Dörfliche Gegend

Der Landstrich im Pontar Delta und südlich von Nowigrad wird 'Grashügel' genannt, diese grenzen an Graufeld, bereits ein Teil von Velen.
Südöstlich des Pontar liegen die Sturmfelder.
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Aris Moriturus
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von/nach: nirgendwo -> Das Umland von Nowigrad / Dörfliche Gegend
Datum: 14. September 1277
betrifft: Aris/Carolyn
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Ihre Augen, in braun und blau in einer raren Mixtur, blickten dem imposanten, grossen Vogel nach, der sich mit breiten Schwingen in den Himmel erhoben hatte, um sich seinem Ziel zu nähern. Einem toten Tier am Wegesrand.
Sicherlich von Pferdehufen, oder den Rädern eines Karrens getötet. Es war wirklich schwer zu sagen, um welches Tier es sich handelte. Hier und da war braunes Fell zu sehen, welches einst sicherlich kuschelweich und dicht gewesen war, doch nun, im Angesicht des Todes nur noch stumpf und struppig der Vegetation trotzte. Ein toter blutiger Körper inmitten von einem malerischen Idyll aus Blumen, Sandwegen und kleinen Häusern, in denen einfache Menschen ihr Leben fristeten.
Der Rabe landete mit einem triumphierenden Krächzen auf dem Kadaver und streckte den Kopf mit den ebenso dunklen Knopfaugen zu allen Richtungen, um Feinde erspähen zu können. Ein paar Fliegen stoben auf und suchten laut summend das Weite. Als sich niemand ausser Aris selbst näherte, begann der Vogel seinen spitzen harten Schnabel dazu zu nutzen, die Überreste des toten Tieres, welches vielleicht mal ein Kaninchen, oder ein Wiesel gewesen sein könnte, vom Boden zu kratzen. Aris beobachtete dieses Verhalten ohne Abscheu. Der Tod war ihr nicht fremd. Im Gegenteil. Er war fester Bestandteil ihres Lebens. Wo anderen Menschen der Tod und die Vergänglichkeit einen Schauer der Angst bescherte, entlockte er der weissblonden zierlichen Frau nur ein müdes Achselzucken.
Zu sterben war für sie nicht nur das festgelegte Ende nach der Geburt eines Wesens. Oder die Belohnung nach einem absolvierten Kampf. Es war auch Teil des Lebens selbst. Und die Toten vermochten durchaus unterhaltsam und informativ zu sein, wenn man nur wusste wie.

Ihre Mundwinkel bogen sich zu einem Lächeln nach oben, als der Rabe beharrlicher an einem blutigen Fleischfetzen riss und bereits seine Flügel kräftig schlagend zur Hilfe nahm, um mehr Kraft aufzuwenden. Am Ziel seiner Bemühungen angekommen, verspeiste er sein auserkorenes Bröckchen und kehrte umgehend zu seiner Herrin zurück.
Aufwendig landete der grosse Kerl mit dem glänzenden Gefieder auf ihrer rechten Schulter und begann, seinen Schnabel an ihrem Hemd sauber zu reiben. Eine Eigenheit des zahmen Tieres, welche Aris ihm nicht antrainiert hatte. Doch diese Vogelart war sehr klug und sie konnte sich vorstellen, dass er Aris selbst oft genug dabei beobachtet hatte, wie sie nach einer Mahlzeit am nächtlichen Lagerfeuer mit einem Tuch ihren Mund säuberte. Oder mit ihrem Hemdsärmel. Zugegeben, sie hatte Manieren, doch diese holte sie nur in passender Gesellschaft hervor.

Eine feine Dame war sie nicht. Konnte nicht tanzen, oder nur wild und ungezügelt, mehr hopsend, als eine Abfolge von Tanzschritten und nur sehr schräg singen. Wann immer ihr danach war, war ihre Stimme der von Otto erschreckend gleich.

Otto, ihrem Raben, wie sie ihn getauft hatte. Gefunden hatte sie den damaligen Jungvogel, noch in flaumigem Gefieder, auf einem Friedhof, auf dem sie beabsichtigt hatte, Informationen über ein Mordgeschehen zu erhalten. Vom Opfer selbst. Dann war alles anders gekommen. Das Rabenküken hatte leise krächzend auf einem der Gräber gelegen. Auf dem Grab eines Mannes, dessen Vornamen sie für ihren Vogel genutzt hatte. Bestimmt kein niedlicher Name, wie sie sonst gerne an Haustiere vergeben wurden. Aber Otto war als Rabe ja nun wirklich kein Haustier im üblichen Sinne. Und Aris war stolz wie eine Mutter auf ihren Vogelmann, der ihr seither nicht mehr von der Seite wich.

Ihr Hemd wies also auf der rechten Schulter immer einen undefinierbaren Fleck an Schmutz auf. Und da es Ottos Lieblingsplatz war, hatte sie auch kein einziges Kleidungsstück, welches an dieser Stelle keine Löcher durch seine Krallen aufwies. Anfangs war sie unter den zugefügten Kratzern noch zusammengezuckt.
Inzwischen bedeckte bestimmt bereits Narbengewebe diese empfindsame Stelle, oder Aris hatte sich zu sehr daran gewöhnt, dort verletzt zu werden und spürte dort keinen Schmerz mehr.
"Bist du satt geworden?" Der Rabe flatterte, als sie sich nach ihrem ledernen Rucksack bückte, um die Balance zu halten. "Dann lass uns weiter."

Durch ihren treuen Wegbegleiter war sie nie wirklich einsam. Durch ihre Gabe hatte sie ein gewisses Maß an Gesprächen mit anderen Menschen...doch nach zwei Jahren der Reise, hatten sich gewisse Dinge geändert. SIE hatte sich geändert. Dort, wo mit Anfang zwanzig noch sanfte Rundungen im Gesicht zu sehen gewesen waren, hatte sich nun eine definierte Kieferlinie gebildet. Ihr Mund war voller geworden, die Nase herausstechender, nun, da die runden Wangen fehlten. Dafür hatten sich andere Bereiche gerundet, ganz, wie die Natur es für ihr Geschlecht vorsah.
Sie hätte sich darüber freuen können, heranzuwachsen, damit ihr Körper endlich ihren Verstand einholte, der schon immer untypisch reif gewesen war. Ihrer Gabe geschuldet, da war sie sich ganz sicher. Zu viel Lobgesang wollte sie nicht auf sich selbst halten. Sie freute sich also nicht. Denn ihre Hülle barg neue ungeahnte Gefahren. So hatten die Männer, denen sie gerade nachts begegnete, wenn sie ihr Lager aufschlug, immer häufiger etwas Schlechtes im Sinn. Standen nahe an der Linie zu diesem ganz besonderen Verbrechen, welches man an einer Frau verüben konnte. Und Aris wurde das Geld zu knapp, um sich Nacht für Nacht in eine Stube einzumieten. Es musste also eine Lösung her. Denn sie wusste genau, dass sie diesem Problem nicht mehr länger entkommen konnte. An ihr war dafür zu wenig Kämpferin verloren gegangen.

Der Wind peitschte ihr die Haare erst ins Gesicht, nur um dann zu drehen und sie ihr wieder hinfortzuwehen. Die junge Frau schloss die Augen. Die Sterne hatten sie bei ihrer Geburt mit einem Luftzeichen beglückt. Aris war in einer verregneten Gewitternacht zur Welt gekommen. Der Wind hatte gejault, der Regen auf das Dach geprasselt, Blitze die Nacht erhellt und Donner so laut wie Trommeln selbst, einen Rhythmus geschlagen. Das kleine Baby, welches sie gewesen war, hatte nicht geweint, sondern gelauscht und diese Töne zu ihrer ganz eigenen Einschlafmelodie gemacht.

So liebte sie also das Meer und die Winde, die dort wüteten und tobten. Gewitter und Stürme vermochten sie hinaus zu locken, anstatt sie zu verschrecken. Ein seltsames Geschöpf, das war sie fürwahr. Niemand, dessen Gesellschaft man zwingend aufsuchte. Wer nicht wusste, was in ihr schlummerte, dem verrieten die gesunden Sinne dennoch, dass sie nicht "normal" zu sein schien.

Aris folgte dem Weg, der sich durch die bestellten Felder schlängelte und behielt die einzelnen Häuser, die sie in der Ferne sah, im Auge. Wenn hier jemand starb, wurde er sicher auf dem kleinen Friedhof vergraben, der der einzigen kleinen Kirche mit schrägem Kirchturm angehörte, die sich um die Sünden der Dorfbewohner kümmerte. Niemand würde seinen Karren extra dafür opfern, den Toten in die Stadt zu fahren. Zu teuer....Vielleicht würde sie hier fündig werden. Je länger sie lief, desto mehr Buschwerk und Bäume säumten ihren Weg, von dem sich immer mehr kleine Wege abzweigten, die hier und dort ins Unterholz führten. "Erstmal zum Friedhof", entschied sie und als Otto krächzte, hielt sie ihm leise lachend den Schnabel zu. Der Vogel entzog sich empört dieser Gefangenschaft und hackte liebevoll
nach ihren Fingern. Wieder musste die kleine Frau lachen und schritt gemeinsam mit dem Raben voran.
Zuletzt geändert von Aris Moriturus am Donnerstag 28. April 2022, 20:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Aris Moriturus
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Sie hatte richtig geraten. der schiefe Turm aus uralten Klinkersteinen erwies sich tatsächlich als eine kleine Kapelle, in die nicht mehr als fünf Personen samt Sarg passten. Die Fenster bestanden aus Buntglas und warfen durch das einfallende Licht bunte Bilder ins Innere des Hauses. Aris sah, wie Moos das alte Gemäuer durchzogen hatte. Der Lehm, der den Steinen beim Bau als Kleber gedient hatte, war an den meisten Stellen herausgeplatzt und liess nun Kälte und Regen ins Innere dringen. Aris legte den Kopf in den Nacken und musterte die Spitze des Turmes , ehe sie sich umzusehen begann.
Ihre Suche war nicht von Intuition geleitet. Nicht von Zufall, oder einer vagen Idee. Nein, die Nekromantin hatte einen klaren Plan vor Augen, der sich auch nicht veränderte, als sie durch die Reihen alter Gräber schritt. Auf vielen Steine war die Inschrift bereits bis zur Unkenntlichkeit verblichen. Die Zeit und die Witterung waren gefährliche Verbündete, was das anging. Otto flatterte zu einem der umstehenden Bäume und fing dort an, Vogelbeeren zu fressen. Aris hatte dafür nur ein Augenrollen übrig. So viel, wie dieser Vpgel fraß, müsste er ganz andere Maße haben.

Die weissblonde Frau schritt weiter voran, setzte die Füsse wissend zwischen den Gräbern auf und achtete dabei auch darauf, auf keine niedergelegten Blumen zu treten. Respekt war wichtig, das hatte ihr ihre Mutter damals beigebracht. Wofür auch immer sie die Hüllen der Menschen benutzte, sie verlor den Respekt für das, was sie einst für Andere dargestellt hatten, niemals aus den Augen.
Aris sah sich um. Sie war allein. Keine neugierigen Hälse, die sich nach ihrer unkonventionellen Erscheinung reckten. Keine Ohrenpaare, die lauschten.Ein perfekter Moment. Sie kniete nieder und hielt kurz inne. Für diese Aufgabe benötigte sie einen männlichen Toten. Einen, der bestenfalls nicht alt gestorben war. Angesichts der kursierenden Krankheiten und schlechten medizinischen Versorgung, sollte dies kein schwieriges Unterfangen darstellen.
Vor ihr lagen drei Gräber, die relativ neu erschienen. Auch das war wichtig. War ein Toter zu stark verwest, war es ihr kaum möglich, ihn optisch wieder herzustellen. Das entzog ihr zu viel Kraft und konnte sie, einmal begonnen, schnell das eigene Leben kosten. Kein Preis, den sie zu zahlen gedachte. Sie schloss die Augen und fuhr über den ersten geeigneten Grabstein. Jedesmal war es das Gleiche Gefühl. Als ob sich kleine Räder in ihr bewegten, deren Zähne ineinander griffen und etwas viel Grösseres in Gang setzten.
Die Nekromantin atmete durch und suchte nach dem Toten. Er war jung gestorben...laut seinem Stein noch vor seinem dreissigsten Geburtstag. Als sie sein Bewusstsein erreicht hatte, prüfte sie ihn. Jung, stark, gross....ein Bäcker. Sie liess die Verbindung fallen, ehe sie zu intensiv werden und unwiderbringliche Konsequenzen erzeugen konnte.
Das nächste Grab gehörte einer Frau, Aris ging weiter und legte dann die Hand an das dritte Grab. Grub die Finger fest in die Erde und erspürte den Toten, der hier zur letzten Ruhe gebettet worden war. Sofort begann dieser zu plaudern. Redselig war er also...etwas...ZU redselig. Joseph. Gross...34 Jahre hatte er gezählt, als er betrunken in einen Weiher gestürzt war. Aris liess die Verbindung abreissen. Diese Seele war ein wenig zu eifrig gewesen. Zu besessen darauf, an ihrer Seite zu wandeln. "Schlaf wieder Joseph...." Otto, der das Ende des Ganzen mit angesehen hatte, flatterte heran und liess sich auf ihrer Schulter nieder, wo nun Beerensaft den Weg in ihr Hemd fand.
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Aris Moriturus
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Ihre Schritte wurden ungezielter, Frustration war daran Schuld. Doch Aris mahnte sich selbst zur Ruhe und Besonnenheit. Sie würde schon ihr Ziel erreichen. Vielleicht nicht hier. Doch es war auch eine unkluge Handlungsweise, nach den ersten zwei Fehlversuchen aufzugeben. Die Zeit mochte drängen, doch ihre Wahl musste sehr gut abgewogen werden. Zu viele Kritikpunkte...und vor allem zu viel Risiko steckten hinter solch einer Magie, die sie gedachte, auszuüben. Aris war zu diesem Zeitpunkt in bester physischer Verfassung. Eine kleine Erkältung konnte ihre Pläne bereits durchkreutzen. Ihre Brust dehnte sich unter einem tiefen Atemzug. Nicht unstet werden..konzentriert bleiben! Otto begann, an ihren weissblonden Wellen herumzuzupfen und Aris liess ihren Vogel gewähren.Ihre Zuneigung war immer grösser, als ihre Eitelkeit.
Sanft setzte sie ihre Füsse die Grabreihen entlang. Hier lagen zwar nicht viele Menschen, doch einige waren zu fast gleicher Zeit verstorben. Nur wenige Trage trennten ihren Tod. Eine Krankheit? Ein Kampf? Die blonden Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie die möglichen Ursachen hierfür abwog. Doch was auch immer diese Personen dahingerafft haben mochte, sie waren allesamt nicht geeignet für das, was die Nekromantin im Sinn hatte. Gerade, als sie den Friedhof verlassen wollte, führte ihr Weg sie noch an den Kindergräbern vorbei. Prompt stoppte sie in ihren sonst so fliessenden Bewegungen. Aris war keine tanzende Elfe, doch ihr fehlte es auch nicht an Anmut. Kinder...sie starben und es war nicht unüblich. Zu viele Gründe hierfür lagen in der Welt verankert. Trotzdem packte sie jedesmal ein unangenehmes Gefühl. Ganz so, als ob das Leben einen klaren Fehler damit machte, so junge Seelen aus ihren fragilen Körpern zu reissen. Selbst der freche Rabe verstummte und lugte unter einem Vorhang weissblonder Haare hervor. Abwesend erhob die kleine Frau die Hand, kraulte das schwarze Gefieder ihres Begleiters und sah sich um. Eine Erinnerung kehrte vor ihr Auge zurück...die Abzweigungen..die Bäume..das Unterholz. Nun, manchmal musste man im Leben wohl verrückt und wagemutig genug sein, um den unbekannten Weg zu gehen und dabei vielleicht etwas Neues zu entdecken. In ihrem Fall: um etwas für eine Vision zu riskieren, die niemand sehen konnte, ausser ihr selbst.
Also machte sie sich auf den Weg, zurück zu dieser Abzweigung, die sie vorhin bereits im Augenwinkel bemerkt hatte und die ihr vielversprechend vorgekommen war.

Otto schlug mit den Flügeln, als sie begann, den steilen Weg abseits der Schotterstrasse hinabzusteigen. Er drückte damit seinen Widerwillen aus. "Sei nicht so ein Hasenfuß Otto!" Der Rabe krächzte und grub die Krallen tiefer in ihre Schulter, um seinen Halt zu festigen. Er dachte wohl nicht daran, wegzufliegen und es seiner Herrin damit leichter zu machen. Schon bald verfingen sich feine Strähnen ihres Haares in kleinen Ästen, die wie kleine Finger nach der zierlichen Frau zu greifen schien. Ihr leises Fluchen folgte ihren Bewegungen, doch irgendwann war auch ihr Abstieg geschafft und sie fand sich in einem abgeschiedenen Waldstück wieder, welches der Rodung noch nicht zum Opfer gefallen war. Ottos Krallengriff lockerte sich wieder, der schwarze Vogel sah sich aufmerksam um, ähnlich seiner Herrin, die ebenfalls ihren Blick wandern liess. Und gerade, als sie sich mit einem Seufzen daran machen wollte, umzukehren und den beschwerlichen Weg erneut auf sich zu nehmen, stiess sich ihr Vogel urplötzlich von ihrer Schulter los und flog laut krächzend fort..Aris legte den Kopf in den Nacken und die Hand an die Augen, um ihrem Freund mit den Augen folgen zu können. Was sie dann sah, liess sie erstrahlen. Ganz oben in einem knorrigen Baum, hing eine Leiche! Und Otto hatte den Toten gefunden, auf dem er nun voller Triumph in den Knopfaugen gelandet war und begann, an seinem Ohr herumzupicken. "KSCHT! Otto! Weg da!" Sonst liess sie ihrem Wegbegleiter gerne seine Mahlzeiten, so seltsam sie anmuten mochten. Doch hier lagen die Dinge anders. Je mehr Otto von ihrem potentiellen Gesprächspartner wegfraß, desto mehr Energie musste sie darauf verwenden, ihn wieder herzustellen. WENN er sich eignete. Und es war eindeutig ein Mann, wei sie nun erkannte. Denn er baumelte unbekleidet an einem Ast, mit einem Strick um den Hals. Seine Statur erschien ihr aus der Distanz grossgewachsen und maskulin. Der Tod hatte ihm die Muskulatur geraubt, die nun nicht mehr durchblutet und agil war... doch Aris erahnte, was dieser Mann zu Lebzeit dargestellt haben konnte. Otto pickte munter weiter, seine Herrin ignorierend, die weiter versuchte, ihn fortzujagen. "KSCHT!" Wie nur sollte sie ihn da runter schneiden? Sie brauchte einen gewissen Kontakt zum Leichnam, um ihre Prüfung vorzunehmen und als sie die Hand an den Baum legte, an dem er hing, konnte sie nichts spüren. Die junge Frau schürzte ihre Lippen. Das hiess wohl klettern.
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Carolyn
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Datum: Herbst 1277
betrifft: Aris
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Der Baum, in dem der Tote hing, war schon weit unten mit dicken Ästen ausgestattet, sodass es der bleichen Frau nicht schwer fallen konnte, einen Einstieg zu finden. Es war eine Eiche, die Blätter bereits vergilbend vom nahenden Herbst, die Borke rau und knorrig von der Vielzahl an Jahren, die sie bereits erlebt hatte. Der Ast, an dem der nackte Mann schaukelte, war gut gewählt - stabil und fast waagerecht, sodass er das Gewicht des Toten mühelos tragen konnte, bis dessen Nacken den verwesenden Körper entweder nicht mehr würde halten können oder die Aasfresser ihn pflückten, wie eine reife, schwellende Frucht. Immerhin gab es viele Kreaturen auf dem Kontinent, die für einen solchen Leckerbissen auch einen hohen Baum ersteigen würden.
Die Frau kletterte gut - Carolyn schwebte noch eine Weile in einem Zwischenstadium von Nexus und Welt, unsicher, ob sie es wirklich wagen sollte, eine so eherne Regel zu brechen. Doch dann überwog ihre Neugier. Nur ganz kurz, entschied sie und dachte sich zu einem Ast unterhalb des Leichnams und noch über dem Kopf der Frau.
Das Kind erschien auf dem Ast, ließ die nackten Füße baumeln und beobachtete Aris aus ihren ernsten, roten Augen.
"Was hast du vor mit ihm, wenn du ihn erreicht hast? Ihn braten?", fragte sie unvermittelt den sich ihr nähernden hellen Scheitel. Es juckte sie, der Frau den Ast zu entziehen, nach dem sie gerade greifen wollte und ihr einen Schrecken einzujagen, aber sie war nicht Teil dieser Welt, durfte sich nicht zu weit hinaus wagen, sonst wurde sie am Ende wirklich noch bestraft. Also blieb sie ganz brav, drehte nicht an den kleinen Stellrädchen im Weltengefüge, die alles so herrlich durcheinander zu werfen im Stande waren.
Der Rabe flatterte erschrocken auf und flog einige Äste höher, von wo er empört über sie Störung krächzte. Carolyn sah ihm nach und legte den Kopf schief. "Hör auf zu schimpfen, Vogel. Ich darf hier sitzen.", sprach sie entschieden und als sei es völlig die Regel, dass man sich mit einem Vogel um einen Platz auf einem Ast stritt. Dann kehrte ihr Blick zurück zu Aris.
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Aris Moriturus
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Die weissblonde Gestalt mit den ungleichen Augen, hatte sich inzwischen, mit ihrem einzigen Messer zwischen den Zähnen, an den Aufstieg des Baumes gemacht. Hier und da wuchsen die knorrigen Äste beinahe so, als wollten sie es der zierlichen Frau möglich machen, ihr eigens aufgestelltes Ziel erreichen zu können.
Sie griff nach einem weiteren stark aussehenden Ast, wofür sie sich schon sehr strecken musste, umfasste das Holz und zog sich mit aller Kraft daran hoch, während sie die Zähne konzentriert auf der Messerscheide aufeinanderbiss, in der die Klinge steckte. Manchmal war ein geringes Körpergewicht von Vorteil. Das sah sie jedesmal anders, wenn sie ekrankte und dem Virus nicht viel entgegen zu setzen hatte, aber jetzt in diesem Moment war das Glück auf ihrer Seite.
Ihre Augen visierten zur Orientierung und dem Abschätzen der Distanz, den baumelnden Leichnam an, dessen Augen bereits angetrocknet Richtung Himmel starrten. Es war nicht mehr weit.
Gerade wandte sie die Augen wieder ab, um sich ihrem Aufstieg zu widmen, da ertönte eine Stimme. Eine Kinderstimme! Aris erschrak so sehr, dass sie um ein Haar geschrien und das Messer somit hätte fallen lassen. Im letzter Sekunde jedoch, entschied sie sich für ein dumpfes Geräusch des Schreckens, welches ihr durch die zusammengepressten Zähne glitt. Ihr Fuss war durch den Ruck, der durch ihren schmalen Körper gegangen war, abgerutscht und fast ihr komplettes Gewicht ruhte nun auf einem einzigen Fussballen, der ungünstig auf einem viel zu schmalen Absatz klemmte, als auch ihren zittrigen Fingern. Nun galt es, nicht vollends wegzurutschen und den zweiten Fuss wieder fest auf einen Ast, oder einen knorrigen, hölzernen Vorsprung im Baum zu platzieren. Es gelang ihr, doch der Schweiss war ihr ausgebrochen, als der Schreck sie so plötzlich gepackt hatte. Nun lief ihr dieser den Rücken entlang und liess sie in der Frische des Tages unangenehm frösteln.

Schnell suchte sie das Kind.. und fand es ganz in der Nähe, über dem toten Mann auf einem Ast sitzend, mit baumelnden Beinen, als sei es eine Schaukel und keine verstörende Szenerie. Rote Augen blickten Aris aus einem kindlich gerundeten Gesicht entgegen. Um ihr Haupt lag weisses Haar, dem von Aris nicht unähnlich, nur dass es der Kleinen in Locken ums Gesicht fiel, anstatt in glatten Strähnen, wie es bei ihr selbst der Fall war.
Sie war barfuß und steckte in einem Kleidchen, welches nicht der Moderne entsprach. Die Augen der Nekromantin weiteten sich, als sie realisierte, dass DAS kein Kind war. Nun..schon, dann auch wieder nicht. Es musste ein Geist sein. Eine Erscheinung. Eine Energie, die sie hier besuchte an einem Ort, an dem Grauenhaftes von Statten gegangen war.
Auch Otto erschrak heftig und tat dieses Gefühl mit einem lauten Krächzen kind, ehe er sich in die Lüfte erhob und seinen Sitzplatz für das Mädchen räumte, die von dem Ganzen äusserst unbeeindruckt war. Selbstbewusst sprach sie den Raben an und machte klar, dass sie keinen Konflikt scheute und ihn sehr wohl für sich zu entscheiden gedachte.

Es brauchte weitere Sekunden, in denen sich Aris die Gelegenheit gab, ihr rasant klopfendes Herz zu beruhigen, ehe sie zu einer Antwort ansetze. Wie nur kam die Kleine hierher? Wer war sie? Die Nekromantin hatte viel gesehen. Aber noch nie einen wirklichen Geist im übertragenen Sinne. Ihre Beschwörungen waren immer mit einem körperlichen Aspekt verbunden. Eben einer leblosen Hülle. Ohne die hatte sie keine Möglichkeiten, ihre Gabe walten zu lassen. Hatte sie unbeabsichtigt durch ihre Gabe, eine Tür, eine Pforte zu diesem Geschöpf geöffnet? Was auch immer und WER auch immer die Kleine war, es war ratsamer, nun keinen Zwist zu sähen, das wusste die Nekromantin. Tote Geschöpfe, eigentlich alles Übernatürliche war mächtig. Und sie selbst nur ein kleiner Wicht in einer grossen Welt. Da das Messer es ihr schwer machte, zu sprechen, zog sie die hellen Augenbrauen nach oben in Richtung Haaransatz und kletterte weiter zu dem Ast, an dem der Tote baumelte, ehe sie sich darauf niederliess und das Messer von ihren Zähnen löste. Sie hatten einen verweilenden Abdruck im Leder der Scheide hinterlassen, doch das störte Aris nicht weiter. Es war ein Nutzgegenstand, nicht dekorativ gedacht. "Ihn braten?" entfuhr es ihr keuchend. Die Kletterpartie hatte sie doch mehr angestrengt, als gedacht. Atemlos sah sie zu dem Mädchen hinüber. "Ich...will ihn losschneiden." Die Nekromantin versuchte, dem Geisterkind nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Ihr nicht das Gefühl zu geben, sie sei nicht willkommen, oder dass sie entschwinden solle. Sie umgab sich mit so vielen Seelen, da machte ein Geistermädchen keinen Unterschied. Oder? Aris war seltsam genug geartet hierfür. Also scheuchte sie die Erscheinung nicht davon oder bibberte vor Angst.
Stattdessen schob sie die rosa Zunge zwischen die Lippen und begann, mit ihrem Messer den dicken Strick zu bearbeiten, den es zu durchtrennen galt, damit die Leiche zu Boden fallen konnte. "Du..kannst mir hier nicht rein zufällig helfen hm?" Aris schmunzelte Carolyn zu, die weiterhin die Beinchen baumeln liess.
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Carolyn
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Auch ohne ihr Wirken wäre die Frau beinahe abgestürzt und Carolyn zappelte aufgeregt auf ihrem Ast herum, reckte neugierig den Hals und zählte schon die Sekunden, die die Hand der Weißharigen noch die Kraft haben würde, sich zu halten. Aber ihre Schicksalsmurmel war so hübsch! Wenn sie jetzt abstürzte, müsste sie sie her geben... Carolyn sah sich um, als befürchte sie einen gestrengen Beobachter, dann zog sie ganz leicht und unauffällig am Schicksal der Frau und deren Fuß fand wieder einen Halt am Baum. Carolyn gluckste. Betrachtete die komischen Augen, die nun zu ihr herauf blickten mit unverhohlener Neugier. So weiß wie die Flöckcen in ihrer Murmel war die Frau also gar nicht - da war ein Funken braun und da war blau. Sie legte den Kopf schief, überlegte, ob sie die Murmel noch ein wenig anpassen sollte, aber ihr gefiel sie so sehr. So rein. Sollte sie ihre komischen Augen haben, Carolyn hatte die weißen Sterne im klaren Glasrund, das gerade am Grund des Brunnens lag und auf ihre Rückkehr wartete.
Dann endlich kletterte sie weiter, stieg bis zu dem Ast, an dem der Leichnam baumelte. Sie schien nett zu sein. Carolyn blinzelte.
"Wenn du ihn fallen lässt, bricht der Ãrmste sich ja alle Knochen.", stellte sie fest und reckte die Nase etwas vor, um nach unten zu spähen. Als würde das den Toten noch etwas kümmern. Dann schaukelte sie wieder mit den Beinen und sah Aris dabei zu, wie sie sich an dem Strick abmühte. Bei der Frage schüttelte sie heftig den Kopf, dass die silbergrauen Locken nur so flogen.
"Nein... mhmh." Eher wie eine Frage formuliert. "Eigentlich darf ich gar nicht hier sein. Aber du warst im Brunnen und wenn jemand im Brunnen ist, dann macht er mich neugierig." Sie schien zu überlegen und sah Aris dabei weiter aufmerksam zu, dann erstrahlte ihr Gesicht in einem Lächeln. Die Frau hatte was mit Schicksalen zu tun, vielleicht mit der Vorsehung selbst. Sie machte was damit oder wollte es und das lockte Carolyn aus ihrer Sphäre. Das hatte die Murmel zu ihr gespielt. Also war es gar nicht sooo verboten, nicht so sehr. Nur ein bisschen.
"Ich heiße Carolyn - wie heißt du?"
Der Rabe flatterte herab, als wollte er nun wieder an der Unterhaltung teilhaben, und landete auf Carolyns Ast, allerdings gerade so weit entfernt, dass sie ihn auch dann nicht hätte erreichen können, wenn sie den Arm gestreckt und sich hinüber gebeugt hätte. Misstrauisches, aber zugleich neugieriges Geschöpf. Carolyn strahlte den Vogel an. "Keine Angst, Rabe. Tieren tue ich nichts." Jedenfalls nicht direkt. Ihr Merk richtete sich wieder auf die säbelnde Aris und in gespieltem Flüsterton, die Hand halb vor den Mund erhoben, rief sie dem Raben zu: "Sie hätte es leichter, wäre das Messer scharf." Dann hielt sie sich die Hände vor den Mund und kicherte wieder.
Das Klinge in Aris' Hand wurde von einer Sekunde auf die andere rasiermesserscharf und überzog sich dann im nächsten Lidschlag mit Rost. Doch es reichte, um dem Seil genug Festigkeit zu nehmen. Den Rest würde das Gewicht des Toten übernehmen.
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Aris Moriturus
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Aris nickte unter ihren Anstrengungen, die Leiche vom Ast herunter zu schneiden. „Darum kümmere ich mich später.“
Ihr Atem ging durch ihre Bemühungen schneller und schon bald hörte man dies auch in ihren Worten , die gedrückt klangen. Die Stimme des Mädchens ließ sie allerdings für einige Sekunden ihre Arbeit vergessen. „Im Brunnen?“ wiederholte die Weißblonde die Worte des Geistermädchens erstaunt. Was meinte sie damit? War Aris selbst diesem Kind etwa erschienen? Hatte sie selbst das Mädchen hierher gelockt? Wie hatte das geschehen können? War ihre Gabe daran Schuld?

Einen Moment lang, der sich länger anfühlte, als er war, musterte die Nekromantin das Kind, welches sich mit dem Namen Carolyn vorstellte. Ein solcher Name, machte sie gleich etwas weniger gruselig, ließ sie weniger deplatziert erscheinen. Wenn nur diese roten Augen nicht wären.
Trotzdem blieb die Nekromantin auf der Hut. Gefühlsebenen von Seelen, Geistern und Energien aller Art, neigten schnell zum Unschwung, der einen alles kosten konnte. Selbst das eigene Leben. Auch, wenn ihre Furcht vor dem Kind nicht groß war, so war es ihr Respekt vor dem, was sie einst gewesen war und nun darstellte. „Das ist ein hübscher Name. Ich bin Aris.“

sogleich machte sie sich wieder an die Bearbeitung des Stricks. So viel Mühe, die sich am Ende vielleicht nicht lohnte, wenn der Tote nur ein verlogener Gauner war, der wegen seiner Unehrlichkeit und Kartentricks, oder Säuferschulden vielleicht sein Leben verloren hatte. Nichts deutete darauf hin, dass er es vermochte, ein Schwert zu schwingen. Nichts, außer seiner Muskeln, die an einigen Stellen ausgeprägter schienen, als an anderen. Mit Blut versorgt, würde dieser Körper ein ganz anderes Bild darstellen, als jetzt noch. FALLS er sich als geeignet erwies.
Sie spähte zu Carolyn zurück, die sich mit dem Raben unterhielt, der es nicht mehr ausgehalten hatte und sich ihr nun erneut näherte. Aris deutete mit dem Kinn auf den Vogel. „Das da ist Otto. Und er ist mindestens genauso neugierig wie du. Auch wenn er das niemals zugeben würde.“ Sie schmunzelte, als ihr Tier laut krächzte, als wolle er ihren Worten widersprechen.
„Siehst du?“ nun entlockte ihr diese groteske Szene ein leises Lachen. Eine kleine Frau, die eine Leiche von einem Baum schnitt, ein Geisterkind, welches ihr Gesellschaft leistete und beide redeten mit einem Vogel, als seien sie ein munter zusammen gewürfeltes Trio. Nun, Aris konnte es kaum erwarten zu sehen, ob daraus ein Quartett werden würde.

Noch vor einer Sekunde hörte sie die amüsierten frechen Worte des Mädchens, dann durchtrennte ihr Messer das Seil so mühelos, als sei es aus Butter, nur um dann ganz rostig zu werden. Es gab ein reißendes Geräusch, als der Strick riss und einen dumpfen unschönen Laut, der vom Aufprall des Körpers zeugte. Aris beugte sich, ähnlich wie Carolyn, etwas vor, um nach unten zu sehen und lehnte sich dann wieder zurück. Ihre Finger hoben die Klinge vor ihre Augen. Diese glitten zu dem Mädchen rüber. Sie hatte ihr also doch geholfen. Doch da Aris nicht wusste, welchem Gesetz oder welcher Regel das Kind sich deswegen widersetzt hatte, zwinkerte sie nur dankbar, legte dann einen Finger an die Lippen und warf das Messer in die Tiefe, wo es im Boden stecken blieb. „So….“ der erste Teil der Arbeit war getan.
Eigentlich war die Leichenschau, wie sie selbst es nannte, der einfache Teil. Oder sollte es sein. Hier lagen die Dinge anders. Blieb zu hoffen, dass die Beschwörung so zuverlässig verlief, wie sonst auch. Und dass ihre Mühe von eben große reifeFrüchte tragen würde.
Aris kletterte behutsam vom Baum und blieb neben dem Toten stehen, der alles in allem wie ein Haufen Arme Beine und Haut vor ihr lag. Ihr Mund verzog sich, angesichts des Schmerzes, den er durch die Brüche bei Lebzeiten empfunden hätte.
„Dann entknoten wir dich mal.“ sie begradigte die Gliedmaßen und richtete den Körper so lange neu aus, bis der Mann ausgestreckt und korrekt in der Anatomie da lag. Kurz schielte sie zu dem Mädchen hinauf, die sie mit unverhohlener Neugierde betrachtete, auf die Zeremonie wartend, die nun von Statten gehen würde.

Otto kam flatternd vom Baum herab und ließ sich auf der Schulter seiner eigens erwählten Mutter nieder. Er war wohl eher der Hoffnung, der Tote würde sich als unnütz erweisen und ihm noch eine Mahlzeit bieten, nun, da er ein Stück Ohr genascht hatte. Es fehlte dem Leichnam nun am Rand der rechten oberen Ohrmuschel. Die Weissblonde atmete durch, hockte sich neben den Mann und fuhr einen cm über ihm in der Luft mit der ausgestreckten Hand über seinen Körper hin und her. Dabei schloss sie die Augen. Eine Weile geschah gar nichts.
Seine Seele war schwer zu ertasten. Entweder er war einst ein Sturkopf gewesen, oder bereits eine Ebene weiter gewandert. Das wäre ungut, denn es bedeutete, dass er Ruhe empfand, dort, wo er war. Ihre Augen pressten sich fester aufeinander. Es war unwichtig. Auf persönliche Schicksale konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen, wenn doch ihr Eigenes auf dem Spiel stand. SIE lebte ja noch. Was hatte er schon zu verlieren?
Ihre Hand legte sich mit gespreizten Fingern auf seinen breiten kalten Brustkorb. Sie musste nun zum Äußersten schreiten. Totenflecke, Zeugen gestauten Blutes überzogen vor allem den unteren Teil seines Leibes, dort, wo sein Lebenssaft versackt war.
Die Nekromantin öffnete die Augen. Ah….da war er. Unwillig und grob. Er kämpfte gegen sie an. Ein Kämpfer war genau das, was sie brauchte! „Sag mir deinen Namen so sage ich dir meinen.“ nur ein Murmeln zu sich selbst. Er verweigerte sich ihr, doch ihre Energie schloss sich fest um ihn. Er war perfekt, etwas in ihr sagte ihr, dass er für ihre Zwecke wie geschaffen war. Und sie für die Seinen, welche dies auch sein mochten. Ruhe erfasste sie umgehend , als sie eine Entscheidung fällte. Sie würde etwas tun, wovor ihre eigene, viel mächtigere Mutter sie stets gewarnt hatte, da die Konsequenzen nicht abschätzbar und am Ende verheerend sein konnten. Aris freie Hand fasste in den Ausschnitt ihres Leinenhemdes und zog die Kette mit dem Medailllon daran hervor. Fest unklammerte sie es, zog die gespeicherten Energiereserven daraus und konzentrierte sich. Carolyn verschwamm aus ihrer Wahrnehmung. Danach Otto. Sie wagte einen Fluch, den sie niemals zuvor so genutzt hatte. Aris war in ihrer Gabe noch nicht vollends geschult, was also bedeutete, dass ihr Vorhaben Lücken aufweisen konnte, doch diesen Fluch in Perfektion zu beherrschen würde sie Jahre der Übung kosten. Jahre, die sie wahrscheinlich nicht hatte. Also musste sie mit dem Modell leben, welches sie zu erschaffen im Stande war. Als sie seine Seele eingefangen hatte, kümmerte sie sich umgehend um seinen geschundenen Körper. Die Brüche, vom tiefen Fall her ruhend, verheilten, die Kehle des Mannes, Luftröhren, Speiseröhre und Wirbelkörper rückten wieder an ihren alten Platz, auch das Stück Ohr, welches Otto zum Opfer gefallen war, gab sie ihn zurück.
Aris keuchte. Ein gewaltiger Hunger nagte an ihr. Sie würde bald ihre Energie durch Schlaf und Nahrung, vielleicht auch durch einen erwerblichen Trank wieder auffüllen müssen. Als sie den Blutkreislauf des Toten wieder herzustellen versuchte, reichte ihr eigenes Leben nur noch dafür, ihm einen vagen Puls und einen verlangsamten Herzschlag zu geben. Sein Körper blieb kalt, seine Haut blass. Für mehr fehlte ihr die Erfahrung. Für mehr würde sie mit ihrem eigenen Leben zahlen. Die Tücken des Ganzen würden sich ihr und diesem Mann erst mit der Zeit offenbaren. Doch er lebte. Irgendwie. Und das war mehr, als Aris zuvor jemals zustande gebracht hatte. Sie sank zurück auf ihren Hintern, heftig keuchend, als der Erweckte auf dem Boden die Augen aufschlug und ohne zu blinzeln in den Himmel starrte.
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Rolan Igorov
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Registriert: Donnerstag 28. April 2022, 16:56
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Ruhe.

Frieden.

Vergessen.

Seeliges Nichts.

Alles, was Rolan in seinem Leben niemals gekannt hatte, war nun überall um ihn herum. Nicht greifbar. Denn es gab nichts zu greifen. Nicht sichtbar, denn er hatte keine Augen, um zu sehen. Auch hatte er keinen Körper, mit dem er etwas hätte greifen können. Und dennoch vermisste er nichts. Fühlte eigentlich auch nichts. Denn auch dafür hätte man einen Körper benötigt. Er war,... und er war auch nicht. Nichts kann die Empfindungen von Zufriedenheit beschreiben, die Rolan umschlossen, wie eine warme Decke an einem kalten Wintertag. Wie die Umarmung einer geliebten Person nach einer Ewigkeit der Einsamkeit und Trauer.

Es vergingen nur wenige Augenblicke und gleichzeitig Äonen im Nichts, als Rolan doch wieder etwas spürte. Ein weltliches Gefühl der Kälte. Einen unbarmherzigen Zug an seiner Seele, die so sehr bereit für die Ewigkeit im Nichts gewesen war. So musste sich ein Fötus fühlen, der weit vor seiner Zeit aus dem Leib seiner Mutter gepresst wurde. Hätte Rolan einen Körper gehabt, so hätte er wild um sich geschlagen und seine Kehle wund geschrien. Doch nur mit seiner Seele bewaffnet, hatte er diesem weltlichen Eindringling nichts entgegen zu setzen. Er wurde mitgerissen von diesem drangsalierenden Strom, der ihn aus der Vergessenheit mit sich zog und zurück in die Welt der Lebenden beförderte.

Seine Augen öffneten sich schlagartig und zuerst war das Licht, das in sie hinein flutete, übermächtig blendend. Rolans Geist war von diesem Sinneseindruck, den er vom Gefühl her, seit ungezählten Jahren nicht mehr wahrgenommen hatte, völlig überfordert.
Ooompf!
Ein zaghafter Schlag seines Herzens pumpte den Lebenssaft durch brüchige, ausgetrocknete Adern und Venen, die die nekromantische Heilkraft bisher noch nicht erreicht hatte.
Ooompf!
Ein Pochen in Rolans Schläfen. Alter Sauerstoff, der sich mitsamt dem halb geronnenen Blut auf den Weg in die Untiefen seines Hirns machte. Eigentlich hätte er Schmerzen empfinden müssen, so war sein erster, unzusammenhängender Gedanke; sein Geist noch halb dort, wie in Watte gewickelt schwebend, wo man in anderen Welten von Lethe und Elysium sprechen mochte. Auch das blendende Licht hätte Dolchen gleich in seine Augen stechen und ihm Höllenqualen bereiten müssen.
Ooompf!

Einem umgekehrten Schrei gleich, sog Rolan, mit verzweifelter Kraft, Luft in seine Lungen, während er schlagartig den Oberkörper aufbäumte. Seine Finger krallten sich zu beiden Seiten seines Körpers in Schlamm, Gras und altes Laub, als er für eine gefühlte Ewigkeit verkrampt da saß und diesen ersten, langen Atemzug tat. Erneut war hier der Vergleich mit einem Neugeborenen nicht von der Hand zu weisen, auch wenn dieses deutlich rosiger und lebendiger ausgesehen hätte, als die blasse, mit bläulichen Venen durchzogene Haut des ehemaligen Söldners.
Ooompf!
Dumpf hallte das Geräusch seines eigenen, schlagenden Herzens an sein Ohr, als hätte er seinen Kopf unter Wasser getaucht.
Viel zu langsam! - War der zweite, kohärente Gedanke, den er zu seinem eigenen Zustand formen konnte.
Langsam senkte er seinen Kopf, den er wie ein Sonnenanbeter bisher in den Nacken gereckt hatte. Ebenso langsam gewöhnten sich seine blutdurchwirkten Augen, mit den Myriaden geplatzter Äderchen, an das helle Licht des Tages. Er konnte Schemen um sich herum ausmachen. Den Wind durch die Blätter der Bäume und die Vögel auf ihren Ästen zwitschern hören. Der Geruch nach Schlamm und Gras und Natur an sich drang sehr gedämpft in seine Nase, die noch von getrocknetem Blut und Rotz verstopft war.
Er fühlte den Wind auf seiner Haut. Seiner nackten Haut. Verdammt! Er war nackt?!
Ooompf!
Ooompf!
Sein Herzschlag beschleunigte sich auf die Geschwindigkeit, mit der ein Wal in die Tiefen des Meeres oder ein Bär in den Winterschlaf tauchen mochte. Seine schlammverschmierten Hände fuhren seinen eigenen Körper entlang, prüften ihn auf Vollständigkeit und Verletzungen und zogen dort matschige Spuren, ritualistischen Tätowierungen oder Kriegsbemalungen gleich.

Wo war er?
Der dritte Gedanke, wenn man einmal davon absah, dass die angeborene Peinlichkeit, nackt zu sein, sich dazwischen gedrängt hatte. Rolan war nicht schüchtern. Sein Körper war von je her gut trainiert und auf raue Art und Weise männlich gewesen. Nichts, wofür man sich hätte schämen müssen.

Wer war er?
Nun, die Frage konnte er immerhin noch beantworten. Rolan Igorov. Bauer, Söldner, Bandit. Glücksjäger, Frauenheld und Tunichtgut. Soweit, so gut. Keine Probleme mit seinem Gedächtnis. Mal abgesehen von,...

Warum war er hier?!
Die alles entscheidende Frage! Das letzte, an das er sich erinnerte war, dass er durch den Wald gehetzt wurde. Oder war es ein Albtraum gewesen? Diese Art von Traum, in denen einen etwas Unbekanntes solange jagt, bis man schweißgebadet aus dem Schlaf hoch schreckt, wenn es einen dann doch endlich eingeholt hatte. Aber nein,... er erinnerte sich. Menschen! Es waren Menschen, die ihn gejagt hatten. Gejagt und gefangen. Eine Wunde im Bein hatte eine Flucht unmöglich gemacht. Tamás! Der Verräter! Der Mob! Sie hatten,... sie hatten ihn aufgehängt und dann,...
Ruhe.
Frieden.
Vergessen.
Seeliges Nichts.
Er war dort so glücklich gewesen. Wo auch immer dort gewesen war. Dort hatte er alles, was ihm im Leben niemals vergönnt gewesen war. Und nun war er wieder hier. In der kalten, harschen Welt der Lebenden. Warum?! Er wollte zurück! Nichts hatte er jemals so sehr gewollt, wie wieder zurück an diesen immateriellen Platz zurückzukehren!

Ooompf!
Seine Hände zitterten. Er konnte ihre bebenden Umrisse nun genauer erkennen. Langsam hob er seinen Blick an und fürchtete sich vor dem, was er vielleicht gleich sehen mochte. Verschwommen kniete eine Gestalt vor ihm. Zierlich, scheinbar weiblich. In Leder gekleidet und mit einem wirren Schopf weißblonden Haares. Unter Mühe forcierte er seinen Blick. Den Schnitter hatte er sich jedenfalls anders vorgestellt. Zumal dieser einen wohl auch nicht zurück von den Toten brachte. Eine Gänsehaut überlief Rolan, als er seine trockene Zunge über die spröden, ebenso trockenen Lippen fahren ließ, wie ein Stück Kreide über eine Schiefertafel knirschen mochte.
Mit einer rauen, kaum hörbaren Stimme keuchte er.
"Wer bist du? Warum hast du mich zurück geholt?!"
Denn instinktiv wusste er, dass er tot gewesen war. Und dass diese zierliche Frau vor ihm etwas mit ihm gemacht hatte. Er konnte dieses Gefühl nicht weiter eingrenzen, aber auf eine verstörende Art und Weise fühlte er sich mit dieser Frau verbunden, deren blasses Gesicht, umrahmt von den beinahe schlohweißen Haaren, so abgehalftert aussah, wie er sich momentan fühlte.
"Warum?! Ich war dort so glücklich! Zum ersten Mal in meinem,... Leben!"

Dann erinnerte er sich wieder daran, dass er ja nackt war und dort eine Frau vor ihm kniete. Normalerweise hätte ihn dies zu einem wilden Grinsen und einem schlüpfrigen Kommentar verleitet. Aber momentan war er nun wirklich nicht in der Stimmung und so stahl sich etwas in seinen Geist, was er so kaum kannte. Peinlichkeit.
Eine seiner Hände wanderte in seinen Schritt, um ihn notdürftig zu verdecken, was am Ende auch noch die empfindlicheren Stellen seines Körpers mit Schlamm beschmutzte. Mit den Fingern der anderen Hand fummelte er an seinem rechten Ohr herum. Es fühlte sich seltsam an, auch wenn er dort keinen Schmerz empfand. Jedenfalls anders, als zuvor. Und das sollte in seinem abgefuckten Zustand schon was heißen!
"Und warum fühlt sich mein Ohr so seltsam an?"
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Carolyn
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Der Leichnam fiel und wie zu erwarten war, ging dabei einiges kaputt. Er titschte sogar noch an einem der niedrigeren Äste an und schlug einen halben Salto, während seine Glieder dabei schlenkerten wie bei Carolyns Puppen, wenn sie diese im Zorn mal wieder durch ihre Sphäre schleuderte. Das Mädchen folgte dem stürzenden Toten mit den Augen und sah dann Aris dabei zu, wie sie diesem nach kletterte. Sie hätte nun verschwinden und unten wieder auftauchen können, aber sie entschied sich dafür, zu klettern, wie es jedes andere Kind auch getan hätte. Wobei man bei genauem Hinsehen wohl erkannt hätte, dass sie sich nicht bewegte, wie jedes andere Kind und das ihre Tritte und Griffe viel zu zielsicher gesetzt waren. So als würde der Baum ihr seine Extremitäten willig reichen, damit sie bequem absteigen könnte. Otto der Rabe verließ ebenfalls den luftigen Ausguck und landete auf der Schulter der Frau, die inzwischen begonnen hatte, den Toten so zu ordnen, wie er von der Natur einmal sortiert worden war. Carolyn setzte sich auf einen Fels am Fuß der Eiche und sah Aris dabei zu, wie sie sich an die Arbeit machte. Nun war sie ganz sicher, dass diese Frau etwas mit Schicksalen zu tun hatte, denn sie knüpfte ganz eindeutig das Schicksal des Toten an ihr eigenes.
Wieso?!
Das Mädchen legte den Kopf schief und wunderte sich. Sie wippte mit den Füßen und sah der Nekromantin dabei zu, wie sie mit beharrlichen Fingern an der toten Seele zerrte, bis diese sich in den zerbrochenen Leib zurück versetzt fand. Merkwürdige Frau. Es gab doch so viele lebende Menschen in dieser Welt - warum brauchte sie ausgerechnet einen, der eigentlich schon tot war. Unwillkürlich blickte sie über die Schulter, fast erwartend die Mutter da stehend zu sehen, mit jenem Ausdruck in den Augen, der nicht wirklich tadelte, aber auch nicht so recht zufrieden war. Carolyn würde weder eingreifen, noch etwas sagen, schließlich war sie hier Gast und wusste sich zu benehmen - bekräftigend nickte sie sich selbst zu - aber andere Wesenheiten, die in diese Welt gehörten, waren vielleicht weniger zufrieden mit Aris' Tun. Doch es passierte nichts, bis der Tote die Augen aufschlug und Aris zurück fiel. Carolyn rutschte von ihrem Fels und eilte durchs Gras, beugte sich über den Mann und blickte in die starr zum Himmel gerichteten Augen.
"Sieht nicht besonders lebendig aus.", stellte sie fest, nur um sich dann einen halben Schritt zurück zu ziehen, als der Mann sich ruckartig aufrichtete und tief Luft holte. Scheinbar unendlich tief. Die beiden Menschen starrten sich an und das Kind betrachtete fasziniert das Gestrick zwischen ihnen. In Murmeln gesprochen hätte sie ein unrundes Ding vor sich, eher wie eine knubbelige '8' mit nur an der Engstelle verbundenen Farben - die eine mit weißem Flirren, die andere durchzogen von öligem Schwarz, in dem es bunt schillerte. Sowas hatte sie noch nie gesehen.

Als der (Un)Tote endlich sprach - oder besser wie der Rabe krächzte - kam auch in Carolyn wieder Bewegung und sie umrundete ihn, nur um dicht neben ihm stehen zu bleiben und den Mann ohne zu blinzeln zu mustern. Ein regloses Kind, mit weiten, rot glühenden Augen, hinter dessen Stirn tausend Gedanken oder keiner sein könnten, so wie es schaute. Wie komisch er aussah. So blass und irgendwie knotig, so als wäre er noch nicht wieder ganz in Ordnung. War er ja auch nicht, denn genaugenommen sollte er tot sein. Mausetot und auf dem Weg zu welchem Gott auch immer oder zu keinem, sondern einfach ins Nichts zwischen den Ewigkeiten. Dahin, wo er seinen eigenen Worten nach ja scheinbar zufriedener gewesen war, als hier. Schon lustig - jetzt musste er noch mal von vorne anfangen, wie bei einem Spiel, wo einem die Würfel ungeschickt wieder zum Start katapultierten. Pech. Mensch ärgere dich nicht! Fang noch mal von vorne an, irgendwann schaffst du es auch ins Nest.
So kreiselten ihre Gedanken und dann, nach einem oder auch zwei Igor-Herzschlägen, sagte sie: "Sei doch froh. Der Rabe hätte dir auch erst die Augen ausessen können." Und wie um ihre Worte zu bekräftigen, piekte sie ihm mit einem spitzen Zeigefinger in eben ein solches, als wollte sie den Raben oder besser dessen spitzen Schnabel andeuten.
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Aris Moriturus
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Aris schöpfte langsam Atem. Die verbrauchte Energie würde sie zwar weiterhin eher geschwächt weiterziehen lassen, doch es war kein Zustand, den sie nicht zu kurieren wusste. Etwas Anderes war nun von sehr viel größerer Bedeutung:
Sie hatte wirklich einen Toten wieder zum Leben erweckt! Es war gelungen. Nicht fehlerfrei, aber zweifelsohne erfolgreich.
Aris sah, wie das Geisterkind ohne Angst an den Mann heran trat, der die Augen aufgeschlagen und seine neue Situation bereits erfasst hatte.
Das ließ glücklicherweise auf einen wachen Verstand schließen. Zwar hatte Aris auf Muskelkraft und Schwerterfahrung gesetzt. Doch sie war nun erleichtert, dass ihr neuer Begleiter des logischen Denkens mächtig war.
Carolyn wich nicht zurück, sondern blieb auf ihren nackten Fußsohlen, wo sie war. Doch vor wem
sollte sie sich auch fürchten, entstammte sie doch nicht diesem Reich. Was hatte es wohl mit dem
Kind auf sich, welches nicht Kind zu sein schien und dann wieder doch?
Der Mann richtete sich auf und begann, sich zu betasten. Dass er nackt war, störte dabei weder Carolyn, noch Aris, die Mann von Frau bereits zu unterscheiden gelernt - und ihre Erfahrungen zu dem Thema gemacht hatte. Als der Mann sprach, wollte die Nekromantin sich unweigerlich räuspern, denn sein Klang war kratzig und gurgelnd. Stattdessen neigte sie den Kopf seitlich. „Du bist hier, weil ich eine Aufgabe für dich habe. Mein Name ist Aris und das da -„ in dem Moment piekte das rotäugige Mädchen dem Mann den Finger ins Auge, der sich mir Ottos Fressohr auseinander gesetzt hatte. Schnell hob Aris die Hinterhand zum Mund und versuchte vergeblich, das hartnäckige Kichern angesichts dieser Situationskomik zu unterdrücken. Es gelang ihr, es in ein Hüsteln übergehen zu lassen und sammelte sich neu. Denn ganz offensichtlich war es nicht witzig, wenn jemand von einem aus dem Totenreich zurück befördert wurde. Auch wenn er keinen Schmerz empfand. Sie war es ihm schuldig, ihm seine Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. „Du hast eine zweite Chance bekommen,“ versuchte die Weißblonde ihm das neu erworbene Leben schmackhaft zu machen. Vergeblich. Wer ging schon gerne auf die Pirsch nach Vergeltung, wenn er dafür den eigenen Seelenfrieden eintauschte? Schnell scheuchte sie ihr schlechtes Gewissen fort, welches sich meldete. „Ich kann es nicht rückgängig oder ungeschehen machen. Du bist am Leben und an mich gebunden.“ als der Erweckte seine Scham mit bloßen Händen zu bedecken begann, schmunzelte Aris. „Vielleicht sollten wir dir erst etwas zum Anziehen besorgen. In der Nähe ist ein Dorf.“ und dort hing unbewacht an Wäscheleinen immer etwas Kleidung. Zum trocknen in der Sonne, wie auch am heutigen Tag. Das musste vorerst reichen, bis er sich mehr leisten konnte. „Und du brauchst eine Waffe, um dich und mich verteidigen zu können. Hmm…du kannst doch kämpfen oder?“ noch immer pulte der Mann an seinem Ohr herum, ehe er den Strick entdeckte, der ihm noch in einer Schlinge um den Hals baumelte.
„Oh..ja das meinte die Kleine eben. Das war Otto. Er hatte Hunger.“ wie zur Bestätigung seines Namens und der Tat, die er begangen hatte, krächzte der Rabe laut auf und schlug mit den Flügeln. Aris beugte sich ein wenig vor, um das Ohr in Augenschein zu nehmen. Und tatsächlich hatte sie ein Stück übersehen, oder ihre Kraft hatte für die Zellbildung nicht ganz ausgereicht. Der Rabe legte den Kopf schief und musterte den einst Toten mit unverhohlenem Hunger. Hier würde sich wohl keine Freundschaft entwickeln.
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Rolan Igorov
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Rolans Blick schwang zu der Seite herum, von der die neue Stimme an sein Ohr heran drang. Seine Sinne waren teilweise noch wie benebelt und so hatte er das kleine Mädchen neben sich gar nicht bemerkt gehabt. Seine Augen wurden beim Anblick dessen, was dort neben ihm stand, weit und boten ein umso besseres Ziel für pieksende Finger.
"Was zur Hölle bist Du denn,... AU!?!"
Sein Kopf schnellte reflexartig zurück und seine Sicht verschwomm auf dem getroffenen Auge für einen Moment in roten Schlieren. Ein dumpfes, ungutes Druckgefühl machte sich hinter seiner Stirn breit, doch entgegen aller Erwartung kein Schmerz, was seinen Ausruf irgendwie ein wenig peinlich machte, der wohl nur der Überraschung geschuldet war. Er hob seine Hand noch träge zur Abwehr, aber noch fühlte sich jede Bewegung so zäh und langsam an, als wären seine Glieder in Melasse getaucht.
"Freche Göre!" polterte er noch, was allerdings nur als leises Krächzen, dem Laut des Raben nicht ganz unähnlich, über die Lippen kam.

Erneut fokussierte er den Blick auf das Mädchen und Unbehagen regte sich in ihm auf einer fundamentalen Art und Weise. Rolan hatte noch nie etwas mit Kindern anfangen können. Nicht, dass er einer dieser Männer gewesen war, die Kinder grundsätzlich hassten. Er hatte nur noch keine großartigen Erfahrungen mit ihnen machen können. Als Söldner und Bandit sah man sie sich nur furchtsam hinter den Rockschößen ihrer Mütter verbergen und als Knecht vertrauten die Eltern einem nur selten so weit, ihren Nachwuchs in seine Nähe oder gar Obhut zu lassen. In der Regel waren Kinder einfach nur frech und nervig. Aber dieses hier war zudem noch gruselig. Ein Albino, so wie es schien. Schlohweißes Haar, rote, dämonische Augen, die neugierig auf ihn herab blickten. Wenn dieses Mädchen einmal heranreifen würde, so hätte sie ein hartes Leben vor sich. Albinos galten allgemein hin als dämonischen Ursprungs und wurden, ähnlich den Krüppeln, gemieden, verhöhnt oder gar verfolgt. Aber bei den Göttern! Wie konnte ein kleines Kind einem nur durch sein Aussehen solches Unbehagen bereiten? In Kleidung gehüllt, die so ungewöhnlich und nobel zugleich aussah. Oder war er weiterhin tot und sah nun die Geister der Welt, die zum Spuken und Heimsuchen über sie streiften? Denn dieses Kind war hier im sonnigen, grünen Wald so fehl am Platz, wie ein Schwanz an einer Hure.

Als Aris sprach und nur schwerlich ein Kichern unterdrücken konnte, wendete er langsam seinen Blick wieder zu ihr. Auch ihr Anblick war nicht gerade gewöhnlich, wenn auch um Längen angenehmer zu ertragen, als der des Kindes. Auf eine seltsame Art war sie sogar hübsch. Ihr Haar war von einem so hellen Blond, dass es dem Schlohweiß des Mädchens auf den ersten Blick ähnelte. Und das wiederum passte zu ihrer schlanken, beinahe schon dürren Gestalt. Eines ihrer Augen zog seinen Blick wie magisch an. Es war mehrfarbig und zuerst dachte Rolan, es handelte sich um einen gehärteten, braunen Blutfleck, was ihn wieder an den bohrenden Finger des Kindes erinnerte. Aber dafür war der Makel zu gerade,... zu stimmig. Hmm,... blasse Haut, weißes Haar, Makel der Augen. Musste sich wohl um Mutter und Tochter handeln.
"Also,..." begann er räuspernd und überlegte kurz. Sie hatte ihren Namen genannt. Los jetzt, Hirn! Aufwachen, verdammt nochmal! Ah,... Aris, genau!
"Also, Aris. Ich hab' keine Ahnung, was hier verdammt nochmal los ist, aber zuerst solltest du deine Tochter zurück pfeifen, bevor ich ihr den Hintern versohle."

Zwischen zusammengekniffenen Augen blickte er sich in seiner Umgebung um. Langsam gewöhnten sich seine Sinne auch wieder an die Fernsicht und seine Erinnerungen ploppten mehr und mehr an die Oberfläche, wie Luftblasen in einer kochenden Suppe. Das war der Ort, wo sie ihn misshandelt und dann aufgehängt hatten. Was war danach geschehen? War er wirklich tot gewesen? Wieder wurde er sich seines unbekleideten Zustandes bewusst. Doch so langsam regte sich auch sein Stolz wieder und er versuchte gar nicht mehr zu verbergen, was er gar nicht so ohne weiteres verbergen konnte. Sollte die Frau ihn doch in seiner vollen Pracht sehen! Und wenn das Kind sowas noch nicht erblicken sollte, dann war das ja wohl die verdammte Aufgabe der verdammten Mutter, diesem die Augen zuzuhalten! Doch die plapperte immerzu weiter. Von einer Bindung an sie. Von einer zweiten Chance und ihm, der ihr dienen sollte. Und verdammte Scheiße! Sie hatte einen Raben auf der Schulter! Das sah er ja jetzt erst! Erneut tastete er an sein Ohr und langsam setzten sich die Puzzleteile zusammen. Grimmig dreinblickend beäugte er das Tier, welches sich wohl an seinem Ohr gütlich getan hatte. War die Frau eine Verrückte? Eine wandernde Priesterin oder sowas?

Mit erhobener Hand stoppte er ihren Redefluss und gleichzeitig spannte er ein wenig seine Beinmuskulatur an, um sie zu lockern. Er wollte so schnell wie möglich fort von hier.
"Gebunden? An dich? Einen Scheiß bin ich! Ich hab' nich' darum gebeten, zurück geholt zu werden.
Bei den Göttern, wie sehr er doch an diesen Ort des Friedens und des Wohlgefallens zurückkehren wollte. Wenn jeder wissen würde, was einen nach seinem Tod erwartete, wäre die Welt ganz sicher leer und entvölkert und die Bäume voll mit Leichen, die wie überreife Früchte in der Sonne dorrten.
"Und an irgendeinen Hokuspokus glaub' ich ebenfalls nicht. Du siehst nich' so aus, wie eine Zauberin."
Wobei Rolan keine Ahnung hatte, wie eine Zauberin eigentlich aussah. Aber die Geschichten, die man sich über sie erzählte, sprachen immerzu von überwältigender Schönheit, Kleidern, die an einen Königshof passten und haufenweise Schmuck, der jeden sichtbaren Fleck ihrer Haut zierte.
"Wahrscheinlich war das Seil gerissen, du hast mich gefunden, auf meiner Brust herumgedrückt und mir Atem eingeflößt."
Sowas hatte er schon einmal gesehen. Auf dem Schlachtfeld an der Grenze zu Serrakanien. Diese dunkelhäutigen Wilden hatten so ihre Toten wieder zurück geholt und scheinbar schworen auch einige Feldscher hier mittlerweile auf diese Methode. Rolan empfand das mehr, als nur gruselig. Als flöße man jemand anderem seinen Geist ein, um ihn zu einer Marionette von sich zu machen.
"Normalerweise bevorzuge ich es, dabei wach zu sein, wenn eine Frau ihre Lippen auf mich legt, aber ich vermute, du hattest nur mein Wohl im Sinn. Das macht mich aber noch lange nich' zu einem Schuldner, denn ich hatte nie vor, wieder in,... das hier zurückzukehren!"
Ärgerlich machte er mit beiden Händen eine ausladende Bewegung, um die ganze verdammte Welt damit einzufangen. Dann richtete er sich mühsam auf. Schlamm gab matschende Geräusche von sich, als seine Zehen sich haltsuchend in ihn hinein gruben. Mit wackeligen Beinen stand der ehemalige Bandit für eine Zeit nur da und versuchte das Gleichgewicht zu halten. Jetzt wieder zurück in den Schlamm zu fallen, wäre ohne Ende peinlich gewesen. Sanft strich der Wind über seine blasse Haut, doch fühlte er keine Kälte. Auch nicht an seinen nackten Füßen, die mehrere Zentimeter in der nassen Erde steckten. Sicherlich stand er noch unter Schock. Das erklärte seine blutleere Farbe, den Mangel an Schmerz und seine überforderten Muskeln.

Er holte tief Luft und schaute sich prüfend in der Umgebung um. Dann zählte er an seinen Fingern einzeln auf.
"Ich sag' dir, wie das hier abläuft, Mädchen."
Dabei meinte er nicht das Mädchen an sich, sondern die junge Frau, die dennoch ganz klar um einiges jünger war, als er selbst.
"Das mit der Kleidung ist 'ne gute Idee, die ich auch als erstes, nach einem Bad in einem Bach oder Teich angehen werde. Soll ja nich' jeder gleich neidisch werden, wenn er oder sie mich sieht."
Ein zweiter Finger schnellte nach oben.
"Dann werde ich mir ganz dringend den Magen voll stopfen. Ich sterbe vor Hunger. Erneut! Und Schnaps! Oder 'n anderes, starkes Zeug! Ganz dringend einen hinter die Binde kippen."
Vorsichtig setzte er ein Bein vor das andere, bis er umständlich, aber halbwegs sicher geradeaus gehen konnte.
"Danach suche ich diesen verräterischen Wichser von Tamás und knüpfe ihn langsam und qualvoll auf!"
Kurz kam es ihm in den Sinn, dass er dem Bastard damit nur einen Gefallen tun würde, wenn er ihn umbrachte und der Tod für ihn ebenso wundervoll war, wie für Rolan selbst. Er konnte ihm vorher das Leben noch zur Hölle machen, aber ewig konnte er den Verräter sicher nicht am Leben halten.
Egal! Die Brücke würde er überqueren, wenn er an ihr angelangt war.
"Und zu guter Letzt werde ich mir einen hübschen Baum und ein stabiles Seil suchen. An dieser Welt hält mich nun nichts mehr, nachdem ich in das, was danach kommt, blicken durfte."

Damit beendete er seine Aufzählung und stakste von den beiden gruseligen Gestalten in eine zufällige Richtung davon. Er wäre gerne stolz und erhobenen Hauptes marschiert, aber das machte sein Bewegungsapparat noch nicht so ganz mit. Und besser vorsichtig schleichend einen Abgang machen, als auf dem Bauch durch den Schlamm zu kriechen. Zudem hatte er keine Ahnung, wo sich das nächste Dorf befand. Aber eher würde die Hölle zufrieren, als dass er diese aufdringliche Frau nach dem Weg fragen würde.

"Und folgt mir bloß nicht, sonst versohl' ich euch beiden den Hintern!"
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