Stadtteil | Gildorf

Lange Zeit war Nowigrad kein Teil von Redanien, lange Zeit konnte die größte (mit ca. 30.000 Einwohnern) und zweifelsohne auch die reichste Stadt den Status einer freien Handelsstadt halten. Nach den letzten Kriegen aber ist sie mehr oder weniger zur inoffiziellen zur Hauptstadt der freien Nordländer, vor allem Redaniens geworden seit Dijkstra als Regent zusammen mit dem Handelsrat von hier aus die Fäden zieht.
Als Heimat des Kults des Ewigen Feuers hat in der Stadt allerdings auch das Wort des Hierarchen Gewicht.
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Thorben Denger
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Gildorf ist, abgesehen von der Tempelinsel, die mit Gildorf durch die St.-Gregor-Brücke verbunden wird, der nördlichste Stadtteil Nowigrads und Heim der meisten reichen Familien, Adelshäuser und Geschäftsleute. Die hier deutlich weiter auseinander liegenden Bauwerke sind qualitativ hochwertig und deutlich schöner anzusehen, als in den meisten anderen Teilen der Stadt. Die Straßen sind sauber, die dort verkehrende Bevölkerung meist gut gekleidet und legt sowohl gute Manieren, als auch Anstand an den Tag. Sofern man sich nicht dem Passiflora nähert, dem wohl besten und bekanntesten Bordell der Stadt, welches schon zu einem Wahrzeichen Nowigrads geworden ist. Es ist wohl nicht überraschend, dass in Gildorf ebenso viele Stadtwachen patrouillieren, wie auf der Tempelinsel. Die Reichen der Stadt können sich diese Sicherheit, wie so manch anderen Luxus leisten.
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Thorben Denger
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von/nach: Der Stinkende Stiefel / Im Sumpf von Velen
Datum: Herbst 1277
Uhrzeit: Mittag
betrifft: niemanden
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Auf dem ganzen Weg von den Scherben bis nach Gildorf versuchte Thorben gutgelaunt den Dienstboten, dem er folgte, in ein Gespräch zu verwickeln oder anderweitig zu triezen. Doch dieser erwies sich dahingehend als äußerst hartnäckig und gab entweder nur einsilbige Antworten von sich oder schwieg vehement. Er blieb stets höflich, doch konnte man an seinem verbissenen Gesichtsausdruck und dem leichten Knirschen seiner Zähne erkennen, dass er Thorben am liebsten die Hände um den Hals gelegt hätte.
Thorben war noch nicht oft zuvor in Gildorf gewesen. Es gab nur selten einen Grund, hier her zu kommen. Auftragsgeber suchten ihn in der Regel über Mittelsmänner auf und führten ihn nicht zu sich nach Hause. Staunend schaute der Zwerg sich um, war der Stadtteil doch so viel sauberer und die Gebäude deutlich prunkvoller gebaut. Ein Luxus in dem er auch nur zu gerne schwelgen würde. Er hatte schon oft darüber nachgedacht, von sich aus auf Schatzjagd auszuziehen und so den gesamten Gewinn gefundener Relikte zu erbeuten. Doch er war kein Gelehrter. Er hasste es, seine Nase in Bücher zu stecken und war darauf angewiesen, dass andere für ihn diese Arbeit verrichteten. Er war der Muskel, nicht das Hirn. Man sagte ihm, in welchem Umfeld er suchen musste, und dort drückte er seine Nase an den Boden bis er gefunden hatte, was der Auftraggeber suchte. Die wenigen Ruinen, die er aus eigenem Antrieb gefunden hatte, waren bereits von allem Wert geplündert worden, weshalb er schon seit längerer Zeit nur noch nach Auftrag arbeitete. Besser, andere Leute nutzten ihren Hirnschmalz, bis der Kopf qualmte, als wenn er auf eigene Faust von Ruine zu Ruine tappte und doch nichts von Wert fand.

Der Diener führte ihn zu einem prachtvollen Anwesen, welches von fein getrimmten Hecken den Blicken der Passanten verborgen blieb. Ein großes gußeisernes Tor durchbrach das Grün und führte einen sauber geharkten Kiesweg zum opulenten Fachwerkhaus hinauf. Auch der umgebende Rasen war von gleich geschnittener Höhe und Thorben konnte mehrere Bedienstete erkennen, die die prachtvollen Blumenbeete nahe des Hauses gossen und einige der Laubbäume von zu tief hängenden Ästen befreiten. Sein trainiertes Auge erblickte auch mehrere leicht gerüstete Wachen mit den Händen auf den Schwertknaufen, die skeptisch und missbilligend verfolgten, wie er den Weg zum Anwesen hinaufging.
Über der breiten Eingangstür aus edlem und verzierten Holz, war das Wappen des Handelshauses als Relief in die Fassade eingelassen. Als Zwerg fühlte Thorben sich hier klein und unbedeutend. Nicht zuletzt deswegen, weil nichtmenschliche Rassen in Gildorf keinen guten Ruf besaßen.

Thorben wurde durch einen sauberen Flur mit Fliesen aus Marmor gelotst, der an beiden Seiten von wertvollem Schnickschnack, wie kunstvollen Statuen, bequemen Sesseln, Beistelltischchen mit Büchern und stilvollen Gemälden gesäumt war. Überall schienen Türen in andere Teile des Gebäudes zu führen und der Zwerg war sich sicher, sich hier trotz seines überdurchschnittlich guten Orientierungssinnes bald zu verlaufen, sollte der Diener ihn allein lassen. Doch dies tat er nicht und führte ihn letztendlich in ein heimeliges Wohnzimmer mit mehreren Sesseln und einem großen Sofa vor einem Kamin, der bestimmt die anderthalbfache Höhe von Thorben hatte. Trotz der sommerlichen Hitze prasselte ein heißes Feuer in ihm und schon bald rollten dem Zwergen in seinem Ledermantel die ersten Schweißperlen den haarigen Rücken herunter.
"Macht es euch bitte bequem,..." fing der eitle Pfau an und musterte den dreckigen Mantel des Zwergen mit kritischem Auge. "Es wäre wohl besser, wenn ihr es im Stehen bequem hättet. Ich werde der Dame des Hauses sagen, dass ihr eingetroffen seid. Und fasst bitte nichts an!"
Mit diesen Worten verließ er den Raum; eiliger, als es der Anstand eigentlich erlaubte.

Thorben äffte ihn noch einen Moment nach und berührte demonstrativ einige der kunstvollen und wertvoll aussehenden Gegenstände im Raum. Nur dank seiner schnellen Reflexe konnte er dabei verhindern, dass eine umgestoßene Vase in einem Scherbenhaufen endete. Er betatschte das gerettete Gefäß noch einmal wie ein braves Haustier und sah sich dann weiter im Raum um. Auf der dem Kamin gegenüber liegenden Seite des Raumes prangte ein riesiges Gemälde, welches eine junge Frau in weitem, weißem Kleid zeigte, wie sie auf einem bequem wirkenden Stuhl mit Lederpolsterung saß. Schräg hinter der Frau stand ein ernst dreinblickender Mann in feinem Zwirn und hatte eine Hand auf die Schulter der Frau gelegt. Mussten die reichen Schnösel immer so ernst schauen? War das Leben nicht schon ernst genug? Naja,... vielleicht nicht für die Reichen. Vielleicht war es für Leute, die jeden Tag in Saus und Braus lebten eine angenehme Abwechslung, wenn sie Fremden gegenüber ernst und unfreundlich dreinschauen konnten.
Thorbens Blick wanderte weiter, während seine schweren Stiefel tiefe Abdrücke auf dem dicken, reich gemusterten Teppich hinterließen. Dort stand ein Beistelltischchen mit Gläsern und mehrerer Flaschen mit verlockend goldbraunen Flüssigkeiten. Jackpot! So reiche Leute würden sicher nichts dagegenhaben, wenn er ein, zwei Gläser heben würde, oder?
Er ging zu dem Tischchen herüber und goß sich ein Glas mit wunderbar duftendem Brandy ein. Das erste Glas kippte er in einem Male hinunter. Das wohlige Brennen in seiner Kehle ließ sein übliches Grinsen nur noch breiter werden. Das zweite Glas, welches er sich eingoß, nahm er mit auf seine Wanderung durch den Raum.

Nach nicht einmal fünf Minuten, in denen sich Thorben bereits fürchterlich langweilte und erneut anfing mit der Einrichtung zu hantieren, betrat eine ältere, gertenschlanke Frau den Raum. Sie war hochgewachsen für das weibliche Geschlecht und mochte in ihren sechzigern sein. Ihre Haare waren bereits allesamt ergraut und sie trug sie zu einem Dutt hochgesteckt, was ihr einen strengen, stiefmütterlichen Eindruck anhaften ließ. Verstärkt wurde er noch durch ihr längliches, kantiges und beinahe abgehalftertes Gesicht. Sie war in ein edles Hauskleid violetter Färbung gewandet und trug eine opulente, goldene Kette, verziert mit Amethysten um ihren Hals. An ihren knorrigen Fingern war allerdings nur ein einziger Ring zu sehen, einem Ehering sehr ähnlich, doch mit dem Wappen des Hauses versehen. Nach zwei Schritten in den Raum hinein blieb sie abrupt stehen und musterte Thorben skeptisch von oben bis unten. Dann richtete sie mit kratziger Stimme das Wort an ihn.
"Soso,... mein Bediensteter hat mir bereits berichtet, dass ihr keineswegs wie ein Gelehrter oder Archäologe wirken würdet. Wie ich sehe hat er bei seiner Beschreibung nicht übertrieben."
Falls es sie störte, dass Thorben ihren Brandy köstigte, so ließ sie es sich nicht anmerken. Doch ihr strenger und kritischer Blick ließen ihn zu der Erkenntnis kommen, dass diese Frau keinen Spaß verstehen würde und so legte er eine Verhaltensweise an den Tag, die für den Umgang mit Auftraggebern besser geeignet war. Er nahm den fleckigen Schlapphut von seinem Kopf, hielt ihn an die Brust gepresst und verneigte sich leicht.
"Milady Juskowiak, es ist mir eine Ehre. Ich kann euch versichern, dass ich der Thorben Denger bin, von dem ihr gehört oder gelesen habt."
Er richtete sich wieder auf und setzte sein charmantestes Lächeln auf, welches allerdings nur aus seiner Sicht charmant und für andere eher verstörend wirkte.
"Äußere Erscheinungen können trügen, milady. Zum einen komme ich gerade von einem erfolgreich abgeschlossenen Auftrag zurück und hatte noch nicht die Gelegenheit, mein Erscheinungsbild zu richten und zum anderen ist es für jemanden, der in den gefahrenverseuchten Ruinen, fremder Zivilisationen umherstreift, sicher unangebracht in feinem Frack und Zwirn herum zu stolzieren, nicht wahr?"
Lady Juskowiak betrat den Raum und setzte sich in einen der Ledersessel vor den Kamin. Sie wies auf den Sessel ihr gegenüber und schien nicht die Reservierung ihres Bediensteten bezüglich Thorbens dreckigen Mantel zu haben. Dieser setzte sich, wie ihm angeboten wurde und wartete auf eine Erwiderung der Frau.
"Da habt ihr sicherlich Recht, mein Herr. Zumindest schaltet ihr schnell, was euer Verhalten angeht. Das lässt auf einen wachen Verstand schließen und wenn dieser mit der Tatkraft eines ..." Sie gestikulierte in Richtung seiner verschrobenen Aufmachung. "... eher praktisch veranlagten Mannes kombiniert ist, dann werdet ihr vielleicht wirklich den Lobpreisungen eurer Handzettel und der Mundpropaganda gerecht."
Thorben grinste breit und hob das Brandyglas zum Salut.
"Das sind nettere Worte, als ich es gewohnt bin, sie zu hören. Ich versichere Euch, meine Taten und Fähigkeiten sind nicht geheuchelt. Ich mag nicht der umgänglichste Zwerg im Lande sein, aber ich erledige meine Arbeit ohne Beanstandung. Und wenn man so viel Zeit allein auf der Straße und in der Wildnis verbringt, wie ich es gewohnt bin, dann nimmt man wohl oder übel ein paar exzentrische Charakterzüge an."
Die Lady nickte bedächtig zu seinen Worten.
"Da habt ihr wohl Recht. Mein Mann ist in den letzten Jahren ganz genauso geworden. Je älter er wurde, desto exzentrischer wurde er. Sein Interesse galt ebenfalls der Archäologie und dem Wissen von alten Zivilisationen. So viel Zeit investierte er letztlich darin, dass er die Geschäfte unseres Hauses mir und dem Majordomus anvertraute und immer länger und ausschweifender wurden seine letzten Expeditionen in die Wildnis. Bis er von einer nicht zurückkehrte. Und genau deswegen seid ihr hier, mein Herr. Ich möchte, dass ihr nach Velen reist und dort im Sumpf nach meinem Mann Kasimir sucht. Er ist mit vier Söldnern und einem Bediensteten ausgezogen, den Tempel eines angeblichen Schlangengottes oder etwas in der Art zu finden."
Sie wedelte abwertend mit einer Hand, als wenn solche Hirngespinste nicht die Zeit wert wären, sie auszusprechen. Ansonsten zeigte sie bei der Aussprache zum Verlust ihres Mannes allerdings keine Emotion. Sie war scheinbar wirklich eine harte Frau. Sachlich, fast schon vertraglich fuhr sie fort.
"Keiner der Männer kam zurück und auch keine Nachricht habe ich erhalten. Ich habe bereits einige andere Söldner angeheuert, die wenigen zivilisierten Orte nahe des Sumpfes und auch das nilfgaardische Heerlager aufzusuchen und dort nach Neuigkeiten zum Verbleib meines Mannes zu forschen. Doch sie kamen allesamt mit leeren Händen zurück."
Für einen Moment war sie still und musterte Thorben sachlich; schaute ihm tief in die Augen.
"Man sagt, ihr seid gut darin, verschollene Dinge zu finden. Als wenn ihr ein Gespür dafür hättet, wo ihr suchen müsst. Ich hoffe, eure Fähigkeit bezieht sich nicht nur auf Dinge, sondern auch auf Personen. Ich beauftrage euch, findet meinen Mann, lebendig oder tot."
Nur kurz war ein schmerzliches Flackern in ihren Gesichtszügen zu erkennen, bevor sie wieder die knallharte Verhandlungspartnerin mimte.
"Sollte er tot sein, so erkennt ihr ihn an dem Gegenstück zu meinem Ehering."
Sie hielt Thorben die Hand mit dem Ring entgegengestreckt, so dass der Zwerg sich die Art und das Wappen mit der nowigrader Krone vor der strahlenden Sonne genau einprägen konnte.
"Es wäre gut, wenn ihr dann seinen Leichnam für eine angemessene Beerdigung zu mir bringen könntet. Ist selbst sein Körper verschollen, bringt ihr mir den Ehering als Beweis. Ich biete euch fünfhundert Kronen im Voraus und eintausendfünfhundert plus Spesen, bei erfolgreichem Abschluß des Auftrags. Solltet ihr annehmen, wird mein Majordomus euch diese Absprache in schriftlicher Form darlegen. Nun,... was sagt ihr?"

Sie schaute Thorben erwartungsvoll an. Dieser grübelte kurz. Das war das erste Mal, dass er eine Person suchen sollte. Aber spielte das eine Rolle? Wahrscheinlich war der reiche Schnösel eh schon lange tot, wenn er im Sumpf von Velen herumstolzierte. Dort gab es etliche Gefahren. Ertrunkene, Geister von im Moor Versunkenen und angeblich auch Hexen. Im Grunde musste Thorben also nur nach einem verschollenen Ring suchen. Falls an diesem noch ein Arm oder gar ein lebender Mensch dran hing, dann war es halt ein Bonus. Und zweitausend Kronen waren eine extrem hohe Summe. Der Sumpf war auch eine extrem gefährliche und mühsame Angelegenheit, aber der Ruf des Geldes war stärker, als seine Zweifel.
Für einen Moment vergaß er seine guten Manieren, spuckte in seine rechte Hand und hielt sie der Lady ausgestreckt entgegen.
"Ich bin dabei, meine Teuerste!"
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Nach einer Weile verließ Thorben das Anwesen wieder. In seiner Tasche hatte er eine Abschrift des Vertrages, eine Karte mit dem vermuteten, letzten Aufenthaltsort Lord Juskowiaks und einen prall gefüllten Geldbeutel mit den versprochenen fünfhundert Kronen. Er musste sich zusammenreißen, nicht aus purer Gewohnheit bereits hier auf der Straße nachzuzählen. Aber er glaubte auch nicht daran, dass jemand der Geld scheißen konnte, ihn im Vorfeld bereits betrügen würde. Er war noch immer darüber erstaunt, dass die Lady ohne zu zögern in seine vollgespuckte Hand eingeschlagen hatte. Die Frau war hart wie Sargnägel und wäre sie nur ein paar Jahre jünger, hätte Thorben sich durchaus dazu aufgeopfert, sie ob des Verlustes ihres Mannes angemessen zu trösten.
Doch diese Gedanken hatten jetzt keinen Platz in seinem Hirn. Er musste noch viele Dinge erledigen. Zuerst musste er von Bleron die vorgezahlte Miete für seinen Wohnraum zurück fordern. Das konnte ja nicht angehen, dass er den alten Sack für nichts bezahlte. Das stieg ihm nur irgendwann zu Kopfe.
Danach würde er seine Siebensachen packen und Bessie mit dem Karren abholen, die er immer bei einem befreundeten Bauern vor der Stadt für ein paar Geldstücke unterbringen konnte.

Und dann rief die Straße wieder seinen Namen.
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