Das Haus der Melitele - inneres Heiligtum

Wyzima war die Hauptstadt von Temerien und einst Herrschersitz von König Foltest. Von hohen Stadtmauern umgeben, liegt sie an den Ufern des Wyzimasees; die Ismena fließt durch Wyzima und mündet in diesen. Das Bier "Wyzimas Gold" wird hier gebraut.
Nach der Ermordung des König streiten nun Herzoge und Barone um de Herrschaft.
Zeitweise war Wyzima der Sitze var Emreis, denn Temerien ist von Nilfgard besetzt.
in Wyzima ist der Orden der Flammenrose strak, inoffiziell regiert hier der Orden.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Nicht allein.
Zu zweit.
Nicht allein.
Wie seltsam das klang, wenn es ausgesprochen war. Allein war er selten, einsam sehr oft. Aber selbst dieses Gefühl war in den letzten Wochen und Monaten abgeflaut. Seine Mundwinkel zuckten bei Jarels Worten. Zu zweit Scheiße bauen... Er senkte kurz den Blick, doch die Andeutung eine Lächelns darin entging dem aufmerksamen Mann neben ihm natürlich nicht.
Doch die Hand lag noch so schwer auf seiner Schulter... Er wartete, ahnte schon, was noch kam, nur überraschte ihn der Unterton ein wenig. Fast vibrierend, erwartungsvoll? Jakob war irritiert, suchte erneut den Blick der braunen Augen Jarels - Wissen lag darin. Wissen und banges Erwarten.
Gerne hätte er einfach verneint, die Sorgen fort gewischt und etwas auf den Scherz erwidert. Aber sie waren zu weit gegangen, hier auf dieser Bank und miteinander. Die Tür, die Jakob immer so bissig gehütet hatte, stand für den Ritter gerade sperrangelweit offen. Keine Ausflüchte, nicht zu diesem Thema seiner Innenwelt.
"Nicht mehr so oft. Nach dem Hym... Wenn dieses Fieber nicht gewesen wäre. Und du, mit dieser neuen Perspektive..." Und Aria. Aria, die er nicht erwähnte, weil er krampfhaft versuchte nicht mehr an sie zu denken. Zu vergessen, was jede Erinnerung an sie in ihm auslöste. Er schüttelte sich, zuckte mit den Schultern. Was sollte er Jarel groß erzählen? Er konnte es in dessen Stimme hören und in seinen Augen lesen, dass er genau wusste, dass man auch das nie wirklich los wurde.
"Zu zweit lässt es sich wohl auch besser weiter leben.", bot er statt dessen an. Er meinte natürlich ihre Schwurgemeinschaft, aber etwas daran weckte den dumpfen Druck des vorhin entstandenen Keils. Der kleine Schmerz in Jakobs Fleisch - zu zweit, das sahen die Ritter seiner Welt durchaus entspannt. Entspannter als er. Eine Sache - DIE Sache - die den finalen Streit mit Alexej vom Zaun gebrochen und dessen Hohn auf Jakob herab beschworen hatte. Der Zwist in dessen Folge er erst auf sein Motorrad gestiegen war, voller Zorn auf Gott, Alexej und vielleicht auch sich selbst. Halsbrecherisch und dieses Mal wild entschlossen die Kurve auf dem Ellenbogen zu nehmen, obwohl noch kein Tag vergangen war, an dem dort kein Sand gelegen hätte.
Vorbei.
Alexej und seine Unzucht weit weg.
Sein Hohn über jene, die wahrlich dem Weg verschrieben waren, fern.
Alles in Ordnung, nicht?
Nein. Es pulsierte.
Der Dorn wollte sich nicht ganz zum Schweigen bringen lassen, zwang Jakob dazu, Jarel noch einmal auf jene eindrückliche Art ins Visier zu nehmen, die er nur für diesen ab und an ablegte. Es war eine neue Wunde, ein Fremdkörper und er würde sich entzünden, weil der junge Mann nicht in der Lage war, dieses Thema auch noch aufs Tablett zu bringen. Jedenfalls nicht direkt.
"Ich habe mich immer an meine Gelübde gehalten.", wiederholte er seine Worte aus der letzten Nacht. "Meinem Vater war es irgendwie immer wichtig, dass auf das Wort eines Mannes Verlass ist. Noch mehr auf seinen Schwur. Das macht Männer zu Rittern, nicht wahr?", er erhob sich, ließ Jarel allerdings nicht aus den Augen und forschte nach jeder Reaktion, die dieser zeigen mochte, auch wenn der Knappe wusste, das sein Mentor üblicherweise nichts durchblicken ließ, was nich gesehen werden sollte.
"Darum suche ich jetzt Schwester Iola und werde mich entschuldigen. Und dann in den Tempel der Ewigen Flamme, Abbitte leisten.", beschied er nach einer Pause, die länger war als eigentlich nötig. Für ihn war das Gespräch damit beendet, aber er hatte inzwischen auf verschiedene Wege gelernt, dass Jarel entschied, wann eine Unterhaltung zu Ende war. Zumindest wenn er nicht gerade an ein Bett gefesselt war.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Eine neue Perspektive. Jarel senkte gerührt den Blick und das Leuchten in deinen Augen passte sich seinem Lächeln an. Er hatte ihn schon damals erreicht. Mehr als er geahnt hatte.
‚Zu zweit besser Leben…‘ Ja. Heute fühlte sich das perfekt an, aber Jarel wusste, es würde wieder diese Zeiten geben. Die, wo der Ritt auf der Klinge verlockender war als Hilfe bei jemanden zu suchen, sich zu öffnen, zu Reden.
Er drängte den Jungen gerade dazu, sich in dieser Phase an ihn zu wenden.
Aber war er auch zu genau dem in der Lage? War er in der Lage, den Drang zu überwinden und sich ans Leben zu binden? Der Sonnenaufgang am Berg…
Jarel räusperte sich und schob den Gedanken weg, um zurück ins Jetzt zu kehren.
Das hätte Jakob wiedererkannt, hätte er es gewusst.
„Das Gelübte?“
Der Ritter nahm den Arm zurück und Haltung an. Auch im Sitzen beeindruckend. Er wuchs dann immer in die Höhe und sogar in die Breite.
Ich schwöre bei der ewigen Flamme, dem Orden und seinen Idealen treu zu dienen, Unrecht und Böses zu vernichten, die Unschuld und Tugend zu schützen, meinem Ritter zu jeder Zeit zu gehorchen, den Pfad der Tugend zu beschreiten, niemals zu weichen oder zu schwanken.
Ich schwöre, das Licht der ewigen Flamme hoch zu halten und immer im Herzen zu tragen, von jetzt an bis zum Tage meines Ablebens.“,
wiederholte er leise, aber mit Hingabe.

„Der Sinn des Schwurs ist es dich auf den Rechten Weg zu bringen. Da bist du längst. Und was bedeutet Tugend? In meinen Augen ist Tugend das vorbildliche Handeln. Gutes tun, Ehrlich sein und Aufrichtig. Ich verstehe nicht wie die Liebe zu einer anderen Person etwas Schlechtes sein kann? Was ist göttlicher als Liebe? Und wenn das zu körperlicher Nähe führt…“, er lächelte in einer Mischung aus Verlegenheit und Verträumtheit.
Er atmete durch. „Ich habe mich nicht immer Keusch verhalten. Aber wenn ich bei jemandem lag, dann aus Liebe. Und ich bilde mit ein, dass es nicht DIESE Tatsache ist, die mich zu einer schlechten Person macht.“
Er presste kurz die Lippen zusammen. Er würde nie wieder bei Slava liegen…
Nein. Nicht daran denken. Er war schließlich hergekommen um wieder zu sich zu finden.

„Und um aller Schatten Willen Jakob, wage es nicht dich bei Violetta zu entschuldigen.“, setzte er nach einer Weile eine Spur schärfer wieder an.
Sie ist über beide Ohren verknallt in dich. Wenn du dich jetzt bei ihr entschuldigst könnte sie es so auffassen, dass sie das Geschenk ihrer Jungfernschaft jemanden gemacht hat, der sie nicht wollte. Schlimmer kannst du sie nicht kränken.
Ob du dafür Abbitte leisten willst, musst du mit deinem Gewissen ausmachen, aber brich meiner Kleinen nicht das Herz.“


Jetzt war es an Jarel zu schweigen. Das Geständnis seinerseits würde ihn vielleicht irritieren. Die gerade geöffnete Tür eventuell wieder schließen, aber Jarel war es wichtiger ehrlich zu sein als für Tugendhaft gehalten zu werden.
Ohnehin war seine Befürchtung, Jakob hatte ein furchtbar falsches Bild von ihm.
Was war nun besser? Den schein zu wahren oder sich zu offenbaren?
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Lautlos hatten sich seine Lippen mitbewegt, den Schwur verfolgt, den er bereits in- und auswendig kannte und dereinst leisten würde, wenn man ihn zum Ritter schlug. Er spürte, wie er sich anspannte, alle Muskeln zum Bersten stramm seine Knochen zerwürgen wollten. Diesen Zwiespalt konnte und wollte er nich begreifen - entweder er beugte sich oder eben nicht. Es gab für ihn kein dazwischen, das sich mit Argumenten und theologischen Diskussionen abtun ließ.
Als Jarel den Eid beendet hatte, erwiderte er daher sreif: "Ich stehe hier vor der Ewigen Flamme und lege meinen Leib und meine Seele hinein. Vor ihr und den Zeugen gelobe ich Gehorsam dem Orden und seinen Weisen gegenüber und entsage den weltlichen Lasten. Arm will ich sein und rein, so wie mich die Flamme entlassen hat."
Zumindest für ihn glasklar.
Jakob fuhr sich mit der Hand durch das kurze Haar und lachte unvermittelt bitter auf. Liebe. So ein scheiß Konzept. Hatte ihm bisher nichts als Ärger eingebracht und allein die Richtung des Gesprächs ließ ihn innerlich beben. Er fühlte sich in eine Ecke manövriert, in die er auf keinen Fall auch noch blicken wollte. Nicht heute und auch nicht irgendwann.
Mit geballten Fäusten und bebend stand er vor seinem Ritter, brodelnd und plötzlich voll des unbändigen Wunsches, zu verletzen und alles wieder so hin zu rücken, wie es vorher gewesen war. Er in seiner Nussschale und Jarel draußen, seinetwegen in einer eigenen Schale - ihm egal. Er hörte den geflüsterten Namen aus Jarels Fiebertraum, hatte längst seine Schlüsse gezogen, obwohl er das diesmal nicht hatte tun wollen. Nicht urteilen, bevor er die jeweilige Wahrheit kannte. Doch er fiel wieder hinein in die alte Falle, nicht ahnend, wie richtig er lag.
Slava. Ein Typ, der doch noch nicht mal wusste, wie man das Wort 'Liebe' buchstabierte. Seltsamerweise störte ihn nicht mal der Fakt, dass es ein Mann war. Ihn störte es grundsätzlich und ihn störte, dass es DER Mann war. Ausgerechnet.
Zum Glück schnitt Jarel Iola an, nur um seinen Knappen endgültig zum Platzen zu bringen. Weil es ihn schockierte und zugleich verletzte - ihre Jungfernschaft?! Wie viel schlimmer konnte es werden? Und was war mit seiner? Wieso interessierte das nie jemanden, nur weil es bei den Frauen mit Blut und Zerstörung einher ging? Er hatte seinen Körper erst seinem Gott und nun der Flamme angeeignet, und nun hatte er versagt, hatte weg gegeben, was er so lange bewahrt und gehütet hatte. Und nicht einmal völlig daran erinnern konnte er sich - wie konnte Jarel sich erdreisten...?!
Eisig fuhr die Wut durch seine Eingeweide, als er Jarel mit zornfunkelnden Augen ansah.
"Was? Ich soll mich nicht entschuldigen dafür, dass sie wer weiß wo herum gekrochen ist, um mich zu suchen? Nicht dafür, dass ich keine Ahnung habe, was ich mit ihr angestellt habe und ob sie das überhaupt wollte? Du redest von Liebe und was soll das sein? Ein Drogentraum, der sie zu etwas gemacht hat, dass sie nicht verdient hat und du wirst mir nicht verbieten, sie um Verzeihung zu bitten!" Mit jedem Wort war er lauter geworden, ohne es lenken zu können. Schneidend. Da steckte definitiv mehr hinter diesem neuerlichen Ausbruch.
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Jarel Moore
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Lebenslauf: Jarel

Jarel beobachtete Jakob, wie er sich nach seinen Worten mehr und mehr spannte, wie ein Raubtier vor dem Sprung.
Der Text des Schwurs war ihm über die Lippen gekommen, als käme es direkt aus seiner Seele.
Aber nun? Er ballte die Fäuste, funkelte ihn an.
Seine Auffassung von Tugend konnte kaum unterschiedlicher sein von der seines Knappen.
Zumindest in dieser einen Richtung. War denn alles andere wertlos, wenn man sich in einem Punkt unterschied?
Jarel erwiderte den Blick, noch immer aufrecht sitzend und mit gestrafften Schultern. Auch wenn ihm nach etwas anderem war. Ihm war nach Aufgeben. Der stetige Kampf um Jakob war so unglaublich ermüdend in diesem Moment. Vielleicht schaffte er es noch dieses eine Mal.
Vielleicht.
Ja, ich rede von Liebe. Und behaupte nicht, du wüsstest nicht wovon ich rede. Du trägst davon mehr im Herzen als manch anderer.“ Unglücklicherweise nicht für eine lebende Person, wie Jarel tief in seinem Unterbewusstsein unlängst begriffen hatte.

Wie gern wäre er aufgestanden und gegangen. Weg von all dem. Weg von dieser Welt und den vergeblichen Anstrengungen. Weg von unerwiderter Liebe und all der Wut, die ihm entgegengeschleudert wurde, weil er war was er war. Ob es nun der Wolf, der Ritter, oder der Mann, der Männer liebte. Es war immer falsch.
Einen langen Moment schloss Jarel die Augen und versuchte die Dunkelheit zu vertreiben, die ihn zu erdrücken drohte.

„Geh zu ihr und entschuldige dich. Tu was immer du willst. Aber gib ihr nicht das Gefühl, dass sie einen Fehler damit begangen hat, sich um dich zu kümmern. Du bist es wert, dass sich jemand kümmert. Bedanke dich lieber dafür, statt dich zu entschuldigen.“
Er bemühte sich ruhig zu klingen und beherrscht, sich nicht anmerken zu lassen, wie es in ihm aussah.
In diesem Moment war es ihm mehr als Recht, dass Jakob wieder eindeutige Anzeichen der Flucht aufwies.
Lange konnte er die Fassade des überlegenen, ruhigen und unnahbaren Vorgesetzen nicht mehr aufrechterhalten.
Allein. Er wollte allein sein.
„Tu ihr nicht weh.“, bat er tonlos.
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Jakob von Nagall
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Oh wie er das hasste, dieses Gefühl gerade wieder alles zu vermasseln und trotzdem nichts dagegen tun zu können, weil die Wut so übermächtig war. Ihn steuerte und zwingen wollte, noch und noch einen drauf zu setzen. Nochmal nach zu treten, weil er genau spürte, dass nicht viel fehlte und der andere läge am Boden, geschlagen. Es war so hart dagegen anzukämpfen, dass es jeden Muskel brauchte, bis hin zu den Kiefern, die er aufeinander presste, um nichts mehr zu sagen.
Schweig, verfluchter Idiot.
Doch er war machtlos gegen sich selbst, gegen den Elefanten, der sich gegen seine Schulterblätter presste.
"Was immer ich will? Ist das die Lektion?" Er wurde unfair, verdrehte Wort und Sinn, und er würde weiter gehen, wenn er jetzt nicht das Feld verließ. Aber in dieser Stimmung zu Iola? Auch keine gute Idee...
Da traf ihn Jarels letzte Bitte - eher ein Flehen - in die Magengrube. Ihr nicht weh tun. Er presste die Augen zusammen. Genau das war der große Scheiß mit der Liebe - am Ende stand immer Schmerz. Dem jungen Mann fehlten die gegenteiligen Beispiele und er wehrte sich auch innerlich gegen die Behauptung, er würde Liebe im Herzen tragen. Er trug nur noch Leid und Wut mit sich herum, die allerdings an diesen letzten Worten verrauchte oder sich eher neu ausrichtete.
Zu spät. Er konnte nicht mehr schweigen.
"Hat er das?" Seine Stimme war plötzlich rauer als gewöhnlich, aber vielleicht war es auch nur das Nachwirken der letzten Nacht. "Getan was er will und dich verletzt?" Auf Jarels halb fragenden, halb verwunderten Blick, erwiderte er: "Du hast nach Slava gerufen. Im Fieber." Er hatte nicht viel verstanden, außer dem Namen, aber er war auch nicht völlig auf den Kopf gefallen.
In einem Punkt mochte Jarel Recht haben, auch wenn Jakob es selbst nie aussprechen würde: er liebte und wenn er einmal liebte, dann ohne Kompromisse. Was auch hieß, dass seine Wut sich gegen alles und jeden richtete, die diese geliebten Menschen in irgendeiner Form angriffen. Slava hatte er ohnehin nie gemocht und nun addierte er einfach einen weiteren dicken Punkt auf seiner Liste voller Gründe, weshalb er ihm irgendwann den Arsch aufreißen würde.
Jakob war nun hin und her gerissen zwischen gehen und bleiben, da platzte die Rettung aus unerwarteter Richtung in den Garten. Mittagessen und anschließende Lesestunde waren vorbei, die Kleinsten schliefen, die Älteren strömten als lärmender Haufen wieder auf die Wiese. Von einer Sekunde auf die andere war Schluss mit Stille.
Ludo kam mit seinem Bogen und dem letzten Pfeil auf Jakob zu gerannt, winkte schon mit seiner kleinen Waffe.
"Jakob! Jetzt? Zeigst du's mir nochmal?!"
Und dieser wandte sich ihm zu, zwang sich sogar zu einem halbherzigen Lächeln, zauste die schmutzig braunen Haare. "Klar."
Ein Blick noch in Jarels von Müdigkeit gezeichnete Züge. Ende der Unterhaltung. Vorerst. Er senkte die Wimpern, folgte dann Ludo.
Den Nachmittag über fand er keine freie Sekunde mehr und mit dem Übermut der Kinder kühlte auch sein Zorn, bis er auf ein schwelendes Glutnest zusammen geschrumpft war.

Jarel erstarrte wie vom Blitz getroffen.
Er wusste es. Er hatte es dir ganze Zeit gewusst.
Er wollte sich erklären, bekam aber keinen Ton heraus.
Und dann... ging Jakob.
Als der Ritter der Meinung war, sein Knappe sehe ihn nicht erhob er sich und verschwand in Richtung Tor.
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Jarel Moore
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Jarel verschwand.
Hätte ihn jemand gesehen, er hätte nicht geahnt, dass der Ritter noch vor Tagen um sein Leben gerungen hatte.
Er ging kraftvoll, aufrecht und ohne Schwäche im Blick zum Tor, verließ das Grundstück. Er durchquerte die Stadt zielsicher und ohne seinen Schritt zu verlangsamen, verließ sie über eine der unzähligen Brücken. Er ging im immer gleichen Tackt, egal ob der Weg bergan oder bergab führte, über Pflaster oder über Baumwurzeln, den Blick nach vorn gerichtet.
Er ging schnell, wollte die Schwärze hinter sich lassen, die ihn verfolgte.
Er ging.
Und ging.


Die Zeit verging, die Kinder nahmen ‚ihren‘ jungen Ritter in Beschlag und der Tag rückte voran.
Noch bevor es Zeit für die Abendmesse war wurde Jakob die Entscheidung abgenommen, ob er nach Iola suchen sollte., denn die Junge Frau betrat die Wiese, auf denen Jakob seine Herde bändigte.
Sie hatte einen Korb dabei mit mehreren Bechern und drei großen Krügen.
Die Kinder kannten das schon, ließen alles stehen und liegen und rannten johlend zu Violetta.
Diese schenkte Becher um Becher ein, bis alle Kinder etwas getrunken hatten.
Während die Kinder zu Jakob zurückkehrten, schenkte die Schwester Zwei größere Becher ein und kam leicht verlegen lächelnd auf Jakob zu.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Wann Jarel gegangen war, hatte Jakob nicht bemerkt. In einem Moment saß er noch auf der Bank, reglos und in sich gekehrt, als der junge Mann das nächste Mal hin blickte, war die Bank leer und der Ritter fort. Seinem Knappen fehlte sowohl Zeit als auch Willen, nach ihm zu suchen - er brauchte den Abstand so sehr wie der Ältere wohl auch. Also stürzte er sich in sein Tun, zeigte Ludo und den anderen älteren Jungen den Umgang mit dem Bogen, baute später neue Pfeile mit ihnen.
Bis ihm die Meute davon lief und er erst nicht recht begriff, wieso. Sein Blick folgte den Kindern und entdeckte den Grund in Iola, die aus einem Korb Getränke ausschenkte. Jakob blieb stehen und beobachtete sie dabei, forschte in sich nach dem, was ihr Anblick in ihm auslöste. Die Tage von Jarels Krankheit und seiner wiederentdeckten inneren Ruhe schienen eine Ewigkeit zurück zu liegen. Er erinnerte sich daran, dass sie auch ihm oft Wasser in den Garten gebracht hatte, manchmal einen Apfel oder etwas anderes. Das sie ihn mit Nachdruck zum Essen geholt und manchmal einfach still bei ihm gesessen war, wenn er meditierte. Er hatte ihre Gesellschaft genossen, aber nie daran gedacht, sie zu verführen. Was war nur in ihn gefahren?
Dann kam sie auch zu ihm und reichte ihm einen Becher. Seine Finger berührten ihre, als er diesen entgegen nahm und lösten Bilder aus, Eindrücke. Er kannte das Gefühl ihrer Haut, den Geschmack ihrer Lippen.
"Hi. Danke..." Unbewusst befolgte er doch Jarels Rat, denn in jenem kleinen Wort lag mehr, als nur der Dank für einen Becher Wasser. Iola wirkte verlegen, doch Jakob konnte nicht anders, als in ihren Zügen zu forschen. Sie war schön, auf ihre Art. Ihr Haar war braun, das wusste er noch, auch wenn es jetzt unter einer Haube steckte, und es war weich. Ihre blauen Augen flackerten immer wieder zu ihm und er spürte den Drang, ihr Gesicht zu berühren, wie am Abend zuvor. Doch er bekämpfte ihn - nicht unter den wachsamen Augen der anderen Schwester und nicht vor den Kindern. Gar nicht, genau genommen.
"Gestern Abend... Ich, also... danke, dass du mich gesucht und zurück gebracht hast." Salami-Taktik. Eins nach dem anderen. Ein tiefes Durchatmen. In der kurzen Zeit seines Hierseins hatte er sich bereits daran gewöhnt, dass Iola nicht antwortete und dass er Fragen so formulieren musste, dass ein Ja oder Nein als Erwiderung genügte. Das machte es trotzdem nicht leichter, die richtigen Worte zu finden. Mit ihr zu schweigen hatte er immer als angenehm empfunden, aber gerade war es bedrückend.
"Also... wegen... Ich...", stotterte er los und unterbrach sich sogleich wieder, weil er klang wie ein Idiot. Noch ein tiefes Durchatmen, ein Blick in ihre leuchtenden Augen, dann einer in Richtung der rothaarigen Schwester. Eilig leerte er seinen Becher.
"Ich wollte zum Tempel des Ewigen Feuers. Möchtest du mich ein Stück begleiten?", wechselte er die Taktik und sah Iola hoffnungsvoll an.
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Jarel Moore
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Iolas Verlegenheit verebbte eine Spur. Ihn in den Tempel begleiten. Das Mädchen strahlte gleich wieder und nickte heftig. Sie deutete auf den Korb und aufs das Gebäude, ging mit federleichten Schritten in Richtung der Schwester, gestikulierte einige Sekunden lang und verschwand im Gebäude, um den Korb zurückzubringen.
Sie kam zurück mit einem Umhang über dem Arm und ging zu Jakob. Kurz streifen ihre Finger Jakobs Hand, bevor sie Richtung Tor ging.
Die Schwester pfiff die Kinder zusammen und scheuchte sie ins Gebäude.
Dem Ausflug stand nichts mehr im Wege.
Iola war aufgeregt. In ihrer Brust flatterte es heftig. Ob sie ihn nochmal rum bekam? Er war so suß…

Jarel war noch immer unterwegs, doch sein Schritt wurde unsicherer. Nicht mehr lange und er war „angekommen“.
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Jakob von Nagall
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Lebenslauf: Jakob von Nagall

Iola schien sofort aufzuleuchten und Jakob zog innerlich den Kopf ein. Jarel hatte viel besser erkannt, was er die ganze Zeit nicht wahrgenommen hatte: sie war verknallt. Über beide Ohren. In ihn. Und er? Sicherlich fand er sie anziehend, wenn er sich auf den Gedanken einließ und vor allem wenn er die lückenhaften Bilder der letzten Nacht beschwor, aber über das körperliche hinaus fand er nichts in sich. Sein Herz gehörte einer anderen, die er allerdings weder erreichen konnte noch durfte - Iola als Ersatz zu benutzen war fürchterlich falsch.
Tu ihr nicht weh.
Er begann zu begreifen und verzweifelte zugleich daran. Wie sollte er das lösen? Doch bevor er weiter daran herum grübeln konnte, war Iola wieder bei ihm. Ihre Hand streifte wie beiläufig die seine, als sie sich dem Tor zuwandte und Jakob schickte ein stummes Stoßgebet aus.
Gib mir Kraft.
Er folgte ihr hinaus auf die Straße und schlug irgendeine Richtung ein, die allerdings nicht direkt zum Tempel wies. Und ohnehin ging er nicht weit, blieb im Schatten der Klostermauer schon wieder stehen, um sie anzusehen. Aus einem Impuls heraus nahm er vorsichtig ihre Hand, die so klein in der Seinen war, senkte kurz den Blick darauf und dann wieder in ihr Gesicht.
"Hab ich... also dir. War ich grob zu dir? Oder hab dich irgendwie bedrängt?" Er kam sich so unbeholfen vor, aber er hatte auch keine Ahnung, wie er sich anders ausdrücken sollte. Wie konnte er sich nicht entschuldigen für das, was ihm vor Augen stand, wenn er an die letzte Nacht dachte? Wer weiß gaukelte ihm seine Erinnerung nur vor, dass sie sich ihm willig ergeben hatte, so wie er es sich für derlei Übergriffe ausmalte. Andererseits: wäre sie ihm dann so bereitwillig hinaus auf die Straße gefolgt, fort von den Argusaugen ihrer Schwestern?
Also war sie wohl schon freiwillig in sein Bett gekommen... jetzt musste er es irgendwie schaffen, ihr keine falschen Hoffnungen zu machen und sie gleichzeitig nicht zu kränken. Tolle Wurst. Ihre Hand in der Seinen war schon mal der völlig falsche Anfang.
Aber da waren ihre Finger in seinen, ihre Haut... ein Teil von ihm wusste genau wie sie sich anfühlte, dort wo sie nicht rau von Arbeit und Sonne war. Wo es empfindsam wurde... Ihre Augen hingen an seinen - er musste loslassen! Jetzt! Ihre Hand und ihren Blick, doch beides misslang hoffnungslos (2/100). Ganz wie von selbst hob er ihre Finger an sein Gesicht, atmete den Duft, den er inzwischen kannte: Iolas Haut und die Kräuterseife daran, süß und herb. Tief inhalierte er ihn, ließ Iola nicht aus den Augen.
"Ich kann dir nichts bieten, Iola. Ich darf keine Frauen haben." Als ob sie das nicht wüsste. Als ob es ihn gestern Nacht noch gekümmert hätte. Dennoch kroch ihm das schlechte Gewissen schleimig den Nacken hinunter - hatte er nicht eben noch mit Jarel darum gestritten, was tugendhaft war? Was rein? Iolas Liebe mochte rein sein, aber sein Verlangen war es nicht, dessen war er sich völlig sicher und trotzdem konnte er sich der Wirkung nicht entziehen.
Sie warf einen hektischen Blick nach links, nach rechts,in seine Augen.
Ihr Zeigefinger huschte auf seine Lippen, während sie ihn ein Stück in die Ecke der Mauer schob, wo sie wirklich niemand sah.
Iola durfte Männer haben, das war nicht das Problem. Jakob wurde Schwierigkeiten bekommen, wenn man ihn in flagranti erwischte.
Ob er grob gewesen war.
Ihr Lächeln wurde noch beine Spur weicher.
Sie deutete auf ihn, schüttelte die Faust, deutete auf sich, schüttelte verneinend den Kopf.
'Du grob zu mir? Nein.'
Dann deutete sie auf sich, schüttelte die Faust und deutete auf ihn.
Dann hob sie die rechte und hielt Daumen und Zeigefinger etwas auseinander.
'Ich grob zu dir? Ein Bisschen.'
Sie legte die Finger vor den Mund, wie um ein Kichern zu unterdrücken und zwinkerte ihn zu.
Sie Strich zart mit den Fingern über seine Wange.
Wie sollte sie ihn sagen, dass sie ihn nicht heiraten wollen, sondern nur Spaß haben, so lange es währte?
Vielleicht mit einer Tat.
Flink stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mundwinkel.

Jarels Schritt wurde unsicher.
Er war angekommen.
Nicht WO er hin wollte, aber an den Punkt, den er angestrebt hatte.
Die Erschöpfung holte ihn ein.
Gut. Keine Energie mehr zu denken, keine mehr zu bedauern, keine Energie zu sehnen.
Nur nach Müdigkeit.
So war es richtig und recht.
Der Ritter taumelte und hielt sich an einem Baum fest, warf einen Blick nach oben. Nein, dass wurde er nicht schaffen. Ruckartig sank er auf die Knie.
Eines noch.
Niemand war in der Nähe ihn zu hören.
Und so hörte sich niemand, wie er seine Stimme hob und sang.

Sie zog Jakob beiseite, in eine Nische, die fast schon zu verfänglich war. Er trug einfacher Kleider, kein Hinweis auf seine Stellung oder den Orden, aber sicherlich hatte sie Recht. Jarel und er würden irgendwann auch ihr Ordenshaus besuchen - besser niemand sah ihn hier. So.
Dann lenkten ihre Bewegungen ihn ab und erst wusste er es nicht recht zu deuten, dann aber hellte sich seine Miene auf. Sie war also grob zu ihm gewesen, nicht andersrum? Der Gedanke hätte ihn fast schmunzeln lassen, da stellte Iola sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf ... den Mundwinkel. Ganz verdattert stand er, ihre Hand in seiner. Er brauchte nur den Kopf etwas drehen... Eine Winzigkeit.
Es kostete ihn alle Selbstbeherrschung, es nicht zu tun (55/100). Nicht einfach nachzugeben und der Intuition zu folgen, dem herrlich perlenden Bauchgefühl, das sich in seinem Unterleib sammelte. Statt dessen drückte er seine Lippen auf ihre Finger.
"Ach Iola..." Tonlos. Bedauern trübte seinen Blick, dann zog er sie wieder auf den Weg, ließ sogleich ihre Hand los.
"Mein Gott ist eifersüchtiger als deine Göttin.", murmelte er, wobei er nicht mal wirklich das Ewige Feuer meinte.
Sie sah ihn fragend an, legte die Hände aneinander sah hoch, blinzelte hielt sich die Augen zu sah ihn wieder fragend an.
Jakob ließ sich auf ihre Art der Kommunikation ein, verfiel selbst in Gesten statt Worte. Legte die Hände auf sein Herz, tippte sich dann an die Stirn und hob in hilfloser Geste die Hände.
Iola schmunzelte, nickte und ließ Zeige-und Mittelfinger in der Luft "laufen", deutete den Weg hinunter, schaute fragend.
Jakob nickte, schlug nun doch den Weg zum Heiligtum seines Ordens ein.
Wo das Heiligtum der Melitele mit Garten und Licht aufwartete, wirkte der Tempel des Ewigen Feuers trutzig und steinern. Nur der Vorhof bot einige Wandelgänge um einen Brunnen und ein paar Rosenbüsche. Jakob bat Iola hier auf ihn zu warten.
Diese schaute ihm etwas unwohl nach, ließ ihn aber laufen und drücke sich dann am Brunnen herum.

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ERZÄHLER
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Von hier

Wie sie genau unbemerkt zurückgekehrt waren verschwand in einem pheromongeschwängerten Nebel und der Dunkelheit der Nacht.
Es war spät und doch war es im Tempel nicht gänzlich still, doch Iola verstand es ohne aufzufallen an ihr Ziel zu kommen: Sein Zimmer.
Kaum war sie Tür verschlossen schmiegte sie sich wieder an ihn, ganz im Kuss versunken, auch wenn sie seit der letzten Nacht wusste, dass es da viel mehr gab als nur das.
Sie war zwar neugierig und voller Begierde, doch heute wollte sie ihn das Tempo bestimmen lassen und nach seinen Worten auch die Möglichkeit Nein zu sagen.
Auch ab ihr zart an ihn geschmiegter Körper ihn das verdammt schwer machen würde.
Es war ein Spiel mit dem Feuer, ein Tanz umeinander, während sie auf schmalen Pfaden zurück zum Melitele-Tempel gingen. Auf Küsse folgten Berührungen, auf Berührungen Küsse. Manchmal unschuldig, ab und an wagte er mehr, lockte ihn die unter dem weiten Kittel nur zu erahnenden Hügel, die er wie beiläufig streifte. Sie hatte ihn längst an der Leine.

Dass sie ihm in sein Zimmer folgte, ließ ihn zögern. Eine Dummheit im Rausch war die eine Sache, die gleiche Dummheit im Besitz - fast - aller geistigen Kräfte eine andere. Wie so oft wollte sich ihm sein Kopf in die Quere stellen. Er hatte Keuschheit geschworen, andererseits hatte er die eine Verfehlung nicht einmal erlebt. Nicht bewusst jedenfalls.

Sie ließ sich Zeit, ließ ihn aber auch nicht laufen. Sacht löste sie den Kuss, strich mit den Fingerspitzen über seine Schläfe vor seinem Ohr vorbei, den Kiefer hinunter und fuhr verspielt die Kontur seiner Lippen nach.
Er zögerte. Vielleicht wollte er sie doch nicht. Hatte er sich doch dagegen entschieden. Einen Moment spielte sie mit der Idee, die gerade entdeckte winzige Macht gegen ihn auszuspielen.
Aber nein. Wenn er sich damit nicht wohl fühlte...
Sie nahm seine Hände in ihre, rückte ein Stück von ihm weg und sah ihn fragend und mit einer Spur Sorge im Blick an.

Er deutete den kleinen Abstand, auf den sie mit einem Mal ging, ala Spiegel seiner eigenen Unsicherheit und zugleich ließ es ihm Raum, die Reste seines Verstandes zusammen zu kratzen. Iola hielt seine Hände in ihren, sah ihm Halbdunkel zu ihm auf. Wie gerne hätte er jetzt ihre Haube gelöst, das weiche Haar zwischen seinen Fingern hindurch gleiten lassen. Stattdessen geriet als sein Tun mal wieder uns Stocken, weil er sich selbst in Frage stellte.
"Iola..." Ein sehnsuchtsvolles Flüstern, ein Unterton aus dem sie die Begierde wohl heraus hören konnte. Er sollte ihr nicht weh tun... Jarel hatte gut reden. Jakob hauchte einen Kuss auf ihre Finger.
"Du schweigst, um der Stimme deiner Göttin Gefäß und Ohr zu sein. Und ich habe den weltlichen Dingen entsagt, um mich ganz dem Göttlichen zuzuwenden. Würdest du, nur um der Versuchung einer Nacht Willen, dein Gelübde brechen?" Unendlich sanft und leise war seine Stimme, seine Worte kühner als er sich fühlte. Ihre Hände loszulassen allerdings, war zu viel verlangt. Ein großer Teil von ihm wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass sie einfach Mann und Frau sein könnten und wenn es nur für eine Nacht wäre. Er sie berühren und sie ihm Worte der Zuneigung zuflüstern dürfte, die seine Zweifel zerstreuen konnten.

Er wollte sie nicht. Wollte sein Gelübde nicht brechen.
Hatte sie ihm am Tag zuvor etwas angetan, was er nicht gewollt hatte? Sie wurde rot – dunkelrot – und senkte ruckartig den Blick.
Hektisch schüttelte sie den Kopf. Obwohl sie nicht sicher war. Zumindest nicht vollständig.
Würde sie ihrem Gelübde entsagen? Sie horchte in sich.
Für ein Beziehung…vielleicht. Doch diese Geschichte würde nicht in einer Beziehung enden. Sie war vielleicht eine Spur naiv, aber nicht völlig verblödet.
Iola atmete durch. Und nein, auch wenn er ihr das Blaue vom Himmel versprach, sie würde ihr Gelübde nicht brechen. Wie konnte sie dann erwarten, dass er es tat?
Ohne den Blick zu heben, stürzte sie sich in eine Umarmung, klammerte sich an ihn, ihr wild pochendes Herz an seiner Brust, ihre Wange an seiner Schulter. Ihr Beben übertrug sich auf ihn.
Was war das? Erregung? Oder weinte sie etwa?
Eine gefühlte Ewigkeit später machte sie sich los, drückte sich etwas weg, legte die Handflächen vor der Brust zusammen und verbeugte sich, das Gesicht noch nass, aber keine weiteren Tränen auf der Wange.
Sie blieb lange in der Verbeugung, den Kopf gesenkt. Deutlicher entschuldigen konnte sie sich nicht.
Dann streckte sie ich wieder, rang sich ein Lächeln ab, wollte einen letzten flüchtigen Kuss von Jakobs Lippen haschen und dann weglaufen.

Er hatte es glorreich vermasselt - natürlich. Iolas Miene sprach Bände und dann flog sie auch schon in seine Arme, klammerte sich bebend an ihn. Er umfing sie, hielt sie einfach fest, wenn er sich auch hilflos fühlte. Mit einer weinenden Frau konnte er noch weniger umgehen als mit der Begierde zuvor. Sofort fühlte er sich schuldig. Wieso hatte er es auch so weit kommen lassen? Hatte dem Instinkt nachgegeben, vor dem ihn Demitrios schon immer gewarnt hatte - die zarte Berührung des schönen Geshlechts und was sie mit dem schwachen Fleisch des Mannes tat.
Sie war so klein und zierlich in seinen Armen... Und so warm. So weich. Er wollte zerbrechen, zerfließen, in sie sickern und sich auflösen. Es wäre ohnehin egal - Jarel würde ihn für diese Tränen einen Kopf kurzer machen.

Dann löste sie sich, trat zurück und neigte den Kopf so tief, dass er dieses Mal kaum missverstehen konnte. Eilig griff er wieder nach ihr, hielt ihr Gesicht ganz federleicht in seinen Händen, wischte die Nässe mit den Daumen fort.
"Nicht Violetta, nicht entschuldigen. Wenn einer um Verzeihung bitten muss, dann ich. Ich bin zu weit gegangen.", aus einem Impuls heraus verwendete er ihren ganzen Namen, wie Jarel ihn verwendet hatte.
"Ich bin dankbar, dass die Götter unsere Wege gekreuzt haben. Du tust mir gut. Ich genieße deine Gesellschaft und... das hier.", versuchte er sich irgendwie zu erklären und erkannte den Kern hinter dem, was er eigentlich sagte erst selbst, während er es sagte.
"Ich bin gern mit dir zusammen, nur das Eine kann ich dir nicht noch einmal geben. Ich hab es dir geschenkt, wie du mir deines und ich werde es ehren." Wieder nahm er ihre Hände in seine und sah sie unsicher an. "Kannst du das verstehen?" Er hoffte es inbrünstig und dass sie sich nun nicht von ihm abwenden, ihn meiden würde.

Sie atmete tief durch. Sehr höflich von ihm, die Schuld auf sie zu nehmen.
Vielleicht meinte er es sogar so.
Aber wer weiß, vielleicht konnten sie sich ja trotzdem sehen. Vielleicht konnte sie ihm noch einen Kuss stehlen. Vielleicht. Sie seufzte.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie eine Pflicht vernachlässigt hatte. Die Pflicht, auf die Jarel sie besonders hingewiesen hatte.
Sie lächelte, entzog ihm sanft die Hände, schaute fragend, hob die rechte Hand und machte eine schaufelnde Bewegung in Richtung ihres leicht geöffneten Mundes, rieb sich dann den Bauch und schaute fragend.
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Jakob von Nagall
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Er ging Iola zuliebe mit in die Küche, obwohl ihm eigentlich nicht nach essen zumute war. Brea gab ihnen von dem Eintopf, den sie zum Abendessen gekocht hatte und sie aßen schweigend am großen Tisch nahe des Herds. Der Knappe konnte sich nicht gegen das Gefühl wehren, ein Kanne Kaffee mit viel zu viel Zucker auf ex getrunken und dann den Adrenalinspiegel auf effektive Art zusätzlich in die Höhe getrieben zu haben. Er war kribbelig, aufgedreht bis an den Rand des erträglichen und wenn eines sicher war, dann dass er diese Nacht kein Auge mehr zutun würde.
Den Teller Eintopf aß er nur deshalb leer, weil er in der kurzen Zeit seines Hierseins gelernt hatte, wie ungehalten Brea darauf reagierte, wenn sie etwas wegwerfen musste. In der Küche der Schwester fand alles eine Verwendung - sehr zum Verdruss der örtlichen Schweine. Also löffelte er Graupen und Karotten, Erbsen und Speckwürfel in einen Magen, der alles durcheinander wirbelte und ihn mit einem flauen Gefühl strafte.
Später zog Iola sich zurück und hinterließ einen Jakob, der sich schlecht damit fühlte, sie von der Bettkante geschubst zu haben. Er hatte sie vor den Kopf gestoßen, sicher gekränkt und noch sicherer verletzt. Wieso hatte er auch nicht früher die Handbremse gezogen, sondern sich verführen lassen? Sein schwaches Fleisch hatte den Geist unterworfen, obwohl es andersherum sein sollte. Sein musste! In früheren Zeiten hätte er nun zu Geißel oder zum Bußgürtel gegriffen, wie Demitrios es ihm eingeimpft hatte, aber nichts davon war zur Verfügung. Außerdem waren Jarels Lehren andere, auch wenn sie noch nie offen über derlei Selbstkasteiung gesprochen hatten - die Narben auf Jakobs Körper erzählten ihre eigene Geschichte.
Der Knappe strich also rast- und ruhelos durch die dunklen Korridore und Säulengänge, hing seinen Gedanken nach und endete schließlich vor der Statue der dreifaltigen Göttin. Da an Schlaf nicht zu denken war und es auch sonst wenig gab, was er hätte tun können, kniete er sich vor den Aspekt der Mutter, setzte sich auf die Fersen und versenkte sich für die nächsten Stunden in Gebet und Meditation, den Durchblutungsstau in seinen Beinen dabei einfach hinnehmend als Ersatz für andere Mittel.
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