Stadtteil | Tempelinsel - Der Orden der Flammenrose - die Komturei in Nowigrad

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Der Knappe war Stunden durch die Stadt gestreift, durch die Scherben, den Hafen und den Fischmarkt, den Jarel so gerne im Morgengrauen aufsuchte, wenn die Fänge vielversprechend waren. Nichts, niemand hatte ihn gesehen. Er lief durch die saubereren Straßen von Gildorf, durch das zwielichtige Silberstein und sogar durch Ferneck, nicht ahnend wie nah er seinem Ritter kam. Er ging sogar vor dem Haus einer Heilerin her, die in Ferneck lebte und praktizierte…
Eine Weile saß er am Brunnen am Platz des Hierarchen und betrachtete das dunkel gefärbte Pflaster, wo Scheiterhaufen gebrannt hatten. Scheiterhaufen. Etwas, was er in der kurzen Zeit seines Hierseins noch nicht wirklich zu akzeptieren gelernt hatte. Kein Wesen konnte so große Verbrechen auf sich laden, um diese Art zu Sterben verdient zu haben und wenn er den Menschen, die er nun seine Brüder nannte, richtig zugehört hatte, dann war das Verbrechen oft genug nur, anders zu sein. ‚Anderlinge‘ nannten sie alle Nicht-Menschen und flachsten darüber, dass man sie schnell ins Feuer brachte, wenn man nur die richtigen Argumente fand. Dieser Aspekt seiner neuen Gemeinschaft bereitete Jakob noch immer Kopfzerbrechen, aber bisher hatte er weder Gelegenheit noch Mut gehabt, Jarel darauf anzusprechen.
Er sprang vom Brunnenrand. Der Illusion, Jarel zu finden, hatte er schon lebwohl gesagt und so schlich er bedrückt wieder zurück zur Tempelinsel, huschte Stunden nachdem die Heilerin gegangen war wieder durch das Schlupfloch zurück in die Komturei. Gerade rechtzeitig, um sich in den Strom der Brüder einzureihen, die zur Abendmesse gingen.
Wenn er allerdings geglaubt hatte, sein Verschwinden sei unbemerkt geblieben, so belehrte ihn ein scharfes: „Von Nagall? In mein Arbeitszimmer.“, eines Besseren. Der Rittersergeant Tyssen, der das Kommando über die Knappen hatte, wenn es um allgemeine Aufgaben und eben solche Kleinigkeiten wie deren Vollzähligkeit und somit unerlaubtes Entfernen ging, hatte ihn wohl schon während der Messe im Auge gehabt. Ohne Widerworte trabte er dem Mann hinterher, der seines Erachtens nach höchstens drei oder vier Jahre älter als er selbst war und trotzdem schon recht weit aufgestiegen. Tyssen war weder übermäßig unsympathisch noch ließ er den Kameraden raus hängen. Er betrachtete sie alle als Kinder, was es wiederum Jakob nicht einfach machte, ihm Respekt zu zollen. Aber er folgte.
Tyssen stellte sich hinter sein Schreibpult, schob die Kapuze in den Nacken, die er gegen das kühle Frühlingslüftchen übergezogen hatte und warf einen gekünstelten Blick in ein Buch, das dort aufgeschlagen lag. Jakob stand einfach einen Schritt hinter der Tür, die Hände vor sich verschränkt, wie er es sich mangels Hosentaschen angewöhnt hatte, und wartete.
„So, von Nagall. Ihr habt den Tag über bei der Arbeit und den Unterrichtseinheiten gefehlt.“
„Ja.“
„Darf ich erfahren, wo Ihr gewesen seid? Man hat Euch weder kommen noch gehen sehen.“
Jakob zog die Nase kraus. Das Schlupfloch der Knappen verriet er besser nicht, obwohl er wenig Zweifel hegte, dass es einem wie Tyssen unbekannt war. „Brauchte bisschen Abstand.“
„Abstand.“
Jakob zuckte wie es seine Art war nur wortlos mit den Schultern. Tiefergreifende Erklärungen musste man sich bei ihm weiterhin holen, wenn man nicht Jarel Moore hieß. Tyssen schien allerdings keine Lust auf dieses Spielchen zu haben, dass er schon eine Weile mit eben diesem Knappen spielte. Er zückte eine Feder und öffnete ein Tintenfass.
„Abstand also. Gut. Eine Woche Latrinendienst, da werdet Ihr genug Abstand finden.“
Nun reagierte selbst Jakob. „Aber Sir, ich…“
„Zwei Wochen.“ Tyssen hob nicht mal den Blick. Jakob verkniff sich ein weiteres ‚Aber‘, das Resultat wären drei. Er kannte den Mann inzwischen auch schon ein viertel Jahr. Genug Zeit.
Tyssen schrieb, Jakob schwieg. Dann lagte der Rittersergeant seine Feder beiseite und blickte auf. „Eure Sorge in allen Ehren, Knappe Nagall, aber um das Wohl seiner Ritterbrüder kümmert sich der Großkomtur. Keine Notwendigkeit, dass Ihr das Gelände unerlaubt verlasst. Kommt es noch einmal vor, werde ich nicht so gnädig sein. Seid also froh mit den Latrinen. Es könnte auch die Peitsche sein. Und nun raus hier, an die Arbeit.“ Noch ein Blick ins Buch. „Immerhin habt Ihr Gesellschaft.“
„Es heißt von Nagall.“, murrte Jakob.
„Vorsicht, sonst überlege ich es mir noch anders. Wegtreten.“
Jakob grüßte provozierend nachlässig und machte sich davon, auch wenn er an Tyssens Miene ablesen konnte, dass der ihm dafür auch noch eine reinwürgen würde. Schlimmer konnte es ja fast nicht mehr werden.

Am nächsten Morgen, in aller Herrgottsfrühe, schlurften zwei Gestalten in den Arbeitskleidern der Knappen, bewaffnet mit Eimern, Schaufeln, Schrubbern und Kalk über den nebligen Bezirk des Tempels.
Jakob lernte in den ersten beiden tagen einiges. Er lernte, dass es drei gemeinschaftlich genutzte Latrinen gab, von denen aber nur zwei an die Kanalisation von Nowigrad angeschlossen waren. Die Dritte war eine Grube mit einer Öffnung zum Meer hin. Desweiteren lernte er, dass die Räte, der Großmarschall und andere hochranginge Ritter Räumlichkeiten hatten, die einen eigenen Abort besaßen, die meisten mit Anschluss an die Kanalisation. Die zur See hin mit einem sehr tief reichenden Schacht. Und er lernte, dass die Scheiße von allen Rängen gleich stank.
Sein Leidensgenosse war Theobald Jerwick-Sams, dessen einziges Vergehen Schläfrigkeit war. Er hatte zum wiederholten Male die Morgenmesse verpennt, weswegen es Tyssen für eine gute Therapie hielt, vor allen anderen aufstehen und die Latrinen putzen zu müssen.
Theo war im Grunde genommen ein netter Kerl, aber er redete einfach viel zu viel und meistens vom Essen. Oder vom Schlafen. Das Gute war, es störte ihn nicht wesentlich, dass Jakob meistens nicht antwortete. Vor allem, wenn sie bis zu den Knien in der Scheiße standen, wobei sie bis zu den Hüften reichende Stiefel trugen, um dieser den Weg Richtung Meer zu weisen und sie einzukalken, redete Theo ohne Unterlass. Jakob war es unbegreiflich, denn Reden bedeutete atmen und das versuchte er hier drin tunlichst zu minimieren.
Sie schrubbten Donnerbalken und verschmutzte Holzlöcher, wienerten wurmstichige Böden, leerten Wasserschüsseln und schleppten neues Wasser heran.
Sie schrubbten sogar die Mauern unter den Aborten der hohen Herren, damit diesen von unten nicht irgendwelche unangenehmen Gerüche wieder in die hochherrlichen Nasen stiegen. Dabei hing einer in einem eigenes dafür angefertigten Gestell aus Holz und Seilen, während der andere ihn abfierte oder herauf zog. Meistens hockte Jakob im Gestell, da Theo über Höhenangst klagte und schrubbte mit einem langen Besen Scheiße von der Wand, während unten das Meer klatschend gegen die Felsen schlug und die Möwen kreischten.
Die Aussicht war eigentlich ganz nett. Dann kam ein Schwall Abwasser mit allem Möglichen aus dem Schacht gestürzt und riss ihm fast den Besen aus der Hand. Es spritzte, es stank, es war überall. Diesen Geruch würde er nie wieder los werden… sein Lebtag nicht. Fluchend begann er von vorn.
Zuletzt geändert von Jakob von Nagall am Freitag 12. August 2022, 14:28, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

In den nächsten drei Tagen kam jeden Tag – immer in der Zeit der Morgenmesse – ein neuer Bericht.
Es ging aufwärts. Erstaunlich schnell. Der dritte Bericht kündigte sogar Ritter Moores baldige Rückkehr zum Orden an.
Am vierten Tag nach dem Besuch der Zwergin tauchte jemand genau zum Ende der Morgenmesse am Tor der Komturei auf, der einfach nicht ins Bild passte.
Ein Mönch mit viel zu kurzer Kutte. Von der Länge her ging ihm das Kleidungsstück gerade bis übers Knie und auch die Ärmel reichten bis gerade über den Ellenbogen, an der Brust spannte er grob gewebte Stoff enorm. In der linken trug er ein verschnürtes Bündel aus Dolchen in Scheiden, zerrissen und demoliert. Um seine Füße gewickelte Stoffstreifen ersetzen das Schuhwerk und zur Krönung trug er den rechten dicht am Körper fixiert in einer Schlinge.

Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, unter dem kondensierte Atemwölkchen hervor quollen, wollte sich der Mann einfach so Zutritt zum Gelände verschaffen.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Die Tempelinsel beherbergte neben der Komturei eben auch den Tempel und die Wohn- und Wirtschaftsgebäude des zugehörigen Ordens. Die Brüder vom Orden der Ewigen Flamme gingen wie die Ritter auf der Insel ein und aus, viele versahen alltägliche Arbeiten auch für die Ritterbrüder, wie kochen und waschen. Außerdem hüteten sie die Tempelbibliothek, kopierten wertvolle Schriften und unterrichteten Knappen wie Adepten in theoretischen Fächern.
Zu dieser Stunde befanden sich die Brüder allerdings entweder noch in der Messe oder waren auf dem Weg zu ihrem Tagwerk. Das einer ausgerechnet vor dem Tor der Komturei auftauchte, noch dazu in höchst unpassender Kutte, kam den beiden Wachen sicherlich merkwürdig vor. Dennoch gebot es der Respekt, den Neuankömmling nicht gleich mit den Eiern an die Wand zu stellen.
"Guten Morgen, ehrwürdiger Bruder. Ihr seid... früh dran."

"Guten Morgen, Phil."
Die beiden Ritter waren nicht unbedingt gute Freunde, aber sie kannten sich. Natürlich. Die Brüder kannten untereinander, auch wenn Jarel nicht unbedingt als redselig oder gar geschwätzig galt. Wenn man ihn jedoch auf dem richtigen Fuß erwischte - in diesem Fall gemeinsamen Küchendienst, und das passende Thema anschnitt - in diesem Fall die schmackhafteste Zubereitung von Fisch - konnte man sogar mit dem sonst so schweigsamen Ritter ein interessantes Gespräch anfangen und ihn eine Winzigkeit besser kennenlernen.
"Eher etwas spät." Jarel lugte unter der Kapuze hervor. "Sei so gut, ich würde mich gern schleunigst umziehen." Er brummte unwillig.
Eigentlich waren ihm diese Art Peinlichkeiten egal, aber so vor den Großkomtur treten? Das ging nicht.

"Jarel?! Beim Licht..." Philemon neigte sich etwas vor, um unter die Kapuze des Mönchs zu spähen. "Wo hast du gesteckt? Aber... äh, ja, komm komm, ich mach dir auf."

Der Ritter zog die Kapuze wieder in die Stirn.
"Unfall.", murmelte er und trat ein. "Schickst du dem Komtur bitte eine Nachricht, dass ich in Kürze zu ihm ins Büro komme?", fragte er und trat ein.
Nicht ganz so festen Schrittes ging der Ritter zu seinem Häuschen und verschwand darin. Als erstes legte er die Reste seiner Riemen und Scheiden aufs Bett. Das Bett. Der Ritter konnte es regelrecht rufen hören. Nur etwas mehr als eine stunde war sein Fußmarsch gewesen. Ljerka hatte ihn bis fast zur Komturen begleitet, doch in Sichtweite der Tore hatte er sich doch verabscheidet. Seine Heilerin steckte schon zu tief in zu vielen Sachen.
Mit den Fingern fuhr er über das zerrissene Leder. Er hatte wirklich Glück gehabt. Durchatmend fingerte er an einer erst vor kurzen angebrachten kleinen Tasche herum, um den Inhalt kurz an sich zu nehmen.
Der Stein war noch da. Kurz nahm er das Andenken in die Faust und legte diese an seine Brust, seufzte, senkte den Blick, schloss die Augen.
Doch so richtig dem Gedanken nachgehen. Zu kalt, zu müde. Nicht der richtige Moment.
Mit fest aufeinander gepressten Lippen schob der Ritter den Stein zurück in das aufgenähte Täschchen.
Waschen, umziehen, sich melden. Fürs Waschen war es vielleicht nicht die schlechteste Idee das Feuer zu entfachen. Vorbereitet war ja alles.
Wenig später waren erst leise Flüche und dann das Knistern von Feuer zu hören.
Einhändig ein Streichholz zu entzünden - und dann auch noch mit links - war zwar machbar, aber nicht seine Stärke.
Und nun? Wasser holen.
Mit der großen Kanne in der Hand und noch immer in der unpassenden Kleidung , die Kapuze abermals im Gesicht stand er wenig später am Brunnen. Und nun? Wie bekam er einhändig den Eimer von Seil, um das Wasser umzufüllen?
"Kacke..." Suchend sah er sich um. Irgendein Anwärter musste doch in Rufweite sein.
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Zwei "Anwärter" waren tatsächlich in Hörweite - leider auch im auflandigen Wind, sodass der Ritter neben einem schier endlosen Redefluss auch eine Nase von der Duftmarke nehmen durfte, die die beiden genauso penetrant umgab wie eine Wolke aus Fliegen.
Jakob und Theo waren aus nicht von der Hand zu weisenden Gründen von der Morgenmesse befreit und nun auf dem Weg, um sich zu säubern und dann ihren eigentlichen Wochendienst anzutreten: dem Zeugmeister zur Hand gehen. Ursprünglich hatte Jakob Küchendienst, aber das hatte Tyssen mit einem Naserümpfen schnell geändert. Ob das Rümpfen seinem neuen Parfum gegolten hatte oder dem Gedanken aus den Händen, die vor einer Stunde noch Scheiße geschaufelt hatten, nun eine Grütze gelöffelt zu bekommen, hatte Jakob nicht zuordnen können. Aber allein die Genugtuung zu wissen, dass der fensterlose Raum, den Rittersergeant Tyssen sein Amtszimmer nannte, noch Stunden stinken würde, als hätte sein Bewohner nicht an sich halten können, war den zweiten Besuch und den Hinweis auf die Schicht wert gewesen. Wobei Theo und er noch diskutiert hatten, ob der Ausdruck in Tyssens Gesicht, wenn einer von ihnen ihm die Grütze auftat und dabei großzügig den Daumen in die Schale tunkte, nicht fast noch besser gewesen wäre.
Zumindest waren sich die beiden Knappen über die letzten vier Tage gute Kameraden geworden, auch wenn Jakob nach der morgendlichen Schicht manchmal glaubte, aus den Ohren zu bluten. Oder etwas dickes an der Backe zu haben, wechselweise, manchmal auch beides.

Für heute jedenfalls war ihre Schicht vorbei, die Donnerbalken glänzten, dass der erste Arsch davon abgleiten würde und es roch sogar leicht ätherisch. Etwas was Jakob nach der letztjährigen Zitronenmelisseflut eingefallen war. Der princeps der Gärtner war hellauf begeistert, da das Zeug bereits wieder handlange Triebe aus dem Boden streckte und die Trockenkammern voll mit Büscheln des Krauts hingen. Nun hingen kleinere Büschel in den Aborten und Latrinen, vertrieben den Mief nach bestem Können, wenn er auch nur für ein paar Stunden. Aber es war ja genug da. Bald könnten sie frisch schneiden.
Es duftete also im Rahmen der Möglichkeiten in den Latrinen, dafür war der Gestank aus den Kleidern nicht mehr zu entfernen. Beide trugen stets das Gleiche und stopften es am Ende der Arbeit am Brunnen in einen Sack, um es mit den Putzwerkzeugen zu verstauen. Nackt bis auf das, was man hier so Unterhose nannte, schrubbten sie sich dann in der Regel mit kaltem Brunnenwasser, bis Jakob glaubte, die Haut hinge ihm in Fetzen. Aber zu mehr blieb meist keine Zeit, denn es hieß umziehen und weiter an die Arbeit.
In der Regel.
Doch heute stand ein Mönch der Flamme am Brunnen und sah sich um. Der Mann wirkte seltsam falsch in seiner Kutte. Normalerweise wischten die Mönche mit ihren Kutten die Wege und Flure, aber dieser war eher der Typ Hochwasser. Ähnlich verhielt es sich mit sen Ärmeln, aus denen kräftige Unterarme ragten - beziehungsweise ein Unterarm.
Jakob und Theobald verlangsamten ihre Schritte etwas, auch wenn Theo keineswegs aufhörte Jakob zum wiederholten Mal die Vorzüge einer bestimmten Sorte Daunen als Füllung für ein Kissen darzulegen. Damit, dass er verglichen zu den meisten Knappen hier, aus einem zwar wohlhabenden aber doch bodenständigen Elternhaus kam, hatte Jakob sich inzwischen abgefunden, nicht aber damit, wie die anderen jungen Männer das vor sich her trugen. Doch Theo abzuwürgen war in etwa so erfolgversprechend wie mit bloßen Händen einen TGV zu stoppen. Also verlegte er sich aufs Ignorieren.
Doch immerhin stoppte er seinen Monolog, um den Mönch anzusprechen: "Ehrwürdiger Bruder? Ist alles in Ordnung? Sucht ihr jemanden?"
Im gleichen Moment wurde Jakob klar, dass da jemand stand, den er gesucht hatte. Zwar nur einen Tag lang, um sich dann jeden Tag zur Strafe durch die Scheiße zu wühlen, aber immerhin. Dafür hatte er jeden Tag ein extra Opfer in die Ewige Flamme geworfen - Er! Direkt an der Schale mit dem Feuer! - und saß dann auf dem Dach, um Ausschau zu halten, wenn man ihn schon nicht zu Jarel ließ. Die Sorge hatte ihm die knappe Information jedenfalls nicht genommen, ganz im Gegenteil. Ihn jetzt aufrecht da stehen zu sehen, ließ Jakob tatsächlich erst einmal erstarren...
...bevor er Eimer und Schrubber fallen ließ und die letzten Schritte auf ihn zu sprang. "Jarel! Maria sei mir gnädig, bist du's wirklich?" Wenn er aufgeregt war, fiel er doch leicht zurück in alte Redensarten.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarels dunkles Lachen schallte Jakob entgegen. Er breitete die Arme – nein, den linken Arm - aus und zog den Jungen an sich. Er atmete scharf ein, gab sich aber nicht die Blöße zuzugeben, dass jede Berührung schmerzte. Er hielt ihn einfach nur. Zumindest einen Moment.
„Guten Tag Theobald. Hallo Jakob. Ich freue mich auch dich zu sehen. Aber Junge…du stinkst furchtbar.“
Latrinendienst. Definitiv. Und der Ritter ahnte, warum.
„Du bist ausgebüxt. Rieche ich da deine Strafe?“ Im Grunde war es ihm egal.
Die ganze Sache hätte anders ausgehen können. Da waren ein paar Kratzer auf der einen Seite und ein guter Schwung Scheiße auf der anderen aushaltbar.
„Könnt ihr zwei mir den Gefallen tun?“ er deutete auf die Kanne. „Hab da ein kleines Problem.“
Zu gerne hätte er seinen Knappen gebeten, ihm beim Waschen und umziehen zu helfen. Und dabei stand ihm nicht einmal sein Stolz im Wege.
Nein, den hatte er sich in dem Moment abgewöhnt, in dem er tatal berauscht mit einem Bolzen im Arsch vor einem gewissen Ritter aufs Gesicht gefallen war.
Jarel schreute schlicht die Tatsache, dass Jakob dann die ganze Tragweite seines Unfalls zu sehen bekam.
In all den intensiv Bunten Farben, die seinen Ritter verunzierten.
Außerdem hatte er sicher andere Pläne. Und sowieso...
... allein anziehen...
Nun, vielleicht hatte er sich seinen Stolz noch nicht so ganz abgewöhnt.
"Wurdest du über den Inhalt der Berichte von Miss Cestay informiert?", fragte er vorsichtig.
Wenn Jakob Bescheid wusste, würde er sich nicht so sehr erschrecken.
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob ließ sich von Jarel in eine Umarmung ziehen, obwohl ihn diese Art der Zuneigungsbekundung immernoch befangen machte. So zog er sich auch schnell zurück, als er spürte, wie der Ritter zusammenzuckte - oder besser, er versuchte es, aber sein Mentor hielt ihn einfach mit dem linken Arm gefangen, während Theobald einfach wieder redete.
"Recht habt Ihr, Meister Moore, Rittersergeant Tyssen sitzt in letzter Zeit die Peitsche lose und da muss man schon froh sein, wenn es einen fürs Ausbüxen nur in die Scheiße verschlägt. Müssen nur aufpassen, dass wir nicht das Frühstück verpassen, weil so ohne zum Arbeitsdienst - da kann man ja die Schippe kaum heben. Wobei Jakob hebt ja grad keine Schippen...", und so weiter, während er nahtlos dazu über ging, das Wasser in Jarels Kanne zu füllen und den Eimer dann noch einmal in den Brunnen fallen zu lassen. Jakob hatte sich unterdessen doch frei gemacht und zuckte nur mit einer etwas hilfosen Miene die Schultern. Theo hörte nicht mal auf zu reden, als er den Eimer wieder nach oben holte. Er war ein Ochse, wenn es um Kräfte ging, quadratisch gebaut und mit Oberarmen wie Jakob Oberschenkel, daher griff der auch gar nicht erst helfend zu.
"...Küchendienst hätten wir gehabt, Meister Moore, aber dann hat der Herr Rittersergeant uns anders eingeteilt..." Er leerte den Eimer in die beiden Putzeimer und begann wie selbstverständlich auch Jakobs Werkzeug zu reinigen. "...hätt' ich aber auch gemacht, nachdem ich 'ne Nase von der Plörre hier genommen hab. Ganz höflich war er, der Jakob..." Theo gluckste, als ihm die restliche Geschichten offenkunding vor Augen kam. Das Jarel inzwischen zu Jakob gesprochen hatte, schien ihm zunächst nicht aufgefallen zu sein. Munter plaudernd schrubbte er weiter.
Jakob kam in seiner Erwiderung nur bis zum "Nicht di...", dann hob Theo den Blick. "Nein Meister Moore, der Herr Rittersergeant hat immer nur ausrichten lassen, dass Ihr unpässlich seid und auswärts kuriert werdet und das es eben so lange dauert, wie es dauert. Und das das Pferd versorgt werden sollt. Also von Freund Jakob hier - tolles Pferd übrigens, ich hoffe, ich kann so eine Riesin auch für mich irgendwann finden, bin ja nicht so das Leichtgewicht und..."
Jakob musterte Jarel derweil mit seinem eindringlichen Blick. Theobald als Hintergrundrauschen zu betrachten war für ihn inzwischen sowas wie Routine - zumindest so lange er nicht schlecht drauf war. Aber selbst die gemeinsten Anranzer schluckte der andere Knappe und formierte drumherum ein Potpourrie der Möglichkeiten, weshalb das Gegenüber so schlecht drauf war. Da half nur Fliehen. Oder auf Durchzug schalten. Was er jetzt tat und deswegen seinerseits einfach über Theos Singsang hinweg redete.
"Es hieß nur, du seist gestürzt. Wie geht es dir?" Sein Blick wanderte zwischen Jarel und der einzigen nach außen sichtbaren Verletzung hin und her. Jakob war es nur zu gut im Gedächtnis, wie es war, halbseitig fast unbeweglich zu sein. Leicht krauste er die Stirn. Theobald redete inzwischen vom Mittagessen.
"Ich kann dir helfen, wenn du willst.", oder wenn er ihn ließ. Jakob versuchte zwar neutral zu klingen, aber er machte sich tatsächlich Sorgen und ein wenig Katastrophentourismus war wohl auch dabei. "Der Zeugmeister erwartet mich erst mit der achten Glocke." Also noch gut eine Stunde Zeit.
"Zieh dich vorher um, von Nagall, sonst tränen dem Meister Moore noch die Augen.", ließ Theo sich ganz plötzlich wieder vernehmen, der wie so oft überraschendes Talent für Multitasking bewies und tatsächlich seinem Monolog und Jakobs Worten gefolgt war. Letzterer warf ihm einen Seitenblick zu, der den Scheißeeimer mit Besen eigentlich hätte zu Scheiße am Stiel verwandeln sollen. Nur leider war er dann trotz aller Verrücktheiten dieser Welt nur ein Mensch geblieben. Theobald giggelte nur wieder und entschärfte sofort gekonnt: "Ich mach hier fertig."
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Der Ritter zog die Stirn kraus und kniff die Lippen zusammen.
Nach einigem für und wider entschloss er sich, Jakobs Angebot anzunehmen.
Der ihm wichtigste Grund war, dass er den Jungen wirklich vermisst hatte.
Und so schlimm sah er auch nicht mehr aus.

„Ich kann eine helfende Hand gut gebrauchen.“, gab er Jakob gegenüber mit einer Spur Verlegenheit zu, die er aber sofort überspielte, in dem er sich an den zweiten Knappen wandte.
„Ich danke für deine Unterstützung, Theobald.“ Das Rauschen des Monologes hatte er zwar wahrgenommen, aber nicht wirklich verarbeitet. Dafür war er viel zu müde.
Er senkte sogar das Haupt kurz zum Zeichen seiner Dankbarkeit.

Ohne auf die Antwort des zweiten Knappen zu warten sah er zu Jakob. „Nimmst du bitte die Kanne mit?“ Und ging zurück in die Hütte.

Als Jakob hinter Jarel eintrat schloss dieser die Tür sorgfältig und ging dann zum Ofen.
„Stellt du die Kanne bitte hier rauf?“, er deutete mit der Linken auf die Oberseite des kleinen Ofens.
So kalt war es gar nicht. Der Ritter fror eher wegen seiner Müdigkeit.
Der Raum war wie immer – bis ins letzte Detail aufgeräumt. Einzig das Sammelsurium von Klingen und Lederfetzen auf dem Bett stach heraus. Und bald noch mehr.

„Von Herrenloh hat ausrichten lassen, dass du verschwunden warst.“, versuchte er abzulenken „Du hast mich gesucht, nicht wahr?“, stellte er fest und begann die Robe über den Kopf zu ziehen. Oder zumindest versuchte er es.
Brummend ließ er zu, dass Jakob ihm half. „Nicht erschrecken. Sieht schlimmer aus als es ist.“
Und tatsächlich sah es so furchtbar nicht aus. Die schneeweißen Verbände bedeckten den größten Teil der in der Zwischenzeit mehr oder weniger hell gelb verfärbten Prellungen, die knielange Hose verdeckte auch einiges.
Der Ritter betrachtete seinen Knappen mit zerknirschter Sorge.
Er setzte sich aufs Bett neben die Reste seiner Gurte, um auch die Stoffstreifen von den Füßen zu lösen.

Und erst jetzt beantwortete Jarel auch Jakobs Frage.
„Ja, es war ein Sturz. Genau erinnere ich mich nicht. Ich war am Berg, um den Kopf klar zu bekommen. Auf dem Rückweg scheint es ein Unwetter gegeben zu haben. Das nächste, woran ich mich erinnere ist Ljerka – die Alchemistin, du weißt ja – Sarray und ein Hexer mich auf einen Tisch verfrachteten.“ Er wollte mit den Schultern zucken, besann sich aber eines Besseren.
„Die Brüche und Verletzungen wurden magisch geheilt.“ Das es seine eigene Selbstheilungskraft gewesen war, sollte der Junge besser nicht erfahren.
„In ein paar Tagen werde ich wieder Dienst tun können.“ Das hoffte er zumindest.
„Wie ist es dir ergangen?“
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Jarel nahm nach kurzem Zögern Jakobs Angebot an und danke Theo sogar noch überaus zuvorkommend. Doch auch eins auf den Kopf bekommen? Allerdings lange überlegen konnte er nicht, denn der Ritter schickte sich schon an, sich auf den Weg zu seiner Unterkunft zu machen.
"Warte kurz, ich wechsel eben noch die Kleider.", sprachs und stülpte sich schon das fleckige Hemd über den Kopf, um es in den Sack zu stopfen. Es folgte die Hose, dann übergoss sich Jakob mit einem Eimer Wasser, den Theo hilfreich neu befüllt hatte. Prustend schüttelte er sich wie ein Hund, trocknete sich eilig ab und zwängte sich in die braungraue Arbeitskluft, die an seiner nassen Haut kleben blieb, sich aufrollte und ihn allerlei Verrenkungen vollziehen ließ, während er Jarel auf bloßen Füßen nach eilte. Dann kehrte er noch einmal um und holte die Kanne, dabei den letzten Rest Stoff zurecht nestelnd.
Der Ritter war nicht allzu schnell unterwegs, sodass Jakob ihn erreichte, als er gerade wartend in der Tür stand.

Sein Knappe tat wie geheißen und half ihm nur, wenn Jarel offenkundig an eine Grenze stieß. Das hieß bis die Kutte dessen farbenfrohen Körper enthüllte. Jakob hatte gerade mit: "Ein Gewitter ja, ich hab das Un...", begonnen und endete mit: "unooh - wow." Von da weg lauschte er vorerst.
Als Jarel sich aufs Bett setzte, ging Jakob wortlos vor ihm in die Knie. Ein kurzes Handgemenge - doch der Knappe hatte derer Zwei zur Verfügung - und er kümmerte sich um die Fußlappen.
"Ja. Dumm, ich weiß. Die Stadt ist riesig. Aber irgendwie...", er zuckte mit den Schultern, erhob sich und prüfte die Temperatur des Wassers, um seine Verlegenheit zu überspielen. Ja, er hatte sich Sorgen gemacht und ja, er hatte nicht das Gefühl gehabt, von Herrenloh unternehme irgendetwas.
Er goss Wasser in die Schale, überließ alles weitere aber seinem Ritter. Stand nur bereit, falls er nicht weiter kam.
Magisch geheilte Brüche und Wunden... Er konnte immer wieder nur staunen und dachte im Moment tatsächlich auch gar nicht an Jarels innere Bestie. Das diese ihn stärker machte und schneller heilte, wie es Werwölfen zu eigen war. Er dachte tatsächlich eher an Gandalf.
Auf die Frage, wie es ohm ergangen war, hob er nur die Arme zu den Seiten. "Zwei Wochen Latrinendienst und 5 Tage mit erstaunlich viel Freizeit."
Jakob beobachtete Jarel unverhohlen - eben wie es seine Art war - nicht der Bilder des Sturzes wegen, die auf seiner Haut standen, sondern sich vielmehr fragend, wie es dazu gekommen war. Er kannte Jarel als äußerst umsichtig und aufmerksam. Fehltritte dieser Art passten so gar nicht zu ihm. Aber zu bohren passte wiederum nicht zu Jakob.

Mit zusammengepressten Lippen beobachtete der Ritter seinen Knappen, als dieser unaufgefordert vor ihm in die Knie ging und ihm half.
Der Junge zollte ihm Respekt.
Unverdient.
Jarel atmete durch und dachte an den Abend von Jakobs Vereidigung.
Nicht an das Fiasko während des Rituals, sondern an den Moment in der Küche, als er sich ihm so weit geöffnet hatte wie bitte zuvor
Woher hätte er es wissen sollen?
Und woher sollte Jakob es wissen, wenn er sich ihm genausowenig öffnete.
Der Ritter atmete tief durch und nickte sachte für sich.
Zeit sich ebenfalls zu öffnen.
"Hatte ich dir schon von den Worgen meiner Heimatwelt erzählt?", begann er stockend zu berichten.

"Auf Azeroth gibt es unter den Menschen ein Volk, dass von einem Virus verändert wurde. Ab einem bestimmten Alter werden sie in einer Art Ritual mit dem Virus induziert.
Sie verwandeln sich in das, was man hier einen Werwolf nennt. Jedoch lernen sie das Tier in sich in den meisten Fällen zu beherrschen und bleiben bei Verstand. Später lernen sie auch die Rückverwandlung. Es ist ein zurückgezogenes und stolzes Volk. Ganze Städte voller zweibeiniger Wölfe im Kleid oder Nadelstreifenanzug. "
Da ließ er erst einmal wirken, während ihn Jakob umständlich ins Hemd half.

"Diesen Virus trage ich auch in mir. In der Theorie kann auch ich diese Halbgestalt annehmen. Der Virus wurde magisch so verändert, daß ich während der Verwandlung die Kontrolle verliere und... Nun, das Ergebnis kennst du."
Er atmete tief durch. In den Gambeson zu kommen war besonders schwierig.
Mit vor Müdigkeit und Verdrossenkeit kleinen Augen führte er den Monolog weiter.
Was jetzt folgte war viel schwerer zuzugeben als das zuvor.
Der Ritter zog seine Stiefel heran und nahm steif auf den Bett Platz.
Er zögerte.
War es richtig, den Jungen das zu erzählen?
Vertrauen hatte keinen Preis.

Er schluckte.
"Manchmal, wenn die Sehnsucht nach denen die ich hinter mir gelassen habe zu groß wird und die Sucht so laut ruft, dass ich sie nicht mehr ignorieren kann besorge ich mir eine Flasche Alkohol, schleiche Nachts raus und gehe in die Berge. Dort gibt er eine Stelle, von der ein unglaublich schöner Sonnenaufgang zu sehen ist."
Das es von der Kante dieser Aussichtsplattform ein verdammt tiefes Stück in den Abgrund ging, gehörte nicht in dieses Gespräch.
Bei einem solchen Sturz hätte der Worg auch nichts mehr retten können.
"Während die Sonne aufgeht.."
Er suchte nach Worten.
Wie sollte er das erklären?
Er kannte seinen Knappen gut genug um zu wissen, dass er diese Art zu denken nicht nur kannte, sondern sie sein Eigen nannte.
Der Ritter fühlte sich gerade schrecklich alt. Er presste die Augen zusammen.
"Den Inhalt der Flasche übereignete ich den Göttern und machte mich auf den Rückweg. Auf halber Strecke..."
Er zog die Stirn kraus.
"Das nächste, woran ich mich erinnere ist auf Ljerkas Behandlingstisch aufgewacht zu sein. In eben dieser Halbgestalt. Ist mir seid Jahrzehnten nicht gelungen. In menschlicher Gestalt wären dir Verletzungen tödlich verlaufen."
Er schluckte. "Reuven und sein Mädchen haben mich gefunden und zu den Heilerinnen gebracht."
Wieder stockte er, suchte nach Jakobs Blick.
"Es tut mir leid, dir Sorge bereitet zu haben."

Jakob hörte schweigend zu, wie es eben seine Art war. Er gab mit keinem Laut, keiner Regung oder Miene zu erkennen, was er von all dem hielt, während im Gegensatz dazu mannigfaltige Emotionen über Jarels Züge huschten. Neben verkniffenem Schmerz, wenn sein Knappe ihn in die Kleidung manövrierte. Werwölfe als Resultat eines Virus. Er kannte die Theorie, aber die meisten Lehren taten diese als überholt ab, da es in Jakobs Realität nur geborene, nicht aber gewandelte Werwölfe gab. Anders als bei den Vampiren. Aber er sollte Jarels Terminus annehmen, denn der schien zu unterscheiden - Worg oder Werwolf. Worg also. Ein Wolf, geschaffen durch einen Virus. Das hörte sich schon wieder so verrückt an, aber diese Realität war auch verrückt, wieso sollte es dann nicht noch verrücktere geben? Er konnte es akzeptieren. Er hatte schon viel akzeptiert.
Seine Augen folgten Jarels steifen Bewegungen, als dieser sich auf das Bett setzte. Er sah schrecklich müde aus, mühte sich in die Stiefel und wieder half ihm sein Knappe wortlos dabei, die Schnallen zu schließen. Dann blieb er einfach auf dem Boden vor Jarel sitzen, die Beine angezogen, die Arme auf den Knien ruhend und hörte weiter zu. Ein Berg. Eine Flasche. Ein Sonnenaufgang am Abgrund. Er wusste, wovon Jarel sprach, auch wenn seine Abgründe andere waren und auch seine Sonnenaufgänge hatten ein anderes Gesicht. Zumindest früher. Hier hatte er den Impuls lange nicht mehr gehabt, aber er wusste. Ahnte zumindest.
Ein Teil von ihm geriet durch diese Erkenntnis ins Stocken. Er hatte angefangen, sich selbst an Jarel abzustützen - an dessen Sicherheit und Ruhe. Der Ritter wurde zusehends zu einem wichtigen Anker für seinen Wankelmut und ein Dämpfer für seinen Jähzorn. Zu wissen, dass auch er nicht frei von solchen Krisen war, selbst manchmal nicht wusste, was er tun sollte und dann zu derlei Ritualen griff, brachte Jakob innerlich ins Wanken.
Er redete sich zu, dass auch Jarel nur ein Mensch war, mit einer Geschichte, Sorgen und Ängsten. Es war nicht leicht. Er atmete durch - und der Worg war die einzige Rettung gewesen, sonst säße er nun nicht vor ihm. Jakobs Augen lagen nach wie vor unverwandt auf Jarels Züge, graue und grüne Iriden, die im schräg einfallenden Licht der ersten Sonnenstrahlen noch heller wirkten als sonst. Doch nicht so kalt. Das Sonnenlicht wärmte selbst die kältesten Farben auf.
Jakob dachte nach und wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Er wusste nicht einmal, was er fühlte. Er war froh, dass Jarel vor ihm saß - angeschlagen, aber in einem Stück. Er war irritierte von dessen plötzlicher Offenheit und die Informationen musste er noch für sich verarbeiten.

Und dann war da die Entschuldigung. Bei ihm. Damit konnte er im ersten Moment auch nicht so recht umgehen, denn es hatte sich noch nie wirklich jemand dafür interessierte, dass er sich Sorgen gemacht haben könnte. Er war doch nur der Beobachter am Rand. Er fragte sich vielleicht, wieso eine Routine heute anders war als all die Tage zuvor, aber er machte sich doch keine Sorgen. Nein.
Jakob ließ die Knie zu den Seiten kippen und umfasste seine Knöchel mit den Händen, während sein Blick tatsächlich unstet wurde und umher wanderte. Das Maximum einer äußerlichen Regung, die sein inneres Chaos dafür umso deutlicher zeigte. Schließlich blieb sein Blick auf dem Boden vor seinen Füßen kleben, die Schultern gespannt wie eine Bogensehne.
"In Flagstaff brachten sie uns bei, dass man auf den Werwolf schießt, sobald er Anzeichen macht, sich zu verwandeln. Sie brachten uns bei, auf den Schädel zu zielen. Mit Silber. Und keine Fragen zu stellen, denn ist er erst verwandelt, verliert er alle Menschlichkeit und wird angreifen. Menschen sind sein Futter.", sagte er sehr tonlos, als rezitiere er aus einem Lehrbuch. Eine Konditionierung, die den Worg in Velen fast das Leben gekostet hatte. Den gleichen Worg, der Jarel nun das Leben gerettet hatte. Welch Ironie.
"Über die Jahre haben sie mir auch beigebracht, dass ich mich auf niemanden verlassen sollte." Ungewollt, sicher, aber nichtsdestotrotz wahr.
Endlich zerrte er den Blick wieder nach oben. Kühl und klar wie immer.

Jarel verbarg seine Gefühle vor Jakob nicht. Und auch wenn Jakob seinerseites kaum eine Regung zeigte, allein seine Körperhaltung zeigte alles.
Er war überfordert. Und aufgebracht.
Auf niemanden verlassen...
Auch auf ihn nicht. Jarel rechnete fest damit, dass sein Knappe enttäuscht war. Von ihm. Durchaus verdient.
"Ich bin hier, Jakob. Ich bin nicht ohne Fehl und habe eine Vergangenheit hinter mir, für die dein Orden mich gerichtet und verbrannt hätte. Ich trage Lasten auf der Seele, die dunkler sind als die finsterte Nacht, aber ich bin hier. Auch wenn ich die Vergangenheit immer wieder aufs neue verabschieden muss, so liegt sie doch hinter mir. Und einer der Gründe, warum ich hier bin, bist du." Er atmete kurz durch.
"Ich werde mir dein Vertrauen zurück verdienen." Jarel klang müde, aber der Brustton der Überzeugung übertönte dies beinahe vollständig.
Jakob brauchte Zeit. Und er musste sich zurückmelden.
Der Ritter erhob sich und hielt Jakob die Linke hin.
"Komm. Ich sollte mich beim Großkomtur melden, je schneller ich das hinter mir habe..."
Er grinste schief. Und zwinkerte.
"Ich werde heute Abend bei den Apfelbäumen sein, wenn du reden willst..."

Jakob nahm ohne zu zögern die dargebotene Hand, kam jedoch auf die Füße ohne auch nur ein Gramm seines eigenen Gewichts daran zu hängen. Jarel musste jede Bewegung Schmerzen bereiten. Er musterte seinen Ritter wieder. Seinen Ritter. Ja, er wusste all das, was Jarel sagte natürlich. Oder ahnte es zumindest. Er war ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit vielen Jahren voller Dinge, die sich der junge Mann nicht vorstellen konnte - oder es sich nicht vorzustellen wagte. Er wollte irgendetwas sagen, irgendetwas Versöhnliches. Wieso war das nur immer so verteufelt schwer?
"Dafür müsstest du es erstmal verloren haben.", murmelte er also das Erstbeste, was ihm in den Sinn kam. Eine Halbwahrheit? Für seinen Kopf die Wahrheit, für sein Herz eine Lüge. Reden... er nickte kaum merklich. Ja. Reden. Wie immer. Reden, obwohl er nie wusste, was er sagen sollte.

Auf dem Weg zur Tür fand die Verwandlung statt, die Jakob schon so oft gesehen hate.
Beireits mit der Hand auf der Klinke straffte sich die Gestalt des Ritters. Haltung, unnahbarer Gesichtsausdruck, keine Spur von Schmerzen, noch weniger von Müdigkeit.
Keine Schwächen zeigen. So wie er sich jetzt gab rechnete man jederzeit damit, dass er das Schwerz ziehen und in die Schlacht ziehen würde.
Einzig die langen schwarzen Haare lagen offen auf seinen Schultern. Sonst war es, als wäre nie etwas gewesen.
Aus dem Weg zum Hauptgebäude trennten sich die beiden. "Bis nachher.", unterstrich Jarel seine Hoffnung und schlug den Weg zu Helbels Büro ein.
Kurz und energisch klopfte er an.

"Na sieh einer an, was der Wind uns da herein geweht hat.", sagte Ealco Helbel, nachdem er sein 'Herein' erbeten hatte und der Ritter eingetreten war. Er hatte sich sogleich erhoben, auch wenn er selbst kein Ritterbuder war und außerhalb irgendwelcher Rangfolgen stand. Er lächelte schmal. "Es freut mich, Euch auf den Beinen zu sehen, Klingenmeister Moore." Ealco würde es nie müde werden, Jarel bei dem Titel anzusprechen, den er inne hatte, auch wenn er ihn selten offen führte. Reine Formsache. Die Dinge mussten ihre Ordnung haben.
"Ihr wollt zum Großkomtur, nehme ich an?"

Der Ritter deutete eine Verbeugung an. Und nickte.
"Ja. Wollte mich persönlich zurück melden." Die Haltung war fast perfekt, die Stimme beinahe ohne Zittern.
Fast...beinahe... Wenzel von Herrenloh würde es merken. Aber da Sarray Berichte geschickt hatte, wusste er ohnehin Bescheid.
Es würde kommen, was kommen musste.

Ealco umrundete seinen wie immer penibel geordneten Schreibtisch, klopfte kurz an die schwere Holztür zur Linken Jarels und öffnete nach kurzem Lauschen.
"Sir, der Herr Klingenmeister.", meldete er Jarel an und trat dann aus dem Weg, um den Ritter durchzulassen.
Wenzel saß wie üblich hinter seinem Schreibtisch, doch als Jarel eintrat, ließ er die Feder sinken und erhob sich, kam herum und eilte auf den Ritter zu.
"Jarel, beim Licht. Es tut gut, dich aufrecht zu sehen. Ealco! Hol uns was zu trinken. Jarel, komm, setz dich."

Der Ritter erstarrte. Damit hatte er nicht gerechnet. Mit einer Rüge. Strafe vielleicht.
Aber nicht damit, auf ein Getränk eingeladen zu werden.
Entsprechend entgleiste ihm eine Sekunde die immerfeste Miene zu einem dusseligem Gesichtsausdruck, bevor er sich wieder fing.
Und ganz so verhärtet wie zuvor sah er auch nicht aus, als er umständlich Platz nahm.
"Ähm...Danke, Gr...Wenzel..." Noch immer irritiert suchte er nach Worten. Fand aber keine.

"Schau nicht so, das steht dir nicht." Er hatte Jarel zu der kleinen SItzgruppe begleitet, die ebenfalls in diesem Raum stand und für weniger amtliche Gespräche diente. "Was hast du erwartet? Das ich dir den anderen Arm auch noch breche?"

Der Ritter schmunzelte. Tja, womit hatte er gerechnet?
"Zumindest hatte ich erwartete stramm stehen zu müssen." Er senkte kurz den Blick und lehnte sich zurück.
Sessel. Bequem. Sehr bequem. Nur nicht einschlafen.
Noch immer wusste er nicht recht etwas zu sagen. Das war so unangenhem, dass er sich beinahe den befürchteten Einlauf stattdessen wünschte.
"Ich bin Jakob gerade begegnet." Nun konnte er sich ein Grinsen doch nicht verkneifen.
"Welch wohlfeiler Duft.", feixte er. Und schon wieder gingen ihm die Worte aus.

Ealco trat ein und stellte ein Tablett mit einer Teekanne und zwei Tassen ab. Aus der geschwungenen Tülle stieg der Duft von Salbei und Melisse. Wenzel krauste die Stirn. Melisse. Überall. Der Adjutant verschwand wieder.
"Jarel, du bist ein Ritter mit allen Rechten und Pflichten, dazu gehört, dass du kommen und gehen darfst, wie es dir beliebt. Längere Abwesenheiten mal ausgenommen." Wenzel lehnte sich ebenfalls zurück und musterte seinen ehemaligen 'Schüler', nun Ritter aus seinen eindringlichen, grauen Augen. Bei dessen Bemerkung schmunzelte er leicht.
"Tyssen ist zuweilen kreativ. Zu Merowens Zeiten hätte es die Peitsche gegeben." Was für Ritter galt, galt für Knappen keineswegs. Diese hatte die Komturei nicht zu verlassen, es sei denn an der Seite ihres Ritters oder mit spezieller Erlaubnis.
Wenzel nahm seine Tasse und nippte vorsichtig. "Sag also, wie geht es dir? Hat sich diese...", er korrigierte sich, "...hat sich Madame Cestay gut um dich gekümmert?"

Jarel nahm die Tasse mit der Linken und nickte Ealco dankbar zu.
"Es ist so weit in Ordnung. Braucht wohl noch Zeit." Er zuckte mit den....nein. Er zuckte nicht mit den Schultern. Schon bei der Andeutung dieser Geste kam ihm siedend heiß in den Sinn, dass das keine gute Idee war.
"Und ja, Madame Cestay und Madame Veskewi haben sich sehr gut gekümmert. Ich schulde beiden etwas. Die Kleine hat ganz schön Feuer im Hintern. Und Ljerka ist in ihrem Metier wirklich ein Meister. Eine Meisterin...", verbesserte er sich.
"Ich verdanke den beiden mein Leben." Er nickte ernst und nahm einen Schluck Tee. Den Kaffee bei den beiden würde er vermissen. Und die beiden auch. Vor allem Ljerka....
Einen Moment gerieten seine Gedanken auf abwegen. Er räusperte sich.
"Ich denke morgen werde ich in der Küche aushelfen können." Untätig sein lag ihm gar nicht. Obwohl....jetzt gerade war ihm sehr wohl danach.
'Verdammt, konzentrier dich.'

"So.", machte Wenzel, stellte seinen Tee ab.
"Ich habe mich nur gefragt, was diese beiden... Anderlinge so besonderes können, wozu unser Großspittler und seine Medici nicht in der Lage sind.", tat der Komtur nun doch den Schritt dorthin, wo ihm der Schuh in der ganzen Sache drückte.

Die Frage hatte er erwartet. Aber eine rechte Antwort dazu...hoffentlich schluckte Wenzel diese Kröte.
"Es war neben den beiden und dem Hexer noch eine weitere Person beteiligt. Magisch begabt. Und....möchte ungenannt bleiben."
Er nahm einen Schluck Tee. "Ich sollte ihn eigentlich nicht einmal erwähnen."
Er sah dem Großkomtur direkt in die Augen. Er log nicht. Und das würde er sicher spüren.

Wenzel erlaubte sich einen Seufzer und legte seine Finger aneinander. Jarel nahm in seinem Dunstkreis eine besondere Position ein, trotzdem fiel es ihm nicht immer leicht, offen zu bleiben.
"Jarel, ich weiß, du kommst von einem Ort, an dem Magie zum Alltag gehört. Azeroth." Er sagte es merkwürdig, wie ein Wort aus einem Märchen.
"Aber der Hierarch und auch der Großmeister sehen Magie als etwas an, was nicht in unsere Theologie passt. Halte dich also zurück mit Kontakten zu Magiern." Es lag keine Anklage und auch keine Drohung in seinen Worten, eher Sorge. Doch wie von Herrenloh zu manchen Ansichten des Ordens stand, das blieb wohl sein Geheimnis.

Jarel nickte. "Werde ich.", versicherte er. So wenig Kontakt wie möglich. Obwohl er bezweifelte, dass er die Bestie jemals loswerden würde. Und auch nicht wusste, ob er das überhaupt wollte.

Die beiden plauderten über belangloses und die Vergangenheit, doch lange dauerte das Gespräch nicht. Wenzel von Herrenloh blieb nicht verborgen, wie laut das Bett seines Ritters nach ihm rief.
Sie hatten noch genug Zeit zum Reden.
Keine Stunde später schloss Jarel endlich die Tür seiner Hütte hinter sich, schaffte es noch das Feuer zu schüren die Schuhe auszuziehen, und schlief ein, kaum dass sein Haupt das Kissen berührte.
Erst am Abend kam er wieder zu sich. Gerade rechtzeitig zu seiner "Verabredung" mit Jakob.
Nun, eher ein Angebot, aber er hoffte einfach, der Knappe würde es annehmen.
Benutzeravatar
Jakob von Nagall
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 546
Registriert: Sonntag 7. November 2021, 10:18
Lebenslauf: Jakob von Nagall

Jakob saß den Vormittag über in der Werkstatt des hier ansässigen Schmieds und Rüstungsmachers und flickte ein Kettenhemd. Wer auch immer es getragen hatte, es hatte ihm wohl nicht sonderlich viel geholfen, denn auf der Vorderseite prangten neben einigen Löchern, drei Risse, von denen verborgene Ringe in alle Richtungen abstanden. Oder besser abgestanden hatten, denn Jakob hatte alle beschädigten Ringe inzwischen entfernt, das Hemd von Blut und anderem Unrat gesäubert und war nun seit drei Tagen dran, unter Anleitung des Meisters neue Ringe einzufädeln. Er lernte schnell, der Schmied ließ ihn inzwischen in Ruhe machen und schaute nur ab und an nach dem Rechten. Handwerklich war Jakob schon immer geschickt gewesen, auch wenn es eher Autos und Motorräder gewesen waren, die er Kraft seiner zwei Hände wieder zusammen gesetzt hatte.
Die Arbeit hatte Vor- und Nachteile. Zwar konnte er seine Hände mit etwas Sinnvollem beschäftigen und die Zeit ging dabei vorbei, aber sein Kopf drehte sich währenddem um allerlei Gedanken. Das Gespräch mit Jarel ging ihm nicht aus dem Kopf – immer und immer wieder drehte er die Worte von links nach rechts, fragte sich, was ihn eigentlich so ins Schlingern gebracht hatte. Er war doch kein Kind, der an den Rockschößen dieses Mannes hängen musste. Er konnte allein stehen. Er hatte immer allein gestanden und es hatte irgendwie funktioniert. Hilf dir selbst – seit Jahren sein Leitspruch.
Selber stehen.
Selber laufen lernen.
Und trotzdem…

Nach der Nachmittagsandacht hatten die jüngeren Knappen, zu denen Jakob zwar nicht alters- aber doch ausbildungsmäßig zählte, noch eine Stunde Lehre im Glauben der Ewigen Flamme. Die ewige Grübelei und die daraus erwachsende Unsicherheit hatten ihn über den Tag bereits zerrieben, innerlich wund und reizbar gemacht. Seine Laune war mies, als er in der Kapelle ankam, in der Bruder Siegismund seinen Unterricht abzuhalten pflegte.
Normalerweise ließ er den Stoff einfach über sich rieseln, antwortete nur, wenn er gefragt wurde, aber heute ärgerte ihn der Bruder mit seinen teils recht radikalen Ansichten über Sünder, falsche Götter und wie mit deren Anhängern umzugehen sei. Das Problem war dabei, dass Jakob ein gutes Gedächntis für Texte aus den heiligen Schriften hatte und den ehrwürdigen Bruder mit seinen eigenen Waffen zu bedrängen begann. Die anderen Schüler blickten nur halb fasziniert, halb entsetzt von einem zum anderen, bis Siegismund schließlich der Kragen platzte. Jakob hatte ihn in eine Ecke gespielt, was schon bei den Lehrern in seinem Gymnasium nie eine gute Idee gewesen war und auch der Mönch reagierte darauf eher aufgebracht.
„Es reicht, von Nagall! Nach der Stunde kommst du mit mir ins Skiptorium und wirst zehn Mal die Sieben Lehren des Vynklit von Eesterfeld abschreiben! Danach wirst du verstanden haben, wieso man mit Herätikern keine Gnade haben darf!“, rief der Bruder schneidend und selbst der wutschäumende Jakob sah ein, dass dies das letzte Wort war und jedes Widerwort nur die Strafe vertiefen würde. Er schluckte also seine Wut hinunter, presste die Lippen aufeinander und sagte den restlichen Unterricht kein Wort mehr.
Er kritzelte.
Eine kleine Notiz auf ein gerademal handtellergroßes Stück zerbrochenen Schiefers. Die hiesige Form des Spick- oder Gesprächszettels unter den Schülern. Er drückte es einem der anderen Knappen in die Hand, mit der Bitte, die Nachricht am Abend zu Jarel in den Obstgarten zu bringen. Sie lautete: Memo: Bruder Siegismund nicht mit Argumenten kommen. Nachsitzen im Skriptorium. J.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Der Ritter saß nachdenklich auf einer Bank und behielt das Gelände mit den Apfelbäumen im Blick.
Er maß Jakobs Kommen oder Wegbleiben viel Gewicht bei.
Es hatte sich richtig angefühlt so ehrlich und offen zu sein. Befreiend von seiner Warte aus.
Doch was bewirkte es bei dem sensiblen Jungen? Nahm er ihm damit Sicherheit?
Oder baute er damit Vertrauen auf?
Würde er erscheinen, würde sich ihm vielleicht die Möglichkeit auftun es herauszufinden und gegebenenfalls Schadensbegrenzung zu betreiben.
Jakob erschien nicht. Stattdessen einer der anderen der Adepten. Etwas verunsichert suchte der Junge etwas. „Mirosch?“ Kaum hatte Jarel den Jungen gerufen, trabte dieser auf ihn zu.
Hatte er sich versehentlich im Schatten vorborgen? Oder war der Adept so abgelenkt gewesen?
„Vom Knappen Jakob.“, sprachs und drückte ihm das Schieferstück in die Hand.
Etwas mulmig nahm der Ritter es an sich und las den Text. Zwei Mal.
Dann begann er erleichtert zu lachen und gab dem Boten die Tafel zurück.
„Richte ihm aus, er soll auf seine Handschrift achten und…viel Spaß.“
Damit schickte er den Jungen zurück. Eine Weile noch bleib er sitzen, bevor er sich erhob und die Küche ansteuerte. Mal sehen, ob es irgendetwas essbares zu finden gab.
Benutzeravatar
Jarel Moore
Spieler Level 4
Spieler Level 4
Beiträge: 945
Registriert: Freitag 25. März 2022, 23:06
Lebenslauf: Jarel

Antworten