Die Straßen von Pripyat

Prypjat ist einer der gefährlichsten Orte der Zone und das nicht nur wegen der Nähe zum Reaktor. Lange Zeit war die Stadt unzugänglich und die gefährlicheren Mutanten - Kontroller und Blutsauger - haben sich bisher hierher zurückgezogen.
Die Häuserschluchten sind mittlerweile fast komplett zugewachsen, und man hat es mit einem unübersichtlichen Dickicht zu tun, in dem überall Mutanten und versteckte Anomalien warten.
Seit einiger Zeit kontrollierten allerdings die 'Jäger' die Stadt, eine der kleineren Fraktionen, aber keine der ungefährlichen.
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Alexander Lebedew
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Etwa 1 1/2 Jahre war es nun her, dass er verschwunden war, und so lange und hartnäckig sie jeden Tag daran geglaubt und festgehalten hatten dass er doch noch zurück käme, irgendwann hatten sie die Hoffnung doch aufgeben müssen. Er war weg und sein Name landete auf der langen List der vermutlich im Umfeld der Zone vermissten. Er wurde nie offiziell für tot erklärt, was zwar seine Exfrau anzufechten versuchte, aber bisher ohne Erfolg. Auch wenn es in der Zone nicht wahrscheinlich war, sie würde die übliche Frist abwarten müssen. Alle Bemühungen um eine Sonderkonzession blieben vergebens. Seinen Eltern war das nur Recht, denn sie wollten daran glauben, dass ihr Junge eines Tages zurück kam. 2006 war er ja schon einmal vorzeitig für tot erklärt worden, das sollte nicht noch einmal geschehen.
Und so lange es keine Hinweise gab...
...und die gab es nicht.
Wie auch die anderen im Team hatte sich auch Schura den Verhören der internen Ermittler unterziehen müssen. Es sollte sichergestellt werden, dass er nicht desertiert war. Sein psychologisches Profil schien durchaus Anlass für diesbezügliche Befürchtungen dazu geben. Doch keiner von ihnen konnte auch nur den kleinsten Hinweis darauf geben. Auch wenn sich ihr Kommandant nicht in die Karten blicken ließ, und oft unkonventionell vorging, so hatte an seiner Loyalität für Mütterchen Russland nie auch nur der geringste Zweifel bestanden. Viktor, der kritischste unter ihnen hatte sogar spaßeshalber angemerkt, dass er wohl sogar mit einem Bild des Präsidenten unterm Kopfkissen schlief. Das kam nciht gut an beim Verhör und sie hatten in Folge damit zu tun, Viktor wieder aus der Untersuchungshaft zu bekommen, aber sie erhielten ihn wohlbehalten und sogar frisch gewaschen zurück.
Er schimpfte dafür noch viel mehr, von wegen, wenn er gewusst hätte, für welchen Verein er da arbeite, er hätte nie etwas unterzeichnet... was er auch nicht hatte.
In Folge dessen war dann auch an einigen anderen der freien Mitarbeiter Zweifel aufgekommen und eine Weile lang fehlte mehr als die Hälfte des Teams in Pripyat und es fuhren auffällig oft Armeefahrzeuge durch die Stadt. Allerdings fuhren sie auch von Zeit zu Zeit auf Anomalien, es gab Tote, weswegen sie das auch schnell wieder sein ließen. Und dann endeten die Befragungen. Markin musste sich wohl am Ende persönlich bei Arkadij entschuldigt haben, der gab es an das Team weiter. Aber das Ergebnis war, es hatte sie fast ein Jahr gekostet und Slava war immer noch weg. In der Zwischenzeit versuchten sich Banditen in Pripyat breit zu machen und auch noch allerhand andere Mutanten und sei waren auch keinen Schritt weitergekommen mit den Forschungsaufträgen.
Und Slava fehlte eindeutig.
Auch wenn Arkadij und er alles im Griff hatten, es war spürbar, dass dieser Mistkerl von einem Stalker wohl wirklich gewusst hatte was wo geschah, was auch immer sie anpackten, das Glück hatte sie verlassen. Wo es zuvor gelang, genau dem richtigen den jeweils präparierten PDA unterzujubeln oder sie gerade zufällig das richtige Artefakt dabei hatten, das mit einem Sender präpariert war, oder nur zufällig zur Stelle waren um jemandem aus der Patsche zu helfen, den sie später um einen Gefallen bitten konnten. Ob es Instinkt war, oder wie er einmal stockbesoffen versucht hatte ihm zu erklären, dass er es schon einmal erlebt hatte - bei ihm mochten nicht mehr alle Zuhause sein*, ziemlich sicher war es sogar so, aber nun zeigte sich, dass er gewusst hatte was er tat.

Schura hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. Die Kaffeemaschine war eine der Errungenschaften, für die Slava gesorgt hatte, neben fließend Wasser für eine zumindest rudimentäre Dusche. Er starrte aus dem Fenster.
Viel konnte man nicht sehen, es regnete mal wieder und es kündigte sich ein neuer Blowout an. Hinter den Panzerglasscheiben waren sie sicher und hatten meist einen spektakulären Blick. Stampeden von Mutanten gab es so nahe am Zentrum zwar nicht, dafür waren die Auswirkungen auf alles was im weitesten Sinne auf elektrischen Strömen basierte noch verheerender. Dass er hier drinnen stehen und Kaffee trinken konnte grenzte an Luxus.
Irgendwann war es dann vorbei.
Arkadij kam gerade rein. Schura blickte sich nicht einmal um, er erkannte ihn an den vielen kleinen Geräuschen, die ein Mensch machte, das Räuspern und wie er irgendwie umständlich den Kaffee eingoss.
Meist sprachen sie nicht viel, nur das nötigste was die Mission anging. Dazu gab es gerade nichts zu sagen, so standen sie eine Weile nebeneinander am Fenster.
Unter ihnen lag ein Hof, fast vollständig überwuchert und von hier aus konnte man das Hotel Polissija sehen. Auch das berühmte Riesenrad war nicht fern.
Weit entfernt hörte er Hubschrauber.

_______________
*nicht mehr alle Tassen im Schrank
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Carolyn
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von/nach: nirgendwo / Pripyat
Datum: Mai 2021
betrifft: wer immer sie hören kann
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Stürme. Sie mochte die Stürme. Sie brachten Neuigkeiten und Stille. Und sie konnte mit ihnen rennen - mit ihnen allen. Trotzdem suchte sie sich immer einen Unterschlupf, wenn der Sturm seinen Höhepunkt erreichte, wenn selbst die großen Brüder sich verkrochen und abwarteten. Doch bis dahin rannten sie, rannten als ginge es um ihr Leben und vielleicht ging es genau um das und noch mehr. Wer verstand schon die großen und kleinen Brüder?

Maschinen wie riesige Libellen in der Ferne, über dem Feld. Sie eilten zurück in ihr Nest, flohen wie alle anderen auch vor dem Sturm. Sie hatte gesehen, was passierte, wenn ein Sturm die Libellen traf. Wie Steine fielen sie vom Himmel und wenn sie auf dem Boden aufschlugen, gab es ein Feuer. Sie mochte Feuer. Aber diese Feuer hatten etwas Beunruhigendes und es stank. Doch diesmal nicht, diesmal verschwanden sie rechtzeitig.
Sie nannten die Stürme "Blowout", die Männer, die Carolyn manchmal draußen traf. Sie fand das Wort komisch und blieb lieber bei Sturm. Und die Libellen nannten sie Hubschrauber oder Helikopter. Sie waren so fantasielos, diese Männer mit den grünen Jacken und den lauten Gewehren, aus denen sie auf die kleinen und großen Brüder schossen. Und aufeinander. Wie es Carolyn schien, besonders gern aufeinander. Auch die Gewehre stanken und die Männer sowieso - nach allem möglichen. Trotzdem suchte sie immer wieder ihre Nähe, vor allem wenn sie sich mutig glaubten und dann feststellen mussten, dass Mut nicht immer klug war. Manchmal sah sie nur zu, wie sie bestraft wurden. Manchmal war sie auch hilfsbereit.

Der Sturm hatte sie in die Stadt geblasen.
Pripyat, die Geisterstadt. Hier lebten nur grüne Männer und kleine Brüder. Die großen Brüder hielten sich meistens fern, sie waren zu klug. Die kleinen Brüder suchten nach Beute - sie waren immer hungrig und so wagten sie sich auch in die Stadt, obwohl sie es nicht mochten, wenn man auf sie schoss.
Carolyn hatte den Höhepunkt des Sturms im Kindergarten verbracht. Das Gebäude mit den leeren Fenstern, den Räumen auf dessen Boden noch verrottendes Spielzeug verteilt lag, zog sie immer wieder an. Die Puppe, die nur ein Auge hatte und schon seit Jahrzehnten auf diesem Fenstersims saß - Carolyn ließ sie sitzen, denn sie gehörte genau dort hin. Ein Kind hatte sie wohl dort platziert und es hatte einen Grund dafür gegeben, der lange vergessen war. In dem Bilderbuch auf einem Tisch, dessen Lack langsam zerfiel, blätterte sie allerdings immer herum. Es zeigte Autos einen Spielplatz, eine bunte Wiese. Die Seiten wölbten sich von der Feuchtigkeit und die Farben waren dunkel geworden, doch man konnte die Abbildungen noch erahnen.
Im Waschraum tropfte ständig Wasser, obwohl längst keines mehr floss. Irgendwie suchte der Regen sich immer einen Weg entlang von irgendwelchen Leitungen und dann tropfte es tagelang, bis es wieder anfing zu regnen. Glassplitter übersähten den Boden, wo es irgendwann einmal ein Fenster zerrissen hatte. Sie piekten in die Füße.
Carolyn kletterte durch das Fenster in den Hof.
Plattenbauten erhoben sich auf der anderen Seite. Dort oben sah sie oft Licht, Bewegung hinter den Fenstern, doch sie war noch nie hinein gegangen. Sicher nur wieder grüne Männer, die seltsam schauten, wenn sie auftauchte.
Sie ging zwischen den Häusern hindurch, tauchte in einen Tunnel, der in einen Innenhof führte, den die Platten umschlossen wie Burgmauern. Dort war ein weiterer ihrer Lieblingsorte.

Der verfallene Spielplatz bot nicht mehr viel. Eine der beiden Schaukeln war noch intakt, die andere hing nur noch an einer Kette. Über die Rutsche wucherte Efeu und das Holzhäuschen, an dem sie befestigt war, war marode. Das Dach eingestürzt. Der Wind bewegte die Schaukeln leicht und die Scharniere sangen leise.
Carolyn sprang durch das mit Farbe auf den Asphalt gezeichnete Himmel-und-Hölle-Spiel, doch durch den Himmel zog sich ein dicker Riss, aus dem Löwenzahn spross. Sie blickte nach oben, drehte sich einmal im Kreis, um den Schwindel zu fühlen, wenn die hohen Häuser um sie herum taumelten und die grauen Wolken darüber vor den Augen verwischten. Ihr Rock schwang um ihre Knie.
Dann kletterte sie auf die Schaukel und stieß sich ab.
Die Scharniere quietschten, das Geräusch hallte von den Häuserwänden wider. Immer höher und höher schaukelte sie, bis es im Magen zog und sie jauchzen musste. Es ging nicht anders - das Ziehen im Magen drückte sich beim Fall der Schaukel einfach ihre Kehle hinauf und sie musste glucksen. Lachen. Jubeln. Rufen, dass es noch höher ging.
Die Scharniere kreischten, seit Jahrzehnten unbewegt und fettfrei, doch sie schwangen das Mädchen in luftige Höhen bis der Rock flog und die Locken tanzten.
Ihr Lachen hallte ebenso von den leeren Häusern zurück.
Ein seltsam fremdes Geräusch im toten Pripyat.
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Alexander Lebedew
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Lebenslauf: Schura

Sein Blick begann über den zugewucherten Platz zu wandern. Arkadij stand noch immer neben ihm, aber die Tassen waren leer.
"Ich seh mir an, was der BlowOut angerichtet hat, übernimmst du hier?"
"Klar."
Arkadij nickte nur.
"Danke. Viktor und Jura machen sich auch grade fertig."
"Klar. Seht es euch an."
Auch als Herr über Pripyat ging man nicht alleine nach draußen. Zumindest keiner außer Slava.
Es war nicht nötig zu sagen 'Passt auf' das war selbstverständlich und Floskeln benutzte man hier nicht.
Schura nickte nur und zog sich auch selbst an, Pullover, Jacke, Kapuze, Gasmaske, Handschuhe. Es schütze so mäßig gegen Strahlung, und wer nicht regelmäßig Jod und andere Medikamente einnahm biss auch ohne eine Kugel über kurz oder lang ins Gras, in dem Fall aber tatsächlich lang. Aber auch mit Medikamenten trugen sie alle schon deutliche Zeichen der Zone und das waren nicht einmal immer die offensichtlichen Narben von Verwundungen. Bei jedem wirkte es sich etwas anders aus, fleckige Haut, Symptome der Leukämie, brüchige Knochen. Und Viktor hatte seit einer Weile mit Parkinson zu kämpfen, ihm hatte der Arzt eine spezielle Medikation angedeihen lassen - wohl auch einer der Hauptgründe, weswegen er immer noch für sie arbeitete, nach all den Verdächtigungen.
Wer ein wenig mehr Verstand hatte beendete den Dienst nach wenigen Jahren, wie Ali und Lew, oder legte zumindest lange Pausen ein, wie Ulad.

Aber Juri und Viktor gehörten zu den freien Mitarbeitern, kein regulärer Sold und auch wenn sie draußen kein Haftbefehl erwartete, so hatten sie doch gute Gründe gehabt vormals in die Zone zu kommen, und das war in der Regel nicht die liebende Familie, die sie erwartete.
In einer dreieckigen Formation patrouillierten die drei nun durch die Straßen.
Etwas weiter draußen war es üblich, den Unerfahrensten vorzuschicken, wenn der auf eine Anomalie trat war nicht viel verloren und der Rest hatte eine sichere Passage. hier in Pripyat handhabten sie das etwas anders, jeder der Jäger hatte seine Aufgabe und war wertvoll, wer entbehrlich war wurde gar nicht erst aufgenommen.
So ging Viktor vor.
Er kannte die Stadt am besten.
Um sicher zu gehen hatte noch jeder von ihnen einen der modernsten Scanner vom Typ Bear III bei sich, die teuren Dinger, für die etwas weiter außerhalb getötet wurde.
Nach einem BlowOut veränderten sich die Anomalien in der Regel, ein Scanner war überlebenswichtig. Die ersten Stalker hatten Bolzen geworfen, oder Schraubenmuttern, die meisten Anomalien sprangen darauf an, aber bei weitem nicht alle. Manche wurden erst durch schwache elektromagnetische Felder oder Wärmequellen aktiviert, wie durch ein Lebewesen. Aber ein wenig hatte es das Überleben auch damals schon verlängert und Scanner hatte es noch nicht gegeben. Und die Erkenntnis dass der BlouOut noch einmal alles durcheinander brachte war auch erst später gekommen. Wobei es bereits lange vor dem Stingray Desaster von 2012 bekannt war, nur eben den Ukrainern nicht. Die hatten noch immer mit statischen Karten gearbeitet, die sie einem Stalker abgekauft hatten. Das hatte die ukrainische Außenstelle damals 5 Helikopter gekostet, und Major Degtarev hatte sich bei den Ermittlungen dermaßen dämlich angestellt, dass auch der dümmste Stalker verstanden hatte, dass der Geheimdienst in der Zone aktiv war. Danach hatten die Russen übernommen und damals Oberstleutnant Sokolov hatte Projekt Nachtwache ins Leben gerufen. Ihr Team übernommen und die 'Jäger' waren deutlich erfolgreicher darin unerkannt zu bleiben, nicht zuletzt weil auch erfahrene Stalker für sie arbeiteten und sie berieten.
Seit dem hatte sich viel getan.
Aber war die Zone sicherer geworden? Nein, keine Spur.
Verstanden sie sie etwas besser? Wie man es sehen wollte. Sie wussten noch besser was sie alles nicht wussten.
Aber die kamen zurecht und das Problem war zumindest eingedämmt, so gut, dass draußen kaum jemand wusste was hier los war. Immerhin konnte das Leben dort weitergehen. Dafür hatte Slava gesorgt. Er war zur Legende geworden. Und nun war die Legende... was? ...tot? So effizient untergetaucht, dass sogar Markin daran glaubte? Oder waren die Ermittlungen nur zum Schein gewesen?
Er hatte mitbekommen, dass etwas... oder jemand hinter ihm her war und dass sie die Schlinge immer enger gezogen hatten. Nicht zuletzt seine letzten Auftraggeber, die er wiederum verraten hatte als Doppelagent. Er wusste so gut wie Slava, dass das nicht stimmte, aber nur so hatte er einen Fuß in die Tür bekommen. Und Markin hatte es akzeptiert.
Aber sie waren nahe an ihm dran gewesen, hatte er seinen Tod deshalb inszeniert?
Daran wollte er sich klammern.

"Hast du das gehört?" Unnötig, denn hätte er es gehört, hätte er gewarnt. Er war in Gedanken abgedriftet, das konnte tödlich sein, er musste ins Hier und Jetzt zurück.
Er blickte in die Richtung, in die Viktor wies.
Die Schaukel bewegte sich, und das quietschte, und es war nicht der Wind.
Sie waren nach an einem der alten Spielplätze.
Manchmal schaffte eine Windbö ein paar Grad einer Umdrehung bei einem der rostigen Karussells, manchmal bewegte sich auch eine Schaukel ein bisschen, aber niemals so.
Er hielt sie mit einer Geste an, blickte durch das Zielfernrohr seines Sturmgewehres.
Sie hätten alle die neuste Technik verwenden können, sie hätten sie bekommen, aber um die Tarnung aufrecht zu erhalten benutzten sie meist alte Kalaschnikow Modelle, Slava hatte immer eine 74er getragen, fürchterlich zusammengetaped, aber das Ding schoss zumindest in die richtige Richtung, mit etwas Versatz, aber wer den kannte traf hervorragend.
Er selbst war gerade mit einer 308er unterwegs, aber er hing nicht sehr daran. Viktor hatte ein deutsches Sturmgewehr, vor allem andern weil er den Griff praktisch fand und Juri hatte seine Abakan, er schwor darauf. Sollte er.

Für einen Moment glaubte er, ihm bleibe das Herz stehen.
Da saß ein kleines blasses Mädchen auf der Schaukel, ein Kleinkind. Und es genoss es sichtlich.
Wortlos tippte er an das Zielfernrohr. Auch Juri blickte durch seines, Viktor hatte keines montiert, er war ohnehin ein dermaßen schlechter Schütze, dass auch ein Fernrohr nicht mehr half, Parkinson... man musste froh sein, wenn halbwegs in die richtige Richtung schoss. "Du schaffst es mit dem Sturmgewehr Schrot zu verschießen." hatte Slava mal gespottet, er konnte sich das erlauben.
Schura gab ihm deshalb nun sein Gewehr.
"Hol mich die Zone...!" entfuhr es dem alten Mann.
"Scheiße auch, verfickte!" Juri. Als Lehrer hatte er wohl von den besten gelernt.
"...ihr seht es also auch." eine eigentlich unnütze Feststellung, aber in der Zone nicht unbegründet.
"Davon hab ich auf der Skadovsk gehört." berichtete schließlich Viktor. Er hörte immer eine Menge.
"...könnte sie sein..."
"...eine der Geistergeschichten?"
"Sieht das für dich wie ein Geist aus?"
"Wenn ich ehrlich bin... Ja. wie aus so einem Horrorfilm."
Und damit hatte Juri nicht ganz unrecht.
"Was machen wir mit ihr?"
Beide blickten nun Viktor an.
"In Ruhe lassen? Einen Bogen rum machen? Ich würd einfach nichts tun. Manchmal hilft sie, aber manchmal auch eben nicht... Fordert's besser nicht raus."
Schura nickte.
"Gut, weiter. Wir verzeichnen, dass wir das Phänomen... wie wird es genannt?"
Viktor zuckte mit den Schultern.
"...also das blasse Mädchen, dass wir das gesehen haben, Ort kartographieren und weiter."
Sie machten vorerst einen Bogen darum und Schura fragte sich ernsthaft, ob sie wirklich so ein altmodisches Kleidchen mit Spitzenkragen getragen hatte. Sicher in der Sowjetunion war das normal, wie die weißen Schleifchen bei Schulanfang, aber heute? Andererseits... ein kleines Mädchen in der Zone, das war unnormal genug.
"Willst du sie nicht ansprechen?"
Der Vorschlag kam unerwartet. Von Juri.
"Warum?"
"Ich weiß nicht um auszuschließen, dass es eine kollektive Halluzination ist?"
"Und wenn sie antwortet? Dann halluzinieren wir eben alle eine Antwort. Empirisch kommst du da nicht weiter."
"Hm..."
"Komm jetzt."
"Warte..."
Und weg war er.
Schura sah, wie er geradewegs auf das Kind zusteuerte.
Verdammter Lehrer!
"Fuck... Jura komm sofort..."
Zu spät.
Schura sah noch wie er kurz die Umgebung prüfte, dann die Gasmaske absetzte. Er wollte das Kind nicht verängstigen.
Er ging in die Knie und sprach es an, dann näherten sich auch er und Viktor auf Hörweite.
"...machst du alleine hier draußen?" hörte er ihn noch sagen.
Ihm war absolut nicht wohl dabei.
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Carolyn
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Sie sahen immer aus wie Frösche, die grünen Männer, wenn sie diese Gummimasken auf hatten. Sehr merkwürdige Frösche, die liefen statt sprangen. Carolyn sah einen auf sich zukommen - langsam, vorsichtig. Neugierig blickte sie ihm entgegen, schaukelte weiter, doch nicht mehr ganz so hoch. Seine Freunde blieben auf Abstand - sie fürchteten sich vor ihr, obwohl sie doch nur schaukelte. Sie hatte nicht mal kleine Brüder bei sich, vor denen sich alle Menschen fürchteten und auf die sie dauernd schossen. Der mutigere Mann war bei ihr angekommen und nahm sein Froschgesicht ab, bevor er sich hin hockte. Er hatte kurzes, braunes Haar, eine Narbe am Kinn und helle, freundliche Augen - alles Dinge, die man unter den Froschgesichtern nicht sah und das machte sie alle so gleich. Wie die grünen Jacken und Hosen. Einer wie der andere - wie sollte man da wissen, wen man schon getroffen hatte und wen nicht. Dieser hier kam ihr jedenfalls nicht bekannt vor, aber er schien nett zu sein und fragte sie, was sie alleine hier machte.
Carolyn kicherte. "Na schaukeln!", gluckste sie. Und dann: "Achtung, ich springe.", um sogleich der Ankündigung nachzukommen und mit fliegendem Röckchen von der Schaukel zu hopsen. Ihre nackten Füße landeten mit einem leisen Patschen auf dem brüchigen Asphalt. Erst suchte sie noch nach dem Gleichgewicht, dann hüpfte sie auf den Mann zu, der durch seine Haltung etwas unter Augenhöhe mit ihr war. Neugierig und völlig ohne die Scheu, die Kinder ihres Alters fremden Erwachsenen gegenüber normalerweise an den Tag legten, griff sie nach der Maske und hielt sie sich vors Gesicht, um durch die runden Gläser zu spähen.
"Damit sieht man ja gar nichts!", rief sie erstaunt aus, ließ die Maske sinken und blickte den Mann aus ihren großen, roten Augen ehrlich erstaunt an.
Sie reichte ihm die Maske zurück. "Ich bin Caro und wer bist du?" Ganz als wäre es das Normalste der Welt, wenn ein kleines Mädchen in einer alb verfallenen Stadt drei schwer bewaffneten Männern auf einem Spielplatz begegnete.

Dann, als sie ihre Antwort hatte, wanderten ihre Augen über Juris Schulter hinweg zu den beiden anderen. Blieben kurz an Schura hängen und wanderten dann zu Viktor. "Haben deine Freunde Angst? Er zittert." Ungeniert wies sie mit dem Finger auf Viktor. Ihr Kopf legte sich etwas schief, zugleich hob ein leichter Wind die Schaukel an und ließ ein wimmerndes Quietschen über den leeren Platz hallen. Carolyn hob den Blick zum Himmel und senkte ihn dann wieder auf Juri. Der Sturm hatte mal wieder alles wunderbar durcheinander geworfen - sie mochte das.
Carolyn lächelte.
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Alexander Lebedew
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Lebenslauf: Schura

"Ich bin übrigens Juri, und du?"
Er erlaubte dem Mädchen, sich die Gasmaske zu greifen, hindurchzusehen.
Ja, es war gewöhnungsbedürftig. Er hatte eine Weile gebraucht bei dem eingeschränkten Gesichtsfeld keine Panik zu bekommen. Und jetzt gerade waren die Gläser angelaufen, man konnte tatsächlich noch weniger sehen. Sie hatte wohl beim überziehen ausgeatmet. Also war sie sehr real. Er warf einen Blick zu Schura und Viktor.
"Viktor hat vor nichts Angst, weißt du, er hat schon vor der Katastrophe in der Stadt gelebt als sie noch bewohnt war... er hat nur..." er wusste dass er es hasste, wenn man drüber sprach. Aber er war auch nicht sicher, ob das Kind das verstand. "...er ist krank. Und Mein Freund Schura, der ist nur vorsichtig." Er winkte ihnen zu.
"Kommt schon her."
Auch Viktor und Schura nahmen die Gasmasken ab und banden sie an die Laschen der Rucksäcke. Sie senkten die Gewehre und kamen näher, das Reden aber blieb bei Juri.
"Schaukeln macht Spaß, das hab ich früher auch gern gemacht. Wo wohnst du denn? In einem der Häuser? Wissen denn deine Mama und dein Papa, dass du hier spielst?"
wollte er ein wenig zu viel wissen - als wäre es der normalste der Welt einen Geist in der Zone nach seinen Eltern zu fragen.
Lehrer blieb eben Lehrer.
Sie sahen was sie sehen wollten.
'Nein, der Schüler ist kein Depp, er ist nur ein wenig mehr herausgefordert.'
Schura blieb zurückhaltend.
Slava hätte gewusst was er tun sollte, er hatte immerhin einen Sohn, er konnte sicher besser mit Kindern umgehen. Auch Viktor hatte eine Tochter gehabt, aber das war viel länger her. Juri hatte keine Familie gegründet, ebenso wenig wie er, auch wenn es unterschiedliche Gründe gab. Er wusste das, er musste es als sein Vorgesetzter.
Viktor schwieg ebenfalls, er hatte seine Meinung klar dargelegt, er hielt sie für einen Geist und für gefährlich.
Wenn Juri sich in Gefahr bringen wollte sollte er es tun.
Beiläufig blickte er auf den Detekor. Die Strahlung war moderat. 0,9 μSv/h wenn es doch nur immer so erträglich wäre. Keine Anomalien, nichts Außergewöhnliches. Ein ganz normales Kind. Wäre da nicht die Blässe gewesen, die fast weißen Haare und die roten Augen wie ein Albino, und das Kleidchen und barfuß. Eben wie aus einem Horrorfilm, nur waren alle Filme, die sich je ein Regisseur hätte ausdenken können hier in der Zone Alltag.
Keine Wandelnden Toten kamen an die realen Zombies heran, die zwar noch nicht komplett tot waren, aber hirntot und der Körper rennt eigenständig herum, das reichte für einen Alptraum. Und wer sich vor dunklen Korridoren und irgendwelchen Alien-Jumpscares fürchtete sollte einfach mal in einen Keller bei Agroprom gehen und in der Ferne das Brüllen eines Blutsaugers hören. Und warten bis das Monster tatsächlich angriff.
Und nun noch ein kleines Mädchen.
Erzeugte die Zone absichtlich die übelsten Schreckgespenster der menschlichen Phantasie?
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Carolyn
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Viktor und Schura. Carolyn hörte aufmerksam zu. Namen waren wichtig, fand sie. Und sie nickte verständig, als Juri ihr erklärte, dass Viktor krank war und Schura vorsichtig. Ja, auch vorsichtig sein war gut. Mit dem Begriff 'krank' verband sie etwas Negatives, auch wenn sie sich nicht erinnern konnte, ob sie selbst je krank gewesen war. Die kleinen Brüder waren auch manchmal krank und oft starben sie an der Krankheit. Sie hoffte, der mutige Viktor musste nicht auch an der Krankheit sterben. Normalerweise wollte sie nicht, dass Menschen starben.
"Hallo." Sie winkte den beiden anderen Männern, die nun auch die Gasmasken absetzten und endlich kam ihr auch einer bekannt vor. Der den Juri Schura nannte. Doch Juri forderte wieder ihre Aufmerksamkeit. Ob sie hier wohne. Carolyn schüttelte lachend den Kopf. Der Mann fragte komische Sachen.
"Da, wo ich herkomme, gibt es mich eigentlich gar nicht. Also nicht so wie hier. Sonst würde Mama weniger weinen.", informierte sie den Lehrer und legte einen Finger an die Lippen. "Denke ich jedenfalls." Ihre Brauen krausten sich kurz, dann lächelte sie wieder.
"Und gewohnt hab ich da." Ihr ausgestreckter Finger wies in die Richtung, in der der Reaktor lag. Aber da wohnte sie jetzt nicht mehr und sie wollte da auch nicht mehr hin, also beschloss sie, das Thema zu wechseln.
Ihre roten Augen nahmen Schura ins Visier, der Ernst darin alles andere als nur der eines Kindes. Sie musterte ihn eine ganze Weile, dann zuckten ihre Lippen, als wollte sie lächeln, doch die Muskeln folgten nicht.
"Du willst wissen, wo er ist. Der, der mit den großen Brüdern spricht." Oder es zumindest versucht hatte. Das Narbengesicht, das den großen Bruder so irritiert hatte und in dessen Kopf viel zu viele Bilder waren, die dort nicht hinein gehörten. Der ein bisschen wie sie war, hier und doch nicht hier - zumindest nicht ganz. Und dann doch wieder ein Teil von allem, obwohl er draußen stand. Und drinnen war. Es war kompliziert. Carolyn verstand selbst nicht immer alles.
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Alexander Lebedew
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Lebenslauf: Schura

Der Blick, den sie ihnen zuwarf... noch nie hatte es Shura jedoch so sehr bereut, dass er Slava erlaubt hatte, seinen richtigen Namen zu verwenden. Er hatte nie viel vom Aberglauben der Zone gehalten, aber nun ging ihm der Blicke des Kindes durch und durch. Als können es durch ihn hindurch zurück in seine Vergangenheit, sehen, ihn, seien Familie, alles was ihn ausmachte.
Es gab sie nicht, dort wo sie herkam... Er spürte das Herz in seinem Hals schlagen.
Er hatte viele Phänomene der Zone gesehen, kein lebender Toter... oder besser toter Lebender konnte ihm derart einen Schrecken einjagen. Vielleicht das Geheul eines Blutsaugers im Untergrund.
Ihre Mutter würde weniger weinen...
Was sie sagte... wie sie es sagte... jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken.
Und sie nannte den Reaktor ihre Heimat
Das Ding, das so stark strahlte, dass es immer noch eine Gefahr war. Slava hatte einmal prognostiziert, dass der alte Sarkophag innerhalb der nächsten 20 Jahre einstürzen würde, wenn man Nicht einen neuen errichtete würde es wohl eine zweite Katastrophe geben die vielleicht nach dem wie die Zone sich entwickelt hatte, noch schlimmer ausfallen könnte als die erste.
Und von dort kam das Mädchen. Ein Kind im Vorschulalter.
Er starrte sie nur an, Viktor hob langsam sein Gewehr, er legte die Hand auf den Lauf und drückte es wieder nach unten, keine aggressiven Gesten.
"Woher..." entfuhr es ihm. Aber ihm fiel rechtzeitig ein, dass er erst denken sollte, dann reden. Sie hatte es so allgemein formuliert, sie konnte jeden meinen. Jemand, der mit großen Brüdern spricht... meinte sie Markin und das Militär? Den großen Bruder, der sie alle beobachtete? Er hatte auch die entsprechenden Bücher gelesen.
"Wer sind die großen Brüder?" wollte er statt dessen wissen.
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Carolyn
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Der mutige Viktor wollte sein Gewehr auf sie richten. Sie hatte bisher nicht verstanden, wieso immer gleich alle schießen wollten, wenn sie etwas nicht gleich erklären konnten. Jedenfalls mochte sie es nicht, wenn man auf sie zielte - es zog etwas in ihrem Kopf zusammen. Wie ein Gummibändchen hinter den Augen. Und dann kam sie sich vor, als steckten ihre Füße im Boden und standen nicht darauf, während aus diesem Boden etwas zu ihr sprach. Oder besser in sie hinein kroch. Und dann passierten meistens Dinge.
Für einen Herzschlag verließen ein paar kleine Steine ihre Position und wanderten über den Asphalt, als würde die Erde beben. Doch die Erde war ganz still und die Steine hüpften trotzdem davon. Sie folgten dabei einem symmetrischen Muster, dessen Zentrum eindeutig Carolyn war. Das Geräusch, das sie verursachten, wirkte unwirklich laut während der kurzen Stille, die zwischen die kleine Gruppe gefallen war. Selbst der Wind schien einen Moment lang zu schweigen. Der Atem der Zone - angehalten. Abwartend.
Dann griff Schura ein und Carolyn war zufrieden. Die Steine hörten auf zu wandern und wurden wieder zu leblosen Dingen. Ihr Blick kehrte kurz zurück zu Juri. Er war nett, es wäre schade gewesen, ihm weh zu tun, aber er war so nah bei ihr, dass sie ihn nicht hätte ausklammern können. Vielleicht hatte er es sogar gespürt, die feine Linie, an der er gerade noch gestanden hatte.
Sie feixte.
"Dein Freund Schura ist klug. Und der mutige Viktor ist vielleicht doch nicht so mutig." Dann kicherte sie, legte die Hände im Rücken zusammen und schlug verlegen die Augen nieder, spielte mit den Zehen auf dem Boden herum. Von einem Moment auf den anderen wieder ganz kleines Mädchen, das sich seiner unüberlegten Worte vielleicht sogar etwas schämte. Und wie es aussah mit ebenso flüchtiger Aufmerksamkeitsspanne, schien sie doch Schuras Frage bereits wieder vergessen zu haben. Wieso fragte er auch so komische Dinge, die doch ganz offensichtlich waren?
"Wohnt ihr da oben? Bei den Lichtern?", stellte sie statt dessen wieder Gegenfragen und wies vage in die Höhe auf eines der hohen Häuser. Wenn sie nett waren, konnte man den Brüdern ja vielleicht sagen, dass sie von den Häusern weg bleiben sollten. Also zumindest wenn sie nicht wieder schossen.
"Ich mag keine Gewehre.", stellte sie mit einem Mal scheinbar zusammenhanglos fest.
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"Fuck, hast du das gesehen?"
"Jura, sie ist ein Mädchen!"
"Entschuldige..."
Der Lehrer verhielt sich meist gar nicht Lehrerhaft, wohl ein Grund für den Berufswechsel.
Viktor dagegen war und blieb angespannt.
Shura war dabei nicht entgangen, wie kleine Steinchen, Erde, trockene Blätter plötzlich vibrierten und zu wandern begannen, als stünden sie auf einem gigantischen Lautsprecher.
Was sie auch war, er wollte auf keinen Fall ihre Wut gegen sich gerichtet wissen.
Aber wie sprach man mit einem Kind? Vor allem mit einem solchen?
In der Zone war es durchaus ratsam, zuerst zu schießen und später die Fragen zu stellen. Hier zeigte sich wie nirgends sonst, wie fragil das menschliche Leben war und wie verletzlich jeder einzelne, egal für was für einen tollen Hecht er sich hielt, die Kräfte, die hier am Werk waren hatten Ausmaße die einen Mann einfach zerfetzten wie eine Katze ein dünnes Blatt Papier.
'Eine Analogie auf Glauben und Religion'
Hatte er in den vielen Diskussionen früher einmal jemanden sagen gehört, vielleicht war das noch Lew gewesen. Damals, als alles noch anders gewesen war und ihre Gruppe noch ganz. Jetzt war nur noch er übrig und die beste Gesellschaft waren Viktor, der längst zu alt war für die Zone und der hitzköpfige und unbelehrbare Lehrer.
Wegen dem standen sie nun einem in die Realität versetzten Horrorfilm gegenüber.
Er musste an Stephen King denken ohne die Filme je gesehen zu haben, aber so stellte man sich das vor, oder nicht?
Drei Soldaten, die von einem kleinen Mädchen fertiggemacht wurden... War er ehrlich, hatte er noch nie in seinem Leben so viel Angst gehabt. Verdammt, Jura, das wirst du noch büßen!
"Wer ist ...denn deine Mutter?"
Wollte Schura wissen, an ihre Erwähnung von zuvor anknüpfend.
Und um von den Lichtern abzulenken. Sicher, sie waren weithin sichtbar, gerade jetzt, sie waren unvorsichtig geworden seit Slava weg war, er hatte immer durchgesetzt, dass sie sich nicht durch Lichtquellen verrieten. Aber seit er weg war wurde ihr Unterschlupf auch nicht mehr derart intensiv gesucht.
Füllwörter, Füllwörter lockern den Satz auf, hilft vielleicht wenn du mit einem Kind redest... Gib dir ein wenig mühe!
"Und wer sind nun diese großen Brüder? Hast du denn noch Geschwister?"
Denn so hatte bisher keiner die Frage des anderen beantwortet.
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Carolyn
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Der Ausruf des Lehrers hatte sie nicht berührt. Von den Männern hörte sie viele Worte und sie sah viele Dinge, nichts davon berührte sie wirklich. Für Carolyn waren es nur Ausdrücke ihrer Ratlosigkeit - wenn man nichts mehr zu sagen wusste, sagte man grobe und unsinnige Worte. Vielleicht fühlten sie sich dann stärker oder es half einfach, Gefühlen ein Ventil zu geben. Sie hatte sich schon viele Gedanken darüber gemacht. Über Flüche und solche Ausrufe, vor allem dann, wenn die Männer in Bedrängnis waren, sagten sie oft solche Sachen. Oder schrien sie. Bis man keine Worte mehr verstehen konnte und dann wurde es meistens Zeit zu gehen. Oder etwas zu tun. Je nachdem.
Und so schien sie es gar nicht bemerkt zu haben, weder würde sie solche Wörter selbst verwenden noch nach ihrer Bedeutung fragen. Sie waren unwichtig. Gehaltlos.
Ihr Blick kehrte zurück zu Schura und sie legte den Kopf leicht zur einen Seite. "Meine Mutter... Meinst du hier? Oder dort? Oder auf der anderen Seite?" Ein spitzbübischer Zug erschien um ihre Lippen, sodass es einen Moment lang aussah, als habe sie ihren Spaß daran, die Soldaten zu irritieren. Ein Ratespiel, nur das jeder fragte und keiner riet. Das er nicht auf ihre Frage einging, war ihr Antwort genug und sie nickte altklug, als wäre die Sache damit erledigt. Dann lächelte sie, wandte sich von Juri ab und trat ein paar Schritte auf die beiden anderen Soldaten zu, sodass sie zu jedem der drei fast den gleichen Abstand hatte.
"Die großen Brüder sind die, die mit Bildern sprechen." Sie tippte sich an den Kopf. "Ist manchmal gar nicht so leicht, in Bildern zu antworten, darum höre ich ihnen oft nur zu. Sie experimentieren gern und erzählen davon." Nur das die Menschen selten gut auf die Experimente reagierten - ihr Verstand war zu klein, zu eng, vielleicht auch zu voll. Bei manchen zumindest. Das große Narbengesicht hatte ebenfalls versucht mit ihnen zu sprechen, das zumindest behauptete der große Bruder auf den er getroffen war. "Dann sind da noch die, die in den Tunneln sind und die kleinen Brüder. Alle anderen sind keine Brüder - nur Teile, sagt sie. Wie Bausteine." Sie schien nach Worten zu suchen, um sich zu erklären, dann merkte sie auf, als sei ihr etwas bedeutsames eingefallen.
"Die kleinen Brüder sprechen jedenfalls nicht, aber sie folgen ganz gut. Sie sind immer auf der Jagd, immer hungrig. Ein bisschen verrückt." Sie ließ den Finger nun neben ihrer Schläfe kreisen. Dann warf sie einen Blick über die Schulter zu dem Durchgang, durch den sie selbst vorhin gekommen war und der der Straße gegenüber lag, über die die drei Soldaten gekommen waren. Wie auf ein Kommando waren da zwei von blutigen Beulen bedeckte, riesige Hunde erschienen. Einem fehlte ein Auge, Eiter und Blut troff aus der Höhle.
"Nicht.", stoppte Carolyn sogleich jegliche Versuche, auf die mutierten Tiere zu schießen und wer doch versuchen sollte, das Gewehr auf sie zu richten, würde feststellen, dass plötzlich ein Zentnerschweres Gewicht am Lauf zu hängen schien. "Sie können nicht weiter. Wegen den Mücken." Ihre beiden Begleiter würde es dort im Durchgang ebenso zerquetschen wie jedes andere Lebewesen, doch das schienen sie zu ahnen und rührten sich nicht. Einer setzte sich nun auf die Hinterbacken, doch der andere starrte aus einem Auge herüber.
Die roten Augen richteten sich wieder auf Schura, der Ausdruck darin war schwer zu deuten. Auffordernd? Drohend? In jedem Fall war das Lächeln verschwunden.
"Hast du Angst vor Hunden, Schura?"
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Alexander Lebedew
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Lebenslauf: Schura

Die Art und Weise wie sie ihn anblickte jagte ihm ein um's andere Mal kalte Schauer über den Rücken.
Ihr Mutter... hier dort... die andere Seite.
Er ahnte mehr als dass er verstand, dass hinter den Worten etwas stand, etwas gigantisches, beängstigendes.
Etwas, das hinter diesem kleinen Mädchen lauerte, aber er würde es nie verstehen, nicht mit den begrenzten Mitteln des menschlichen Verstandes.
Wie viel hatte Slava begriffen?
Und dieses Mädchen versuchte all das in ihrer kindlichen Sprache auszudrücken und dabei wusste sie wahrscheinlich nicht einmal wie viel sie vielleicht wusste... In ihrem kindlichen Gemüt machte es wohl irgendwie alles Sinn, in seinem ausgewachsenen jedoch ganz und gar nicht. Es drehte sich ihm im Kopf und je mehr er zu begreifen versuchte umso mehr stieß er an seine Grenzen.
Die großen Brüder sind die, die in Bildern sprechen.
Meinte sie die Kontroller? Slava hatte im Suff und zum Spaß einmal behauptet, er könne mit ihnen reden, aber so rechte glaubte er nicht daran. Keiner glaubte es. Manches von seinen Geschichten war dann doch zu abstrus gewesen. Nur war es bei ihm immer schwer gewesen zu unterscheiden wo der Wahnsinn endete und die Genialität begann. Es hatte ja auch keiner geglaubt, dass wirklich ein Portal von der Unterführung fast bis ins Zentrum ging. Aber er hatte es einfach ausprobiert und war auf halbem Weg in einem anderen Tunnel bei Pripyat wieder rausgekommen. Er hätte auch einfach draufgehen können, oder nie wieder irgendwo herauskommen... Und wie nahe er gerade der Wahrheit kam ahnte Schura noch weniger.
Mittlerweile hatten sich beide Ende verlagert und sie wiederzufinden war schwer, man konnte einer Anomalie ja kein Schleifchen umbinden wie einem Tier.
Auch Slavas Ausdrucksweise. Und dann hatte er den Kopf schief gelegt, die Augen zusammengekniffen und "Wobei..." gesagt und irgendwo ins Leere gestarrt. Meist kam dabei irgendetwas total dämliches heraus und manchmal eben etwas geniales.
Die kleinen Brüder... waren das dann... wer? Die Kriecher? Immer hungrig und ein bisschen verrückt, ja, das konnte sein.
"Dann weißt du wo er ist, der, der mit den großen Brüdern spricht? Sagst du es mir?"
In einem Durchgang erschienen statt dessen plötzlich wie aus dem Nichts Hunde. Viktor war wieder schnell mit dem Gewehr zur Hand, dieses Mal auch Juri. Schura aber blickte auf das Mädchen, wie in Bann geschlagen. Auf das 'Nicht' von ihr gab er das Zeichen, nichts zu unternehmen. Normalerweise töteten sie die Hunde, nicht nur weil sie wirklich eine Gefahr waren, auch weil er annahm, dass ein Tier das so aussah auch litt.
Aber er würde nichts tun, was dem Mädchen missfallen konnte.
Wegen der Mücken kamen sie nicht näher... er verstand nichts. Und noch weniger, je mehr er es versuchte.
"Ja, ich habe Angst vor Hunden. In der Zone habe ich vor allem Angst und Angst ist gut, denn wer keine hat wird zu schnell unvorsichtig. Hast du denn vor gar nichts Angst?"
Gesperrt