Außerhalb | Grashügel | In einem Wald weit östlich von Nowigrad, vor der Ewigkeit von beinahe fünfzehn langen Jahren

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Jarel Moore
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‚…nicht jetzt!‘, Jarel fluchte gedanklich. Ein wirklich unpassender Zeitpunkt.
So konzentriert wie nötig und so leise wie möglich atmete er tief in seinen Bauch hinein, um gegen seinen rebellierenden Magen anzukämpfen.
Er saß bereits seit weit vor Mitternacht hier oben, auf einem Ast knapp drei Schritt über dem Waldgrund und wartete mit der ihm eigenen sturen Geduld. Doch gerade jetzt, wo der Morgen dämmerte und sein Ziel näher rückte, wollte sein Innerstes durch die Kehle an die frische Luft.
Nicht mit ihm!
Einatmen…ausatmen. Langsam beruhigte sich sein Innerstes. Einatmen…ausatmen…
Er öffnete die Augen wieder und sah nach unten. Nichts von dem Hirsch zu sehen, dessen Wildroute er gefunden hatte und dem erst jetzt auflauerte.

Genug Zeit darüber nachzudenken, wie er in diese Situation geraten war.
Seit Monaten war er unterwegs um jemanden zu suchen, nachdem sein Herz sich so sehr gesehnt hatte. So sehr, dass er nicht nur seine kleine Hütte am Waldrand aufgegeben hatte, sondern sein ganzes bisheriges Leben.
Seine Stute hatte nicht viel zu tragen als er aufbrach. Einige Töpfe, seine Wurfdolche, ein paar Phiolen, sein Reiterbogen, die Peitsche, ein Schafsfell und Leder um einen provisorischen Unterschlupf zu errichten. Für das stämmige schwarze Tier mit dem schrankbreiten Kreuz und den Tellergroßen Hufen eine Kleinigkeit.
Vor einigen Tagen – oder vielleicht auch mehr als einer Woche – es fehlte Jarel an Zeitgefühl dieser Tage – war er in einem Wald in einen Nebel geraten. Einem seltsamen, drückendem Neben, der jedes Geräusch schluckte und die Seele in der Brust zusammenzupressen schien.
Auch seine Stute spürte etwas. Unruhig traten ihre riesigen Hufe auf der Stelle.
„Ruhig, Mari.“ Er tätschelte den massigen geschwungenen Hals. Das Tier war ihm ein treuer Freund. Ein seltenes Geschenk von einer Person, die er nie wiedersehen würde.Die meisten Pferde fürchteten ihn wie ein Schneemann das Feuer und ließen ihn gewiss nicht auf sich reiten. Seine Mariposa jedoch störte sich nicht an seiner Ausstrahlung. Ein wahres Geschenk.
Er hatte sie im Nebel weiter gelenkt, ihre steigende Unruhe spürend wie auch seine. Etwas in der Luft verursachte ihm Übelkeit.

Und dann ging es plötzlich ganz schnell. Das sonst so tiefenentspannte Tier fuhr zusammen, als wäre sie auf eine Schlange getreten, stieg und…
…ging durch.

Eine Weile noch konnte der Menschenmann sich halten, doch dann war der Ast im Nebel schneller da als sein Reaktionsvermögen. Einen Liedschlag später lag er nach Atem ringend auf dem Boden. Die donnernden Hufe der Stute entfernten sich. Und fort war sie.

Wieder bei Atem fand sich Jarel laut fluchend in einem komplett fremden Landstrich wieder. Eine Art Sumpf in einer völlig fremden Umgebung. Er hatte zwar seine Karte nicht mehr, doch ein Sumpf sollte hier nicht sein. Mehrere Tage lang irrte er umher, fremde Sterne, kaum Orientierung, bis er endlich aus dem Sumpf heraus und in einen dichten, grünen Wald fand. Hier erging es ihm deutlich besser.
Von seiner Stute keine Spur, doch Beeren und Nüsse benötigten keinen Pfeil und Bogen.
Einige Tage ging es gut. Langsam dämmerte ihn, dass er sich in einer völlig fremden Welt verloren hatte. Er würde sich schon zu recht finden. Immerhin war hier oben auch oben und unten auch unten. So schlimm konnte es nicht werden.

Doch dann kam was kommen musste.
Einige Tage im Wald fand der Mensch eine Lichtung mit einer Ansammlung Pilze, die ihm mehr als bekannt vorkamen. Wie gut würden diese sich in Butter geschmort zu einem Hirschragouts machen…
Er seufzte und verspeiste einige der Pilze roh. Schmackhaft. Sehr schmackhaft. Etwas bitter im Abgang vielleicht.
Er sammelte noch einige für später und verstaute diese in einem Tuch, als plötzlich der Boden von ihm wegrückte, nur um im nächsten Moment auf ihn zuzurasen.
Oh verdammt…das kannte er. Das war NICHT gut.
Die Bäume neigten sich zu ihm, lachten ihn aus du schlugen nach ihm. Nebelhafte Gestalten spielten Verstecken mit ihm hinter riesigen grellbunten Pilzen. Untiere aus Schatten versuchten ihn anzuspringen und zu beißen.
„Neinneinein…“, waren seine letzten klaren Gedanken, bevor seine Erinnerung riss.
Das nächste woran er sich erinnerte war mit schmerzenden Gliedern aufzuwachen, das Gesicht im schlammigen Laub und der Körper vor Hunger, Durst und Hitze brennend.
Wasser fand er schnell, doch sich noch einmal an Pilzen zu vergreifen kam nicht in Frage.
Fleisch. Er gierte nach Fleisch. Das konnte selbst hier nicht giftig sein.
Nach kurzem Suchen fand er Spuren, die ihm gefielen. Ein Bock allem Anschein nach. Und er ging diesen Weg regelmäßig. Der Mensch suchte sich einen passenden Baum und kletterte mit einiger Mühe hoch.
Und da hockte er nun. Verschwitzt, müde, fiebrig und über allen Maßen…
…hungrig.
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Eigentlich hatten sie auf einen Eber gehen wollen - Wenzel, Maiblum und Hagenbert - doch das Wetter war nicht nach Sauen und dann waren sie im fahlen Dämmerlicht auf die Spur eines Bocks gestoßen. Die drei Ritter gingen zu Fuß, die Pferde hatten sie an ihrem Lagerplatz gelassen. Hagenbert trug eine Saufeder, die beiden anderen hatte die Jagdbögen aufgespannt, denn einen Eber gab es wohl heute nicht mehr, dafür aber vielleicht anderes Wild. Maiblum war ein ausgezeichneter Fährtenleser und er hatte anhand der Hufspuren und der Höhe geknickter Äste vorher gesagt, dass es sich um ein kapitales Tier handeln musste. Und so pirschten sie sich im frühen Dämmerlicht durchs Unterholz.
Selbstredend trugen sie weder Kette noch Panzer, sondern jeder nur leichte Kleidung, weiche Fußlappen und ein ledernes Wams mit der flammenden Rose über dem Herzen - die allgemeine Tracht der Ordensbrüder, wenn sie nicht Dienst taten, in eine Schlacht oder gegen ein Ungeheuer zogen. Die Jäger bewegten sich also leise, setzten die Füße umsichtig und verständigten sich nur mit Gesten. Die Spur wurde wärmer, signalisierte Maiblum. Wenzel legte einen Pfeil auf, fasste das Mittelstück seines Bogens fester. Das Jagdfieber ließ sein Blut kochen, doch äußerlich war er ganz ruhig, atmete in langsamen Züge, die vor seinen Lippen in der feuchten Herbstluft kondensierten.
Dann Hufschlag, das Rascheln von Laubwerk.
Die drei Jäger verharrten auf der Stelle, sanken in die Hocke, angespannt lauschend. Wenzel prüfte den Wind - nicht viel und er stand ihnen noch immer entgegen. Der aufbrechende Morgen hob neblige Tücher aus dem Waldboden - bald würde die Sonne aufgehen und sie ebenso bloß stellen wie ihre Beute.
Langsam krochen sie vorwärts.
Hagenbert sah ihn als erster und wies die anderen mit einer Geste an, stehen zu bleiben. Er deutete ein Geweih über seinem Kopf an und wies dann zu einer Ansammlung von jungen Birken, deren weiße Stämme wie Geister inmitten der dunkleren Stämme von Eichen und Buchen wirkten. Und dann sah ihn auch Wenzel: Ein Hirsch, sicher zehn, wenn nicht zwölf Enden. Fast ebenso geisterhaft wie die Birken stand er inmitten des Zwielichts, spielte mit den Ohren und schien etwas zu ahnen. Doch dann senkte er den Kopf wieder, um weiter zu äsen und sie schlichen vorsichtig weiter. Ihre Bögen waren stark, aber jeder Meter, den sie näher heran kommen würden, vervielfachte die Erfolgschancen.
Wenzel spannte vor, schätzte die Entfernung... Der Hirsch riss wieder den Kopf empor, die Jäger blieben erneut stehen, lauerten. Das ewige Spiel zwischen Jäger und Beute spielend. Geduld gegen Aufmerksamkeit.
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Jarel Moore
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Der Bock ging noch ein Stück weiter, geriet sogar in noch bessere Schussbahn für die drei Jäger.
Ein prachtvolles Tier, das das mächtige Geweih nun in die Morgensonne hob und Witterung aufnahm. Genug Zeit voll auszuziehen und zu zielen. Ein beinahe todsicherer Schuss.
Beinahe.
Doch dann…riss er den Kopf nach oben, fuhr zusammen und spannte die Muskeln um losspringen.
Wenn der Schuss sitzen sollte, dann jetzt. Oder nie.

Es war Jarel immer schwerer gefallen zu warten. Der Hunger weckte etwas in ihm, was er nicht wach sehen wollte. Nicht wach sehen DURFTE. Denn hier kannte er niemanden und wenn er sich nun verlor, würde er sich nie wiederfinden. Oder noch schlimmer. Er würde jemanden verletzen.
Das durfte nicht passieren. Nicht nochmal. Ein paar Sekunden verlor er sich in Erinnerungen. Daran, wie er im Arm seines Liebsten erwacht war und erst unglaublich lange Sekunden später begriff, dass die tiefen, blutigen Striemen auf dem Rücken des wunderschönen jungen Mannes von ihm stammten. Er unterdrückte ein dunkles Grollen und fixierte mit starrem fast wahnsinnigem Blick sein Ziel. Gepresst atmend lenkte er seine Wut auf sich selbst in den Wunsch zu töten um.

Im Bruchteil des nächsten Liedschlages geschah etwas für die drei Jäger Unglaubliches und Erschreckendes.
Etwas fiel vom Himmel, nein…oben aus dem Baum. Ein Schatten. Vielleicht ein Monster, sicherlich zwei Schritt hoch und breit wie ein Schrank. Von der Körperhaltung her ein Nekrophag oder ein Ghul.
Oder was die Mischung aus Schatten, Schnelligkeit, Adrenalin und Überraschung auch immer für einen Eindruck in die Augen der Jäger streute.
Was auch immer es war landete präzise auf zwei Beinen direkt neben dem Bock, einen Arm um den Hals des völlig überraschten Tieres geschlungen und riss ihn zu Boden.
Etwas brüllte dunkel und in Todesangst auf, bevor der scheußliche Laut in ein noch scheußlicheres Gurgeln überging. Grausam. Blutig. Gnadenlos. Gefährlich.
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Der Hirsch drehte sich ihnen zu, sein Fell bestäubt von Tau. Wenzel hob sehr langsam den vorgespannten Bogen, zog in in der Aufwärtsbewegung auf und nahm nur im Augenwinkel wahr, dass Maiblum es ihm gleich tat, während Hagenbert wie zur Salzsäule erstarrt selbst noch den Atem anhielt. Wenzel hielt den Bogen leicht gekantet, beide Augen offen und auf sein Ziel fixiert - er wusste, wohin der Pfeil musste und somit wusste auch seine Hand, wohin sie diesen richten sollte. Er kannte diesen Bogen, kannte die Kraft darin, wenn er in seinen Anker zog - einen Moment lang war er der Pfeil und zugleich das Ziel. Und er hätte noch einen Herzschlag länger gewartet, doch Maiblum verlor die Geduld und löste... (33/100 - 10)
Dann passierte alles gleichzeitig - Wenzel löste ebenfalls (53/100 - 10), der Hirsch bereit zu Sprung, der Schatten, der aus den Bäumen fiel und das Tier mit sich zu Boden riss. Der Großkomtur konnte hören, wie beide Pfeile sich in Fleisch senkten - das Geräusch war unverkennbar. Zugleich drang ein Brüllen an sein Ohr, doch unklar blieb, ob es der Hirsch war oder das finstere Wesen, dass ihnen ihre Beute hatte streitig machen wollen.
"Dryade?", mutmaßte Hagenbert, der genügend Zeit für Beobachtungen gehabt hatte. Wenzel zog den nächsten Pfeil und legte ihn auf die Sehen, bevor der den beiden anderen bedeutete, mit ihm näher zu kommen. Er fühlte wie die Anspannung seine Finger steif machen wollte, die doch unbedingt locker sein mussten, wollte er präzise schießen. Er glaubte nicht an eine Dryade - zu fern waren deren angestammte Wälder und zu nah die Siedlungen der Menschen. Die Ländereien rund um Nowigrad gehörten längst dem jüngeren Volk - vielleicht traf man hin und wieder einen Elf, doch Dryaden? Kaum.

Die Jäger schoben sich aus dem Unterholz in den lichten Bereich zwischen den Birken. Der Hirsch lag am Boden, neben ihm ein Mann. Wenzel konnte auf den ersten Blick wohl zwei Pfeilschäfte erkennen, aber nicht, welcher von beiden getroffen war. Noch hielt er sich vorsichtig am Rand des Hains, den Bogen gespannt. Hagenbert hatte die Saufeder auf die Gestalt am Boden gerichtet und auch Maiblum hielt seinen Bogen bereit. Er mochte menschlich wirken, aber sie alle drei hatten noch vor Augen, wie er sich aus den Schatten heraus auf den Hirsch gestürzt hatte... so nah war er ihm gewesen und das, wo diese Tiere doch so scheu und aufmerksam waren. Das grenzte an Magie und wenn Magie im Spiel war, wurden die Ordensbrüder misstrauisch.
Wenzel bedeutete seinen Brüdern zu warten, während er einen Schritt vor tat.
"Beim Lichte der Ewigen Flamme, Mann, was jagst du hier in den Wäldern der freien Stadt Nowigrad?", sprach er fest, entschlossen zumindest den Verstoß gegen das Jagdrecht anzumerken, das doch dem Rittertum und Adel vorbehalten war.
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Jarel Moore
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Das Tier lag reglos im Laub und Jarels Blutrausch verklang endlich. Bald würde er sich satt essen können. Dann würde es ihm besser gehen und das Fieber würde…
Woher kamen die Schmerzen? Scharfer, tiefer Schmerz. Das heiße Beißen einer Schusswunde. Was hatte ihn da getroffen? Kugeln?
Es hatte ihn mehr als einmal erwischt, doch da hatte er es wenigstens kommen sehen.
Jarel sprang auf und fuhr herum. Für Wenzel wurde es klar:
Ja, der Schatten war ein Mann. 186 Fingerbreiten hoch, wirres pechschwarzes Haar, das längst dem Pferdeschwanz entflohen war, breites Kreuz, das Gesicht dreckverschmiert und doch wächsern blass. Eine aufwändig gefertigte lederne Kleidung mit einer Unzahl von leeren Ösen, Scheiden und Bändern um Dinge zu befestigen.
Doch einzig eine einzelne Waffe war zu sehen, und das war der Dolch in seiner rechten Hand, von dem helles frisches Blut troff.
Die Pfeile steckten beide im Menschen, nicht im Tier. Einer ragte aus seiner Schulter, einer aus seinem…Hintern.
Der Mensch starrte sein Gegenüber an. Hatte dieser geschossen?
Er war ebenfalls ein Mensch. Der erste Mensch, seitdem er hier gelandet war.
Der Verletze war erleichtert. Immerhin GAB es hier Menschen.
Wollte er ihn umbringen? Nein. Er stand vor ihm und redete. Der Ton war erstaunt und irgendwie…vorwurfsvoll? Der Schattenläufer verstand kein Wort, doch feindlich verhielt sich der Sprecher nicht.
Der Ton seines Gegenübers gefiel Jarel. Hatte etwas militärisches. Vielleicht war er hier doch nicht so falsch.

Wenzels Gegenüber steckte den Dolch weg, griff nach dem Pfeilschaft in der Schulter und tat genau das, was man in diesem Fall nicht tat: Er riss das Geschoß mit einem kraftvollen Ruck heraus.
Wäre er bei Verstand gewesen, er hätte es besser gewusst. Hunger, Fieber, Schmerz und das laut brüllende Tier in ihm seinem Inneren ließen nicht viel seines klaren Denkens übrig.
Wenzel war nah genug um zu sehen, nein eher zu spüren, dass sein Gegenüber gegen etwas ankämpfte. Ganz langsam und bewusst ein- und ausatmend griff Jarel nach dem zweiten Pfeilschaft und riss auch diesen heraus.
Dann stand er einfach nur um Haltung ringend stumm und schwankend wie ein Betrunkener da und starrte Wenzel aus beschatteten dunkelbraunen Augen nachdenklich an.
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Der Mann erhob sich langsam und es wurde deutlich, dass ihre Pfeile in seinem Leib steckten. Zwar kleidete schwarzes Leder den Jäger von Kopf bis Fuß, aber die scharfen Spitzen hatten es durchdrungen und steckten an Schulter und Gesäß in seinem Fleisch. Wenzel biss die Zähne aufeinander. Schwarzes Leder, verstärkt an Brust und Rücken, fremdartig gearbeitet. Wie wohl auch seine Gefährten musste er an Nilfgaard denken, an die Schlacht bei Sodden, in der auch die Ritterbrüder gegen das Kaiserreich gekämpft hatten. Doch dem Mann vor ihm fehlte die goldene Sonne auf der Brust. Nichts Helles war an ihm, selbst das fahle Morgenlicht schien sich von ihm fern halten zu wollen, während die Dunkelheit sich um ihn zusammen ballte. Wenzels Herz schlug hart in seiner Brust, als wüsste sein Körper instinktiv, dass dieser dort zu einer Gefahr für sein Leben werden konnte - doch Wenzel schrieb es dem Jagdfieber zu, der Anspannung, die seine Muskeln noch nicht verlassen hatte. Das Leder seine Handschuhe knarrte leise, als er den Bogen entschlossener umfasste.
Dann steckte der Fremde seinen Dolch weg und griff statt dessen nach den Pfeilen. Wenzel hörte Maiblum, der von ihnen allen noch das beste Wissen über Verwundungen besaß, leise stöhnen. Mit einem unangenehmen Geräusch fuhr erst der Pfeil an der Schulter und dann der am Bein aus dem Fleisch des fremden Jägers, dessen dunkle Augen sich alsdann auf Wenzel richteten. Hagenbert richtete die Saufeder auf den schwarzen Mann, während er und Maiblum sich langsam seitwärts bewegten, sich auffächerten, um den Jäger einzukreisen. Dieser hüllte sich in Schweigen, schwankte leicht und beobachtete nur Wenzel, die beiden anderen scheinbar für nicht bedrohlich haltend oder einfach aus irgendeiner Regung heraus ignorierend. Überheblichkeit? Wissen, dass sie sowieso nicht schnell genug waren? Wenzel hatte den Mann zuschlagen sehen und war sich nur allzu bewusst, dass er mit dem Bogen wohl zu langsam wäre, würde sich dieser entschließen, doch noch einmal anzugreifen.
"Was machen wir mit ihm?", wollte Maiblum in die angespannte Stille hinein wissen. Der Ritter schien sich seiner Sache sicherer und auch Wenzel erinnerte sich nun wieder daran, dass er nicht allein war. Der Mann mochte schnell sein, aber er konnte nicht drei Gegner gleichzeitig attackieren. Griffe er ihn - Wenzel - an, so hatte er im nächsten Moment einen Pfeil oder die Saufeder im Rücken. Vermutlich beides.
"In Gewahrsam nehmen und der Stadtwache übergeben.", erwiderte der Großkomtur daher. Und seine Wunden versorgen, setzte er in Gedanken hinzu.
Er wandte sich wieder an den Fremden. "Rede schon, woher kommst du und wieso jagst du in diesen Wäldern?" Er wiederholte die Frage auch in den wenigen Brocken der Sprache Nilfgaards, die er beherrschte, da er den Eindruck gewann, dass der Mann kein Wort von dem verstand, was er sagte. Oder er war einfach nur stur und hatte beschlossen, zu schweigen. Wenn dem so war, dann würde schon irgendein Meister der Befragung ihm die Zunge lockern. Und wenn nicht, dann hängte man ihn einfach so aufgrund seiner Wilderei.
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Jarel Moore
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Der Schurke blinzelte träge und atmete langsam und bewusst durch.
Erst, als er die Stimmen der anderen hörte wurde ihm bewusst, dass noch mehr Waffen auf ihn gerichtet waren. Es fiel ihm schwer sich auf irgendwas zu konzentrieren. Die Schmerzen waren aushaltbar, aber sein Hunger und dieser furchtbare Durst ließen seinen Blick enger werden.
Die drei unterhielten sich angespannt. Berieten Sie, ob sie ihn umbringen sollten?
Hatte er gerade Menschen gefunden und würde gleich sein Leben verlieren? Welche Ironie.
Kurz zuckten seine Mundwinkel zu einem zynischen Lächeln hoch, nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er wieder reglos dastand.
Wirkte er, als würde er angreifen wollen? Warum waren sie so misstrauisch, er hatte seinen Dolch doch….oh verdammt. Die Schatten. Es war ihm so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er unterbewusst im Schatten abgetaucht war. Sicher, DAS wirkte bedrohlich.
Ganz langsam, immer noch Wenzel fixierend, drehte er erst die Handflächen in Richtung des Fremden und spreizte die Arme seitlich vom Körper ab.
Zumindest versucht er es. Der linke Arm verweigerte den Dienst und fühlte sich irgendwie schwer an. Und kalt. Verdammt.
Während er sich abmühte ließ er die Schatten fallen. Es war fast, als würde man ein Fernrohr scharf stellen oder eine dichte Wolke vor der Sonne vorbei ziehen. Nun wirkte er zwar ein ganz normaler Mensch, war allerdings in befremdlich wirkende Kleidung gehüllt und schmutzig wie ein Ghul, der einige Stunden hinter einem Pferd durch den Graben geschleift worden war.
Hoffentlich erschreckte es die drei nicht noch mehr. Wer weiß, ob sie so etwas schon gesehen hatten.
Und nochmal musste der Mensch tief durchatmen.
Er schluckte schwer und für Wenzel wurde ohne die Schatten ersichtlich, dass es dem Fremden nicht gut ging.
Von Minute zu Minute wurde er blasser. Schweiß stand auf seiner Stirn. Ob er einfach zu stur war umzufallen? Wundern würde das keinen.
Nochmals angesprochen zog der Fremde eine Schulter zu einer fragenden Geste hoch. Die andere verweigerte den Dienst.
Jarel versuchte harmlos zu wirken. Irgendwie…
Trotzdem verrannen ihm seine Gedanken langsam wie Sand zwischen den Fingern.
Einatmen, Konzentieren, Ausatmen, Konzen….was? Es fiel ihm immer schwerer, Wenzels Blick zu erwidern. Immer wieder blinzelte er und sein Blick verlor sich und verirrte sich in alle möglichen Richtungen um sich dann gleich wieder auf den Großkomtur zu fixieren.
Während die drei noch berieten geriet Jarels Gesichtsausdruck plötzlich irgendwie geistlos und er kippte, ohne den Arm runter zu nehmen, steif wie ein Schlagbaum nach vorn.
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Irgendetwas passierte, doch Wenzel konnte den Finger nicht darauf legen. Der Mann breitete in einer langsamen Geste die Arme zu den Seiten aus, die Handflächen auf den Ritter gerichtet - dergleichen Zeichensprache war universell - und Wenzel entspannte sich etwas. Auch schien das aufbrechende Morgenlicht nun endlich den Fremden zu erreichen und Wenzel tat den vorigen Eindruck von Dunkelheit als ein Produkt seiner überspannten Wahrnehmung ab. Ohnehin blieb ihm wenig Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der Mensch vor ihm - Wilderer oder nicht - wirkte unstet, die Züge fahl und offenkundig angestrengt bemüht, die Augen fokussiert zu halten. Wenzel kannte dieses Bild, sah die Zeichen und wäre es einer seiner Männer gewesen, er hätte nicht gezögert, den Bogen fallen zu lassen und hinzuzuspringen, den Aufprall zu dämpfen. Doch ihn hemmte die Vorsicht und so fiel der Fremde steif wie ein Brett bäuchlings ins nasse Gras. Kurz wechselten Wenzel und Hagenbert einen Blick, dann machte letzterer ein paar Schritte auf den Jäger zu und stupste ihn mit dem Stiel der Saufeder an. Maiblum trat von einem Bein auf das andere und Wenzel konnte in seinem Gesicht lesen, dass er dem Mann lieber Jetzt als Gleich zu Hilfe eilen wollte.
"Hat sich wohl überschätzt.", murrte derweil Hagenbert. Wenzel winkte Maiblum und der verließ endlich seine Position, um neben dem Verwundeten nieder zu knien und die Löcher zu begutachten, die die Pfeile geschlagen hatten. Der Großkomtur wandte sich derweil an den zweiten Ritter: "Geh zurück und hole die Pferde." Er würde wegen des Zwischenfalls ganz gewiss den toten Hisch nicht den Wölfen überlassen und den großen Fremden den ganzen Weg zurück durchs Unterholz zu tragen, war auch keine Aussicht, auf die er sich freute. Da war es doch einfacher die Pferde liefen auf eigenen Beinen herüber, während Maiblum und er den üppigen Fang bewachten.

Es dauerte ungewöhnlich lange, bis sie den Hufschlag auf dem weichen Waldboden hörten. Die Sonne schien inzwischen durch die Birkenstämme, hob wabernde Nebelschwaden aus dem feuchten Gras, nur um sie sogleich wieder zu verbrennen. Maiblum und Wenzel hatten den Mann mit vereinten Kräften aus seinem Wams und dem Hemd geschält. Beides stand vor Dreck, als hätte er wochenlang darin geschlafen und es gab fast keinen Geruch, den man an dem Leinen und Leder nicht wiederfinden konnte. Maiblum versorgte die Wunde am Rücken und versicherte sich selbst, dass der Schuss nur die Schultermuskulatur und keine größeren Gefäße verletzt hatte. Bei dem anderen Treffer war er sich recht sicher, dass es nur eine Fleischwunde war, die er ebenfalls notdürftig versorgte, indem er den Gürtel des Mannes lockerte und Wenzel das schwere Leder etwas beiseite hielt. Dann streiften sie ihm das Hemd wieder über und hüllten ihn in Wenzels Lodenmantel. Das Wams nutzten sie einstweilen als Stütze für den Kopf des Mannes.
Dann endlich kehrte Hagenbert zurück, doch er führte nicht zwei, sondern drei Pferde mit sich, während er selbst auf seinem Braunschecken ritt. Zwischen Wenzels fuchsfarbenem Wallach und Maiblums grauer Stute ging brav wie ein Lamm ein riesiges, schwarzes Ross. Trotz seiner Größe wirkte es ruhig und schien sich in der Gesellschaft der anderen drei Pferde wohl zu fühlen. An seinem Sattel hing allerlei Ausrüstung. Auf den fragenden Blick des Großkomturs hin, zuckte Hagenbert nur die Schultern. "Stand bei Flint als gehört sie dazu. Vielleicht ist es ja seine." Er nickte in Richtung des noch immer bewusstlosen Fremden. Sie sollten schnell feststellen, dass es wohl so sein musste, denn jeder Versuch, ihn auf eines der anderen Pferde zu laden, endete darin, dass die sonst so tapferen Tiere die Köpfe warfen und aufstampften. Nur die schwarze Stute war nicht zu beeindrucken und so banden sie den Mann schließlich wie ein Stück Gepäck auf ihren Sattel. Den Hirsch warfen sie über die Kruppe von Hagenberts schwerem Schecken, dann machten sie sich auf den Weg zurück zur Stadt.
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