Taverne | Chamäleon - Im Viertel 'Spitzenhall'

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Vajdan Jaromer
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Das "Chamäleon":
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von/nach: Die Hauptwache in Oxenfurt -> Nowigrad
Datum: 17. September 1277, Nachmittag
betrifft: niemanden sonst, oder jeder der will
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Spitzenhall wurde der Stadtteil genannt, der sich vom früheren Bordell "Rosmarin und Thymian" nach Westen bis zum Fluß beim Ruhmestor erstreckte.
Und genau dieses Gasthaus war es, über dass Vajdan ein ganzes Dossier erhalten hatte.
Wer ein wenig Übung hatte konnte zwischen den Zeilen erkennen was ausgespart wurde, diese Informationen waren wohl nur den Geheimdiensten zugänglich.
Mittlerweile war das "Rosmarin und Thymian" in "Chamäleon" umbenannt worden und als Inhaber waren ein gewisser Zoltan Chivay sowie ein Julian Alfred Pankratz Vicomte de Lettenhove, besser bekannt als 'Rittersporn' aufgeführt.
Vorbesitzer war Alonso Wily gewesen, damals, als es noch ein Bordell gewesen war. Nun galt es als renommiertes Kabarett - doch aus das genoss einen manchmal zweifelhaften Ruf. Und so ganz konnte er nicht glauben, dass der Betrieb von zuvor wirklich vollständig eingestellt worden war.
Und was zwischen den Zeilen fehlte, und er glaubte, dafür ein Gespür entwickelt zu haben, war die Verstrickungen in die Unterwelt. Der Name des Vorbesitzer war ihm in einem anderen Kontext schon einmal untergekommen und eben dieser Wily war nicht verwandt mit dem Barden, weshalb sollte er ihm das Etablissement schenken?
Aber diese Informationen waren ihm nicht zugänglich. Gut, er wollte auch nicht schon wieder in Wespennester stechen, das letzte mal hatte ihm gereicht. Und hier hatte er noch kein Netzwerk aufbauen können, dass ausreichend trug.

Er war daher in Zivil unterwegs, nicht nur weil er sich an die primitive Rüstung bisher nicht richtig hatte gewöhnen können und auch nicht weil er der festen Überzeugung war, dass ihm rot absolut nicht stand. Er bevorzugte gedeckte blau und grautöne. Viel mehr wollte er einfach nicht auffallen und ohne das Label des Gesetzes im Rücken, so wusste er, würde er viel mehr erfahren. Das Wappen der Wache behinderte ihn dabei seine eigenen Waffen einzusetzen.
Das Wams, dass er nun trug zeigte obendrein dezente Stickereien. Der Schneider, der es ihm verkauft hatte, hatte überzeugend argumentiert, dass er zu seinem sonst sehr gepflegten Auftreten eine entsprechende Ausstattung aus Wams und Hose brauchte. Er musste den Empfehlungen folgen, denn ihm fehlte damals jedes Gespür für die Mode dieser Zeit. Ihm war dieses Leben damals rückständig und barbarisch erschienen, viele Errungenschaften der Zivilisation, die man in seiner Zeit kannte fehlten ihm hier. Aber er begann langsam, sich daran zu gewöhnen. Nur an die Rüstung, die man in der Wache hier statt einer Uniform trug, daran wollte er sich nicht gewöhnen.
Und wenn er schon darüber nachdachte, während er die Plakate betrachtete, die dort an die Wand angeschlagen waren...
Der Buchdruck war interessanterweise zwar erfunden, aber noch nicht weit verbreitet, die meisten Flugzettel und Anschläge oder Bücher wurden noch von Hand kopiert, dabei schlichen sich oft bizarre Fehler ein, wie hier:
"Tretet ein! Trinkt! Jede 7te Bestattung geht auf''s Haus!"
Und auch wenn es die Hygiene betraf, dann hatte diese Welt doch das Potential, selbst ihn in die Verzweiflung zu treiben.
Brunnen wurden noch immer in unmittelbarer Nähe zu den Schächten für's Abort gegraben und hinterher wunderte man sich, wenn man an der Ruhr erkrankte oder an noch schlimmerem.
Er hätte noch viele weitere Kleinigkeiten aufzählen können. Einige der Augenscheinlichsten waren die Brillen, die manche hier auf den Nasen trugen. Wuchtige Monokel anstatt der dünnen Gestelle, die man in der Handelsstadt aus der er kam, bereits kannte.
Auch Schusswaffen waren hier bislang nicht erfunden, sah man von Armbrüsten ab, ein Mangel, von dem er bereits überlegte, ob er diesen beheben sollte.
Was aber fast das schlimmste war: Kaffee, hier sprach man es Kofea aus, war nur sehr schwer zu bekommen. Nur wenige Händler importierten das wertvolle Gut aus Ophir und verkauften es zu horrenden Preisen zunächst an die wenigen Röster der Stadt, die dann oft auch ihr Handwerk nicht einmal beherrschten und die Bohnen verdarben. Einen Becher heißen Kaffes auf der Straße zu bekommen galt aber geradezu als unmöglich.

Es war zu Pferd eine knapp Tagesreise, wollte man das Tier dabei nicht zu Schanden reiten.
Er hatte die große Hafenstadt und was den Einfluss anging der eigentlichen Hauptstadt Redaniens, wohl noch vor Dreiberg, bereits einmal einen Besuch abgestattet. Aus Neugier. Dieses mal war es sozusagen dienstlich, auch wenn er in zivil unterwegs war... Er wollte dem Barden auf den Zahl fühlen, und das in möglichst unvoreingenommener Atmosphäre. Es mochte ja sein, dass es eine Erklärung gab, und vielleicht ließ sich die Frage nach den gestohlenen Zeichnungen beantworten und eine Anklage abwenden, ohne dass einer der bekanntesten Musiker dieser Zeit sein Gesicht verlöre. Und noch etwas steckte dahinter: Der Reisende in ihm hoffte auf die eine oder andere weitere Antwort, denn ganz offenbar wusste dieser Mann mehr als viele andere.
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Vajdan Jaromer
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Die Unterhaltung mit dem Barden verlief... Nun, anders als er es erwartet hatte.
Der Mann erwies sich zum einen als älter als Vajdán vermutet hatte. Hörte man seinen Fans zu sahen die meisten wohl einen jungen Man in den frühen 30ern, stand man ihm dann gegenüber versteckte er die mit Pflanzensud gefärbten grauen Strähnen unter einem viel zu bunten Hut mit viel zu auffälligen Federn und von den Falten eines wohl beinahe 50jährigen und etwas verlebten Mannes sollte das bestickte violett-grüne Wams ablenken - das nahm Vajdán zumindest an. Wie gut es funktionierte konnte er an der Beschreibung ablesen die er erhalten hatte, bei ihm jedoch zog es nicht.
Dabei legte der Barde einen durchaus wachen Verstand an den Tag und wohl eine einen gewissen Witz, war man dafür empfänglich. Das allerdings war der Reisende auch nicht. Dafür erwies sich der Barde umgekehrt empfänglicher für seine Beeinflussung.
Ganz verbergen mit welchen Absichten er kam war allerdings auch dem Hauptman nicht möglich, allein die Art und Weise wie er Fragen stellte schien sofort den Verdacht des Barden auf den Plan zu rufen, und vielleicht auch, dass er sich nach 'Vicomte de Lettenhove' erkundigt hatte und nicht nach dem Pseudonym. Der Vicomte schien allerdings wenig Vorbehalte zu haben ihm in dieser Sache weiterzuhelfen, was wiederum für Vajdán nur zweierlei Schlüsse zuließ. Entweder er war beinahe froh mit der Geschichte von damals abzuschließen oder aber die Zusammenarbeit mit dem Gesetz war bereits Routine für ihn. Oder eine Spur von beidem.
Er würde jetzt auch nicht näher darauf eingehen und vielleicht später noch einmal darauf zurück kommen.
Was er erfahren hatte war, dass der Bard einst der Liebhaber der Herzogin gewesen war und durchaus der Auffassung, dass die Zeichnungen ihm zustanden, da diese zu einer Zeit entstanden waren, als er bei ihr weilte und sie auch gewissermaßen als Geschenk an sich empfunden hatte. Dies war der Punkt, den Vajdán etwas in Frage stellte, aber sei's drum. Wiederstrebend gab er sich damit zufrieden, die Zeichnungen zurückzugeben, unter der Bedingung, dass man auch einen gesiegelten Brief an die Herzogin beilegen würde. Ein Zugeständnis, dass Vajdán bereitwillig zusicherte.
Damit war zumindest der offizielle Teil erledigt.
Vajdán ließ sich dazu überreden noch den einen oder anderen Wein zu probieren, den der Vicomte aus einem Keller daher brachte. Offenbar schätzte der Man, wie er auch nicht müde wurde zuzusichern, die kultivierte Art seines Gastes, da lud man gerne zum trinken ein. Für Vajdán ein gewisser Wiederspruch, aber als er dies äußerte lachte der Barde und bot ihm an, "Nenn mich Julian, oder Rittersporn, wie meine Freunde."
Einen Moment befürchtete Vajdán es übertrieben zu haben, wobei er eigentlich angenommen hatte, seine Fähigkeiten reichten nicht so weit, einem vollkommen den Verstand zu vernebeln. Bisher war er nur dazu in der Lage gewesen das Zünglein an der Wage etwas zu verschieben, zu seinen Gunsten verstand sich. Er musste also fast davon ausgehen, dass der Mann ihn tatsächlich mochte, zumindest solange bis er das Gegenteil beweisen konnte.
Er war aber redseelig genug, um auch das tatsächlich verifizieren zu können. Julien schätzte es tatsächlich, dass da einer saß, der einfach zuhörte und im richtigen Moment die richtigen Fragen stellte. Was er allerdings mit Verständnis verwechselte.
Vajdán hatte nur die Stirn gerunzelt.
Immer wenn er gedacht hatte, er habe die Menschen endlich verstanden, dann traf er auf so ein Exemplar und musste seine ganze Empirie wieder von vorne beginnen. Dafür war der Wein tatsächlich ausgezeichnet.
Und irgendwann wollte der Barde auch wissen, wie ihn denn seine Musik gefiele. Eine gute Überleitung, wie Vajdán fand und es war auch gut, dass sie nicht von ihm kam, doch er wäre nicht er selbst gewesen, fiele die Antwort nicht ehrlich aus anstatt höflich. Er kritisierte das immer gleiche zwar eingängige aber wenig phantasievolle Versmaß, die oft gestelzten oder umgekehrte viel zu vorhersehbaren Reime und die mangelnde Phantasie und Abwechslung im Satzbau. In ruhigen Worten, ohne sich zu ereifern und vollkommen sachlich.
Er hörte wie hinter ihm jemand scharf die Luft einsog und dann den Atem anhielt. Das Gesicht des Barden war in einer seltsamen Mine eingefroren und hinter ihm war ein Zwerg erschienen, vermutlich dieser Zoltan Chivay, und einen Moment schien es als würde er etwas furchtbares erwarten. Einen Moment lang schien er wohl darauf zu warten, dass der Brade ihn angriff. Aber Vajdán blieb ruhig und ernst, dann lachte Julian leicht säuerlich.
"Sehr direkt, dass muss ich dir lassen, mein neuer Freund, aber auch sehr ehrlich. Und ich gebe dir recht. Ich bin selbst nicht ganz glücklich damit, aber das ist es was sie hören wollen. Was soll man da machen?"
Vajdán hatte eine Erwiderung auf der Zunge und er selbst hätte sich auch nicht gebremst, der Barde tat das.
"Antworte jetzt nicht, ich schätze zwar Ehrlichkeit, aber auch nicht in unbegrenztem Umfang. Jetzt kannst du mir aber sagen, warum du wirklich hier bist."
Ein wenig verblüfft war Vajdán nun, und das wiederum schien Julien zufrieden zu stellen, so dass er wieder ganz ohne viel zutun frei heraus erklärte, dass er lange mit einem Hexer gereist war, dem bekannten weißen Wolf - was Vajdán zwar bereist wußte, immerhin sang er auch davon, aber er rang sich dazu durch doch anerkennend zu nicken - und das, so erklärte der Barde, hatte ihm beigebracht zwischen den Zeilen zu lesen, denn der erklärte nie viel und wollte man etwas aus ihm herausbekommen musste man das lernen.
Und so ergab ein Wort wieder das andere.
Vajdán erfuhr, dass dieser Hexer sich tatsächlich in Touissant zur Ruhe gesetzt hatte, und dass es trotzdem unwahrscheinlich war, dass er deswegen seine Schwerter verkaufte, auch nicht wenn er Geld brauchte, ein Hexer würde sich eher von seinem... und hier konnte Vajdán erkennen, dass der Mann nach einer Metapher suchte. Er erwog wohl, so deutete er die Silben, die ihm unausgesprochen an den Lippen hängengeblieben waren den ersten Versuch als '...seinem Schwanz...' aber das zog der sofort zurück. "...nein, von dem gewisse nicht, vielleicht einer Hand... aber nein, dann nützt das Schwert ja nichts mehr... Auf jedenfalls gibt es drei Dinge von denen ein Hexer sich nicht trennen wird, und da sind sicher alle gleich: das sind sein Silberschwert, sein Stahlschwert und auch ganz gewiss das aus Fleisch."
Ein interessanter Hinweis, und Vajdáan machte tatsächlich von etwas Gebrauch, dass er zwar gelernt und geübt hatte aber lange nicht mehr verwendet: einem Lächeln.
Und so verbrachte er noch einen interessanten Abend bei dem Vicomte de Lettenhove und auch der Zwerg gesellte sich zu ihnen und beide erzählten begeister von den Abenteuern, die sie zusammen mit dem Hexer erlebt hatten und so auch von einem Mädchen namens Cirilla, einer Prinzessin aus Cintra und Thronerbin Nilfgards, die offenbar ein seltenes Erbe besessen hatte und behauptet hatte, sie könne zwischen den Welten reisen. Was er ihr selbstverständlich nicht glaubte. Trotzdem fand er die Vorstellung interessant, es könne irgendwo fliegende metallene Schiffe geben. Und darüber wollte er auch noch eine Ballade schrieben.
Allerdings war jene Prinzessin seit einer Weile verschwunden, keiner wusste ob sie, wie sie sollte nun neben Emhyr var Emreis auf dem Thron saß oder als Hexerin durch die Lande zog oder vielleicht sogar munter zu fremden Welten hüpfte. Und sie lachten, zumindest zwei von ihnen und tranken hervorragenden Wein.

Und als Vajdán sehr viel später das Chamäleon verließ - es war bereits zu spät um die Rückreise anzutreten und auch wenn man ihm angeboten hatte, in einem der Zimmer dort zu nächtigen, so brauchte er tatsächlich ein paar Augenblicke um sich wieder zu sammeln und nachzudenken. Es war immer seine Gewohnheit gewesen umherzuwandern und dabei das gehörte zu verarbeiten und so hielt er es auch in dieser Welt. Er hatte sehr viel mehr erfahren als er sich erhofft hatte, aber auch sehr viel mehr als er begreifen konnte.

weiter hier.
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