie sonst hatte.
Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Sie konnte es riechen. Ihre Sinne waren nun noch empfindlicher als sonst. Die kleine Blondine roch so gut… Lysira konnte ihren Puls hören.
Die Hand der Bruxa war eiskalt. Zumindest musste es Sarray so vorkommen, denn die Vampirin war beinahe auf Raumtemperatur herunter gekühlt.
Der betörende Duft stach ihr in die Nase und löste eine Reihe von Krämpfen in ihrem Innern aus. Schon spürte sie, wie die spitzen Zähne ihre trockene Zunge berührten.
Plötzlich wich sie mit unmenschlicher Geschwindigkeit zurück, stand im nächsten Moment auf der anderen Seite des Raumes an die Wand gepresst und schaute Sarray mit nun pechschwarzen Augen an.
„Ja… es tut mir Leid… es ist zu… gefährlich“, hauchte sie.
„Kommst du zurecht? Brauchst du noch etwas? Ich muss auf die Jagd gehen, danach komme ich zurück.“
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Sarray Cestay
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„Mir geht’s prima.“ Sarrays Stimme war ehrlich, voller Mitgefühl. Und einer Spur Angst.
„Geh jagen. Ich mach mir nen Tee und schlaf noch etwas.“
Und dann die eigentlich wichtige Frage:
„Du kommst wirklich zurück?“ Die Zwergin schluckte, lächelte aber tapfer.
„Und wenn nicht, sag es mir bitte. Damit komme ich besser klar als nicht Beschied zu wissen.“, bat sie sanft.
Lysira
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„Dieses Mal werde ich wieder kommen…“, hauchte sie und senkte den Blick… Der Durst bohrte sich durch ihre Eingeweide, die innere Bestie riss gierig an den Ketten. Doch war sie noch immer so weit sie selbst, dass sie sich einigermaßen im Griff hatte. Und jeder Funken ihrer Selbst rang mit dem Schuldgefühl.
Verliebt… das hatte sie nicht gewollt. Sie hatte ihr nie weh tun wollen, aber nun war es unausweichlich. Ehrlichkeit war das Mindeste, was sie verdiente.
„… aber nichts ist für die Ewigkeit. Ich werde fortgehen, vielleicht morgen, vielleicht in ein paar Tagen. Nicht nur wegen des Hexers… es muss sein, weil ich… nicht anders kann.“
Sie rang noch einen Moment mit sich.
„Bis später“, sagte sie dann und ging, lautlos und schnell, mehr wie ein Raubtier als wie eine Frau. Sie wusste, wo sie nach ihrer Beute suchen musste, hatte sie schon in den letzten Tagen ausgespäht.

~ eine Stunde später ~
In einiger Entfernung befand sich eine Ruine, die bis eben noch den verbleibenden vier Banditen jener Bande, von der sie in der Nacht davor drei getötet hatte, als Versteck gedient hatte. Nun war diese Ruine der Schauplatz eines Massackers, das von deutlich mehr Brutalität zeugte, als es die meisten Bruxae ihre Handschrift nennen. Die Eingeweide der Männer lagen über den Boden verteilt, einem fehlte der Kopf, einem anderen der Arm, der dritte war in zwei Hälften geteilt. Der vierte lag mit heruntergelassener Hose und herausgerissenen Kehlkopf auf der Seite, auch ihm fehlte noch ein weiteres Körperteil. Während die anderen weiter unten in dem zerfallenen Gebäude lagen, war er, der Anführer ein paar Stockwerke weiter oben gewesen, als er starb.
Lysira lag neben ihm, nackt, mit vollständig regenerierten Wunden und wunderschön wie eh und je. Ihre Augen waren noch tiefschwarz, die Krallen hatten sich schon zurückgebildet. Doch war sie von Kopf bis Fuß blutverschmiert. Sie schaute ihm in die leeren toten Augen und grinste. Dann fing sie an zu kichern. Wie eine Katze rollte sie sich über den Boden und gab sich mit geschmeidigen Bewegungen ihrem Rausch hin. Ihr Gesang war nun unkontrolliert, fast hatte er etwas Animalisches. Dennoch wusste die Bruxa, dass es unklug war allzu lange am Tatort zu verweilen. Noch immer singend hüllte sie sich in den Mantel und machte sich auf den Rückweg. Vielleicht trug ein Windhauch ihre Stimme bis nach Ferneck.
[https://youtu.be/aAkCvpre7w4]

~ zwei weitere Stunden später ~
Leise öffnete sich die Tür, als Lysira zurück ins Haus kam. Sie hatte in der Zwischenzeit gebadet, sich das Blut vom Körper gewaschen und ihr Parfum neu aufgetragen. Ihre Haare waren noch nass. Inzwischen war ihr Rausch abgeklungen und abgesehen von der Tatsache, dass sie nackt war und einen blutverschmierten Mantel über dem Arm trug, wirkte sie wieder wie eine gänzlich unschuldige junge Frau.
Sie trat ein und ließ den Blick schweifen. Ob Sarray wohl noch wach war?
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Sarray Cestay
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Datum: 30. Juli 1278, nach Mitternacht
Betrifft: Sarray, Lysira,

Die Zwergin schlief, leicht und unruhig, aber sie schlief. Auf dem Tisch befand sich ein Teller mit krümeln darauf, der obligatorische, halb leer gegessene Beute mit Nüssen, die fast leere Kanne mit dem Kräutergebräu und eine Tasse mit einigen Streifen Teesatz am Boden.
Die kleine Blondine hatte tatsächlich gegessen und getrunken.
Sie stank zwar noch immer verschwitzt und kränklich, stand aber lange nicht mehr an der Schwelle des Todes. Zäh, so eine Zwergin. Äußerst zäh.
Als Lysira sich näherte, nackt wie wer auch immer sie geschaffen hatte, blinzelte Sarray, machte große kugelrunde Augen, begann zu Lächeln.
Du bist tatsächlich wieder da.“, seufzte sie glücklich und schlug die Decke zurück, damit die Bruxa zu ihr schlüpfen konnte. „Müssen Bruxa schlafen? Dann leg dich zu mir. Morgen suchen …“
Sie gähnte, blinzelte, drohte wegzudriften. „…morgen suchen wir das was anzu..anzu…“
Der Gedanke entfleuchte ihr. Sie war zu müde zum Reden. Zu erschöpft. Aber glücklich in genau diesem Moment. Das ihre menschliche Freundin verschwunden war, wusste sie in diesem Moment nicht. Noch nicht.
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Die Bruxa erwiderte das Lächeln und ließ den Mantel fallen. Er fiel zu Boden wie ein Stein und klimperte beim Aufprall. Sie war sichtlich erleichtert, dass es Sarray wieder gut zu gehen schien.
Kurz zögerte sie, nicht sicher ob es so eine gute Idee war, sich nun zu der kleinen Blondine zu legen. Zum einen wegen derer Gefühle, zum anderen war das mit der Nähe auch sehr schnell zu eng.
Andererseits hatte sie längere Zeit nicht mehr geruht und vielleicht wäre es sinnvoll, angesichts dessen, dass ja ein Hexer in der Nähe sein Unwesen trieb. Zwar hatte sie mal wieder ein solches Schlachtfeld hinterlassen, dass die meisten Hexer es kaum mit einer Kreatur wie ihr in Verbindung bringen würden, aber man konnte es ja nie sicher wissen.
Außerdem wusste Sarray ja woran sie war - was auf die meisten Frauen, mit denen Lysira im Laufe der Jahrhunderte etwas gehabt hatte nicht zutraf.
Also kam Lysira in einer fließenden Bewegung zu Sarray ins Bett. „Lass uns das morgen besprechen“, hauchte sie der Zwergin ins Ohr und legte sich hinter sie. Nun war sie wieder warm und ihre Haut war so makellos und weich wie in der Nacht zuvor. Sie gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Ihre Lippen waren nun wieder von einem solch intensiven rot, dass sie geschminkt wirkten.
Dann streichelte sie die kleine Frau, bis sie wieder eingeschlafen war. Noch eine Weile blieb Lysira wach und schaute ins Leere, während Erinnerungen von mehreren Jahrhunderten in ihrem Geiste vorbeizogen. Dann schloss sie die Augen und verharrte in der Position, regungslos. Herzschlag und Atem gingen langsamer und schwächer, bis beides kaum noch wahrnehmbar war. Es war ein Ruhezustand, der mit Schlaf nur wenig zu tun hatte, denn ihr Geist blieb wach, während ihr Körper alle Sinneswahrnehmungen und den Energieverbrauch auf das allernötigste reduzierte. Nun entschwand sie vollkommen in der Erinnerung mit dem Vorsatz, zurückzukehren, bevor Sarray erwachte, damit sie sich nicht erschreckte und Lysira für tot hielt.
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ERZÄHLER
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In den frühen Morgenstunden erwachte erst die Bruxa und kurze Zeit später auch Sarray. Das Fieber der Zwergin war nun abgeklungen und so kam es, dass die beiden nicht voneinander lassen konnten, obgleich Lysira bereits plante, weiterzuziehen, sobald Ljerka zurück war. Noch ahnten die beiden nicht, dass es dazu nicht kommen würde.
Schwer atmend lagen sie nach ihrem Liebesspiel nebeneinander, als schon die Morgenröte durch das Fenster fiel. Noch eine Weile betrachteten sie das Farbenspiel am Himmel, ehe sie sich aufrafften um sich um naheliegende Alltagsangelegenheiten zu kümmern - allem voran Sarrays Frühstück. Auch nutzte die Zwergin die Zeit, um sich die Reste des Fiebers vom Körper zu waschen und wo sie schonmal dabei war wurde auch die Kleidung einer gründlichen Reinigung unterzogen, wobei Lysira recht erstaunt darüber schien, dass man Kleidung tatsächlich auch waschen konnte und nicht zwangsläufig entsorgen musste, wenn sie schmutzig war. So verlief der Vormittag recht ruhig, von Ljerka fehlte jedoch jede Spur. Noch schien den beiden nicht in den Sinn zu kommen, dass etwas nicht stimmte.
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Sarray Cestay
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Den Vormittag verbrachten die beiden mit Essen, reden und gelegentlich im Bett.
Sarray ging es gut. Hervorragend sogar. Die Wunden waren bereits verheilt und nur noch feine rot leuchtende Striche zeugten davon, wie knapp sie dem Tod von der Schüppe gesprungen war. Die Zwergin ahnte, womit das zu tun hatte, sprach es aber nicht an. Noch nicht.
Sie futterte, trank, wusch sich und die zwei unterhielt sich. Bis Sarray sich am Mittag gut genug fühlte.
Sie kochte sich und ihrer Gefährtin Kaffee. Das Zeug, dass Ljerka selber anbaute. In ihrem konnte man einen Löffel aufrecht hineinstellen, so viel Zucker war darin.
Die Zwergin kletterte auf den hohen der beiden Stühle und sah zu Lysira. „Ich glaube…wir sollten reden…“, begann sie das längst überfällige Gespräch.
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Je weiter der Tag voranschritt, desto stiller, nachdenklicher schien Lysira zu werden. Sie rechnete jeden Moment mit Ljerkas Rückkehr und sie hasste Abschiede. Zudem wusste sie, dass es eigentlich noch keinen triftigen Grund für sie gab, fortzugehen. Sie verspürte eine gewisse Wehmut, zugleich war ihr hier schon wieder zu vieles vertraut und es kam ihr vor, als konnte der Schmerz der Vergangenheit sie jederzeit einholen.
Sarray war ihr ans Herz gewachsen, daran gab es nichts zu leugnen. Und sie sehnte sich danach zu vertrauen, eine Freundin zu haben, mit der sie teilen konnte, was sie bewegte. Doch wusste sie auch, dass die Lebenszeit der Sterblichen begrenzt war. Auch trug die Bruxa die Lasten jahrhundertelangen Leidens auf den Schultern. In den frühen Morgenstunden hatte Sarray ihr erzählt, dass sie ein halbes Jahrhundert Lebenszeit zählte. Zeit hatte so unterschiedliche Dimensionen, je nachdem aus welchem Blickwinkel man sie betrachtete.
Dieses eigenartige Gebräu, das Sarray ihr da hinstellte riss Lysira aus ihren Gedanken. Sie schaute auf. Der Geruch stach ihr unangenehm in die Nase, aber sie bedankte sich und nippte an der noch kochend heißen Flüssigkeit. Der Schmerz den die Hitze verursachte half ihr, ins Hier und Jetzt zurück zu finden, doch kaum wirkte sie weniger abwesend, ließen ihre Augen eine tiefe Traurigkeit erkennen. Auch war da Sehnsucht… und… Müdigkeit?
Bitter war der Geschmack, erst war es ihr nicht aufgefallen, da die brennende Hitze jede andere Eigenschaft der Flüssigkeit in den Hintergrund zu stellen schien.
Metallisch glänzende Augen richteten sich auf Sarray.
„Worüber sollten wir reden?“, fragte Lysira. Die aufgesetzte Unschuldsmiene gelang ihr nicht. Sie senkte den Blick und wandte ihn dann zerknirscht ab. Schlechtes Gewissen…
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Sarray Cestay
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„Über dich. Darüber, was dich umtreibt. Ich verstehe, dass du auf der Flucht bist. Aber wie kam es dazu? Was ist dir zugestoßen? Woher kommst du? Und willst du immer auf der Flucht bleiben?“
Sarray nahm einen großen Schluck Kaffee. Ein Getränk der Götter.
Das Koffein tat ihr fast genauso gut wie der Zucker.
Ich spüre, du sehnst dich nach etwas. Wenn es mir möglich ist es dir zu geben…sag es mir.“
Die Zwergin war angespannt, aber was raus musste, musste raus.
Es war nicht ihre Art, mit etwas hinter dem Berg zu halten. Sie war, wie sie war. Gerade heraus. Immer.
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Schwere Wimpern senkten sich erneut, Lysira schluckte schwer. Als sie wieder aufsah, schien dieser traurige und müde Ausdruck in ihren Augen noch intensiver.
„Ich bin es dir wohl schuldig… wenn jemandem, dann dir…“, sagte sie leise.
„Meine Heimatstadt ist Marcuthe in der Welt Artumra. Einst riss die Sphärenkonjunktion ein Portal zwischen diese Welt und unsere. Viele Rasna wandelten zwischen den Welten. Auch ich kam oft in diese Welt, um die Sonnenaufgänge zu sehen. Und eines Tages, da war das Portal plötzlich verschlossen, meine Siostras und ich konnten nicht mehr zurück. Damals war ich noch ein Kind.“
Kurz machte sie eine Pause, schaute einen Moment ins Leere.
„Ich habe den Überblick über die vergangenen Jahrhunderte verloren, weiß nicht mehr, wie viele es waren. Irgendwann da kommt einem die Ewigkeit so vor wie ein einziger sehr langer Tag.“
Endlich wandte sich ihr Blick wieder Sarray zu. Sie holte tief Luft, denn nun kam der schwierigere Teil.
„Als Bruxae waren meine Siostras und ich den höheren Rasna in jeder Hinsicht unterlegen. Es gab einen besonders machthungrigen Rasna namens Khagmar, der sich diese Welt zu Eigen machen wollte. Er verpflichtete uns ihm zu dienen. Doch neigte er zu Wahnsinn und Willkür. Unsere Sitten sind generell rauer, als die meisten dieser Welt.“
Ein Funkeln trat in ihre Augen.
„Ihr Name war Orianna. Sie war meine Siostra. Stolz wie sie war, bereitete es ihr am meisten Schwierigkeiten, sich Khagmars Willen zu unterwerfen. Je belastbarer der Körper, desto brutaler können Bestrafungen ausfallen, ohne, dass eine Dienerin ausfällt. Ich ertrug es nicht, sie leiden zu sehen, also nahm ich alles auf mich, wurde zum Spielzeug seiner Launen und zum Zeitvertreib jener, die ihm ergeben waren.“
Wieder schluckte sie schwer, senkte den Blick. Plötzlich schien es sehr klar, woher die Narben, die Lysira zwischen ihren Schenkeln trug stammten und in welchem Zusammenhang es dazu gekommen sein mochte. Doch sie machte weiter, nun schien sich eine Distanz zwischen ihr und ihren Worten aufzubauen.
„Eines Nachts versuchten Orianna und ich zu fliehen, wir hatten zum ersten Mal wirklich Hoffnung, dass unser Plan gelingen konnte. Aber es ging einiges schief. Zumindest gelang Orianna die Flucht, während ich Khagmars Männer beschäftigte. Unsere Aktion kostete unserer Siostra Marya das Leben und ich wurde gefoltert. Ob Tage, Wochen, Monate oder Jahre vermag ich nicht zu sagen, denn irgendwann verließ ich meinen Körper. Ich erwachte auf einem Schlachtfeld, das ich selbst verursacht hatte. Khagmar wurde gestürzt und ich verbannt.“
Erst jetzt zeigte sich der Schmerz in voller Ausprägung in den metallischen Augen, die nun feucht glänzten.
„Was mich davon abhielt, Orianna wieder zu sehen, als ich endlich frei war, weiß ich nicht… ich konnte es einfach nicht. Vielleicht waren es die Erinnerungen, vielleicht lag es auch daran, dass jede Art von Gefühl unvorstellbar schmerzte. Ich habe sie geliebt, zu sehr… aber was geschehen ist, hat mich verändert. Lieber war es mir, dass sie mich in Erinnerung behielt, wie ich damals war. Bevor ich zu dem Monster wurde, das mich seither verfolgte. Es vergingen mehrere Jahrhunderte, bis ich entschied, zurückzukehren. Sie starb wenige Tage vor meiner Ankunft…“
Ihre Stimme brach ab. Sie erstarrte, schwieg, starrte ins Leere, schien nun sehr abwesend.
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