Die Strasse Richtung Nowigrad

Velen ist die nordwestlichste Landschaft der Königreichs Temerien im Mündungsgebiet des Pontar. Sie grenzt, durch den Pontar getrennt, im Norden an das Königreich Redanien und im Westen an das Nördliche Meer. Zudem ist Velen durch zwei große Brücken mit Oxenfurt und Novigrad verbunden und ist daher ein wichtiger Handelsdurchgang zwischen Temerien und Redanien.
Velen wurde von Krähenfels aus regiert - Krähenfels ist eine Palisadenfestung im Herzen Velens mit ungefähr 50 Einwohnern. Der Blutige Baron, der in Krähenfels regierte, ist allerdings für unbekannt Zeit verreist.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Sein Hund. Eilig nickte er, war ja egal, Hauptsache der Zwerg nahm die Armbrust runter. "Ja. Erst Ritter... dann Wolf. Verstehen?", er mischte einfach das bisschen Gemeinsprache mit seiner kruden Version der Älteren Rede und sah erleichtert zu, wie der Zwerg die Waffe schließlich sinken ließ. Er wirkte etwas derangiert, was wohl der Bandit verursacht hatte, über dem der Wolf stand. Der Mann schien mehr tot als lebendig und Jakob zwang sich einfach, nicht genauer hinzu sehen, was die Wut des kleinen Mannes aus dem Körper gemacht hatte. Er hoffte nur, dass das Jarel-Wolfmonster jetzt nicht anfing, den Toten anzuknabbern, denn dann hätte er allmählich wirkliche Schwierigkeiten mit dieser Respekt-und-Vertrauen-Sache dem Ritter gegenüber. Überhaupt würde er das erstmal verarbeiten müssen. Grundsätzlich herrschte Waffenruhe zwischen Tempelrittern und Werwölfen, einfach aus Gründen der Priorisierung, und man tauschte auch hier und da Informationen über Nester oder Geschäfte der Blutsauger. So war eine große Razzia mit Ausheben eines Lagers voller Blutkonserven und Ghuls auf Betreiben des New Yorker Rudels erfolgreich durchgeführt worden. Aber Freund war man mit ihnen dennoch nicht. Wer Menschen schlachtete oder infizierte, wurde gerichtet.
Arias Hand verschwand aus seiner, hinterließ Kälte und sorgte dafür, dass er den Kopf wandte, um ihr nachzusehen. Das Nachthemd formte südlich seiner Lederjacke, die die immer noch um die Schultern trug, mehr ab als es verbarg und ihr schwingender Gang ließ ihm schon wieder die Hitze das Rückgrat hinunter rinnen, trotz der klammen Luft. Doch sie ließ ihn einfach stehen, um ihre Kutsche zu kontrollieren und sich umzuziehen... Die Tür der Kutsche fiel zu und er versuchte sich einfach nicht vorzustellen, wie sich sich aus dem nassen Hemdchen schälte. Schlimm genug, dass seine Jacke gleich nach ihr riechen würde. So verteufelt gut.
Durchatmen. Ablenken.
Also ging Jakob zu Thorben, nicht das der es sich noch anders überlegte. Auf dem Weg fischte er dessen Hut aus dem Dreck, ohne den der Zwerg seltsam unvollständig auf ihn wirkte.
"Seltsame Welt, eure. Zauberei und Monster..." Und Elfen und Zwerge. Als würden ganz normale Wegelagerer nicht genügend Probleme verursachen. Er stülpte Thorben den Hut auf den Kopf. Aus der Nähe betrachtet sah dieser nicht nur derangiert aus, sondern auch angesengt und übersäht von Schnitten. Der Mantel schien das Meiste abgefangen zu haben, hatte dafür aber Federn gelassen. Da Aria sich entschieden hatte, lieber mit dem Wolf zu schmusen und Slava aussah, als würde er Thorben gleich auf den Spieß stecken, hielt er selbst sich an diesen. Warum, konnte er selbst nicht so recht sagen und auch nicht, ob er dazwischen gehen würde. Es war ja noch mal gut gegangen. Vielleicht konnte der Zwerg ja auch gar nichts dafür und die Akkus von den ollen Dingern waren einfach Fratze.
"Brauchen Hilfe? Binden... Banden...?" Er krauste die Stirn, hob die Brauen. "Abdichten du?" Dazu machte er eine wickelnde Geste um seinen eigenen Arm.
Aria ließ ihn nun betont links liegen - war vielleicht besser für alle, aber er konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken um ihre kurze Zweisamkeit unter der Eiche kreisten und er sich zu fragen begann, was er da wohl ausgeschlagen hatte. Zum ersten Mal in seinem noch jungen Leben wünschte er sich irgendwas, um den Schmerz zu betäuben, den ihre Abweisung und das jähe Ende dieser nicht mal wirklich zum Anfang gekommenen Beziehung herauf beschwor.
Ablenken. Einfach weiter Ablenken. Bald würden sie in dieser Stadt sein, Aria würde ihren Kaufmannssohn heiraten, der ihr die Flotte lieferte, die ihr Land brauchte. Und er würde einem Orden beitreten, dessen Struktur und Regelwerk ihm wieder zu Stabilität verhalf. Ganz sicher.
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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Slava hatte geflucht und schließlich den PDA ausgeschaltet und wieder eingesteckt. Er hatte sich auch den von Jake zurückgeben lassen, mit Thorben musste er noch ein ernstes Wort reden.
Zu ihrer aller Glück brachte der Wolf sie zurück zum Lager, wär der nicht gewesen... So schräg die Vorstellung auch war, er hatte sich als nützlich erwiesen.
Der Weg zurück führte der Wolf sie vorbei an den drei Männern die er Letzen Endes erledigt hatte.
Auch wenn sie blutüberströmt waren und stanken als hätten sie seit 3 Wochen kein Wasser mehr gesehen - was vermutlich auch genauso war - durchsuchte er sie. Es war schon eine Gewohnheit und in der Zone hatte er alle Berührungsängste bereits abgebaut. Er fand ein paar Münzen in ihren Beuteln und etwas persönlichen Kram, Schleifsteine, Zunder und kleines Werkzeug Das alles packte er ein. Schwer zu sagen, was die Münzen Wert waren, aber besser als nichts. Ihre Dolche und die kurzen Schwerter dagegen ließ er liegen. Die Rüstungen hätten vielleicht nützlich sein können, aber sie waren ihm zu blutig und noch war er nicht bereit, seine Kleidung einzutauschen. Allerdings war ihm klar, dass er das bald würde tun müssen.
Und er konnte auch eine Rasur vertragen fiel ihm bei der Gelegenheit ein.
Seine Finger strichen über seinen Mehrtagebart.
Allerdings passte ein Vollbart vielleicht ganz gut in so eine Welt.

Der Wolf brachte sie tatsächlich zuverlässig zurück...
Zwerge, Elfen... und Werwölfe.
Er ließ sich durchaus mit seinem Weltbild vereinbaren, dass es andere Humanoide Rassen gab, spitze Ohren und klein und stimmig war nicht so abwegig wie man auf den ersten Blick annehmen mochte. Schwarze und weiße Hautfarbe und die Diversität zwischen Europäischen und Asiatischen Völkern... all das bot eine viel breitere Variation. Oder nahm man die ausgestorbenen Hominiden, der Neandertaler und all die anderen... vielleicht hatten sich die Zwerge in einer anderen Wirklichkeit daraus entwickelt, es fiel nicht schwer, sich Thorben als späten Nachfahren eines Neandertalers vorzustellen, und Irgendwo dort in dem Baum der Menschheitsgeschichte fanden in seiner Vorstellung auch Elfen Platz, aber keine Werwölfe. Wie konnte sich ein menschlicher Körper so transformieren? Wie konnte er plötzlich Fell produzieren, die Statur derart verändern? Das war nicht plausibel erklärbar.
Vorerst musste er es irgendwie akzeptieren, auch wenn es partout nicht in seinen Kopf wollte, dass das gerade wirklich geschah.
So stand er nur daneben als Sie das Lager erreichten und Thorben schon den Wolf erledigen wollte.
Jake und Aria wussten es zu verhindern.

Und zurück am Lager sah er das ganze Ausmaß der Bescherung. ein PDA lag am Boden, jemand war wohl draufgestiegen, der war vermutlich nun unbrauchbar, der zweite lag ebenfalls im Gras. Es hatte ein Kampf stattgefunden und auch hier war ein toter Bandit zu finden.
"Verfickte gestapelte Hurenscheisse... Kann man dir nichts in die Hand geben, ohne dass du es zerstörst!" fluchte er, als er die PDAs wieder einsteckte.
"Das hätte uns das Leben kosten können... Zum Glück ist dieser verfluchte Ritter auch noch ein verdammter Werwolf, sonst hätten wir lange suchen können!"
Was kaputt war würde er sich später ansehen, vielleicht war es zu reparieren, vielleicht auch nciht.
Aber es war sinnlos, den Zwerg länger anzuschreien, er hatte ihm das Ding gegeben, womit hatte er denn gerechnet?
Natürlich spielte er wie ein Kind damit herum.
Und andererseits hatte er ihm eine Armbrust gegeben, das musste er ihm auch irgendwie anrechnen...
"Verdammte Schieße nochmal..." und wie sollte er ihm auch böse sein... dem Zwerg mit den versengte Augenbrauen.
Allerdings hatte das nun dazu geführt, dass er die Kompetenz der Anwesenden weit herabgestuft hatte. Der Ritter hatte sich als einigermaßen fähig erwiesen, Werwolf hin oder her... in dem Jungen steckte vielleicht auch mehr als man zunächst wahrnahm, davon war aber wenig was man als Rückgrat verwenden konnte. So übernahm nun er das Kommando.
Einen Moment noch blickt er den Wolf an.
"Wie ist es jetzt... wirst du dich jetzt zurückverwandeln?"
Doch der Wolf machte auch nun keine Anstalten, statt dessen schien er längst beschlossen zu haben, dass er noch etwas zu erledigen hatte.
"Er wird uns schon wiederfinden... er hat auch Aria gefunden. Also los."
Er war bei dem Befehlston geblieben.
"Wir brechen auf. Packt alles zusammen!" entschied er im Kommandoton. "Aria, Jake, spannt die Pferde vor die Kutsche! Packt Jarels Sachen ein! Thorben, räum auch deine Kram auf. Wir brechen jetzt auf."
Sein Rucksack war wie immer am schnellsten gepackt, auch wenn mittlerweile alles stand vor Dreck, sein Schlafsack, die Plane... und es gab wohl hier keine Waschmaschinen. Aber damit würde er sich noch auseinandersetzen müssen.

Dann kam ihm ein Gedanke.
Er schnappte sich Jarels Sattel, die Satteldecke, das Zaumzeug. Alle Gurte waren so wie er es abgenommen hatte, das machet es leichter.
Grob wusste er ja wie es ging, sein Onkel hatte es ihm seinerzeit geduldigste erklärt. Damals war es ihm nicht wichtig gewesen, was interessierte es einen Jungen oder einen Teenager, wie man ein Pferd sattelte. Trotzdem war das eine oder andere hängengeblieben.
So voll beladen trat er an das gigantische Tier heran. Aus der Nähe wirkte sie noch größer als mit etwas Entfernung.
"Also gut, du Tier... Mariposa war dein Name, oder? Dein Ritter wird nicht gleich zurück kommen, entweder wir spannen dich vor die Kutsche, oder ich versuche mich als Reiter."
Er klärte er ihr auf Russisch. Nicht dass er annahm, sie würde irgendein Wort verstehen, aber ein ruhiger Tonfall konnte bei einem Pferd Wunder wirken.
Während er ihr die Satteldecke überstreifte und dabei darauf achtete, dass das Fell darunter nicht gegen den Strich gelegt wurde beobachtete er ihre Reaktion. Die Ohren zuckten zwar misstrauisch, aber sie stand still, wie um abzuwarten ob er alles richtig machte.
Dann kam der Sattel. Er achtete auch hier darauf, ihn nicht mit zu viel Schwung auf den Rücken des Tieres fallen zu lassen und auch nun blieb sie ruhig.
Den Gurt zurrte er erst ein wenig fest, vorsichtig hatte er ihn unter ihrem Buch hindurchgezogen. Dort musste man am meisten aufpassen, das war bei Pferden die verletzlichste Stelle, eine zu hektische Bewegung und man war mit dem Kopf in Reichweite der hinteren Hufe.
Aber das Tier war groß, auch das machte es ihm leichter.
Er kannte die eher kleine stämmigen Steppenpferde Sibiriens, ungeduldige und oft launische Biester, dagegen war sie pflegeleicht.
Aber er erinnerte sich auch noch rechtzeitig daran, dass man wartete bis das Tier ausatmete um dann nachzugurten.
"...den Trick kenne ich..." er zwinkerte ihr zu und zog dann den Gurt fest.
Nun das Zaumzeug mit der Trense... auch das bekam er irgendwie über den Schädel des Tieres. Während er so seit langem mal wieder ein Pferd gesattelt hatte waren die anderen auch fertig geworden und Kutsche und Wagen standen bereit auf dem Weg.
Aufsteigen war die nächste Herausforderung, das Tier war doch wesentlich höher als ein Motorrad. Dennoch gelang es ihm, wenn auch nicht auf Anhieb.
"Und nun los... einfach den anderen folgen."
Und sie setzen sich in Bewegung.
Er ritt neben ihnen her, ließ sich manchmal zurückfallen, ritt manchmal ein Stück vor. Es sah vielleicht so aus als erkunde er die Umgebung, tatsächlich probierte er aus, worauf das Tier reagierte, Schenkeldruck, Gewicht verlagern. Wenn er nciht jeden Weg zu Fuß zurücklegen wollte würde er sich wohl ans Reiten gewöhnen müssen, auch das war ihm klar geworden, und das übte man am besten mit einem so großen und gutmütigen und sicher auch gut trainierten Tier wie dem des Ritters.
Außerdem war ihm jetzt weder nach Konversation noch nach Gesellschaft. Er wollte mit seinen Gedanken alleine sein.
Werwölfe, Geister und Banditen.
Was für eine Verfluchte Welt.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Der Wolf starrte auf den fast toten Banditen. Und knurrte.
Doch nein! Das hörbare Knurren kam nicht aus dem geschlossenen Maul des Tieres, sondern aus der Magengegend.
Er starrte den besiegten Banditen immer noch an, konnte den Blick nicht abwenden.
Die Flanken des Tieres hoben und senkten sich in tiefen, beinahe krampfhaften Atemzügen.
Das immer noch heraussickernde Blut roch frisch.
Gut.
Nahrhaft.
Köstlich.
Er hatte Hunger. Großen Hunger.
Wieder knurrte sein Magen.
Unbewusst stellte er den Kragen auf und begann zu zittern, immer noch auf den sterbenden starrend.
Hunger.
Das Tier in ihm versuchte in den Vordergrund zu rücken. Seine Instinkte meldeten sich lautstark und verlangten nach Gehör. Nachdrücklich.
Hunger.
Er wusste was geschehen würde, wenn er das nicht verhindern konnte.
Hunger.
Mühsam riss er den Blick vom Sterbenden los.
Hunger!
Das Tier fuhr auf der Stelle herum und schoss mit großen Sätzen aus dem Lager, zurück in den Wald.
Er rannte. Lange, platzfordernde Sätze. Kraftvolles Zusammenspiel von Muskeln und Sehnen. Was für ein wundervolles Gefühl! Reine Freiheit. Ein perfekt arbeitender Körper, schnell, stark. Gesund!
Weit genug vom Lager Weg ließ er seine Beherrschung fallen, in der Hoffnung, dass er aus den Untiefen des Blutrausches rechtzeitig zurückfinden würde, um zur Gruppe zurückkehren und sich zurückverwandeln zu können.
WENN er zurückfand. Wenn nicht, würde er niemanden der Gruppe wiedersehen.
Und auch nicht Ljerka.
Ljerka…

Hätte ihn jemand aus der Gruppe ihn in den nächsten Stunden gesehen, sie oder er hätte das Tier nie wieder in die Nähe gelassen. Und Jarel vielleicht auch nicht. Eine instinktgesteuerte, hungrige Bestie, die sich nicht mit der Sau zufrieden gab die er als erstes gestellt und gerissen hatte.
Seine „Hauptmahlzeit“ war ein kapitaler Hirsch. Das Rudel halb verhungerter wilder Caniden, mit der er seine Beute vielleicht einfach geteilt hätte, wäre er mehr Mensch gewesen, hatte kaum Zeit den Angriff auf den schwarzen Jäger zu bereuen.
Erst als er vollkommen satt war trat die Bestie im Bewusstsein des Wesens zurück und der Mensch im Wolf wieder in den Vordergrund. Aus Instinkt wurde wieder Verstand. Glück gehabt.
Zeit, zur Gruppe zurückzukehren.
Er wollte gerade aufbrechen, als er ein klägliches Winseln hörte.
Ohje… was hatte er getan?
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Thorben Denger
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Thorben zuckte gleichgültig mit den Schultern und ließ die Waffe sinken. Mit der freien Hand rückte er den Hut noch ein wenig passender auf seinem Schädel zurecht und nickte Jake für dessen Rettung dankend zu.
"Ah, ein Werwolf,... oder sowas. Verstehe."
Als wenn es das Normalste von der Welt gewesen wäre. Werwölfe gehörten zum Lokalkolorit dazu, wie auch Geschichten über Geister und Vampire. Jeder kannte wen, der wen kannte, und so weiter, und so fort. Aber trotz seiner Reisen und Abenteuer hatte Thorben letztendlich noch nie mit einem Werwolf zu tun gehabt oder mehr, als nur Kneipengetratsche darüber gehört. Es war eines dieser Dinge, über die man viel mitbekam, die man aber nie selbst erlebte. So wie Vorspiel oder vegetarische Ernährung. Und so, wie er gerade die unglaublich aggressiven und abergläubischen Menschen kannte, war wohl bereits so mancher Mann grundlos erschlagen worden, der ein wenig mehr Körperbehaarung als üblich vorweisen konnte oder nach einem Stelldichein, nachts nackt im Wald gesehen wurde. Und natürlich war das alles Öl im Feuer der Gerüchteküchen. Eigentlich hätte Thorben fasziniert sein sollen, nun einmal einen richtigen Werwolf zu Gesicht zu bekommen. Letztendlich hielt sich seine Begeisterung aber in Grenzen. Vielleicht, weil all diese Geschichten das Thema so extrem trivial gemacht hatten.
"Tja, Junge,... sollte Dir zu denken geben, wenn mich das weniger wundert, als die Tatsache, einen Ritter der Flammenrose getroffen zu haben, der brauchbar und kein Mistkerl ist."
Zwar nutzte er die Gemeinsprache, da er sich bewusst war, dass sein Elfisch doch ein wenig eingerostet war und ihm ärgerlicherweise auch ausgerechnet das Wort für 'Mistkerl' nicht einfiel. Aber er sprach langsam und deutlich.
"Zauberei und Monster..." sinnierte er leise über Jakes Worte. "Ansichtssache würd' ich mal sagen. Für uns wär' eine Welt ohne wohl seltsam und ungewohnt."

Auf Jakes Hinweis hin, blickte er an seinem Bein hinab. Aus dem Riss, den der Armbrustbolzen auf seiner Lederhose hinterlassen hatte, quoll kaum noch Blut.
"Hrmpf" machte der Zwerg und weitete das Leder noch ein wenig. Dann träufelte er ein wenig Vodka über die Wunde und trank einen tiefen Schluck.
"Desinfektion von innen und von außen. Mehr braucht ein Zwerg nicht."
Er blickte zu Jake hinauf und musterte den Knappen eindringlich. Thorben war jetzt kein Genie, was Menschenkenntnis und solch ein Weichspülzeugs anging. Aber jeder Depp konnte an den gequälten Gesichtszügen des Jungen sehen, dass etwas in diesem vorging. Er reichte Jake die Flasche, ohne auf die übliche Ablehnung zu warten. Mit einem gemurmelten "Du siehst aus, als bräuchtest du auch ein wenig Ablenkung." wendete er sich ab und ging davon.

Aria überfiel ihn beinahe mit ihren freundlichen Worten und dem sanften Kuss auf seine Stirn. Für einen Moment stand er völlig perplex und steif da und tatsächlich wurde er sogar ein wenig rot! Thorben Denger! Peinlich berührt! Markiert es in Euren Kalendern!
"Na, wenn du das mal weißt, Prinzessin!" murmelte er verlegen aber dennoch mit dem üblichen Bravado vor sich hin.
"Thorben Denger, größter Liebhaber und Abenteurer aller Zeiten, zu euren Diensten, euer Hochwohlgeborenste!"
Ein Zwinkern folgte dem narzisstischen Gehabe und vermutlich hätte jede andere Frau wohl abwertend über den Größenwahn des Zwergen mit den Augen gerollt. Nicht aber Aria, die gute Seele.
Allerdings sah man auch ihr an, dass sie traurigen Gedanken nachhing und man musste kein Experte auf dem Gebiet sein, um zu sehen, dass sie sich den Herzschmerz mit Jake teilte. Manchmal war weniger einfach mehr und die gezwungene Unterdrückung, die gegenseitige Gesellschaft aufzusuchen, ja sogar absichtlich nicht in die Richtung des jeweils anderen zu blicken, sprach ganze Bände. Arme Menschenkinder. Und sie konnten nicht einmal was dafür. Dieses seltsame Konzept namens Liebe machte jedem zu schaffen, den es gegen seinen Willen besuchte.

Slava riss Thorben aus seinen Gedanken. Und vermutlich war es nur der lieblichen Geste und den ebenso munteren Worten Arias zu verdanken, dass sich hier kein Streit entwickelte, da der Zwerg noch zu sehr auf Wolke Sieben schwebte, als dass er sich aus der Ruhe hätte bringen lassen. Die Frau hatte es sogar geschafft, ihn für lange Zeit davon abzuhalten, die Leiche des Banditen zu fleddern und das war bei Thorbens Vorliebe für kostenloses Zeug schon bemerkenswert.
Aber was erwartete der Kerl denn von ihm, wenn er ihm seine fantastischen Spielzeuge in die Hand drückte? Dass er ruhig dasitzen und sie ignorieren würde? Der Soldat war doch selbst so neugierig, wie noch was! Ständig an allen Kadavern am rumfummeln und Fragen am stellen. Sollte sich mal an die eigene Nase packen!
Zudem war jawohl der Bandit Schuld daran, dass das eine Plättchen kaputt gegangen war. Es musste wohl während der Rangelei unter die Stiefel gekommen sein. Die Dinger mochten ja faszinierend sein, aber mit seinem Leben würde Thorben die bestimmt nicht beschützen. Undankbarer Fatzke, elendiger!
Aber er schwieg und ließ die Flüche wie Öl an sich hinab gleiten. Einzig, dass Slava plötzlich das Kommando an sich riss, verursachte beim Zwergen leichte Schnappatmung. Motzend stemmte er die Hände in die Hüfte, reckte Slava den Mittelfinger entgegen und begann selbst seine Kommandos zu geben. Es war zwar ein wenig peinlich, dass er im Grunde Slava damit nur nachäffte, aber es ging hier ums Prinzip, verdammt!

So sehr er den alten Soldaten auch in sein Herz geschlossen hatte, so zufrieden war er auch im Moment, dass dieser sich nicht erneut den Karren mit ihm teilen würde und stattdessen Jarels Pferd wählte. Die Zeit und ein paar Stunden besinnliche Ruhe auf der Straße würden die Wogen schon wieder glätten. Zumindest Thorben konnte nie lange nachtragend sein. Oh, er hatte durchaus das Langzeitgedächtnis der Zwerge, wenn es um Schulden oder richtig schwere Vergehen ging. Aber so ein kleiner Streit unter Freunden war bei Thorben immer schnell vergessen. Nicht, dass er da viel Erfahrungen gemacht hatte. Freunde waren für ihn immer Mangelware gewesen, was an der Wahl seines Berufs und der Lieblingskneipe lag. Umso dringender hatte er das Bedürfnis, seine kleine, illustre Gruppe zusammen zu halten. Entgegen seiner üblichen, monitären Vorlieben.

Vor sich hin grummelnd und darüber sinnierend, wie ihn diese merkwürdigen Leute in so kurzer Zeit bereits verändert hatten, lenkte er den Karren auf die Straße und übernahm nach Slavas Späherposition den zweiten Platz. Mal schauen, was Oxenfurt so bringen würde. Er hatte das Gefühl, dort würde sich einiges ändern.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Die Gruppe war weitergezogen und hatte an einem neuen Platz erneut ein Lager aufgeschlagen.
Mariposa hatte sich von Slava führen lassen. Das Tier reagierte am einfachsten auf Schenkeldruck und Gewichtsverlagerung und war erstaunlich folgsam. Und nicht aus der Ruhe zu bringen.
Von Jarel erst einmal keine Spur, trotzdem hatte jemand seine Felle ausgelegt. Auf dem großen Widderfell schlief Aria, das kleinere Sattelfell ganz in der Nähe wartete auf seinen Besitzer.
Die Sonne versämmerte, die Nacht brach herein. Immer noch keinen Spur vom grauen Ritter.
Erst weit nach Mitternacht näherte sich ein riesiger schwarzer Schatten dem Lager. Dieses Mal nicht ganz so lautlos, denn etwas winselte leise und piepsig.

Der Wolf näherte sich zögerlich dem Widderfell und der schlafenden Prinzessin und blieb schnaufend über ihr stehen. Ein weiteres, lautes Winseln und Weinen war zu hören.
Aria öffnete ihre Augen und sah sich irritiert um. Erst jetzt nahm sie das helle Winseln wahr und richtete sich alarmiert auf
Vor ihr - oder besser über ihr - stand der Worg.
Er hatte etwas im Fang, was dieses entsetzliche, angsterfüllte und gequälte Geräusch von sich gab.
„Was???AUS!!!“ herrschte sie den Worg an und ohne Angst griff sie seinen Kiefer um ihn zu öffnen
Arias zarte Finger bewirkten...nichts.
Doch ganz vorsichtig senkte er den riesigen Schädel, öffnete die Schnauze und legte ihr etwas regelrecht in den Schoß.
Und jetzt wurde klar: Er hatte das Tierchen nicht gefangen und fressen wollen. Er hatte es ganz vorsichtig im Nackenfell gepackt und hergetragen.
Es war ein Welpe. Eine Seite und das Schnäutzchen mit Blut verschmiert, schmutzig und mager.
Sie fing das kleine Bündel Leben auf und kümmerte sich sofort um das Kleine. Sie besah es sich und kontrollierte es auf Verletzungen. Es war heil aber etwas mager. Sie sah sich um „wo hast du das kleine her? Es braucht Nahrung!“
Er drehte den Kopf Richtung Wald. er selber war ebenfalls blutverschmiert, vor allen im Nacken und an den Flanken, die im Schein des Feuers dunkel verklebt glänzten.
Sie sah wie blutverschmiert er war. Nun stand sie auf und sah besorgt Richtung Wald. Das Kleine drückte sie wie einen Säugling, schützend an ihre Brust.
„Bist du verletzt?“
Er schüttelte langsam und etwas träge den Kopf. Dann setzte er sich mit einem Laut, der wie "MJUFF" klang, riss den Kopf in den Nacken und...gähnte, dass die Gelenke knackten.
Laut schmatzend trabte er zu einem Sattelfell, drehte drei kleine Kreise und legte sich hin. Mit unter die Rute gesteckte Schnauze schlief er augenblicklich ein.
Eine knappe halbe Stunde später lag auf dem Fell ein nackter, blutverschmierter, etwas grobschlächtiger Mann, dessen wilde graue Haare – mit einigen schwarzen Strähnen - wild sein Gesicht verdeckten. Der Ritter lag in Fötushaltung eingerollt da, zitterte gelegentlich, wachte aber nicht auf.
Als wäre da nie ein Wolf gewesen.
Der Welpe suchte Wärme und Schutz bei Aria.
Wo er hergekommen war…würde sie erst bei Tagesanbruch fragen können.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Einen Moment stand er mit der Vodkaflasche in der Hand da und sah Thorben nach, der von Aria sogleich in Beschlag genommen und in Verlegenheit gebracht wurde. Ein Anblick mit Seltensheitswert, wie er schon nach der kurzen Zeit gelernt hatte. Bekloppt wie es war, aber es ließ einen Stich durch sein Brustbein zucken - ein Gefühl, dem er wohl oder übel den Namen 'Eifersucht' geben musste. Er schimpfte sich einen Idioten, betrachtete dann doch lieber nachdenklich die Flasche, schüttelte schließlich wie für sich selbst den Kopf und ließ sie wieder sinken. Er war seinem Gelöbnis über ein Maß hinweg treu geblieben, dass es ihm schier das Herz aus der Brust riss, dann würde er es jetzt nicht für dieses Zeug brechen. Die eine Droge mit einer anderen ablösen kam ihm grenzwertig bescheuert vor. Vielleicht sollte er den Schmerz einfach annehmen wie jenen der Geißel: als reinigend und als Sühne. Er hob den Kopf, als weitere Bewegung und Geräusche ins Lager zurück kehrten.
Jarel verschwand im Wald.
Slava tobte aus diesem heraus.
Letzteres hob diesen in Jakobs Augen erstaunlicherweise etwas von Alexej ab, mit dem er den Soldaten fast schon zwanghaft immer wieder verglich. Denn sein ehemaliger Ritter war entnervend beherrscht gewesen. Seine Wut hatte man zwar zu spüren, aber nie zu hören bekommen, daher kam sie meistens so aus heiterem Himmel, dass Jakob sich über die Monate noch stärker auf die Lauer gelegt und den Menschen beobachtet hatte, um die Zeichen deuten zu lernen. Ein Unterfangen, das durch seinen Sturz in diese Welt unterbrochen worden war. Slavas Ausbruch gegen Thorben war dagegen herrlich leicht zu deuten, auch wenn er kein Wort von dem verstand, was er in allen Sprachen, die ihm zu Geboten standen, blaffte. Größtenteils wohl Russisch. Dann wieder dieses andere Kauderwelsch, dazwischen Englisch. Er behielt den Kommandoton bei, offenkundig nicht in Stimmung, sich weiter dem Schlendrian hinzugeben, der sie bisher vorwärts getragen hatte. Auch damit kam Jakob klar. Herumkommandiert werden gehörte zum Alltag eines Knappen - man musste es nicht mögen, reagierte aber irgendwann automatisch selbst ohne die Vokabeln zu kennen. Es hieß, man konnte eine Horde Knappen nur mit Grunzlauten durch einen Trainingstrag treiben. Die Betonung reichte.
Das Thorben ebenfalls anfing herumzublöken, sorgte eher dafür, dass er niemandem mehr so recht zuhörte und einfach tat, was er bisher jeden Morgen getan hatte: Kutsche einräumen, Pferde ran holen, einsammeln, was eben so rum lag. Auch die Flasche Vodka verstaute er bei dem nun gar nicht mehr so freundlich gelaunten Zwerg im Karren. Trotzdem nickte er ihm zu. Musste ja nicht wissen, dass er das Zeug mal wieder ausgeschlagen hatte. Als er sich umwandte, war Aria in der Kutsche verschwunden und Slava mühte sich in den Sattel von Jarels Riesengaul. Passte irgendwie zu Jakobs kleinem, einfachen Weltbild von den Russen: konnten alle reiten, denn außer in Moskau lebte man ja noch hinter dem Mond. Hieß also Kutsche lenken für ihn, denn Jarel blieb verschwunden. Einmal tief durch atmen - was konnte er schon falsch machen? Die Gäule würden Thorbens Karren folgen wie immer. Er kletterte also auf den Kutschbock, nahm die vier Zügel, wie Aenye es ihm gezeigt hatte in die Hände und ließ sie schnalzen.

Der Tag verging ereignislos, das Schweigen in der Gruppe empfand er nicht wirklich als unangenehm, auch wenn es die Stimmung durchaus bedrückend machen wollte. Aria kam nur aus der Kutsche, um in den Büschen zu verschwinden, Slava ritt voraus und Thorben hockte auf seinem Karren, ein kleiner Berg aus Hut und Mantel, dessen Rücken er den ganzen Tag über bewundern durfte. Von Jarel keine Spur. Jakob hing seinen Gedanken nach. Das alles war zu viel, um es mit einem Mal zu verarbeiten und er war ins stumpfe Akzeptieren übergegangen - wo sich Tatsachen auftaten, legte er diese als Fakten ab, so verrückt sie auch sein mochten. Er zweifelte nicht an seinem Verstand, denn seine Sinne zeigten ihm doch genau, was real war und mit, wie auch immer hervorgerufenen, Sinnestäuschungen hatte er noch keine persönlichen Erfahrungen. Entsprechend hatte er keinen Grund, an seiner Wahrnehmung zu zweifeln. Dazu war er vielleicht tatsächlich noch Kind genug, um alles, ob Wunder oder Wahnsinn, aufzunehmen und zunächst als Wirklichkeit zu registrieren.

Wie jeden Abend schlugen sie das Lager um ein Feuer auf, legten Felle und Decken aus, versorgten die Pferde und kochten. Es baute sich eine gewisse Routine auf, auch in der Hinsicht, dass er und Aria einander umschlichen und dann trotzdem auf dem großen Widderfell beisammen schliefen, ohne sich noch einmal zu berühren. So war er ebenfalls gleich wach, als der riesige Wolf aus dem Nichts auftauchte und einen Welpen anschleppte, der sofort Arias ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Das hier wurde wirklich langsam ein Zoo, aber wie auch immer, ihm gefiel der Ausdruck, den das kleine Tier auf Arias Züge zauberte. Also suchte er eine weitere Decke aus der Kutsche, in die sie den Winzling einwickeln konnte, während das Wolfwesen Jarel sich auf seinem Sattelfell zusammen rollte und irgendwann im Laufe der Nacht wieder menschliche Form annahm.
Jakob sah ihm dabei zu. Er hatte ihn letzter Zeit mehr geschlafen, als es für ihn normal war und so saß er die restliche Nacht wach, lauschte und beobachtete den Mann, mit dem er seinen weiteren Weg sehr wahrscheinlich beschreiten würde. Einem Werwolf oder was auch immer er war. Das musste er noch verstehen lernen. Er warf eine Decke über den Ritter, denn die kalte Nebel hielt die Gruppe noch immer gefangen und das Feuer konnte kaum etwas gegen die kriechende Feuchtigkeit ausrichten, zumal es mehr rauchte als brannte.
In den frühen Morgenstunden erwachte Jarel, nackt wie Gott ihn geschaffen hatte und mit Blut verkrustet. Ihre Blicke begegneten sich, eine stumme Absprache darin, dass Erklärungen folgen würden. Dann verschwand Jarel einmal mehr im Wald, nur um nach einer ganzen Weile sauber und halb angezogen zurück zu kommen.
Wieder das morgendliche Lager abbrechen, wieder einreihen - diesmal teilte der Ritter allerdings mit ihm den Kutschbock, während Aria sich in der Kutsche mit dem Welpen beschäftigte.

Eine ganze Weile waren sie schweigend durch den Vormittag gerumpelt, dann brach Jakob schließlich die Stille: "Jarel? Kennt man in deinem Orden das Sakrament der Beichte?"
Der Ritter nickte. "Ja. Kennen wir.", erklärte er ruhig. Ohnehin war er seit seiner Rückverwandlung noch in sich ruhender als sonst. Auch schien es, als wären da einige Strähnen des ergrauten Haares definitiv dunkler. Als hätte er im Schlaf ein halbes dutzend Jahre zurückgewonnen. Er wirkte wacher und irgendwie auf seltsame Art zufrieden.
Jarels Wandlung und alles was drumherum passiert war, beschäftigte den Knappen zwar nach wie vor, aber wie es seine Art war, lief dies als Hintergrundprozess weiter und würde unausgesprochen bleiben, bis er selbst zu einem Schluss gekommen war, der seinem Anspruch genügte oder er nicht weiter kam. Außerdem war er sich aus irgendeinem Grund sicher, dass er seine Erklärung bekommen würde, wenn Jarel es für richtig hielt. Damit konnte er leben. Entsprechend wirkte es von außen wohl, als sei nichts gewesen, obwohl es im Kopf des jungen Mannes arbeitete. Jetzt allerdings hatten andere Dinge aus dem letzten Tag Priorität, wegen denen er einfach keine Ruhe fand. Daher saß er nun schon eine Weile stocksteif neben Jarel, regte nicht einen Muskel, als sei der ganze Kerl aus Holz geschnitzt - bis auf diese eine Frage schweigsam wie ein Grabmal.
"Darfst du... würdest du...", er haderte mit dem korrekten Verb, "...sie mir abnehmen?"
"Ich darf. Und natürlich werde ich." Er richtete endlich den Blick der warmen braunen Augen auf den Jungen. "Jetzt gleich?", fragte er neutral.
Er fühlte den Blick auf sich, aber er erwiderte ihn nicht, nickte allerdings stumm.
Der Ritter reichte seinem Knappen die Zügel und verschwand kurz in der Kutsche. Als er zurück kam, trug er den Wappenrock des Ordens.
Mit durchgedrücktem Kreuz, erhobenem Hauptes und den Blick fest auf Jakob gerichtet sagte er erstaunlich melodisch ein kurzes Gebet auf und entspannte sich danach wieder.
"Nun, was hast du verbrochen?"
Die Riten des fremden Ordens waren ihm nicht vertraut, aber er nahm das Gebet einfach hin, bekreuzigte sich zur Erwiderung und sprach: "Vergib mir Vater, denn ich habe gesündigt.", auch seine Haltung und Intonierung machte den Ritus deutlich, bevor er die Hand wieder sinken ließ. Was hatte er also verbrochen... Ein tiefes Durchatmen, während er die Worte sortierte.
"Zwei Dinge.", begann er. Erstmal das weniger akute, denn das war vorbei. "Ich glaube ich habe ein Mensch gemordet. Doch Gott sagt: Du sollst nicht töten."
"Dann frage ich, was wäre geschehen, wenn du ihn nicht getötet hättest?", fragte der Ritter im aufmerksamen Ton. Er hatte die Zügel wieder an sich genommen, sah aber immer wieder aufmerksam und mit neutraler Miene zu Jakob.
Was dieser wohl sagen würde wenn er erführe, dass sein ach so edler Ritter in seinem letzten Leben ein Auftragsmörder gewesen war. Nicht aus Notwehr. Einzig weil der Krieg es erforderte und - nicht zuletzt - weil es eine Art war Gold zu verdienen, die ihm im Blut lag.
Er überlegte lange. Der Weg zog gemächlich an ihnen vorbei, tauchte aus dem weißen Nichts auf und verschwand hinter ihnen in diesem wieder. "Vieles. Vielleicht mich getötet. Vielleicht andere. Aber darum ihn töten? Ich war kopflos. Besser entwaffnen, nieder schlagen..." Er strauchelte über die Vokabeln, zuckte hilflos mit den Schultern. Er wollte sagen, dass man auch einen Mörder an das Gesetz ausliefern sollte, anstatt Selbstjustiz zu üben. So war er sozialisiert, doch es fehlte ihm einfach an der nötigen Sprachgewandtheit.
"Du sprichst von einem der Schurken, der die Kleine entführt hat?", fragte Jarel.
"Ja."
"Das ist nichts, was dir vergeben werden müsste. Du bist im Begriff, dein Leben in den Dienst der Schwachen und Hilfsbedürftigen zu stellen. Und du bist verpflichtet, dieses - dein - Leben zu schützen. Damit du der ewigen Flamme dienen kannst. Oder an wen du auch immer glaubst.", erklärte der - nicht mehr ganz so alte - Mann im Brustton der Überzeugung.
Etwas unsicher blickte er den Ritter endlich an. Das erste Mal, seit sie diese Unterredung begonnen hatten. Keine Gebete? Kein Putzdienst oder was auch immer hier das Äquivalent war? Keine Hiebe? Er wirkte sichtlich irritiert.
Jarel schmunzelte. "Wenn du dich wirklich verpflichtest, schuldest du der ewigen Flamme dein Leben. Nur ihr. Sterben darfst du nur in Ausübung deiner Pflicht oder als alter Mann."
Jakob ließ sich mit dem Rücken gegen die Wand der Kutsche fallen. "Ich muss lernen. Viel neu. Danke." Wieder schlug er das Kreuz, um den ersten Teil seiner Beichte zu beenden. Eine Angewohnheit, die er wohl so schnell nicht ablegen würde. Dann fiel er wieder eine ganze Weile in Schweigen, denn der nächste Punkt war - was? Schwieriger? Unangenehmer? Allein beim Gedanken daran begann sein Herz schon zu klopfen und er fühlte wieder Arias Haut, ihre Lippen. Als müsse er eine Fliege vertreiben, schüttelte er den Kopf.
"Das Zweite...", begann er murmelnd, stockte dann wieder.
Jarel beobachtete ihn. Legte den Kopf eine Spur schief und erinnerte dabei ein wenig an sein alter Ego. Fehlte nur noch, dass er die Ohren anklappte.
Zum Glück neigte er nicht zum Rot werden, denn der Blick Jarels war Jakob mehr als unangenehm. Er blickte erst auf die Straße, dann auf seine Stiefel und wünschte sich das hölzerne Gitter eines Beichtstuhls, das wenigstens einen Hauch von Privatsphäre suggerierte. Ansonsten blieb er reglos, die Hände locker im Schoß, die Finger verschränkt wie zum Gebet. Unnötige oder unbewusste Bewegungen, mit irgendwas spielende Finger oder zuckende Füße gab es bei ihm selten.
"Der HERR sagt: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib. Mein Ordensgelöbnis sagen: Keuschheit, Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen." Er zog sich auf Textstellen zurück, die er in- und auswendig kannte, was seine Rede zwar geschliffener machte, aber eben auswendig gelernt klang. Sobald er selbst Sätze bilden musste, klang es unbeholfen und holperig. "Aber ich begehren. Mein Fleisch schwach." Obwohl er sich zurück genommen hatte und dafür nun Arias eisige Blicke ertragen durfte, fühlte er sich schlecht. Die Sünde beginnt im Herzen...
"Jede wache Minute denken an Aria, seit... und weiß, sie denken an mich. Aber sie gehört Nächsten und ich gehöre IHM. Oder Flamme. Mein Leben wie du sagen."
"Daran zu denken...das kannst du nicht steuern. Da wäre kaum einer unserer Brüder frei von Sünde. Dein Handeln ist das, was dich ausmacht." Wieder legte er seinen Kopf schräg.
"Hast du...gehandelt, Jakob? Hast du die Kleine verführt?"
Er presste die Lippen aufeinander. Wo fing die Verführung an? Bei einem Kuss? Bei einer Berührung? Wie nur sollte er das alles in Worte fassen, was in seinem Inneren stritt? Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Genaugenommen hatte sie ihn verführt, aber das würde er nicht wagen zu sagen. Das klang viel zu sehr nach: sie wollte es doch auch.
Wieder dauerte es, aber sein Ritter war erstaunlich geduldig.
"Ein Kuss. Naja, mehr als ein... aber dann nicht mehr. Sie nicht froh, darum gelaufen in Nebel.", murmelte er schließlich kaum hörbar.
"Du hast sie nicht defloriert? Du bist vorher weggelaufen? Meinen Respekt, Junge. Meinen Respekt." Er sah ihn tatsächlich bewundernd an. "Die Kurve hätte nicht jeder noch bekommen. In deinem Alter ich sicherlich auch nicht.", gab er offen und ohne Scham zu. "Trotzdem war es nicht richtig, die Situation so brenzlich werden zu lassen. Du musst dich entscheiden. Und ihr diese Entscheidung mitteilen."
Der Ritter biss die Zähne einen Moment zusammen. "Wenn du dich für sie entscheidest, werde ich dich nicht in den Orden bringen können. Zumindest nicht, wenn du dich offen zu ihr bekennst."
Er blickte Jarel etwas schräg von der Seite an, um sicher zu gehen, dass dieser sich nicht über ihn lustig machte. Doch er sah tatsächlich offene Bewunderung und verzog die Lippen etwas gequält. "Sie gelaufen. Nicht ich." Er lehnte sich wieder an die Kutsche, blickte zum Himmel. "Sie wie Gift. Weiß nicht, ob real oder nicht. Mein Kopf streitet mit Herz. Und das ich sage. Und dann sie laufen." Er zuckte hilflos mit den Schultern, schüttelte wieder den Kopf. "Sie heiraten. Nicht mich. Punkt."
"Sagst das du oder sagt das dein Gift?", fragte er. Der Junge war ja furchtbar durcheinander. In dem Alter nur unterwegs. In einer fremden Welt. Und dann dieses Mädchen mit der bezaubernden Austrahlung. Wobei...Zauber schien genau das richtige Wort. Der Ritter atmete tief durch. Wieder verirrten sich seine Gedanken zu der Menschenfrau, an die er immer wieder denken musste, seit er...
Er räusperte sich und vertrieb die Gedanken.
"Ich weiß nicht." Es klang kläglich. Er hatte doch keine Ahnung, was echt war und was nicht. Er war noch nie in so einer Situation gewesen, noch dazu mit einer Frau, die nach eigener Aussage jedem Mann den Kopf verdrehte, ob sie wollte oder nicht.
"Ich will treu sein. Mir. Dem Kreuz. Aber großer Teil will sie." Fast zeitgleich mit Jarel atmete er tief durch, ein Synchronisationslevel, das ihn tatsächlich wieder zu diesem blicken ließ.
"Wie kann man wissen?"
Jarel lachte bitter auf. "Was ist dein erster Gedanke, wenn du erwachst? Was dein letzter, wenn du einschläfst?", fragte er- Wie immer langsam und betont, um seinen Knappen nicht von vorne herein zu überfordern.
"Was fragst du.", schnaubte der. Spätestens seit jenem Morgen gab es darauf nur eine Antwort.
"Aber ist nur Magie? Oder wirklich? Und ist nicht egal? Mein Weg ist nicht ihrer."
"Hast du sie gefragt?", fragte Jarel. "Ist Liebe nicht immer Magie?" Er grinste schief.
Er machte es ihm nicht gerade leicht. Das Spiel lief normalerweise anders - als Beichtvater sollte Jarel den Sünder wieder auf den Weg der Tugend führen und nicht in seinem sündigen Tun bestärken. Gerade kam er Jakob eher wie ein wirklicher Vater vor, der eine gute Schwiegertochter witterte.
"Woher soll ich das wissen." Ohne es recht zu bemerken, begann er abzublocken.
Er wusste Arias Antwort. Sie hatte es ihm längst gesagt, ohne es vollends auszusprechen.
"Entscheide dich. Sprich mit ihr, dann entscheide dich. Für dein Herz oder für den Orden. Lass sie nicht im Unklaren über das was kommt. Ihr quält euch beide. Erst wenn eine Wunde Ruhe findet, kann sie heilen." Jarel sah ihn ernst an.
Er hielt still und schwieg. Irgendwann schlug er das Kreuz, murmelte das Vaterunser, allerdings auf Deutsch und küsste den kleinen Anhänger an seiner Kette. Er wusste, er würde seinen Kopf entscheiden lassen - wie immer. Seinem Herzen war nicht zu trauen.
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ERZÄHLER
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So vergingen die Reisetage, der Nebel nun ein ständiger Begleiter und ein Gruß des sich immer stärker etablierenden Herbstes. Es gab Tage, da schaffte es die Sonne nicht einmal zur Mittagsstunde ganz durch die Nebelsuppe hindurch und dann waren da jene Stunden, in denen es aus dem Nebel sogar regnete. Einfach alles war nass und trockenes Brennholz für die nächtlichen Lager zu finden, wurde zu einer schier unlösbaren Aufgabe, wenn sie nicht gerade das Glück hatten, einen abgestorbenen Baum zu finden, der noch stand. Doch ein Gutes hatte der Nebel auch an sich: er sprach davon, dass sie sich einem größeren Gewässer näherten.
Am Abend eines besonders nassen Reiseabschnitts erreichten sie schließlich das Ufer des Pontar und als wolle sich die Welt für die vergangenen grauen Tage entschuldigen, riss im Norden der Himmel am Horizont auf und ließ die tiefgoldenen Strahlen der sinkenden Sonne auf das Land fallen. Als hebe sich ein Vorhang, nur um die Stadt der Denker und Künstler im rechten Licht zu präsentieren. Der Pontar erstrahlte, die Schiffe im Hafen schälten sich aus den Nebelfetzen und die roten Dächer Oxenfurts wurden von mildem Schein übergossen, während die Nebelbänke von unten zu glühen schienen.

Bild

Ein perfektes Postkartenmotiv und zusammen mit den rauchenden Schornsteinen über der Stadt hob der Anblick auch die Stimmung in der Gruppe. Eine größere Siedlung wie diese versprach Gasthöfe und vielleicht sogar ein Bad und ein richtiges Bett.
Das man die müde Reisegruppe einfach so durch die Tore ließ, mochte vielleicht an ihrem Aufzug liegen, vielleicht auch an der doch repräsentativen Kutsche oder auch dem Ritter auf seinem Ross. Auf jeden Fall gab es am Tor keinerlei Scherereien und sie fuhren durch das belebte Städtchen, hin zu einem der vielen Wirtshäuser, wo Aria geschickt und befehlsgewohnt Zimmer und Stallplätze verhandelte.

weiter in OXENFURT

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Vyacheslav Sokolov
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Lebenslauf: Slava

Slava hatte den Tag auf dem Pferderücken verbracht bis sie noch ein letztes mal Rast machten, ehe sie am nächsten morgen wohl Oxenfurt erreichen sollten.
Mehr als einmal hatte er den Autoschlüssel in der Hand gehalten. Ein einzelner Hinweis, der ihm Hoffnung gab. Er bestätigte was er schon vermutet hatte, es gab mehr als ein Portal, die Wirklichkeit war löchrig geworden und die Welten überlagerten sich.
So hätte er es beschrieben, so hatte er es wahrgenommen, in der Zone.
Das er genau das wahrnahm, was die Gelehrten dieser Welt prophezeiten, dass er einer der Vorboten der 3ten Sphärenkonjungtion war, all das ahnte er zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Sein Fluch hatte ihn immerhin verlassen. Die Zone zeigte ihm nicht länger jeden seiner Tode und er war dankbar dafür. Jeden Schritt die Befürchtung zu haben, eine Erinnerung könne ihm plötzlich zeigen wie er in den nächsten Momenten sein Ende fand... das hatte ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht, vielleicht sogar noch einen Schritt weiter. Das würde sich noch zeigen. Zwar war die Ungewissheit darüber zunächst nicht weniger beunruhigend, doch nach allem was es ihm deutlich wohler dabei, nichts mehr wahrzunehmen und deshalb auf die Illusion verfallen zu können, der eigene Tod wäre weit, sehr weit entfernt.
Diesen und ähnlichen Gedanken hing er nach während er alleine ritt.

Er war am Abend vom Pferd gestiegen, fast wäre er gefallen, er hatte nicht damit gerechnet, wie sehr die kleinen stetigen Bewegungen den Muskel belasteten.
Nicht zuletzt deswegen saß er auch etwas abseits von den anderen, schon um das Zittern zu verbergen. Es hatte begonnen. Es würde die nächsten Tage schlimmer werden, dann folgten Krampfanfälle, bis es irgendwann vorbei wäre. Aber bis dahin war es noch ein harter Weg.
Später hatte er sich doch mit ans Feuer gesetzt und sie hatten wieder zusammen getrunken.
Der Streit vom Vortag war vergessen, natürlich wurmte es ihn, dass ein PDA hinüber war, aber er wußte auch, dass den Zwerg nur begrenzt schuld traft, und so sprachen sie einfach nicht mehr darüber sondern tranken, den letzten Vodka, seinen und den Fusel den Thorben mitgebracht hatte. aber es war nötig, den Streit damit zu ersäufen.
Die Nachtwache teilte er sich mit Jake, Jarel war noch nicht zurück, Jake übernahm die erste Wache, er die Zweite.
Als der Junge ihn weckte war der Ritter zurück, nackt lag er auf seinem Fell, blutig, aber zugedeckt.
Er hatte die Verwandlung nicht gesehen, das hätte er gebraucht, so waren es nur Indizien, das hatte ihm noch nie gerecht, nicht seit er wusste, wie leicht man Zusammenhänge konstruieren konnte, und wie leicht viele Menschen das auch glaubten. Aber seit er gelernt hatte wie man überzeugend log glaubte er selbst niemandem mehr.
Er legte dem Ritter seine Kleidung, die er eingesammelt hatte auf's Lager, ehe er sich zur Wache hinsetzte.
Die Nacht und auch der nächste Morgen verliefen ruhig, der Aufbruch beinhaltete keine größeren Überraschungen und so erreichten sie in der Abenddämmerung Oxenfurt. Die Stadt, in der es Gelehrte geben sollte, die ihm weiterhelfen konnten. Slava blieb skeptisch, aber zusammen mit dem Schlüssel war es ein kleines Stück Hoffnung, an das er sich klammern konnte.

weiter in Oxenfurt.
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